Ein für Deutschland schon während der Verhandlungen zum Verfassungsvertrag zentrales Anliegen wird damit umgesetzt, nämlich die Stärkung der Demokratie in der EU. Die Parlamente erhalten die Möglichkeit zur Frage der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips im laufenden Gesetzgebungsverfahren, nämlich die sogenannte Subsidiaritätsrüge, und sie erhalten ein eigenes Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof auf Einhaltung dieses Prinzips, die Subsidiaritätsklage. Das heißt, die Europäische Kommission darf nicht wahllos Gesetze erlassen. Sie muss die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit beachten.
Das bedeutet, dass sie nur dann handeln darf, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sagt, dass die EU inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinausgehen darf. Es liegt nun auch an uns Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtages, mehr noch als in der Vergangenheit der europäischen Politik und ihren Auswirkungen auf die Bürger unseres Landes auf die Finger zu schauen.
Es ist nämlich so, dass den politischen Entscheidungen aus Brüssel und Straßburg in breiten Teilen der Bevölkerung im günstigsten Fall leider nur mit Desinteresse begegnet wird. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Kontrolle und die Beteiligung der Regionen an der großen Politik noch nicht ausreichend funktioniert haben. In Kürze wird die neue Europäische Kommission ihr Amt antreten, und der soeben in Kraft getretene LissabonVertrag kann dann mit Leben gefüllt werden. Dies sollte für die Mitgliedstaaten und damit auch für die gesamte deutsche Politik Anlass und Grund sein, sich endlich in der erforderlichen Tiefe und mit der gebotenen Ernsthaftigkeit der EU-Politik zu widmen. Es ist und bleibt ein Faktum, mehr als 80 % der in Deutschland geltenden Rechtsakte werden heute in Brüssel beschlossen. Durch den Lissabon-Vertrag wird sich dieser Anteil sicherlich nicht verringern.
Die Bilanz der EU-Politik der letzten Jahre ist durchwachsen. Unbestreitbar hat die EU beachtliche Erfolge vorzuweisen, etwa bei der Einführung des Euro oder beim weiteren Ausbau des Binnenmarktes. Andererseits
konnte sie sich mehrfach dort, wo europäisches Handeln geboten gewesen wäre, nicht gegen ausgesprochen mitgliedstaatliche Egoismen durchsetzen. Die EU steht daher vor der grundsätzlichen Aufgabe, eine neue Balance zu finden. In etlichen Bereichen muss sie stärker werden, sich gleichzeitig aber davor hüten, beliebige politische Aufgaben an sich zu ziehen. Ob Glühlampenverbot, Gurkenkrümmung oder Spritverbrauch in Autoflotten, viel zu oft lösen die Themen der europäischen Politik Kopfschütteln bei weiten Teilen der Bevölkerung aus. Das müssen wir ernst zur Kenntnis nehmen.
Doch dabei gilt ganz klar, das, was regional geregelt und gelöst werden kann, gehört nicht auf die Schreibtische von Brüssel. Politiker, Journalisten, Verbandsvertreter und jeder Bürger, wir alle müssen aufmerksam darauf achten, dass uns die Eurokratie nicht die Butter aufs Brot streicht und dafür die Wurst einbehält.
Meine Damen und Herren, die größte Herausforderung ist, die Akzeptanz bei Bürgern und Wirtschaft wiederherzustellen und zu sichern. Brüssel kann nur mit uns regieren. Lassen Sie uns mit unserer Arbeit, unserer Aufsicht und unserer konstruktiven Kritik aus Rheinland-Pfalz ein Stück dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Wir sollten europäische Politik – wo immer möglich – zum Wohle unserer Bürger tatkräftig unterstützen. Ebenso sollten wir aber auch – das darf ich abschließend noch sagen – sachwidriger Überregulierung und Verstößen gegen das Subsidiaritätsprinzip entschieden entgegentreten.
Meine Damen und Herren, auch die rheinland-pfälzische Politik wird bei kommenden Wahlen an ihren europapolitischen Leistungen zu messen sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie versprochen werde ich mich sehr kurz fassen. Unsere Fraktion freut sich natürlich, dass in einer Zeit, in der über den Kompetenzverlust von Landesparlamenten diskutiert wird, die Landesparlamente einen Kompetenzzuwachs erhalten. Er wird dann eintreten, wenn wir mit diesem Instrument entsprechend umgehen.
All das, was die Kollegen Klöckner und Dr. Enders gesagt haben, findet die Zustimmung unserer Fraktion. Wir werden der Beschlussempfehlung zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der 1. Dezember des vergangenen Jahres war ein guter Tag für den Zusammenhalt in der Europäischen Union und auch für Rheinland-Pfalz; denn der Vertrag von Lissabon bringt nicht nur eine Effizienzsteigerung der europäischen Entscheidungsprozesse mit sich, sondern er bedeutet vor allen Dingen auch eine klare Stärkung des Europäischen Parlaments und seiner Rechte. Er integriert die für uns wichtige Grundrechtecharta in dieses Vertragswerk, und er führt – das ist dargestellt worden – zu einer deutlichen Stärkung der Subsidiarität, dies im Übrigen in beiderseitigem Interesse, im Interesse der Europäischen Union, der Kommission und des Parlaments auf der einen Seite und auf der anderen Seite im Interesse der Mitgliedstaaten und ihrer Regionen.
Wir haben uns im Rahmen dieses Frühwarnsystems und der Subsidiaritätskontrolle dazu verpflichtet, erstens eine Bewertung der jeweiligen Arbeitsprogramme der Kommission für das laufende Jahr dem Landtag vorzulegen. Wir verpflichten uns zum Zweiten, an den Landtag jeweils zeitnah alle von der Kommission im Rahmen des Subsidiaritätsfrühwarnsystems an den Bundesrat übermittelten Gesetzesinitiativen weiterzuleiten. Wir verpflichten uns zum Dritten, den Landtag frühestmöglich über die beabsichtigte Zustimmung der Landesregierung zu Subsidiaritätsrügen und Subsidiaritätsklagen im Bundesrat zu informieren und anschließend auch ein gemeinsames Gespräch zu führen.
Damit knüpfen wir an die gute Praxis der Vereinbarung an, die wir zum Artikel 89 b der Landesverfassung geschlossen haben, die im Kern im dritten Absatz der Vereinbarung den Satz und die Verpflichtung enthält – ich zitiere –: „Erfolgt eine politische Willensbildung im Landtag, so wird die Landesregierung diese in ihre Entscheidung über ihr abschließendes Stimmverhalten einbeziehen.“ – Damit ist – Herr Abgeordneter Kuhn, ich danke Ihnen für Ihre Feststellung ausdrücklich – die Landesregierung seit vielen Jahren in einer Art und Weise parlamentsfreundlich aufgestellt, wie Sie das in wenigen anderen Landtagen und Parlamenten in Deutschland finden.
Ja, aber lassen Sie mich das schon einmal klarstellen. Es gibt wenige Landtage in Deutschland, die eine ähnli
che Vereinbarung haben. Es gibt im Übrigen auch nur wenige Landtage, die einen Europa-Ausschuss haben.
Wir haben sehr frühzeitig vereinbart, dass wir im Rahmen von europäischen Entscheidungen, die wir im Bundesrat zu fällen haben, mit dem Landtag immer wieder eine Rückkopplung vornehmen werden. Dies haben wir nicht nur vereinbart, sondern wir haben das in der Praxis auch getan. Sie werden nur ganz wenige deutsche Parlamente finden, die das tun.
Im Deutschen Bundestag geht die Diskussion, wenn ich das richtig sehe, im Augenblick um etwas ganz anderes. Da geht es nicht um das gute Einvernehmen zwischen Parlament und Regierung, sondern es geht im Wesentlichen um die Klage des Deutschen Bundestags darüber, dass die Bundesregierung dieses Verfahren so handhabt, dass der Deutsche Bundstag mit dieser Handhabung nicht zufrieden ist. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu Rheinland-Pfalz. Darauf habe ich hingewiesen.
Insofern wird die Landesregierung, wird der Ministerpräsident diese Vereinbarung mit besonderem Vergnügen unterzeichnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann kommen wir zur Abstimmung über die unter Nummer II in der Drucksache 15/4185 enthaltene Beschlussempfehlung. – Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist damit einstimmig angenommen.
Ich gebe noch einen kurzen Hinweis: Gemäß Nummer 2 der Beschlussempfehlung wird die Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung gemäß Artikel 89 b der Landesverfassung unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung nach Unterzeichnung durch den Präsidenten des Landtags und den Ministerpräsidenten im Gesetz- und Verordnungsblatt neu bekannt gemacht. Gemäß Nummer 3 der Beschlussempfehlung tritt die Vereinbarung am Tag nach der Veröffentlichung der Neubekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft.
Zunächst erfolgt die Begründung durch die antragstellende Fraktion. Das geschieht durch Herrn Kollegen Dr. Rosenbauer. Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU-Fraktion beantragt, in der Zukunft in jedem Kreis eine geriatrische Abteilung zu etablieren und diese Planung auch im Krankenhauszielplan zu verankern.
Am Anfang weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass wir es begrüßen, dass das Land nun endlich, endlich, endlich ein Geriatriekonzept vorgelegt hat. Das war längst überfällig. Ich könnte aus dem Landeskrankenhausplan 1997 und auch aus der Fortschreibung aus dem Jahr 2003 zitieren. Aus Zeitgründen muss ich mir das leider ersparen.
Ich möchte aber noch darauf eingehen, weshalb die CDU-Fraktion diesen Antrag stellt. Derzeit gibt es pro 10.000 Einwohnern unter der Bevölkerung von über 65 Jahren im Bundesdurchschnitt 11,7 Betten. RheinlandPfalz liegt bei 7,3 Betten. Es ist völlig unstrittig, dass es in der Zukunft weiter Geriatrien geben muss und dass wir uns dieses Themas viel mehr annehmen müssen. Da sind wir uns nach meinem Eindruck mittlerweile alle einig. Das ist auch gut so.
Das, was Sie jetzt geplant haben, nämlich fünf Zentren zu bilden und die fünf Zentren als Hauptfachabteilung anzuerkennen sowie darüber hinaus Krankenhäuser mit geriatrischer Kompetenz auszustatten, ist bei Weitem nicht ausreichend. Deshalb haben wir unseren Antrag gestellt.
Sie wissen genau, wenn ich eine Innere Abteilung oder eine andere Abteilung mit einer geriatrischen Kompetenz ausstatte, hat das keine direkten Folgen. Vor allem werden den Krankenhäusern überhaupt nicht die Mittel zur Verfügung gestellt, um so etwas vernünftig aufbauen zu können; denn vom Land werden nur Häuser gefördert, die die Geriatrie als Fachabteilung führen.
Die Möglichkeit, geriatrische Schwerpunkte im Rahmen von Inneren Abteilungen oder anderen Abteilungen einzurichten, bestand schon in den vergangenen Jahren. Das hat nur keiner umsetzen können, weil die finanziellen Mittel fehlten.
Wenn man Ihr Konzept auf die nächsten Jahre hochrechnet, liegen wir bei den geriatrischen Betten noch weit unter dem Landesdurchschnitt.
Wenn ich das auf die heutige Bevölkerung übertrage, landen wir in der Summe zwischen 11 und 11,4 Betten, während der Bundesdurchschnitt heute schon bei 11,7 Betten liegt. Wenn ich aber die wachsende Bevölkerung einrechne, die bis 2020 wesentlich älter wird, liege ich nur bei 10 bis 10,4 Betten gegenüber dem Bundesdurchschnitt von heute 11,7 Betten. Das heißt, Ihr Konzept ist gut gemeint, aber es wird bei Weitem nicht ausreichen, um die Bevölkerung vernünftig zu versorgen.
Deshalb liegt unser Antrag vor, in jedem Kreis eine geriatrische Abteilung einzurichten, die auch vom Land gefördert wird. Es geht uns insbesondere darum, den ländlichen Raum zu versorgen;