Protokoll der Sitzung vom 03.02.2010

(Zuruf des Abg. Mertin, FDP)

Herr Kollege Mertin, Sie und ich haben darauf keinen Einfluss, nur die Regierung allein.

Aber ich bitte Sie, Herr Präsident, ich weiß das doch.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Parlamentarische Geschäftsführerin, mit einem gewissen Schmunzeln habe ich am Montag eine Presseerklärung von Ihnen gelesen, wonach ich als Geisterfahrer unterwegs sei. Ich habe das insbesondere im Hinblick auf die Ziffer 4 Ihrer Presseerklärung mit Schmunzeln gelesen.

Herr Präsident, ich darf mit Ihrer Erlaubnis zitieren. In der Bewertung des Gutachtens, das Sie in Auftrag gegeben haben, heißt es: „4. Ein Ersuchen auf Erteilung einer unbeschränkten Auskunft durch eine oberste Bundes- oder Landesbehörde (...) darf nur zur Verfolgung eines Zwecks des Gemeinwohls“ – jetzt kommt es – „von erheblichem Gewicht im Rahmen der Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung unter Berücksichtigung des Resozialisierungsinteresses der Betroffenen gestellt werden.“

Als ich das gelesen habe, habe ich geschmunzelt, weil ich die Beantwortung der Kleinen Anfrage durch die Landesregierung, die Sie gestellt hatten, vor Augen hatte. Ich habe mich dann gefragt, weshalb Orden und Ehrenzeichen nach dieser Formulierung, die Ihr Gutachter gewählt hat, von so erheblicher Bedeutung sind, dass sie da hineinschauen können.

Wenn Sie das ernst nehmen, was Ihr Gutachter aufgeschrieben hat, müssten auf dieser Bank neben mir noch ein paar weitere Geisterfahrer sitzen; denn die haben nach der Auskunft, die erteilt worden ist, offensichtlich nach den Maßstäben, die Ihr Gutachter an den Tag legt, Auskünfte eingeholt, die nach Ihrem eigenen Gutachten eigentlich nicht zulässig sind. Das hat mich, ehrlich gesagt, ein wenig verwundert.

(Beifall der FDP – Ministerpräsident Beck: Das ist auch nicht wahr!)

Ich darf die Regierungsfraktion trösten. Ich teile diese Auffassung nicht. Ich finde, dass Sie berechtigt waren, diese Auskünfte einzuholen. Es ist von Interesse zu erfahren, weshalb Ordensverleihungen und Ehrenzeichen Aufgaben der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung unter Berücksichtigung des Resozialisierungsinteresses sind; denn nach Ihrem Gutachter darf nur dann hineingeschaut werden.

Frau Parlamentarische Geschäftsführerin, dann sind noch ein paar andere als Geisterfahrer unterwegs. Das ist eben nun einmal so. Ich sehe das anders. Deshalb würde ich eine solche Übertragung Ihrer Äußerung, was meine Person betrifft, auf die Landesregierung mit Vehemenz zurückweisen wollen. Das ist so nicht richtig.

(Beifall der FDP)

Ich darf an dieser Stelle auch noch anmerken, dass Sie gern behaupten, ich würde dafür plädieren, in jeden zivilrechtlichen Vertrag solle hineingeschaut werden.

Erinnern Sie sich bitte an die Debatte im Dezember zurück, in der ich sehr deutlich gemacht habe, dass ich für eine restriktive Auslegung dieser in Streit befindlichen Vorschriften bin und es ausnahmsweise aus meiner Sicht in diesem Fall gerechtfertigt gewesen wäre, aus Gründen des Gemeinwohls hineinzuschauen, weil es nämlich nicht nur ein außerordentliches Geschäft gewesen ist, sondern es auch Hinweise gegeben hat, die beim Herrn Innenminister – ich zitiere ihn frei – zu einem gewissen Bauchgrimmen geführt haben, was letztlich zur Inanspruchnahme des Landeskriminalamts geführt hat.

Sie können mir schlechterdings nicht erklären, wieso das Bauchgrimmen reicht, um das LKA mit einer Prüfung zu beauftragen, aber Gründe des Gemeinwohls und der Gefahrenabwehr, nachdem es deutliche Hinweise darauf gibt, dass unter Umständen mit den Vertragspartnern etwas nicht stimmen könnte, beim Bundeszentralregister keine Rolle spielen.

Ich bleibe dabei. Wenn man eine solch restriktive Auffassung vertritt, wie ich sie vertrete, ist es keine Kultur des Misstrauens, die gesät wird. Ich will nur Ihrem

Wunsch begegnen, eine Kultur des Wegschauens zu installieren. Das halte ich nicht für richtig.

(Beifall der FDP)

Diese Vorschrift wird von der Landesregierung in bestimmten Fällen auch bei privatrechtlichen Beziehungen gegebenenfalls zur Anwendung kommen müssen, wenn es deutliche Hinweise darauf gibt, dass etwas schief läuft. Es kann doch wohl nicht allen Ernstes sein, dass eine Landesregierung dann nicht hineinschaut und sehenden Auges in ihr Unglück rennt. Das kann doch wohl nicht die richtige Auffassung an dieser Stelle sein.

Frau Parlamentarische Geschäftsführerin, ich kann Sie trösten. Das Wörtchen „Geisterfahrer“ hat mich im Rahmen der Nürburgring-Affäre, wenn ich mit Bürgern spreche, sehr häufig erreicht. Ich werde dann nämlich immer gefragt: Welche Geisterfahrer waren denn eigentlich am Nürburgring unterwegs, damit ein solches Desaster entsteht? – Sehen Sie, das ist eben so.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich sehe es gelassen, bedanke mich aber, dass wir zwischenzeitlich das Gutachten erhalten haben. Wie zugesagt, werden wir es prüfen und uns zu gegebener Zeit, nachdem wir es sorgfältig gelesen und geprüft haben, zu Wort melden. Ich würde nur empfehlen, genauer zu überlegen, ob das mit dem Geisterfahrer im Hinblick auf die Ziffer 4 so zutreffend ist.

(Beifall der FDP – Zuruf von der SPD: Es gibt Schlimmeres!)

Das Wort hat Herr Kollege Baldauf für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem Wortbeitrag von Herrn Kollegen Hartloff lässt sich feststellen, dass Sie immer nur das glauben, was Sie glauben wollen, aber nicht das, was die Wahrheit ist. Das ist das Problem.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich möchte wenigstens noch zwei Punkte aus dem Gutachten ausführen, das uns von einer im Norden befindlichen Zeitung über das Internet zugänglich gemacht wurde. Aus diesem Gutachten ergibt sich eindeutig, dass mehrere Zahlungen an Finanzvermittler am Aufsichtsrat vorbei entgegen dem Gesellschaftervertrag veranlasst wurden.

Daraus ergibt sich auch, dass Vorsteuern in einer größeren Millionenhöhe nicht richtig abgezogen wurden. Das ist ein Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag. Außerdem ergibt sich daraus, dass es ungesicherte Kredite an die Cash Settlement & Ticketing GmbH ohne Zustim

mung des Aufsichtsrats gab. Das können Sie alles haarklein und haargenau hieraus erlesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, auch Ihnen ist bekannt, dass das Gutachten von Ernst & Young nicht das einzige ist, das eine entsprechende Stellungnahme zu diesen Themen abgegeben hat.

Deshalb stelle ich an dieser Stelle fest, dass es doch mehr als verwunderlich ist, wenn das alles so stimmt, was in dem Gutachten steht. Jede Aufsichtsratsitzung wurde sowohl vom Finanz- als auch vom Wirtschaftsministerium vorbereitet und begleitet. Das heißt im Klartext: Beide müssen doch Bescheid wissen. –

Das Einzige, was wir gestern herausgefunden haben, ist, dass egal, was dort besprochen und an Kritik geäußert wurde – Herr Kollege Hoch, man darf sich bei Ihnen auch bedanken, dass Sie noch das Schreiben von Herrn Kühl vorgelegt haben –, von Herrn Deubel abgebügelt wurde.

Herr Justizminister, wenn ich das Gutachten zu dem mache, was es ist, möchte ich Sie bitten, heute und hier zu erklären, wie Sie mit diesem Gutachten umgehen und welche Schritte Sie daraus herleiten werden, weil es aus unserer Sicht der Nachprüfung bedarf.

(Beifall der CDU)

Dazu können Sie hier und heute Stellung nehmen, damit wir auch wissen, wie sich insgesamt das Gutachten bei der Landesregierung aufgehoben fühlt, zudem es der Wirtschaftsminister begrüßt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann nach dem, was Herr Hartloff gesagt hat, in der zweiten Runde nur feststellen, dass es nicht erhellend war.

Herr Hartloff, Sie haben einmal in einer früheren Sitzung – ich könnte Sie zitieren – erklärt, Sie seien an einer umfassenden Aufklärung interessiert. Wir können auch nach dem gestrigen Untersuchungsausschuss nur feststellen, dass sich jeder wegduckt und keiner Verantwortung übernimmt.

(Pörksen, SPD: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Es will keiner gewesen sein. Jetzt war es plötzlich Deubel. Alle anderen wissen von nichts.

Wir haben deshalb auch weitere Beweisanträge gestellt. Wir werden Sie weder bei der Frage der RIM noch bei der Frage nach den V-Leuten aus der Verantwortung lassen. In all den Akten ist auffällig, dass immer dann, wenn Menschen aus den Verwaltungen Nachprüfungen vorgenommen haben, diese an einer gewissen Stelle stoppen, ob das die Frage BZR, LKA oder der Auslandsüberprüfungen und der Risikoverteilung ist. All diese Dinge sind zu einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr überprüft worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es stellt sich doch der Verdacht ein, dass dies von oben gesteuert

gewesen sein muss. Sonst wäre das doch nicht passiert. Das werden wir auch entsprechend aufklären.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Hartloff für die SPD-Fraktion.

Herr Kollege Baldauf, schön, dass Sie die Wahrheit immer auf Ihrer Seite haben und niemand sonst. Wo könnte da ein Zweifel aufkommen? Schauen Sie einmal Ihre Fraktionsreihen durch. Dann sprechen wir über die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.

Natürlich ist die Aufklärung eines solchen komplexen Sachverhalts ein mühseliges Geschäft.

Im Untersuchungsausschuss wird bei den rechtlichen Überprüfungen alles Punkt für Punkt in rechtsstaatlicher Weise kommen.

Was uns unterscheidet, ist, dass wir, die SPD-Fraktion, auf die Rechtsstaatlichkeit in unserem Land setzen, wie es in vielen Sitzungen im Parlament ausgebreitet wird, und

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Sie alle Fragen, die Sie eben aufgeworfen haben, entsprechend beantwortet bekommen.

Ihre Unterstellung, an irgendeinem Punkt würde sich das ändern, ist nichts als eine Unterstellung.