Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

(Licht, CDU: Auch das ist falsch, Frau Ministerin! – Bracht, CDU: Das habe ich auch noch nicht gehört!)

Das müssen Sie sich schon anhören.

Mehr Atomstrom heißt auch mehr Atommüll. Mehr Atommüll bedeutet immer auch eine Hypothek für heutige und zukünftige Generationen, und dies in einer Situation, in der wir von einer Endlagerung weiter entfernt sind als je zuvor. Eine Laufzeitverlängerung von alten abgeschriebenen Anlagen – das trifft insbesondere für die Kraftwerke Biblis A und Biblis B in unserer Nachbarschaft zu – bedeutet auch weniger Sicherheit und auch weniger Versorgungssicherheit, Herr Eymael. Es ist gerade umgekehrt der Fall, und zwar nicht nur, weil wir zu 100 % von Uranimporten abhängig sind.

(Eymael, FDP: Wir in Rheinland-Pfalz sowieso nicht!)

Betrachten Sie doch einmal, dass allein im letzten Jahr parallel wegen technischer Probleme Biblis A, Biblis B, Krümmel und Brunsbüttel nicht am Netz waren. Vier Atomkraftwerke standen gar nicht zur Verfügung. Schauen Sie einmal, wie in Frankreich die Versorgungssituation bei Niedrigwasserständen aussieht und wo man dann von Deutschland sicheren Kohle-, Gas- und Erneuerbare-Energien-Strom importiert, um die Versorgungssicherheit in Frankreich sicherzustellen. Auf Atomkraft stützt sich keine Versorgungssicherheit, und zwar weder heute noch in Zukunft.

(Beifall bei der SPD – Licht, CDU: Das ist auch wieder Ihre Meinung und nicht Wissen! – Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Beruhigend soll natürlich die Formel sein, die jeder auch in der heutigen Debatte gesagt hat, nämlich Sicherheit geht vor. Betrachten wir einmal die reale Politik, die dahintersteht. Es ist nicht mehr als eine Beruhigungsformel, weil die Realpolitik über etwas ganz anderes diskutiert. Man redet über Geld, wenn es im Kanzleramt darum geht, sich mit den vier großen Energieversorgern zu treffen. Es geht um die Frage, was man mit den exorbitanten Gewinnen der vier großen Energieversorger macht. Es geht nicht um die Sicherheit von Atomkraftwerken.

(Licht, CDU: Es geht um die Sicherheit unserer industriellen Zukunft, um Arbeitsplätze!)

Das merkt man auch daran, dass überlegt wird, von neuen Atomkraftwerken die Reststrommengen auf ältere zu übertragen; denn die Bundesregierung steckt in einem Dilemma. Das Atomausstiegsgesetz gilt auch für diese Bundesregierung. Dann gilt auch der Grundsatz, dass eine Übertragung von neueren auf ältere Kraftwerke nur im Ausnahmefall zulässig ist. Darüber setzt man sich einfach hinweg. Sicherheit wird gerade einmal am Kabinettstisch oder in Gesprächen verhandelt, statt sie im Interesse der Bevölkerung zu prüfen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Ich sage noch einmal: Wer für Laufzeitverlängerungen plädiert – egal in welchem Umfang –, greift in den Energiemarkt in einem bisher nie dagewesenen Maß ein. Er zementiert – ich sage das immer wieder – die Marktmacht der vier Konzerne, die zurzeit über 80 % der Stromproduktion in Deutschland beherrschen.

Er schwächt die dezentrale Versorgung und insbesondere – deshalb verstehe ich die FDP schon einmal gar nicht – die kleinen und mittelständischen Energieversorger, die gerade vor dem Hintergrund einer neuen Energiepolitik in den letzten zehn Jahren in Deutschland einen Aufschwung erfahren haben oder erst entstanden sind. Sie werden die Zeche bezahlen. Dabei bräuchte man sie gerade auch für den Energieumbau, weil sie Träger der Entwicklung von dezentralen Versorgungsstrukturen sind.

Herr Weiner, die kleinen, vor allem kommunale Energieversorgungsunternehmen tragen die Entwicklung der

Integration der erneuerbaren Energien. Wer sie in ihrer Investitionskraft schwächt, schwächt natürlich auch die regionale Wirtschaft. Das sind die Unternehmen, von deren Aufträgen die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Rheinland-Pfalz profitieren, aber nicht durch Laufzeitverlängerungen von Atomkraftanlagen.

(Beifall der SPD)

Das ist in der Energiepolitik für mich eine extrem mittelstandsfeindliche Politik, die weit über die Energiebranche hinaus wirkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der FDP, das müssen Sie sich an dieser Stelle gefallen lassen.

Ich habe deutlich gemacht, dass Atomkraft und erneuerbare Energien nicht zusammenpassen. Das gibt damit schon einen Druck auf diese Branche. Jetzt kommen auch noch die Angriffe auf die Einspeisevergütungen für die Solarenergien dazu.

Damit wir uns an dieser Stelle richtig verstehen: Wir freuen uns über die enormen Effizienzgewinne und die technologischen Fortschritte, die sich selbstverständlich auch in der Degression der Einspeisevergütung für Solarstrom wiederfinden müssen. – Das ist nicht neu. Dies ist im Übrigen im Erneuerbare-Energien-Gesetz so angelegt.

Aber sie muss so degressiv verlaufen, dass die Unternehmen, die in Deutschland gerade in den letzten Jahren massiv investiert haben – auch SCHOTT Solar hat zum Beispiel mehrere 100 Millionen Euro investiert –, sowohl ihre Innovation als auch ihre Investitionen in die Entwicklung und in den Kapazitätsauf- und -ausbau – wir haben nämlich in Deutschland eine Verdoppelung der Produktionskapazitäten innerhalb von vier Jahren erlebt – und die Abschreibungen verdienen können.

Dafür muss eine Einspeisevergütung verlässlich sein und Rahmenbedingungen setzen, damit sich Unternehmen, aber auch die ganze Branche bis zu dem Endabnehmer darauf einstellen können.

Ich glaube, der einzigartige Vorteil des EEG war bisher immer seine Berechenbarkeit gewesen, dass es kostendeckende Vergütungen und kostendeckende Preise gibt. Diese Berechenbarkeit wird jetzt durch Sie infrage gestellt.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Das ist der Punkt.

Um es deutlich zu sagen – jetzt einmal ehrlich –, welche Branche verkraftet es, dass man innerhalb von drei Monaten die Vergütung pro Einheit um 25 % bzw. um 35 % verkürzt?

Deswegen hat sich der Ministerpräsident nicht nur gegenüber SCHOTT Solar, sondern auch gegenüber der Bundesregierung deutlich geäußert und klargemacht, dass es uns darum geht, dass wir faire und kostendeckende Einspeisevergütungen brauchen und man kon

kret darüber nachdenken sollte, die jetzt für April geplante Absenkung später in Kraft treten zu lassen.

(Eymael, FDP: Einverstanden!)

Zweitens sollte die Absenkung gestreckt werden. Das hat die Solarbranche angeboten, um verlässliche Rahmenbedingungen zu haben. Dies wäre eine Frage des Vertrauensschutzes, auch für die Endverbraucher, deren Anlagen schon bestellt sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, RheinlandPfalz ist enorm betroffen. Das ist schon gesagt worden. Wir haben eine überdurchschnittliche Dynamik in der Entwicklung der erneuerbaren Energien. Es gibt einen regelrechten Markt. Jede vierte Kilowattstunde Strom in Rheinland-Pfalz kommt aus den erneuerbaren Energien. Sie tragen erheblich zu der Tatsache bei, dass wir vom Energieimportland zum Energieland werden.

Bei uns sind viele Arbeitsplätze entstanden, die jetzt zum Teil gefährdet sind. 1.200 bei SCHOTT. Juwi ist ein anderes Unternehmen mit über 600 Arbeitsplätzen. Aber es sind auch viele Zuliefererindustrien betroffen; denn wir sind auch in der Zulieferung stark.

(Unruhe im Hause)

Herr Eymael, nicht zuletzt – – –

Man muss immer unterbrechen, um sich Gehör zu verschaffen.

Ich bitte, die Privatunterhaltungen in der Lobby zu führen.

Frau Staatsministerin Conrad hat das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht zuletzt das Handwerk, bei dem sehr viel in der Wertschöpfungskette hängen bleibt, ist massiv davon betroffen, wenn Unsicherheiten entstehen.

Ich will nicht mehr auf alle Argumente eingehen. Ich komme zum Schluss.

Diese Verunsicherung hat in Rheinland-Pfalz bereits Spuren hinterlassen. Bei mir haben sich schon kleine und mittelständische Unternehmen der Solarbranche gemeldet. Die Banken stellen zurzeit ihre Kreditzusagen zurück, weil sie nicht wissen, mit welchen Margen sie in Zukunft kalkulieren können, das heißt, wir bekommen einen richtigen Absatzeinbruch insbesondere bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen, die erst investiert haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus Rheinland-Pfalz kommt im Übrigen sehr viel an Innovation. Wir müssen ein Interesse daran haben, dass man die Einspeisevergütung so gestaltet, dass sich Innovation noch

bezahlt macht und wir nicht durch eine zu starke und zu schnelle Degression einen Beitrag dazu leisten, dass sich auf diesem Markt nur noch Billigimporte aus Asien stark machen können und eigene Investitionen und Innovationen, die in Deutschland die Branche stark gemacht haben, die sie auch auf den Wachstumsmärkten in der Welt stark machen, infrage gestellt oder zerstört werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich glaube, wir sollten die Debatte über Einspeisevergütungen anders formulieren. Ich rede etwas länger, weil es eine grundsätzliche Frage ist, vor der wir in Deutschland stehen.

Ich habe von diesen Bänken, von CDU und FDP, immer wieder gehört, dass diese Einspeisevergütung den Bürgerinnen und Bürgern nicht zuzutrauen sei. 1,50 Euro pro Person und Monat geben wir zur Förderung dieser Zukunftstechnologien aus. 280.000 Arbeitsplätze sind dadurch entstanden, Investitionen in Milliardenhöhe, damit man auch versteht, wie groß die unterschiedlichen Betrachtungsweisen sind – Sie haben damit ein Problem, wir nicht –, weil sich die Investitionen volkswirtschaftlich rechnen, um das deutlich zu sagen. Es gibt viele Berechnungen, dass sie sich über Arbeitsplätze, Einkommen, Steuereinnahmen rechnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber was sich nicht rechnet, das sind die Gewinne für vier große Energiekonzerne in dreistelliger Milliardenhöhe. Wir reden über Gewinne in dreistelliger Milliardenhöhe, hinter denen keine Investitionen, keine zusätzlichen Arbeitsplätze, keine Innovationen und schon gar keine Wachstumsimpulse auf den Leitmärkten der Zukunft entstehen. Das ist der Fehler, den Sie machen.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insofern ist diese Energiepolitik, die in Berlin formuliert wird, ein Risiko für die Energiezukunft in Deutschland, für ganze Branchen und damit für Arbeitsplätze.

Vielen Dank.

Ich begrüße zunächst als Gäste auf der Zuschauertribüne Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 a des Gymnasiums auf der Karthause Koblenz. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Aufgrund der Redezeit der Landesregierung hat jede Fraktion noch 90 Sekunden zusätzliche Redezeit.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Eymael von der FDPFraktion das Wort.