Protokoll der Sitzung vom 05.02.2010

(Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Das hat Frau Merkel nicht verdient! – Ramsauer, SPD: Man sollte Frau Merkel das Protokoll schicken! – Pörksen, SPD: Das schmeißt die gleich weg!)

Herr Kollege Mertin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Steuerstraftaten sind Straftaten wie Subventionsbetrug, wie Leistungsmissbrauch und anderes mehr. Im Rahmen solcher Strafverfahren gibt es Regeln. Nach diesen Regeln wird auch beurteilt, unter welchen Umständen man zum Beispiel Informationen käuflich erwerben kann. Das ist, wie Herr Kollege Hartloff schon ausgeführt hat, durch Rechtsprechung und Ähnliches in einem gewissen Ordnungsrahmen auch heute schon möglich.

Wenn im Rahmen eines anstehenden Steuerstrafverfahrens nach Prüfung durch die dafür Zuständigen die rechtlichen Gegebenheiten vorliegen, um eine solche CD anzukaufen, sehe ich keine Bedenken, diese zu kaufen, so wie das in anderen Fällen auch nach diesen

Regeln geschieht und dies dann eben gekauft werden kann.

Ich vermag allerdings nicht zu beurteilen, ob das der Fall ist, weil ich nicht weiß, wer derjenige ist, der diese CD verkauft. Ich weiß auch nicht, wo er sie her hat und wie er sie erlangt hat.

(Ramsauer, SPD: Aber Herr Baldauf weiß das!)

Das müssen die zuständigen Stellen prüfen. Ich gehe davon aus, dass diejenigen, die jetzt entschieden haben, eine solche CD zu kaufen, das Erforderliche getan haben und das geprüft haben. Dann wird die Sache ihren rechtsstaatlichen Lauf nehmen. Danach müssen gegebenenfalls die Gerichte im Rahmen der Strafverfahren entscheiden, ob – im Nachhinein betrachtet – die Regeln beachtet worden sind oder nicht, aber man kann nicht grundsätzlich in einem Steuerstrafverfahren den Ankauf von Informationen ablehnen. Das geht nicht. Das machen wir an anderen Stellen auch. Dafür gibt es Regeln.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Daher ist die Sache dahin zu spielen, wo sie hingehört, nämlich an die zuständigen Behörden, die die Verhandlungen führen und die zu prüfen haben, ob die rechtlichen Gegebenheiten vorliegen oder nicht. Wie gesagt, das kann hier niemand beurteilen. Ich nicht, aber vielleicht weiß der Herr Finanzminister Näheres. Ich kann zu dem Sachverhalt ansonsten nichts sagen.

Grundsätzlich ist der Ankauf von Informationen möglich. Wenn er legal möglich ist, sollte das getan werden. Steuerstraftäter verdienen an der Stelle keinen größeren Schutz vor Strafverfolgung als andere Täter. So ist das nun einmal. Das gilt auch für Steuerstraftaten.

(Beifall der FDP und der SPD)

Herr Kollege Hartloff, ich will meine Redezeit gar nicht voll ausschöpfen, weil mehr kann man dazu eigentlich nicht sagen. Sie haben aber eine Bemerkung zur Schweiz gemacht und eine gewisse moralische Attitüde hinsichtlich des Geschäftsgebarens der Schweiz an den Tag gelegt. Dazu erlaube ich mir den zarten Hinweis, dass die von Ihnen getragene Landesregierung diesen Finanzplatz für eigene Zwecke mit Menschen, die diesen Finanzplatz für sich nutzen, auch in Anspruch genommen hat.

(Beifall der FDP und der CDU – Ministerpräsident Beck: Aber nicht illegal! – Pörksen, SPD: Ich würde auch sagen, es sind gewisse Unterscheidungen erforderlich!)

Herr Kollege Hartloff, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Mertin, dass Sie sich das nicht entgehen lassen konnten, verstehe ich, aber Sie wissen, dass die Anlagen dort ganz andere waren.

Nicht jeder hat gestern Harald Schmidt gesehen und gehört. Er hat gefragt – Harald Schmidt spitzt gerne zu –, warum er im Moment so wenige FDP-Wähler auf der Straße sieht. Er meinte, sie seien in den Finanzämtern, um die Selbstanzeigen zu machen.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Das ist auch sicher nur in Streifen so.

(Unruhe bei der CDU)

Es ist eine gute Eigenschaft von Harald Schmidt, dass er oft unverschämt ist.

(Zurufe von der CDU)

Das zeichnet doch nur überspitzt dar, dass es Interessenlagen von Klientelen gibt, wie Rechtsfragen beurteilt werden oder nicht. Ich fand es gut, wie Herr Kollege Mertin genau zu diesen Rechtsfragen Stellung genommen hat. Ich möchte, ohne dass das in ein juristisches Seminar ausartet, sagen, dass es um die politische Frage geht, wie man auf dem Boden unserer rechtsstaatlichen Regelungen damit umgeht.

Ich will Herrn Kollegen Baldauf aber darauf hinweisen, dass auch die Schweiz nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in der Schweiz die Nutzung gestohlener Daten erlaubt.

In der „Süddeutschen Zeitung“ vom 4. Februar 2010 ist sogar eine Fundstelle genannt. Damit können Sie sich gern einmal vertiefend beschäftigen. Bei uns gilt deutsches Recht. Nach deutschem Recht ist genau das zu behandeln, was bei Ermittlungsverfahren und Selbstanzeigen, die sicher kommen werden, passiert – wir werden in zwei oder drei Monaten einmal nachfragen, ob es einen gewissen Anstieg gegeben hat –, damit die illegale Flucht aus dem Steuerzahlen unterbunden wird.

Keiner zahlt gern Steuern. Das ist ein offenes Geheimnis. Manche diskutieren im Moment in ihrer Attitüde wie Herr Sloterdijk, nämlich dass man besser den Staat so finanziert, dass jeder freiwillige Abgaben gibt. Dann kann man einen Sozialstaat in einem Industrieland wie Deutschland nicht finanzieren. Das bereitet doch auch den Boden für solche Taten und für eine Mentalität, die dahintersteckt, dass man sein Geld irgendwo hinverschiebt, wenn man genug davon hat und es sich leisten kann.

Sie haben zu Recht gesagt, es ist kein Kavaliersdelikt. Diese Herrschaften sehen es aber wie ein Kavaliersdelikt, weil nur sehr wenige Ahndungsmöglichkeiten vorhanden sind. Aus diesem Grund muss man sie verbessern. Deshalb ist es gut, wenn man die Daten von solchen CDs nutzt, um dadurch präventive Wirkungen für zukünftige Straftäter erreichen zu können.

Meine Damen und Herren, Steuerschlupflöcher und Fluchtmöglichkeiten dicht zu machen – – – Der Herr Minister hat vorhin die Staaten genannt. Es geht darum, dass man in den Banken Geldern einlagert, verzinst und daran verdient, wenn gestohlenes Geld, nämlich den Steuern entzogenes Geld, dort angelegt wird.

Daran hat man nichts zu verdienen. Legal angelegtes Geld kann wandern. Das hat im Übrigen auch für das rheinland-pfälzische Geld in der Schweiz gegolten, und nichts anderes. Bei illegalem Geld – das sind hinterzogene Steuern – muss der Staat handlungsfähig sein.

Insofern sage ich in der politischen Diskussion anders als Herr Baldauf mit der Bundeskanzlerin, ich finde es gut, dass man die Daten aus der CD verwertet und sie rechtsstaatlich in Deutschland überprüft. Die Herrschaften, die das Geld hinterzogen haben, sollen zahlen.

(Beifall der SPD)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Frauen aus der Region Bitburg-Prüm, Daun und BernkastelWittlich sowie Schülerinnen und Schüler der Berufsfachschule II – Hauswirtschaft und Wirtschaft der Berufsbildenden Schule Bernkastel-Kues. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag in Mainz!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Finanzminister Dr. Kühl.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Mertin, ich bin Ihnen dafür dankbar, dass Sie noch einmal gesagt haben, dass es eine Abwägungsfrage ist. Das kann kein Persilschein sein. Es kann nicht in jedem Fall so sein, dass man sagt, man lässt jemanden, egal, wie er an die Daten herangekommen ist, straffrei und gibt ihm auch noch Geld dafür. Nein, man muss im Einzelfall abwägen.

Diese Abwägung ist vorgenommen worden. Sie ist vom Bundesfinanzministerium und vom Finanzministerium in Nordrhein-Westfalen vorgenommen worden. An deren Spitze stehen jeweils CDU-Finanzminister. Ich vertraue diesen Ministern, wenn sie sagen, dass ihre Leute nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebnis kommen, dass es auch vor dem Hintergrund vergleichbarer Fälle in der Vergangenheit richtig ist, die Daten in diesem konkreten Fall käuflich zu erwerben.

Die Position, die Herr Baldauf hat, ist völlig anders. Herr Baldauf vertritt eine apodiktische Position. Er redet nicht von Abwägungsprozessen. Er sagt, er will das nicht.

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Den rechtspolitischen Ansatz kann ich nicht nachvollziehen. Über andere Motive möchte ich nicht spekulieren. Wenn Herr Baldauf sagt, stellt euch doch wegen des Geldes, das möglicherweise hereinkommt, nicht so an und reduziert doch erst einmal eure Ausgaben, dann muss ich sagen: Ausgabenreduzierung, um Steuerhinterziehern das Leben leichter zu machen, nein.

(Beifall der SPD – Bracht, CDU: Den Zusammenhang hat Herr Baldauf nicht hergestellt!)

Herr Baldauf hat leider nicht zugehört, sonst könnte er mir erklären, was er gesagt hat. Dann redet Herr Baldauf davon, dass man Absprachen mit anderen Nachbarländern treffen sollte. Glauben Sie, es ist noch keiner auf die Idee gekommen? Was glaubt er denn, was Herr Schäuble macht? Weiß er, wie oft Herr Schäuble in seiner vergleichsweise kurzen Amtszeit in der Schweiz war, um die Gespräche in Kontinuität mit dem, was Herr Steinbrück angestoßen hat, weiterzuführen? Natürlich wird das versucht.

Ich habe auch erklärt, dass sich die Schweiz etwas bewegt und bereit ist, den OECD-Standard zu akzeptieren. Das war allerdings die Regierung. Ob das Volk das in einer Volksabstimmung mitmacht, ist die zweite Frage. Zu einem Informationsaustausch, wie wir ihn als EUStandard kennen, sind sie nicht bereit. Das reicht doch offensichtlich momentan noch nicht, um Leute hinreichend abzuschrecken, ihr Geld dem Gemeinwesen in Deutschland zur Finanzierung von Kindergärten, Schulen und Straßen zu entziehen.

Herr Wirz, darum bin ich der Auffassung, dass der Staat eine Verantwortung hat, sich an dieser Stelle stark zu zeigen, damit er nicht das wird – Herr Mertin, ich war schon enttäuscht, als ich das von Ihrem neuen Generalsekretär gehört habe –, wovon Herr Lindner behauptet, er sei es schon, nämlich ein teurer Schwächling. Wer so über einen Staat redet, der redet den Staat nicht stark, sondern gibt den Starken Oberwasser, die meinen, mit einem Schwächling nichts zu tun haben zu wollen.

Man hat es vielleicht mit Schwachen zu tun. Man hat mit Bedürftigen zu tun. Dem teuren Schwächling, der offensichtlich ohnehin schon zu viel Geld verbraucht, begegnet man eher verächtlich. Ich bin der Meinung, dass wir deswegen, wenn wir solche Worte gebrauchen, aufpassen müssen, dass wir nicht bei irgendwelchen anderen, die glauben, sich diesem Schwächling zu entziehen, falsche Incentives setzen.

(Beifall der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind am Ende der Aussprache zur Fragestunde.

Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zu dem Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/4081 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Medien und Multimedia – Drucksache 15/4240 –

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart.

Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Haller.