Wenn Sie sich überlegen, dass 1 % mehr Besteuerung von Vermögen in Deutschland ungefähr 24 Milliarden Euro Mehreinnahmen bringen würden, dann wäre das für die FDP eine ganz interessante Zahl, weil sie damit eine nette Gegenfinanzierung für ihren Stufentarif hätte. Ich bin gespannt auf das Gesetz, in dem dann dieser Gegenvorschlag drinsteht.
Meine Damen und Herren, an diesen Zahlen sehen Sie die Abgabensätze bei den Gewinn-, Einkommen- und Vermögensteuern. Um diese geht es, wenn über Steuer
Übrigens sind sie in den letzten zehn Jahren extrem nach unten gegangen. Das war aus wachstumspolitischen Gründen gewollt. Die Einkommensteuer hat einen Spitzensteuersatz von 42 %. Der ist deutlich niedriger als in den 90er-Jahren. Der Körperschaftsteuersatz ist von 50 % in den 90er-Jahren auf mittlerweile 15 % gesenkt worden.
Ich denke, das Argument, dass die hohen Steuersätze dazu verleiten könnten oder zumindest eine moralische Legitimation schaffen könnten, trägt keineswegs.
Herr Minister, nach Pressemeldungen vom heutigen Tag, die wohl auf Stichproben beruhen, geht man davon aus, dass etwa über 400 Millionen Euro an hinterzogenen Beträgen zu holen wären. Vor einigen Jahren gab es schon einmal einen solchen Fall einer CD mit Steuerdaten. Können Sie uns sagen, in welcher Höhe damals Beträge nach Deutschland und insbesondere nach Rheinland-Pfalz aufgrund dann erfolgter Selbstanzeigen und aufgrund der Daten auf der CD geflossen sind?
Wenn es so wäre, dass anstelle der ursprünglich genannten 100 Millionen Euro möglicherweise 400 Millionen Euro zusätzliche Steuereinnahmen flössen, dann wäre die Rendite vergleichsweise hoch; denn der Preis soll bei 2,5 Millionen Euro liegen. Meines Wissens war der Kaufpreis der Liechtensteiner Datei rund 4 Millionen Euro. Die Steuererträge lagen bei ca. 100 Millionen Euro.
Als diese Datei, bei der auch Herr Zumwinkel betroffen ist – es gab später noch eine andere Datei –, aufgekommen ist, hat dies in Rheinland-Pfalz dazu geführt, dass 45 neue Fälle aufgedeckt wurden. Bei denen kam es in 30 Fällen zu Ermittlungsverfahren. Bisher sind 17 abgeschlossen und 13 noch offen. Das hat zu zusätzlichen Steuereinnahmen von rund 4,5 Millionen Euro geführt. Bei den offenen Fällen kann noch etwas nachkommen.
Was über Selbstanzeigen entstanden ist, wird statistisch nicht aufbereitet, weil man nicht zuordnen kann, ob eine Selbstanzeige wegen der Steuerdatei oder einfach so, was durchaus nicht selten ist, gemacht wurde.
Kurze Zeit später gab es eine zweite Datei, die nicht käuflich erworben worden ist. Jemand hat versucht, eine Person, die auf der Datei aufgelistet ist, zu erpressen. Derjenige, der erpresst worden ist, hat die Polizei eingeschaltet. Auf diesem Weg sind die Steuerbehörden an
die Datei gekommen. Das betraf seinerzeit 43 Fälle, von denen 40 zu einem Ermittlungsverfahren geführt haben. 13 Verfahren sind bisher abgeschlossen worden. Das hat zu Steuermehreinnahmen von bisher über 2 Millionen Euro geführt.
Allein die Ankündigung in den Medien, dass es eine solche CD gibt, führt schon zu entsprechenden Reaktionen. Wie können Sie das beurteilen? Das Stichwort „Selbstanzeigen“ ist schon gefallen. Ist es feststellbar, dass allein durch die Information, dass es eine SteuerCD mit entsprechenden Informationen gibt, es in Deutschland bzw. Rheinland-Pfalz zu einer vermehrten Anzahl von Selbstanzeigen gekommen ist?
Ja, es ist schon so, insbesondere wenn man sich die Durchschnitte gerade bei dem letzten Fall mit Liechtenstein anschaut. Das hat immer ein gewisses „time lag“, weil vermutlich diejenigen, die fürchten, entdeckt zu werden und sich dann für eine Selbstanzeige entscheiden, zunächst Rücksprache mit Dritten nehmen. Das sind beispielsweise die Anwälte oder Steuerberater. Im Einzelfall können es auch Firmen sein, die bei den Gremien nachfragen müssen. Man kann sagen, rund um solche Entdeckungen, die von den Medien mit viel Aufmerksamkeit begleitet werden, gibt es vermehrt Selbstanzeigen. Das ist sicherlich ein gewünschter Nebeneffekt.
Man darf nicht vergessen, Leute, die eine Steuerhinterziehung begehen, machen keinen Steuerbetrug. Ich will das nicht beklagen. Im Vergleich zu anderen haben die eine relativ privilegierte Position; denn ein Dieb, der sein Diebesgut zurückgibt, kann sich damit nicht vor Strafe schützen, auch dann nicht, wenn er es sozusagen vor einem Ermittlungsverfahren gegen ihn macht. Das geht bei Steuern. Das führt auf der einen Seite dazu, dass der Staat eine höhere Chance hat, dass sich Steuerhinterzieher freiwillig melden. Es ist aber auf der anderen Seite schon ein Privileg der Leute, die ein steuerliches Fehlverhalten an den Tag legen.
Herr Minister, die Schweizer Presse und die Schweizer Politik haben kräftig gefeuert und aufgerüstet und die deutschen Regierungen der Hehlerei bezichtigt. Gibt es
gemeinsame Initiativen der deutschen Länderregierungen und der Bundesregierung, um wieder Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen?
Ich war schon etwas erstaunt. Nachdem die Datei aufgekommen war, war die erste Reaktion, die ich gehört habe, vom Schweizer Verteidigungsminister. Das empfand ich als ein bisschen befremdlich.
Das war vielleicht Zufall. Das hat den deutschen Verteidigungsminister sofort motiviert, auch dazu Stellung zu beziehen, und zwar noch, bevor es der deutsche Finanzminister gemacht hat. Er hat sich im Übrigen dagegen ausgesprochen. Das hat er gesagt, um vielleicht militärische Konflikte zu vermeiden. Ich weiß es nicht.
Peer Steinbrück ist ein bisschen in der Öffentlichkeit für seine Aktivitäten gescholten worden, die er in seiner Amtszeit als Bundesfinanzminister an den Tag gelegt hat, um im Bereich der Steuerhinterziehung in Drittstaaten ein Stück weit aus deutscher Sicht voranzukommen. Ich glaube, das hat zum großen Teil dazu beigetragen, dass man wieder ins Gespräch kommt. Ich habe vorhin bei der Beantwortung zu Frage 3 gesagt, die Schweizer Seite hat sich mittlerweile dazu durchgerungen, dieses OECD-Abkommen anzuerkennen.
So viel weitreichender ist das noch nicht, weil das Entscheidende ist eigentlich, dass es eine gegenseitige Informationspflicht und einen gegenseitigen Informationsaustausch gibt, so wie wir das zwischen den EUStaaten haben. Hinzu kommt, bei der Schweiz ist es zurzeit immer nur eine Absichtserklärung, dies zu tun. In der Schweiz gibt es wahrscheinlich die Notwendigkeit einer Volksabstimmung, wenn man ein solches verändertes Verfahren im Rahmen der Doppelbesteuerung durchführen will, weil diese Fragen in der Schweiz offensichtlich einen besonderen Stellenwert haben. Jeder kann sich überlegen, warum das so ist.
Herr Minister, Herr Kollege Baldauf hat sich entgegen der Kanzlerin dazu geäußert und gesagt, man sollte diese Daten nicht ankaufen. Nach dem, was Sie uns gesagt haben, angesichts der Einnahmensituation des Staates und des Landes und der Gerechtigkeitsfrage, die hintendran steht, halten Sie ein solches Vorgehen für vertretbar, solche Ausfälle sehenden Auges hinzunehmen?
Nein, ich halte es nicht für vertretbar. Ich habe gesagt, die Landesregierung hat die klare Position, dass wir der Meinung sind, dass auch unter Abwägung der rechtlichen Aspekte diese Datei auf jeden Fall angekauft werden sollte. Ich habe mich an manchen Stellen gewundert, wer sich dagegen ausgesprochen hat.
Dass sich Datenschützer und bestimmte Rechtspolitiker damit kritisch auseinandersetzen, fand ich nicht überraschend. Ich fand es überraschend, dass der Wirtschaftsrat der CDU sich sehr schnell dagegen ausgesprochen hat. Ich habe am Dienstag einen Unternehmer getroffen, der sich darüber empört gezeigt hat, weil er gesagt hat: Wie können die eine solche Position vertreten? Damit bringen die uns Unternehmer unter Generalverdacht. Wir zahlen unsere Steuern anständig. Es gibt keinen Grund, dagegen zu sein, dass diejenigen, die steuerunehrlich sind, auch zur Steuerzahlung herangezogen werden. –
Ich musste mich auch darüber wundern, dass der Bund der Steuerzahler sich dafür eingesetzt hat, dass Bürger ihre Steuern nicht zahlen.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass der Bund der Steuerzahler mittlerweile relativ grobschlächtig jede Steuer verdammt und es ihm offensichtlich dann auch noch opportun ist, wenn jemand auf diese Art und Weise einer Steuer, die offensichtlich alle viel zu hoch sind, entgeht. Offensichtlich ist jede steuerrechtliche Regelung dem Steuerzahlerbund ein Dorn im Auge, außer einer, nämlich da, wo geregelt ist, dass die Spenden an den gemeinnützigen Bund der Steuerzahler abzugsfähig sind.
Meine Damen und Herren, ich lasse noch eine Zusatzfrage zu. Dann ist die Fragstunde wegen Zeitablaufs beendet. Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Puchtler das Wort.
Nach Medienberichten hat der nordrhein-westfälische Finanzminister, Helmut Linssen (CDU), interessanterweise das Signal zum Ankauf der Steuer-CD gegeben. Es wird auch ausgeführt, dass geplant sei, ähnlich wie beim Thema „Liechtenstein“, dass Bund und Länder sich
Ja, es ist üblich, dass die Steuerverwaltung eines Bundeslandes das federführend für andere übernimmt. Das ist ein Bund-Länder-Abkommen. Das hat auch einen sehr guten Grund, damit diejenigen, die eine solche Datei zum Kauf anbieten, sie nicht parallel verschiedenen Steuerverwaltungen in verschiedenen Ländern anbieten können. Es war das letzte Mal so, dass man sich auf eine Aufteilung verständigt hat, dass 50 % der Ankaufkosten der Bund übernimmt und 50 % die Länder übernehmen.
Die Länder teilen sich das üblicherweise nach dem Königsteiner Schlüssel auf. Das waren beim letzten Mal knapp über 100.000 Euro für das Land Rheinland-Pfalz. Diesmal scheint es etwas billiger zu werden. Aber hier geht es eigentlich weniger um eine monetäre Rendite, sondern es geht auch um eine Rendite für die Steuermoral und für die Wertschätzung dessen, was das Gemeinwesen für die Bürgerinnen und Bürger eines Landes und eines Staates tut.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion beantrage ich die Aussprache zur Mündlichen Anfrage Nummer 8 „Erwerb von Daten über mutmaßliche Steuerhinterziehung“.
Weitere Meldungen zur Geschäftsordnung sehe ich nicht. Ich rufe die Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frank Puchtler und Barbara Schleicher-Rothmund (SPD) – Nummer 8 der Drucksache 15/4224 – betreffend, auf. Für die SPDFraktion hat der Kollege Hartloff das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass der Eifer, zu diesem Thema eine Aussprache durchzuführen, in diesem Hohen Hause offensichtlich nicht so sehr groß ist, ist vielleicht auch ein bisschen bezeichnend.
(Frau Kohnle-Gros, CDU: Wieso? Wir haben extra keine andere beantragt! Das ist jetzt die falsche Antwort!)
Frau Kohnle-Gros, ich habe schon die Reaktionen eben beobachtet, als wir diese Aussprache beantragt haben. Ich glaube, dass es in der Tat notwendig ist, dass wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen und wir auch über Bigotterien in unserem Rechtsstaat sprechen müssen und in der Diskussion, wie sie zu diesem Thema geführt werden, nämlich dass justament, wenn man das beobachtet, diejenigen, die in anderen rechtsstaatlichen Fragen sehr dafür sind, dass es wenig Beweisverwertungsverbote gibt, es Möglichkeiten von V-Männern und anderem ausgedehnt gibt, justament in dieser Frage erhebliche Bedenken haben, eine solche CD anzukaufen. In der Tat ist es wünschenswert, dass auf eine Beschwerde aus dem letzten Fall das Verfassungsgericht entsprechende Hinweise dazu gibt.