Was ich trotzdem an der Stelle sagen will: Ich freue mich, dass zwei Personen aus Rheinland-Pfalz mich – ich weiß nicht, wie es bei Frau Lejeune war – ein Stück weit motiviert haben, an dem Thema auch über die Jahre hinweg dranzubleiben.
Das ist einmal Hans Kirsch, ein ehemaliger Polizeibeamter, der – das steht auch in dem Begründungstext – zu der Polizeigeschichte im Dritten Reich in der Region Kaiserslautern recherchiert hat. Er hat dazu auch ein Buch herausgegeben.
Die zweite Person ist Frau Renate Rosenau. Viele werden sie kennen, sie war auch hier, als wir letzte Woche die beachtliche Gedenksitzung hatten. Sie hat sich um die Rheinhessenklinik in Alzey verdient gemacht. Sie hat die 100-jährige Geschichte, insbesondere im Dritten Reich, was damals mit der Euthanasie zusammenhing, aufgearbeitet. Beide haben diese Schranken erlebt und waren nicht damit zufrieden, dass sie an bestimmte Hindernisse gestoßen sind.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier an gleicher Stelle vor einer Woche am Holocaust-Gedenktag wiederholt und sehr eindringlich die Kultur des Erinnerns beschworen. Zu dieser Kultur gehört auch – und ist sogar eine wichtige Voraussetzung dafür – die Möglichkeit des Aufarbeitens.
Die Opfer der Geschichte haben alle einen Namen, der ihnen gerade in unserer jüngsten Geschichte, in unserer deutschen Geschichte, oft bewusst genommen und durch eine Nummer ersetzt wurde. Unsere Gedenkarbeit hat auch die Aufgabe, diese Namen bekannt zu machen, in Erinnerung zu rufen und vor dem Vergessen zu bewahren.
Aber die Täter haben auch einen Namen. Sie, auch ihre Nachfahren, haben das Recht auf Schutz ihrer Persönlichkeit, solange es nicht um strafrechtliche Verfolgung geht. Aber dieser Schutz muss seine Grenzen haben, und die Zurückhaltung vor den potenziellen Tätern darf nicht größer sein als der Respekt vor den Opfern und als unser Anspruch zu erfahren, wie es eigentlich gewesen ist.
Diese vornehmste Aufgabe der Geschichtsschreibung lernt ein Student schon im ersten Semester. Das habe ich auch einmal gelernt.
Es ist schön, dass wir in diesem Hause offenbar einig sind in der Bewertung der Bedeutung der Gedenkarbeit. Wir beweisen dies – das bestätigen uns viele – eindrucksvoll bei unseren Sondersitzungen des Landtags jeweils am 27. Januar. Denen, die sich verantwortlich um diese Selbstverpflichtung kümmern, besten Dank.
Wir sollten uns nicht beirren lassen, auf diesem Weg weiterzugehen. Monsignore Klaus Mayer hat uns darin bestärkt und ausdrücklich aufgefordert weiterzumachen.
Jetzt geht es um eine zeitgemäße Aktualisierung der rechtlichen Voraussetzungen durch eine Anpassung des Landesarchivgesetzes. Auch diesbezüglich sind wir uns in der grundsätzlichen Einschätzung in den Fraktionen einig; dennoch – wir beschließen ein Gesetz – gibt es schwierige Abwägungsprozesse und daraus abgeleitete Festlegungen, vor allem zeitliche Schutzfristen, die wir vorher gründlich mit Experten besprechen und diskutieren sollten. An der Verkürzung der Schutzfristen führt sicherlich kein Weg vorbei. Die Voraussetzung dafür ist geschaffen, der Gesetzentwurf ist eingebracht. Frau Ministerin, Herr Ministerpräsident, herzlichen Dank dafür. Der Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur – Frau Abgeordnete Kohnle-Gros hat es gesagt – wird sich federführend um die weitere Beratung kümmern, und wir werden dies kompetent tun.
Diejenigen, die an einer breiten und regionalen Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus interessiert sind, werden aufmerksam auf unsere Beratungen schauen. Gedenkarbeit bedarf der großen symbolischen Akte. Wir haben einen dieser Akte vor einer Woche gestaltet, ich habe bereits darauf hingewiesen. Aber sie bedarf auch der Graswurzelarbeit vor Ort von interessierten und engagierten Jugendlichen, Schülergruppen,
Hobbyhistorikerinnen und -historikern und der Fachwissenschaft. Wir sind an dieser Aufarbeitungsarbeit interessiert; denn sie stärkt unser demokratisches Gemeinwesen.
Wir werden mit dem neuen Landesarchivgesetz die Voraussetzungen dafür schaffen. Es ist gut, dass wir das Gesetz heute auf den Weg bringen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal begrüßen wir es, dass die Landesregierung diesen Gesetzentwurf eingebracht hat. Es besteht in der Tat Handlungsbedarf.
Es geht, wie schon mehrfach ausgeführt wurde, um die Verkürzung von Sperrfristen für wissenschaftliche Forschungs- und Dokumentationsvorhaben und um die Schaffung einer wissenschaftlichen Infrastruktur. Dies ist auch aus hochschulpolitischer Sicht begrüßenswert, da sich meines Erachtens der Staat einer flexibleren wissenschaftlichen Arbeit öffnet. In der Tat liegt auch ein Schwerpunkt auf der Gedenkarbeit, es geht aber in der Zukunft und auch jetzt schon um eine erweiterte wissenschaftliche Nutzung der Archive.
Die Organisationsänderung begegnete in der Vergangenheit Bedenken insbesondere hinsichtlich des Fortbestandes des Landesarchivs Speyer. Die erforderliche Rechtsfolgenabschätzung erfolgt gemäß der Begründung retrospektiv. Nach Ablauf von zwei Jahren wird man sich dies anschauen, und wir haben die Hoffnung, dass der Standort Speyer auch entsprechend gesichert bleibt.
Problematischer – dies wird man sicherlich auch im Ausschuss erörtern müssen – erscheint mir die von den Kommunen gewünschte Einschränkung der Archivierungspflichten. Durch die generelle Archivierungspflicht beispielsweise für Personenstandsakten der Standesämter kommt es für die Kommunen bei der Umsetzung des Personenstandsrechts des Bundes zu Problemen, die Sie auch artikuliert haben. Es stellt sich die Frage, wie man damit umgeht und wie die Kommunen dieses Problem handhaben. Darüber sollte man reden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit die Archivierungswürdigkeit festgestellt wird, und es bleibt die Frage bestehen, ob die Kapazitäten der Standorte Speyer und Koblenz ausreichend sind. Diese Fragen sollte man aus unserer Sicht im Ausschuss klären.
Interessant ist das Schreiben von Herrn Dr. Esser vom Verein Pfälzisch-Rheinische Familienkunde, von dem ich annehme, dass Sie es alle bekommen haben. Die in
diesem Schreiben genannten Sperrfristen sind zwar nicht aktuell oder nicht ganz korrekt, da die Fristen im Gesetz verkürzt worden sind, aber das Problem der Angebotspflicht zur Archivierung stellt sich praktisch unverändert. Auch darüber würden wir im Detail im Ausschuss gern reden.
Meine Damen und Herren, ich möchte zum Abschluss noch einmal betonen, wir begrüßen diesen Gesetzentwurf und erwarten eine detaillierte Beratung im Ausschuss.
Vielen Dank. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur – federführend – sowie an den Rechtsausschuss zu überweisen. Dagegen erhebt sich kein Widerspruch, dann ist dies so beschlossen.
Damit sind wir am Ende der heutigen Plenarsitzung. Ich lade Sie zur nächsten Plenarsitzung ein, die morgen um 9:30 Uhr stattfindet.