Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

Deshalb liegt unser Antrag vor, in jedem Kreis eine geriatrische Abteilung einzurichten, die auch vom Land gefördert wird. Es geht uns insbesondere darum, den ländlichen Raum zu versorgen;

(Beifall des Abg. Licht, CDU)

denn gerade in der Geriatrie ist es ganz wichtig, sie wohnortnah in der häuslichen Umgebung zu haben. Das Argument, dass Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie vorgehalten werden müssen, kann ich nicht gelten lassen, weil man das auch von niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen zukaufen kann.

Das ist überhaupt kein Problem. Aber man muss sich einmal vorstellen, das betrifft jemanden im Westerwald – ich nehme ein Beispiel aus meinem Landkreis –: Das nächste Zentrum wäre Koblenz. Das Gleiche gilt für die Pfalz und für den Trierer Raum. Bei diesen fünf Zentren kann es nicht bleiben.

Das Problem in Bezug auf die Weiterbildung haben Sie richtig erkannt. Aber gerade die Weiterbildung – Rheinland-Pfalz gehört zu den Ländern mit der geringsten Zahl an ausgebildeten Geriatern – werden Sie mit diesem Konzept nicht beflügeln. Es ist heute schon schwierig, überhaupt einen Geriater zu bekommen. Aber unter diesen Rahmenbedingungen wird es für viele Krankenhäuser noch schwieriger werden, als es heute schon ist.

Deshalb bitten wir Sie im Interesse der Sache darum, unseren Antrag zu unterstützen. Es gibt viele gute Sachargumente für unsere Haltung.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Bevor ich das Wort weitergebe, darf ich als unsere Gäste Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen des Karolinen-Gymnasiums in Frankenthal begrüßen. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die SPD-Fraktion spricht die Kollegin Anklam-Trapp.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Verehrter Herr Dr. Rosenbauer, Sie sehen das völlig richtig; ich bin da Ihrer Meinung. Im Ausschuss waren wir uns über die Wichtigkeit der Schaffung von geriatrischen Plätzen grundsätzlich einig.

Allerdings sind wir wie Sie auch der Meinung, dass die rund 100 Geriater, die wir zurzeit im Land haben, nicht ausreichen.

Ich begründe, warum wir nicht flächendeckend an den kommunalen Strukturen angebunden geriatrische Abteilungen einrichten können. Dabei hole ich ein bisschen

aus, um Sie alle mitzunehmen: Es geht auch um das Älterwerden einer Gemeinschaft. Die Menschen in Deutschland

(Zuruf von der CDU)

ich übe schon einmal; ich würde mir wünschen, es zu dürfen – leben heute im Durchschnitt 30 Jahre länger als vor 100 Jahren. Die Zahl der Hochaltrigen – das sind die geriatrischen Patienten – wird in den kommenden Jahren rapide wachsen.

Um diese hinzugewonnene Lebenszeit wirklich nutzen zu können, muss sich unsere Gesellschaft besser auf die speziellen medizinischen Bedürfnisse älterer Menschen einstellen. Dies gilt ganz besonders für die medizinische Versorgung der älteren Menschen. Die Leitfrage der kommenden Jahre und Jahrzehnte wird sein: Wie werden wir im Alter leben? – Anders gefragt: Wie wollen wir im Alter leben?

Unsere rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich umfassend mit dem immer wichtiger werdenden Thema „Geriatrie“ befasst. Das 2009 von Frau Ministerin Dreyer vorgestellte Geriatriekonzept zielt darauf ab, dass die Menschen in unserem Land so lange wie möglich selbstbestimmt leben können.

(Beifall der SPD)

Meine Damen und Herren, ein weitgehend eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, ist der Schlüssel zu einem würdevollen Älterwerden. Wir von der SPD-Fraktion setzen uns klar dafür ein, dass die Menschen auch im Alter so lange wie möglich so leben können.

(Beifall der SPD)

Dabei gilt es, die gesamten Versorgungsstrukturen so zu gestalten, dass eine Pflegebedürftigkeit alter Menschen vermieden werden kann. Um dies zu gewährleisten, muss, wie es im Geriatriekonzept des Landes vorgesehen ist, durch ein differenziertes Angebot die wohnortnahe Versorgung sichergestellt werden. Weiterhin müssen die Präventivmaßnahmen und die Behandlungsstrukturen ausgebaut werden. Die anerkannten Qualitätsstandards müssen gestärkt werden.

(Beifall der SPD)

Die geriatrische Krankenhausbehandlung und die Rehabilitation stellen hierbei nur ein kleines Segment dar. Dies unterstreicht die überragende Bedeutung der Weiterbildung künftiger Hausärztinnen und Hausärzte sowie der hausärztlich tätigen Internisten. Ihnen kommt hierbei eine Schlüsselfunktion zu; denn schon heute ist mehr als die Hälfte ihrer Patientinnen und Patienten über 65 Jahre alt. Ihre Aufgabe ist es daher, einen geriatrischen Bedarf frühzeitig zu erkennen, um eine entsprechende Behandlung oder Rehabilitation einleiten zu können. Darauf müssen die Hausärztinnen und Hausärzte in Zukunft besser vorbereitet werden. Zum Beispiel müssen über die Rahmenverträge für Hausärzte Fortbildungen und die Vermittlung geriatrischen Fachwissens gefördert werden.

Meine Damen und Herren, um eine qualitativ hochwertige geriatrische Behandlung zu garantieren, ist eine sektorenübergreifende und interdisziplinäre Zusammenarbeit unerlässlich. Die Übergänge zwischen den einzelnen Behandlungsphasen geriatrischer Versorgung müssen für die Menschen nahtlos ineinander übergehend organisiert sein.

(Beifall der SPD)

Daher ist es dringend erforderlich, dass der ambulante und der stationäre Sektor, wie im Geriatriekonzept der Landesregierung vorgesehen, besser miteinander vernetzt werden. So wird sichergestellt, dass die Hauptfachabteilung für Geriatrie sowie die Abteilungen der Allgemeinkrankenhäuser mit geriatrischer Kompetenz mit den Rehaeinrichtungen sowie den Netzwerken der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte eng zusammenarbeiten können.

Des Weiteren sieht das vorgelegte Geriatriekonzept unter anderem die Einrichtung der von Ihnen genannten fünf Hauptfachabteilungen in den fünf Oberzentren Mainz, Ludwigshafen, Trier, Koblenz und Kaiserslautern vor. Um auch die regionale Versorgung zu gewährleisten, ist geplant, in der Fläche Krankenhäuser mit einem geriatrischen Schwerpunkt auszuweisen. Das sind die sogenannten Krankenhäuser mit geriatrischer Kompetenz. Welche Krankenhäuser im Einzelnen ausgewählt werden – ich denke, auch darum geht es bei dem kommunalen Anspruch –, wird mit der Aufstellung des Krankenhausplans 2010 entschieden werden. Voraussichtlich – so heißt es in dem Konzept der Landesregierung – werden in den nächsten Jahren etwa 500 zusätzliche akutgeriatrische stationäre Behandlungsplätze benötigt, die planbettenneutral – das bedeutet: ohne eine Erhöhung der Bettenzahl – eingerichtet werden sollen.

Meine Damen und Herren, das zentrale Anliegen unserer rheinland-pfälzischen Gesundheitspolitik muss eine bedarfsgerechte, aber auch wirtschaftliche Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen in der ambulanten, akutstationären und rehabilitativen Behandlung zum Wohle der Patienten sein.

(Beifall der SPD)

Hierbei gilt es unter anderem, eine stärkere Vernetzung relevanter Strukturen voranzutreiben, die eine bessere Aus-, Fort- und Weiterbildung sicherstellen, um, Herr Dr. Rosenbauer, den künftigen Bedarf an Geriatern zu gewährleisten. Weiterhin muss der ambulanten Behandlung der Vorrang vor stationären Therapien eingeräumt werden, gemäß dem Grundsatz „Ambulant vor stationär, Reha vor Pflege, präventiv vor kurativ“.

Der Antrag der CDU, in jedem Kreis eine flächendeckende Hauptabteilung einzurichten, widerspricht unserer Meinung nach diesem Grundsatz.

(Beifall der SPD – Dr. Rosenbauer, CDU: Wieso denn das?)

Des Weiteren ignoriert eine solche Verteilung nach dem Gießkannenprinzip – Entschuldigung, Herr Dr. Rosenbauer – gänzlich die Tatsache, dass zurzeit nicht genü

gend ausgebildete Geriater zur Verfügung stehen. In Rheinland-Pfalz sind es zurzeit 100, die diese Funktion in jedem Kreis übernehmen könnten. Die Umsetzung dieser Forderung kommt daher eher einer Verschlimmbesserung der aktuellen Situation gleich und würde zu einer sinkenden Qualität der Behandlung führen. Dies kann nicht im Interesse einer an den Bedürfnissen der Patienten orientierten Politik sein, und es ist in keiner Weise zielführend.

(Beifall der SPD – Dr. Rosenbauer, CDU: Völliger Unsinn! – Zuruf von der CDU: Liebe Kollegin, wie können Sie so etwas behaupten?)

Im derzeitigen Planungshorizont des vorgelegten Geriatriekonzeptes ist eine flächendeckende, den kommunalen Strukturen entsprechend ausgebaute Geriatrie aus unserer Sicht nicht gegeben. Daher empfehle ich, den Antrag der CDU abzulehnen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD – Dr. Rosenbauer, CDU: Sie reden immer noch so falsch wie vor zehn Jahren!)

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Dr. Schmitz das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Schöne an einem Drei-Fraktionen-Parlament ist, dass die kleinste Fraktion bei solchen Anträgen immer eine Art Letztentscheidungsrecht hat. Dabei lastet eine besonders hohe Verantwortung auf einem.

(Baldauf, CDU: Vor allem bei Mainzer Abgeordneten! – Ramsauer, SPD: Überhöhen Sie Ihre Rolle nicht!)

Herr Ramsauer, legen Sie sich nicht mit mir an.

Es geht um ein ernstes und wichtiges Thema. Es ist nicht so, dass die rheinland-pfälzische Sozialpolitik das nicht erkannt hätte. Das Geriatriekonzept der Landesgierung liegt uns vor, aber – das vorweg – es ist schon so, wie es die CDU zum Ausdruck bringt, es genügt nicht.

Rheinland-Pfalz ist weiß Gott nicht die Speerspitze dieser Entwicklung. Die Kollegin der SPD hat, wenn man es so interpretieren will, beschrieben, weshalb es so ist. Sie sagt zum Beispiel, wir haben zu wenig Geriater. Das stimmt. Das ist ein Faktum. Das kann man nun nicht unbedingt als Lob für die Landesregierung sehen, aber es ist ein Faktum, das es festzuhalten gilt.

Der Antrag der CDU weist in die richtige Richtung. Wir brauchen keine Hauptfachabteilungen in den Oberzentren, sondern eine Versorgung zunehmend intensiv in der Fläche. Ob wir das mit den Maßnahmen der Landesre

gierung schnell genug schaffen, das wage ich füglich zu bezweifeln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, bei aller Unterstützung der Intention muss ich doch ein wenig bremsen, weil es faktisch gar nicht geht, etwas schnell aus dem Hut zu zaubern, warum auch immer.

Ich werte den Antrag als ein politisches Statement, und als solches würde ich es auch unterstützen. Ich muss die faktischen Probleme sehen und schauen, was derzeit in der Gesundheitspolitik an grundlegender Reorganisation geschieht. Wir hoffen – hoffentlich alle gemeinsam –, dass Philipp Rösler das Gesundheitssystem zu neuen Ufern führen wird. Wir als FDP sind sehr optimistisch.

Frau Ministerin Dreyer, dann werden Sie anders als in den letzten zwei Legislaturperioden Rückenwind aus Berlin spüren.