Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

Ich möchte in dem Zusammenhang auf das Urteil des Verwaltungsgerichts bezüglich der Klage des Kreises Neuwied hinweisen, in dem deutlich gesagt wird, dass bei der Betrachtung der kommunalen Finanzsituation auch die des Landes mit berücksichtigt werden muss.

Wir werden unsere Bemühungen fortsetzen, mit einem angemessenen kommunalen Finanzausgleich die Kommunen weiterhin zu unterstützen.

(Glocke der Präsidentin)

Allerdings bedarf es einer Finanzreform auf Bundesebene, damit diese Probleme, die in erster Linie von den Soziallasten herrühren, dauerhaft und generell gelöst werden können.

(Beifall der SPD)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Auler.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in Rheinland-Pfalz in den Kommunen eine völlig unterschiedliche finanzielle Situation. Während den Kreisen, kreisfreien Städten und den großen kreisangehörigen Städten sehr viele Ausgaben vom Bund aufgebürdet wurden, wofür diese nichts können, haben wir zum Teil auch bei den Verbandsgemeinden eine sehr bemerkenswerte negative Situation, was die Finanzen anbelangt. Dagegen sind von den Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz immer noch fast zwei Drittel in der Lage, ihren Haushalt auszugleichen.

Ich glaube, wir dürfen auch nicht verkennen, dass zum Teil finanzielle Probleme vor Ort hausgemacht sind. Das muss man sehen. Ich glaube, dass es deswegen umso wichtiger ist, dass man eine Kommunal- und Verwaltungsreform schnell und so angeht, dass dies auch finanziell etwas bringt.

Große Sorgen bereiten mir die Kassenkredite. Das wurde auch von der Frau Kollegin Beilstein schon angesprochen. Es geht um fast 3,7 Milliarden Euro Kassenkredite. Das ist ein Betrag, der fast nicht mehr überschaubar ist, wenn man das auf die kommunale Familie in Rheinland-Pfalz bezieht. Wenn wir darüber hinaus sehen, dass gerade bei den kreisfreien Städten die Einnahmen so hoch wie die Kassenkredite sind, müssen wir uns fragen, wohin das führen soll.

Man hat auch in den letzten Jahren, als die Steuerquellen wieder gesprudelt sind, festgestellt, dass die bis 2008 hohen Einnahmen überhaupt nicht mehr ausgereicht haben, um die Kassenkredite zurückzufahren. Ich möchte auch einmal darauf hinweisen, dass die Kassenkredite nichts anderes als das überzogene Konto eines Privatmannes sind. Deswegen ist es ganz wichtig, dass wir dieses Problem angehen.

Wie können wir so etwas lösen? – Für meine Begriffe können wir die desolate Finanzlage der Kommunen nur durch eine kommunale Finanzreform lösen. Wir müssen davon wegkommen – ich hoffe, dass diese Einsicht auch irgendwann beim Bund und nicht nur beim Land kommt –, dass wir immer mehr Gelder von unten nach oben ziehen. Wir müssen dahin kommen, dass wir mehr Geld vor Ort belassen und weniger mit Zuschüssen arbeiten, weil die Menschen vor Ort in den Kommunen am besten wissen, wann, wo und wofür sie ihr Geld ausgeben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Innenminister Bruch.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden hat uns schon gestern im Plenum beschäftigt. Die anhaltende Wirtschaftskrise wird sich sicherlich auch in den Einnahmen in Rheinland-Pfalz und des Staates widerspiegeln. Nach der jetzigen Haushaltsvorschau des Bundesfinanzministers ist das schon sichtbar.

Derzeit erleben wir den stärksten Einbruch des Wirtschaftswachstums in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesregierung prognostiziert minus 6 %. Der bisher schwerste Einbruch war 1975 mit 0,9 %. Das heißt, wir werden mit erheblichen Veränderungen auch in den öffentlichen Haushalten rechnen müssen. Ich glaube nicht, dass es uns gelingt – das habe ich schon gestern gesagt –, diese Entwicklung mit eigenen Bordmitteln auszugleichen.

Zur finanziellen Situation hat der Rechnungshof in der letzten Woche – ich denke, das war der Anlass für diese Aktuelle Stunde – den Kommunalbericht 2009 vorgelegt, der sich mit dem Jahr 2008 beschäftigt. Wir haben eine Situation, dass der Kommunalbericht für die Jahre 2005 bis 2007 eine positive Tendenz ausweist. Beispielsweise ist die Anzahl der Gemeinden mit unausgeglichenem Haushalt von 1.016 im Jahr 2005 auf 871 im Jahr 2006 und auf 740 im Jahr 2007 gesunken. Das sind immer noch viele Kommunen. Das ist aber eine Tendenz, bei der man sagen kann, dass sich die Situation gebessert hat.

Wenn wir über die Jahre 2008 und 2009 reden, können wir heute nicht sagen, wie sich die Entwicklung der unausgeglichenen Haushalte darstellen wird. Die Anzahl in der Planung war nie diejenige, die nachher auch tatsächlich war. Diese war meistens besser.

Die schwierige Situation der Kommunalfinanzen kann ich kurz skizzieren. Die Steuereinnahmen der rheinlandpfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände waren noch nie so hoch wie im letzten Jahr. Trotz dieser positiven Einnahmeentwicklung wiesen die rheinland

pfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände einen negativen Finanzierungssaldo in Höhe von 245 Millionen Euro aus. Hier ist sicherlich ein differenzierter Blick notwendig.

Während die kreisfreien Städte 185 Millionen Euro und die Landkreise 105 Millionen Euro als negativen Finanzierungssaldo für 2008 ausgewiesen haben, haben die kreisangehörigen Gemeinden und die Verbandsgemeinden Überschüsse in Höhe von 45 Millionen Euro gemeldet.

Zumindest hat sich im abgelaufenen Jahr die finanzielle Situation für die Ebene der kreisangehörigen Gemeinden und die Verbandsgemeinden durchaus positiv entwickelt. Dies ist aber eine Durchschnittszahl und keine Zahl, die man auf jede Gemeinde herunterbrechen und sagen kann, es geht allen Gemeinden hervorragend. So ist es nicht.

Bei den kreisfreien Städten und Landkreisen sieht es anders aus. Es entfallen 85 % der Kassenkredite – Herr Abgeordneter Auler hat darauf hingewiesen – auf die kreisfreien Städte und Landkreise. Auch Herr Abgeordneter Noss hat vorgetragen, dass wir eine völlig unterschiedliche Situation haben. Diese Situation ist der Entwicklung im Bereich der sogenannten sozialen Haushalte geschuldet.

Hätten wir nur über die allgemeinen Haushalte zu reden, würden wir über diese Entwicklung sicherlich ganz anders reden können. Wie ich das sehe, wird sich die Situation nur dadurch verbessern, dass wir gestern entsprechende Beschlüsse gefasst haben. Sie wird sich aber nur punktuell und in Maßen verändern.

Wir können für die Kommunen mit zusätzlichen Steuereinnahmen rechnen. Nach dem Ergebnis der Steuerschätzung vom Mai 2009 belaufen sich die Steuereinnahmen der Kommunen in Rheinland-Pfalz auf 2,92 Milliarden Euro im Jahr 2009 und 2,7 Milliarden im Jahr 2010 gegenüber 3,2 Milliarden Euro im Jahr 2008. Es wird sich eine deutliche Veränderung darstellen. Ab 2011 – so ist die Prognose – gibt es wieder Steigerungsraten von 4,2 % bis 6,4 %.

Für die Gewerbesteuer liegen bereits die Zahlen für das erste Quartal 2009 vor. Ich denke, es ist interessant, das vorzutragen. Es handelt sich nur um ein Quartal.

Landesweit ist das Aufkommen im ersten Quartal um 16 % – ich wiederhole „16 %“ – zurückgegangen. Auch hier ist es wieder sehr unterschiedlich.

In Neustadt gibt es einen Zuwachs von 55 % und für Kaiserslautern einen Zuwachs von 33 %. Dagegen geht das Aufkommen in Zweibrücken um fast 60 %, in Frankenthal um 57 % und in Trier um fast 54 % zurück.

Damit werden wir eine weitere schwierige Situation haben, weil im Grunde genommen keine Gemeinde vergleichbar ist.

Ich denke, dass es wichtig war, die Anpassung im Stabilisierungsfonds vorzunehmen. Herr Abgeordneter Noss hat darauf hingewiesen: 40 Millionen Euro 2009 und

2010 61 Millionen Euro Plus in den Schlüsselzuweisungen. –

Die Schlüsselzuweisungen für die kommunalen Schulträger sind von 30 % auf 50 % angehoben worden. Das ist eine sehr deutliche Anhebung, eine deutliche Verbesserung. Ich denke, das ist in Ordnung.

Was ich immer wieder kritisiere, auch als ehemaliger Kommunaler, ist das gebetsmühlenhafte Wiederholen, das Land würde in den kommunalen Finanzausgleich eingreifen. Wir haben eine Festlegung getroffen. Wir sind das einzige Bundesland – soweit ich das mittlerweile aus den Bundesländern weiß –, das diese 21 % gehalten hat. Das ist der Anteil, der den Kommunen zusteht. Wir haben ihn nicht verändert. Das war die Linie der alten Landesregierung und dieser Landesregierung. Die nächste wird dies neu festlegen müssen.

(Harald Schweitzer, SPD: So ist es!)

Aber so ist es. Von daher gesehen ärgert mich das. Natürlich haben wir auch Eingriffe vorgenommen. Aber die waren für die Kommunen alle positiv. Trotzdem können wir mit unseren eigenen Mitteln nicht ausgleichen, was im Bereich der Soziallasten und zum Beispiel im Bereich der Unterkunftssituation auf uns zugekommen ist. Da hat das Land dank der Arbeit von Herrn Finanzminister Deubel und des Herrn Ministerpräsidenten eine deutliche Verbesserung erreicht. Wir wären sonst bei den Kosten für die Unterkunft viel schlechter dran. Das weiß jeder in diesem Hause.

Der Beistandspakt und die Verstetigung sind in der Bundesrepublik beispielhaft gewesen für die Länder und die Kommunen. Ich bekomme das immer wieder gesagt. Ich bitte Sie, mit anderen Landesvertretern zu reden, damit man insgesamt ein Bild bekommt und nicht nur punktuell in Rheinland-Pfalz.

Natürlich weiß ich, dass jede Opposition, und zwar in jedem Land, sagt, die Regierung sei schuld. Das ist klar. Wer soll es auch sonst sein? – Selbst kann man nicht schuld sein. Das sind immer die anderen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von daher gesehen kann ich mit diesem Vorwurf zwar sehr gut leben, aber das andere ist unredlich, weil es anders ist.

Zur Umsetzung des Konjunkturpakets II werden wir morgen reden.

Frau Abgeordnete Beilstein, ich will nur so viel sagen, die Situation der förderfähigen Kosten gibt es immer. Das ist eine Bundesvorgabe, die berechtigt ist. Es gibt tatsächliche Kosten – für diejenigen, die nicht so im Film sind –, was also ein solches Projekt tatsächlich kostet, und es gibt die förderfähigen Kosten, die aufgrund der Situation des Landes bzw. der baulichen Situation festgelegt werden. Wie viel darf so etwas kosten? Wir bekommen sonst überhaupt keine Kostenprojektion hin, die halbwegs vernünftig ist; denn sonst steigen die Kosten ins Unendliche. Also muss man sie irgendwo deckeln. Es bleibt die Frage, wie wir mit den förderfähigen Kosten umgehen und wie wir mit denen umgehen, die übrig

bleiben. Das ist die Frage, die wir gestellt bekommen haben.

Gehen Sie einmal davon aus, dass wir eine Lösung vorschlagen werden, damit die Gemeinden das tun können, was wir wollen, nämlich dass sie im Konjunkturpaket II investieren können. Das ist doch klar. Wir haben nicht die Absicht, den Gemeinden irgendwie Schwierigkeiten zu machen. Im Gegenteil. Wir haben den vorzeitigen Maßnahmebeginn gemacht. Wir haben gesagt: Ihr könnte ohne Nachtrag arbeiten und, und, und. – Wir werden auch eine Lösung hinbekommen, um diese Situation der tatsächlich förderfähigen Kosten hinzubekommen. Die förderfähigen Kosten wird es immer geben. Wir hoch ist der Zuschuss? Das ist die spannende Frage. Das werden wir sicherlich nicht bis morgen, sondern nächste Woche erledigt haben, weil der Ministerrat von uns eine entsprechende Vorlage bekommt.

Ich denke, dass die Situation noch einmal beleuchtet werden muss, auch unter dem Gesichtspunkt, wie wir unsere Gemeinden ausstatten. Es gab im Haus eine Riesendiskussion über die Frage, ob es eine angemessene Finanzausstattung gibt. Wir sind der Meinung, die Finanzausstattung ist nach der Lage des Landes durchaus angemessen. Allerdings muss man sehen, die Einnahmesituation der Kommunen ist verglichen mit den anderen Ländern nicht so gut. Sie ist unterdurchschnittlich, weil wir eine unterdurchschnittliche Steuerkraft haben. Es kann nicht anders sein.

Wenn es so ist, dann ist eine normale Ausgabensituation für Rheinland-Pfalz überdurchschnittlich, das heißt, die Kommunen müssen schon mehr Geld ausgeben, um überhaupt auf diesen Level zu kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von daher gesehen haben wir das Problem, das in der Bertelsmannstudie beschrieben worden ist. Ich habe gestern darauf hingewiesen. Wir liegen mit Niedersachsen auf dem letzten Platz. Warum soll man das nicht sagen können, müssen? Wir haben 97 % der Steuerkraft bzw. die Situation, wenn man die Länder vergleicht, bei 100 % liegen wir bei 97 %. Das ist so. Daraus müssen wir Lehren ziehen. Das macht die Landesregierung. Das hat die frühere Landesregierung gemacht, und das macht die jetzige Landesregierung. Sie investiert, sie versucht, aus dieser Struktursituation herauszukommen und ein Land zu werden, das ohne die Bundesergänzungszuweisungen auskommen kann. Deswegen sind wir mittlerweile fast auf dem richtigen Weg, nämlich nach der Föderalismuskommission II sind wir bei den armen Ländern Mitzahler. Arm ist auch relativ. Von daher gesehen ist das alles ein bisschen schwierig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, wir werden uns nicht nur heute, und das in einer Aktuellen Stunde, mit dieser Frage – das habe ich gestern schon gesagt – beschäftigen müssen, wie wir mit der Finanzausstattung der Kommunen und mit unseren finanziellen Möglichkeiten umgehen werden, weil der Landeshaushalt von dem abhängig ist, was auf Bundesebene an Steuern eingenommen wird. Von daher gesehen sehe ich der weiteren Diskussion gerne entgegen. Ich bin der Meinung, wir müssen das auf der sachlichen Ebene weiter vertiefen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank.

Ich erteile Frau Abgeordneter Beilstein das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die zurückliegende Verbesserung, die Sie, Herr Innenminister, angesprochen haben, hatte ihren Grund in den unerwartet hohen Steuereinnahmen. Aber das Grundproblem ist damit nicht gelöst. In Wahrheit sehen die Fakten und die Zahlen sehr nüchtern aus.