Das bedauern wir, weil wir genau wissen, es gibt bei Ihnen auch andere Strömungen, die dies durchaus mittragen würden, wenn man sie denn ließe.
Die FDP hat inzwischen einen eigenen Änderungsantrag zu unserem Gesetzentwurf vorgelegt, der in der Sache, so mein Verständnis, mit unserem Entwurf weitgehend deckungsgleich ist. Das erfüllt uns mit Freude.
Wir wissen, wie schwer es ist, eine einmal gefundene Position infrage zu stellen und neu zu fassen. Deswegen mein Respekt der FDP-Fraktion gegenüber, dass sie diesen Weg gegangen ist.
Für uns war die Sache einfacher. Für uns ging es nur darum, uns zu vergewissern, dass auf rechtlicher Basis dieser Entwurf, den wir vorgelegt haben, wirklich beanstandungsfrei und verfassungsfest ist. Diesbezüglich fühlen wir uns durch die Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes in den Grundlinien bestätigt, weswegen wir diesen Entwurf, so wie er war und eingebracht wurde, auch in der zweiten und dritten Beratung unverändert vorlegen.
Es steht jetzt fest, wir können dieses Gesetz verabschieden. Wir wollen es auch verabschieden, da wir
dieses Gesetz brauchen, um den Schulfrieden in unseren Schulgemeinschaften auch weiterhin zu erhalten.
Deutschland, Rheinland-Pfalz bleibt auch mit einem Gesetz gegen das Tragen von Kopftüchern durch Lehrkräfte in unseren Schulen ein tolerantes Land, gerade auch, wenn man das im internationalen Vergleich sieht: Frankreich kennt seit 2004 das totale Kopftuchtrageverbot in den Schulen für Lehrkräfte und Schüler.
Wenn Sie schauen, was sich jetzt gerade in Holland für eine Diskussion abspielt, so hat das dort noch eine ganz andere Dimension, wenn dort diskutiert wird, ob Frauen, die den Ganzkörperschleier, die Burka, tragen, Sozialleistungen vorenthalten werden sollen.
Toleranz, wie wir sie für richtig halten, bedeutet nicht Beliebigkeit. Sie endet dort, wo Handlungsweisen den Eindruck vermitteln, dass sie Grundwerte unserer Verfassung infrage stellen. Das gilt doppelt und dreifach gerade bei Lehrkräften, die für unsere Kinder einen Erziehungsauftrag wahrnehmen und erfüllen und daher eine besondere Vorbildfunktion haben.
Die Schlüsselfrage, mit der wir uns auch schon in der ersten Lesung auseinandergesetzt haben, lautet also: Was bedeutet bzw. was bezeugt das Kopftuch? – Wir halten weiterhin daran fest, dass das Kopftuch aus Sicht der Bevölkerung – auf sie kommt es entscheidend an – Ausdruck eines falschen Verständnisses des Verhältnisses zwischen Mann und Frau ist, Ausdruck einer untergeordneten Stellung der Frau gegenüber dem Mann. Dies ist zwar von Experten bestritten worden, aber es gibt genauso viele Experten – insbesondere solche, die aus dem Bereich der Migration kommen –, die uns in unserer Auffassung bestätigen. Deswegen kann die Bevölkerung, die weithin genau diese Empfindung hat, so falsch nicht liegen. Da das Verfassungsgericht im Jahr 2003 dargelegt hat, dass es auf den Empfängerhorizont, auf das, was in der Bevölkerung gedacht wird, entscheidend ankommt, halten wir dies auch weiterhin für richtig.
Wir maßen uns also keine Deutungshoheit über das Kopftuch an, sondern wir gehen auf das ein, was die Bevölkerung bewegt. Die Bevölkerung sagt, wir sehen in einem Kopftuch ein Dokument dafür, dass die Frau dem Mann untergeordnet ist und dass sie sich nicht frei entfalten kann, wie sie möchte, sondern dass der Mann die Herrschaft über die Frau einnimmt. Damit ist der entscheidende Punkt aus unserer Sicht auch weiterhin gültig, und er ist auch vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtags bestätigt worden.
Für uns ist klar – dies ist von Frau Staatsministerin Ahnen in der ersten Lesung bestritten worden –, es wird diese Probleme wieder erneut geben. Sie können sich darauf verlassen, wo immer Sie als Nächstes eine Lehrerin mit Kopftuch zur Einstellung vorschlagen, wird es
genau dieselben Proteste wie in Worms oder in Speyer geben. Genau dem wollen wir entgegenwirken, genau jetzt, nach achtmonatiger Beratung, wo wir in Ruhe darüber diskutieren können, und nicht erst dann, wenn aufgrund von Protesten die Diskussion erneut losbricht. Wir haben Ihnen unseren Entwurf vorgelegt. Er entspricht der Verfassung. Er wahrt den Schulfrieden, und er hilft damit unserem Bildungswesen. Deshalb bitten wir noch einmal um Ihre Zustimmung.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion, bereits 2005 sind Sie mit Ihrem Versuch gescheitert, das Kopftuchverbot im Schulgesetz festzuschreiben, damals, wie Sie richtig bemerkt haben, an der Regierungskoalition aus SPD und FDP, die sich zum damaligen Zeitpunkt in der Bewertung einig waren, dass Rheinland-Pfalz ein solches Gesetz nicht braucht.
Herr Dr. Wilke, ich muss Ihnen sagen, auch durch Wiederholen werden Ihre Argumente nicht zutreffender.
Zur wiederholten Klarstellung: Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil die Bundesländer nicht aufgefordert, ein Gesetz zu erlassen. Es hat lediglich dargestellt, wenn ein Kopftuch verboten werden soll, so kann dies nur der Gesetzgeber per Landesgesetz veranlassen, und nur dann muss ein solches Gesetz erlassen werden. Es gibt also keine Versäumnisse der Landesregierung oder des Landes Rheinland-Pfalz, da das Land eine andere Regelung hat, wie es damit umgeht. Dazu sage ich gleich noch mehr.
Herr Dr. Wilke, ich nehme an, Sie sind Jurist, ich bin es nicht. Sie haben angemerkt, Ihr Entwurf sei verfassungskonform. Die Äußerungen, die wir in diese Richtung – auch vonseiten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags – erhalten haben, gehen dahin, dass die Differenzierung zwischen den einzelnen Glaubenssymbolen noch nicht beklagt ist. Sie wissen besser als ich, dass jeder vor Gericht und auf hoher See wahrscheinlich in Gottes Hand ist.
Ich möchte ein Weiteres noch einmal klarstellen: Der rheinland-pfälzische Weg hat funktioniert, und zwar vor
und nach 2005, im Gegensatz zu dem, was Sie behaupten. Ja, es gab ein Problem. Es gab tatsächlich eine Kopftuch tragende Lehrerin, die auf Widerstand gestoßen ist. Nun kann man die Auffassung vertreten, dies liege daran, dass die Lehrerin ein Kopftuch trägt und es nicht abnimmt, man kann aber auch umgekehrt sagen, es liegt daran, dass die aufnehmende Gruppierung nicht tolerant genug war, mit dieser Frau umzugehen.
Meine Damen und Herren der Partei mit dem C vorneweg, Glaubensfreiheit ist in Deutschland ein hohes Gut.
Demnach ist – auch wenn es Ihnen nicht passt – das Kopftuch als religiöses Symbol geschützt. Ich weiß, dass dies nicht in Ihr Bild passt, das haben wir soeben schon wieder lautstark gehört. Aber ich verweise noch einmal auf die Konrad-Adenauer-Studie: „Das Kopftuch – Entschleierung eines Symbols?“. Man kann wieder darüber jaulen, wenn es einem nicht in den Kram passt. Von meinem Vorredner wurde soeben dargestellt, es ist so schwer, sich von festgefahrenen Meinungen zu trennen. Aber es wurde eine Studie dazu durchgeführt, und es gab Anhörungen – auch die SPD-Fraktion hat eine Anhörung dazu durchgeführt –, die ganz klar darstellen, dass die vorgefasste Meinung nicht stimmt. Vor diesem Hintergrund muss man doch in der Lage sein, sich zu bewegen. Das ist das, was ich bei der CDU-Fraktion absolut vermisse.
Das Kopftuch wird aus religiösen Gründen getragen. Ein Ergebnis der Konrad-Adenauer-Studie war auch, dass die Annahme, das Kopftuch stehe für Unterdrückung, nicht belegt werde. Damit wird aber nicht bestritten, dass es in Einzelfällen nicht auch zur Unterdrückung kommen kann, das ist ganz klar. Aber das Kopftuch ist kein Beleg dafür.
Werte Damen und Herren von der CDU-Fraktion, Ihr Gesetzentwurf basiert auf Mutmaßungen. Sie zwingen die Frauen dazu, sich entweder für ihren Beruf oder für ihren Glauben zu entscheiden. Sie diskriminieren sie auf der Grundlage des Geschlechts und der Religion, und Sie verletzen die Menschenrechte der Frauen. Ich sage es noch einmal, dieser Gesetzentwurf richtet sich nur gegen Frauen. Als Randnotiz sei angemerkt: Als ob von Männern keine Gewalt ausgehen könnte! – Ich würde gern einmal wissen, wie Sie dies abprüfen wollen.
Das, was ich bisher gesagt habe, gilt auch für den Änderungsantrag der FDP-Fraktion. Er liest sich zwar zunächst einmal besser und ist auch sauberer formuliert, das gebe ich gern zu; aber er hat dieselbe Zielsetzung, nämlich das Kopftuch zu verbieten. Sie vollziehen den
Spagat, indem Sie sagen, die Symbole des christlichen Glaubens sind natürlich geschützt, aber das Kopftuch wird bei Ihnen nicht als christliches Glaubenssymbol angesehen. Bei Ihnen besteht somit die abstrakte Gefahr für Verfassungsgüter. Das kann ich bis jetzt noch nicht so ganz nachvollziehen. Sie wissen aber sehr wohl – Frau Kollegin Morsblech hat es im Ausschuss klar gesagt –, dass die Privilegierung des christlichen Glaubens problematisch und nicht rechtssicher ist. Dieser Auffassung kann ich mich ganz klar anschließen.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion sieht keine Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung, die sich auf Vorverurteilungen und Verdachtsmomente stützt.
Ich möchte meine Rede schließen mit den Worten der Bundeskanzlerin anlässlich des Schülerwettbewerbs „361 Grad Toleranz“: „Wir wollen keine Diskriminierung: nicht in der Klasse, nicht in der Schule, nicht in der Stadt und auch nicht in unserer Gesellschaft. Sagt Nein dazu!“
Die SPD-Fraktion sagt Nein dazu und lehnt den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion und den Änderungsantrag der FDP-Fraktion ab.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Gesetzentwurf der CDU-Fraktion eingebracht wurde, haben wir auch in unserer Fraktion intensiv beraten und den Wissenschaftlichen Dienst, für dessen Arbeit ich mich im Namen meiner Fraktion ganz herzlich bedanke, um die Begutachtung dieses Problemfalls und um die Darstellung gegebenenfalls anderswo stattgefundener Regelungen gebeten. Dies alles haben wir in unsere Überlegungen mit einbezogen wie auch die Anhörung, die in der vergangenen Legislaturperiode stattgefunden hat, sodass wir uns in dieser Legislaturperiode nur zur Durchführung einer beschränkten Anhörung entschieden haben, da wir vieles, was schon gesagt wurde, nicht wiederholen wollten.