Protokoll der Sitzung vom 05.02.2010

Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Haller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Durch Beschluss des Landtags vom 9. Dezember 2009 ist der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Medien und Multimedia – federführend – und an den Rechtsausschuss überwiesen worden.

Der Ausschuss für Medien und Multimedia hat den Gesetzentwurf in seiner 27. Sitzung am 14. Januar 2010 und in seiner 28. Sitzung am 3. Februar 2010 beraten.

In seiner 28. Sitzung am 3. Februar 2010 hat der Ausschuss für Medien und Multimedia ein Anhörverfahren durchgeführt.

Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf vorab in seiner 35. Sitzung am 28. Januar 2010 beraten.

Die Beschlussempfehlung lautet: Der Gesetzentwurf wird angenommen.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Weiland das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zentraler Regelungsgehalt des Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags ist die Umsetzung der EURichtlinie vom 11. Dezember 2007 in nationales Recht bzw. Länderrecht. Mit dieser unter deutscher Präsidentschaft erarbeiteten Richtlinie wird die rechtliche Grundlage für ökonomisch erfolgreiches privates Fernsehen, aber auch für öffentlich-rechtliches Fernsehen in einem wichtigen Schritt weiterentwickelt.

Dabei hat sich zunächst einmal innerhalb der Kommission ein Perspektivenwechsel beim Blick auf Fernsehen und fernsehähnliche Angebote vollzogen. In der EURichtlinie heißt es hierzu – ich zitiere –: „Audiovisuelle Mediendienste sind gleichermaßen Kultur- und Wirtschaftsdienste. Ihre immer größere Bedeutung für die Gesellschaften, die Demokratie – vor allem zur Sicherung der Informationsfreiheit, der Meinungsvielfalt und des Medienpluralismus –, die Bildung und die Kultur rechtfertigt die Anwendung besonderer Vorschriften auf diese Dienste.“

Damit wird deutlich, dass die mit der digitalen Übertragungstechnik sich ergebenden Möglichkeiten für Fernsehen oder fernsehänliche Angebote nicht ausschließlich in die Zuständigkeit des europäischen Wirtschafts- und Wettbewerbsrechts und des elektronischen Handels fallen, was unserer deutschen Sichtweise, die wir immer vertreten haben, diametral widersprochen hätte oder hat.

Ausdrückliches Ziel der Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste ist also, eine eigenständige Rechtsgrundlage außerhalb der Richtlinie für den elektronischen Han

del und der Dienstleistungsrichtlinie zu schaffen. Das ist aus deutscher Sicht sicherlich als Erfolg zu werten.

Zum ersten Mal wird der Rundfunkbegriff konsequent aufgrund der Inhalte und Adressaten und nicht aufgrund der Art der technologischen Verbreitungsart definiert. Die Richtlinie umfasst nicht nur sogenannte traditionelle Fernsehdienste, sondern auch zukünftige fernsehähnliche Dienste auf Abruf, die Inhaltlich in ihrer massenwirksamen Bedeutung dem Fernsehen vergleichbar sind. Auch das ist sachgerecht und zu begrüßen.

Die neuen Werberegelungen sind ein wichtiger Schritt für wirtschaftlich erfolgreiches privates Fernsehen als werbefinanziertes Informations- und Unterhaltungsangebot. Es bleibt zwar bei der bisherigen stündlichen Werbeobergrenze von zwölf Minuten, aber die tägliche Werbezeitbegrenzung wird aufgehoben. Das bringt für 24stündige Programme ein Mehr an Werbezeit.

Für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ändert sich nichts. Auch das ist sachgerecht.

Die sogenannte Produktplatzierung wird zum ersten Mal europaweit geregelt. Bei der Produktplatzierung geht es – ich formuliere es einmal jenseits aller definitorischen Feinheiten – um das, was landläufig als Schleichwerbung bezeichnet wird. Oberstes Ziel der Regelungen ist, Transparenz für den Zuschauer zu schaffen, um ihn vor Techniken und unbewusster Beeinflussung zu schützen und Wettbewerbsgleichheit zu schaffen.

Sie nimmt im Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag einen breiten und sehr detaillierten Raum ein und wird für private Veranstalter und den öffentlichrechtlichen Rundfunk der Natur der Sache entsprechend gesondert geregelt.

Um für die Zuschauer eine ausreichende Transparenz zu gewährleisten, muss auf die Produktplatzierung in den Sendungen hingewiesen werden. Zwar heißt es in § 7 Abs. 7 Satz 1, Produktplatzierung ist unzulässig, tatsächlich aber wird Produktplatzierung definitiv nur für Kinder- und Informationssendungen, für Ratgeber- und Verbrauchersendungen und für Gottesdienste ausgeschlossen. Für das ganze übrige Programm wird Produktplatzierung durch diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag aber zum ersten Mal eingeführt, rechtlich zugelassen und normiert.

Deutschland konnte sich hier mit seiner Forderung nach einem Verbot von Produktplatzierung leider nicht durchsetzen. Bisher nämlich galt als eiserner Grundsatz die klare Trennung von Programm und Werbung. Damit lässt sich Produktplatzierung nur sehr sperrig zusammenbringen, im Grunde genommen nur zusammenbringen, wenn man diesen Grundsatz aufweicht. Wie sich das in Zukunft weiterentwickeln wird, werden wir zu beobachten haben.

Systemgerechter – wie im Übrigen am Mittwoch in unserer Anhörung dargelegt – wäre aus deutscher Sicht eine weitergehende Lockerung der Werberregelungen für das private Fernsehen gewesen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.

Neben diesen kleinen Anmerkungen ist der Dreizehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag gegenüber dem IstZustand ein Fortschritt, und deshalb werden wir ihm zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank.

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Heinrich das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befassen uns heute mit der Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste der EU in deutsches Recht im Bereich der Werbeform Produktplatzierung, neudeutsch product placement.

Da die EU nur sehr vage Vorgaben gemacht hat, haben die Mitgliedstaaten die Aufgabe, praktikable Regelungen und Lösungen zu entwickeln.

Im Rahmen des Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags, den die Ministerpräsidenten am 30. Oktober 2009 unterzeichnet haben, wurde über die Ausgestaltung dieser EU-Richtlinie entschieden.

Wenn die Länderparlamente ebenfalls diesem Staatsvertrag zustimmen, wird er am 1. April in Kraft treten.

Um was geht es? – Unter Produktplatzierung versteht man die Integration von Namen, Marken, Produkten und Dienstleitungen gegen Bezahlung in ein redaktionelles Angebot.

Ich gebe jetzt einmal ein Beispiel. Wenn die Kommissare oder Kommissarinnen im Tatort, die sich immer an einer Imbissbude über den Kriminalfall austauschen, ein Königsbacher Bier am Stehtisch trinken, dann ist das eine Produktplatzierung.

Nun war die Produktplatzierung bisher nicht gänzlich unzulässig, schließlich müssen die Tatort-Kommissare mit irgendeinem Auto zum Tatort fahren.

Die unzulässige Variante war in jedem Fall die Schleichwerbung, die nunmehr im vorliegenden Rundfunkänderungsstaatsvertrag definiert wird.

Ich möchte Ihnen die Definition ersparen, da sie sehr juristisch ist.

Ziel dieser Regulierung und des Staatsvertrages ist die Trennung der redaktionellen Berichterstattung von der Werbung. Der Zuschauer muss subjektive Werbebotschaften von objektiven, redaktionellen Beiträgen unterscheiden können, und er muss sichergehen, dass die redaktionellen Beiträge nicht einer Beeinflussung durch

werbewirtschaftliche Interessen unterliegen. Dies gilt in besonderem Maße für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits vor längerer Zeit entschieden, dass der Rundfunk von sachwidrigen, außerpublizistischen Einflüssen auf die Programmge- staltung geschützt werden muss und weder dem Staat noch einer gesellschaftlichen Gruppe ausgeliefert werden darf. Es geht um das Vertrauen der Zuschauer in die Objektivität des Programms.

In den letzten Jahren sind mehrere Fälle von unzulässiger Produktplatzierung aufgedeckt worden. Ich nenne jetzt eine Sendung, die von der Landesmedienanstalt in Rheinland-Pfalz beanstandet wurde. Die Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) hatte die große Promi-Oster-Show von SAT.1 beanstandet, weil dort mehrmals ein überdimensionaler goldfarbener Osterhase mit rotem Halsband und Schriftzug im Bild sowie das Werbebanner des Herstellers Lindt zu sehen waren. Das Verwaltungsgericht Neustadt hat die Entscheidung der LMK bestätigt.

Die EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste hat es den Mitgliedstaaten überlassen, in welchen Ausnahmefällen und unter welchen Bedingungen künftig Produktplatzierungen zulässig sind. Danach ist Produktplatzierung nach dem vorliegenden Staatsvertrag zulässig in Kinofilmen, Filmen und Serien, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung, die nicht vom Veranstalter selbst produziert wurden, sofern es sich um Sendungen für Kinder handelt. Produktplatzierung ist verboten in Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Ratgeber- und Verbrauchersendungen, Sendungen für Kinder oder für die Übertragung von Gottesdiensten.

Die äußerst begrenzte Möglichkeit der Produktplatzierung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erscheint sachgerecht, da sich der durch die Rundfunkgebühr finanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk derzeit auf 7,5 Milliarden stützen kann und in der Bevölkerung für glaubwürdiger und unabhängiger gehalten wird als der private Rundfunk.

Ich mache allerdings keinen Hehl daraus, dass ich für eine gänzliche Freiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von jeglicher Produktplatzierung und Werbung plädieren würde, wenn die Einnahmenausfälle bei der neuen Gebührenstruktur auch entsprechend berücksichtigt würden. Dies wäre ein Alleinstellungsmerkmal für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat noch einige juristische Fallstricke und wird sicher noch zu der einen oder anderen Auseinandersetzung führen, genauso wie beim Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Falle der Gewinnspielsatzung.

So ist in der Anhörung, die wir am Mittwoch mit ZDF, SWR und dem Verband Privater Rundfunk- und Telemedien durchgeführt haben, darauf hingewiesen worden, dass einige Formulierungen im Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag auslegungsbedürftig sind.

Zwei Beispiele:

Erstens, Produktplatzierung braucht zum Beispiel nicht gekennzeichnet werden, wenn die betreffende Ware oder Dienstleistung nicht von bedeutendem Wert ist. – Wo liegt die Grenze? 100 Euro, 1.000 Euro, 10.000 Euro?

Zweitens, bei gekauften Sendungen entfällt die Kennzeichnungspflicht, wenn nicht mit zumutbarem Aufwand ermittelbar ist, ob Produktplatzierung ermittelbar ist. – Was ist zumutbarer Aufwand?

Derzeit befinden sich ARD und ZDF sowie die privaten Rundfunkanstalten mit den Landesmedienanstalten im Dialog, wie diese unbestimmten Rechtsbegriffe ausgefüllt werden sollen. Man darf gespannt sein, wie sie sich auf eine gemeinsame Richtlinie zur Ausgestaltung des Staatsvertrags einigen.

Von den zum Anhörverfahren Eingeladenen sind wir gebeten worden, dem Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zuzustimmen. Auch ich halte insgesamt diesen Staatsvertrag für einen derzeit angemessenen Kompromiss. Man darf auf die nächste Auseinandersetzung um ein neues Gebührenmodell gespannt sein.

(Beifall der SPD)