Protokoll der Sitzung vom 05.02.2010

(Beifall der SPD)

Vielen Dank.

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Bauckhage das Wort.

Hochverehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschäftsgrundlage für diesen Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sind europäische Richtlinien.

Ich kann dem Kollegen Weiland nur recht geben. In der Regel kann man darüber streiten, aber in dem Fall nicht. Es ist ein Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der mit Mühen geboren wurde. Es kommt hinzu, dass in der Europäischen Gemeinschaft über Rundfunk unterschiedliche Rechtsauffassungen bestehen. Das ist eine Geschäftsgrundlage, die dann schwierig ist.

Hinzu kommt noch, dass bestimmte Gruppen Rundfunk als eine Ware betrachten. Rundfunk ist aber keine Ware wie eine Schokolade oder Ähnliches. Ich glaube, von daher gesehen ist das deutsche Rundfunkrecht ein gutes Recht, weil es eine besondere Ware ist, eine besonders sensible Ware. Das erkennt man an vielen Sendungen.

In dem Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat man nun versucht, einen Kompromiss zwischen einerseits wirtschaftlich erfolgreichem Privatfernsehen und -rundfunk und andererseits öffentlich-rechtlichen Anstalten zu finden.

Nun muss man sehen, wenn man die Rechtsbegriffe betrachtet und sieht, wie auslegungsbedürftig die sind, dann haben Sie völlig recht, Herr Kollege. Ich erinnere mich an eine Passage: Bei der Alkoholwerbung soll es so sein, dass sie nicht zu übermäßigem Alkoholkonsum führt. Also das soll mir einmal jemand erklären, wie man eine entsprechende Werbung machen kann und wie die Werbung gestaltet ist.

Gleichwohl erleben wir auch jetzt nicht mehr die strikte Trennung von einerseits Werbung und andererseits Programm. Das hat dann auch ein Stück mit der Produktplatzierung zu tun. Das ist gar keine Frage. Wenn man die Kennzeichnungspflichten insgesamt sieht, sind die sehr problematisch.

Aber man muss eine Lösung finden. Die Lösung, die hier gefunden worden ist, trägt zunächst einmal. Ob sie auf Dauer eine bestimmte Rechtssicherheit herstellt, das wird die spannende Frage sein. Ich glaube, wir werden uns noch öfters damit befassen müssen, auch vor einem ganz anderen Hintergrund: Wie sieht es eigentlich aus, ist es notwendig, dass im öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt noch geworben wird? – Das ist eine ganz spannende Frage, die auf Dauer beantwortet werden muss.

Wenn man die Zahlen weiß, die ich jetzt hier bewusst nicht nenne, die Zahlen der werberelevanten Kunden zwischen 20 und 50 Jahren, die sich noch öffentlichrechtlich bedienen, so ist die Frage für die Werbewirtschaft: Hat das noch Sinn, oder gibt das eine Situation, dass tatsächlich im Öffentlich-Rechtlichen nur noch mit den Produkten geworben wird: … im Anschluss fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker? Das kann es auch nicht sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier ist eine Lösung gefunden worden, die sicherlich zunächst einmal handhabbar sein wird, bei der uns aber auf Dauer viele Rechtsbegriffe noch ein Stück begleiten werden, einfach deshalb, weil sie sehr offen und schwammig formuliert sind.

Der Dreizehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist kein Riesenmeilenstein in der Rundfunkwirtschaft und in der Fernsehwirtschaft, sondern eine Notwendigkeit, die aufgrund europäischer Richtlinien gekommen ist.

Im Übrigen kann man hier auch sehr deutlich erkennen, dass insgesamt die europäischen Richtlinien das ganze Geschäft komplizierter machen, sehr viel komplizierter machen, als es bisher war. Wir hatten zu dem Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eine Anhörung. Das Erstaunliche war, dass alle, sowohl Private als auch Südwestrundfunk und ZDF, gebeten haben zuzustimmen.

Er ist zustimmungswürdig. Das ist gar keine Frage. Deshalb wird meine Fraktion zustimmen.

(Beifall der FDP und des Abg. Pörksen, SPD)

Vielen Dank.

Für die Landesregierung hat Herr Staatssekretär Stadelmaier das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben den Inhalt der Richtlinie und des sie umsetzenden Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ausführlich geschildert. Ich will mich deshalb lediglich auf einige Aspekte konzentrieren.

Vor allem für die privaten Veranstalter sind mit der neuen Richtlinie die bisherigen europäischen Beschränkungen für Werbung weitgehend liberalisiert worden. Diese Feststellung gilt, obwohl wir deutschen Länder in Brüssel etwas anderes erreichen wollten.

Wir wollten eigentlich erreichen, dass vor allen Dingen die quantitativen Regelungen für Werbung deutlich reduziert werden und damit die Werbemöglichkeiten ausgeweitet werden, weil wir glauben, dass Regelungen wie, zehn Minuten darf nur in einer Stunde geworben werden, es darf nur in dieser und jener Form geworben werden, einfach nicht mehr den Anforderungen der Zeit und des Mediums entsprechen.

So ist es aber nicht gekommen. Deswegen muss dieser Dreizehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit diesen Vorgaben aus Brüssel umgehen.

Dabei gibt es Lockerungen für die Werbung gegenüber dem bisherigen Zustand mit einer wichtigen Ausnahme: Von den Unterbrechungsmöglichkeiten, die die Audiovisuelle Mediendiensterichtlinie für Kindersendungen vorsieht, machen wir keinen Gebrauch. Das heißt, Kindersendungen in Deutschland dürfen nach wie vor nicht durch Werbung unterbrochen werden. Bei uns wird also das höhere Schutzniveau für Kinder beibehalten.

(Beifall der SPD und bei der FDP)

Auch im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bleibt es bei den bisherigen Begrenzungen, also keine Werbung an Sonn- und Feiertagen sowie nach 20 Uhr.

Darüber hinaus besteht bei den Ministerpräsidenten bereits politisches Einvernehmen, dass ab dem 1. Januar 2013 auch Sponsoring an Sonn- und Feiertagen und nach 20 Uhr mit Ausnahme großer Sportereignisse nicht mehr zugelassen werden soll.

Daneben gibt es erstmals Vorgaben für die sogenannten Produktplatzierungen. Diese bleiben grundsätzlich verboten. Das ist richtig dargestellt worden. Dafür haben wir uns in Brüssel stark gemacht.

Sowohl für den privaten als auch den öffentlichrechtlichen Rundfunk existieren jedoch klar definierte Ausnahmen. Während im privaten Rundfunk in Filmen, Unterhaltungssendungen und im Sport in Eigen- und Fremdproduktionen gegen Entgelt Produkte platziert werden dürfen, ist dies dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur bei angekauften Formaten, also beispielsweise bei amerikanischen Spielfilmen, erlaubt.

Um es klar zu sagen, die Platzierung für einen großen Süßwarenhersteller, die sich kürzlich der SWR in mehreren Sendungen geleistet hat, ist auch weiterhin verboten.

Unentgeltliche Produktplatzierungen, sogenannte Produktbeistellungen, also beispielsweise „Das Traumschiff“ oder das Fahrzeug für den Kommissar, sind im privaten wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Nachrichtensendungen zum politischen Zeitgeschehen und in Ratgeber- und Verbrauchersendungen verboten. Stets unzulässig ist die Produktplatzierung schließlich in Kindersendungen.

Im Übrigen besteht die Vorgabe, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk in Richtlinien näher bestimmen muss, unter welchen Voraussetzungen, in welchen Formaten und in welchem Umfang unentgeltliche Produktplatzierungen künftig stattfínden können. Ferner muss in Richtlinien präzisiert werden, wie die Unabhängigkeit der Produzenten gesichert und eine ungebührliche Herausstellung des Produkts vermieden wird.

Das hat nun der Kollege Bauckhage „offen und schwammig“ genannt. Ich muss Ihnen sagen, da bin ich anderer Meinung, Herr Kollege Bauckhage. Dies ist auch in der Anhörung des Landtags deutlich geworden, dass es einen Zwiespalt gibt.

Immer dann, wenn der Gesetzgeber und wir im Rundfunkrecht die Dinge ganz konkret auf den Punkt bringen, wie beispielsweise beim Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag in der Frage, was in Telemedien durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemacht werden darf, dann wird geschrien, das sei Überregulierung. Wenn wir den Weg gehen, dass die Anstalten, die privaten wie die öffentlich-rechtlichen, die Dinge in einem eigenen Definitionsprozess ausfüllen sollen, der anschließend lediglich daraufhin überprüft wird, ob er mit dem Geist des Gesetzes übereinstimmt, dann wird gesagt, das sei alles schwammig und unzumutbar, und der Gesetzgeber müsste sich konkreter festlegen.

Das haben wir bei der Anhörung des Landtags vor zwei Tagen ganz präzise auf den Punkt gebracht und gehört, dass dies ein Zwiespalt ist, in dem wir uns ständig befinden. Ich muss sagen, die Politik dieser Landesregierung und die Politik der Länder insgesamt geht eindeutig in die Richtung, Leitplanken für die Medienpolitik festzulegen, und die Ausfüllung liegt bei den Landesmedienanstalten sowie den privaten Anbietern auf der einen Seite und bei den Gremien der Öffentlich-Rechtlichen auf der anderen Seite. Dies halte ich für den richtigen Weg, und das hat im Übrigen auch zu einer beachtlichen Steigerung der Wahrnehmung und der Bedeutung der Gremien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geführt.

Wir haben schließlich im Interesse der Verbraucher in dem neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrag weitreichende Vorschriften zur Sicherung der Transparenz vorgesehen. Auf zulässige Produktplatzierungen muss immer eindeutig hingewiesen werden. Sie ist zu Beginn und zum Ende einer Sendung und nach jeder Werbeunterbrechung angemessen zu kennzeichnen. Das gilt auch für Kaufproduktionen, wenn die Produktplatzierung mit zumutbarem Aufwand ermittelbar ist.

Meine Damen und Herren, wir sind damit als Länder, aber auch als rheinland-pfälzische Landesregierung einen langen Weg gegangen, weil wir auch den Schritt zur Produktplatzierung integriert haben. Das hat damit zu tun, dass wir auf die gravierenden ökonomischen Einbrüche in der Medienlandschaft, auf die Abwanderung von Werbung ins Internet und auf die ständigen Verstöße, vor allem im privaten Rundfunk – Herr Kollege Heinrich hat es richtig dargestellt – gegen die Regelungen zu Schleichwerbung, reagiert haben. All das hat uns dazu geführt, diese Frage anders zu beantworten, als wir es zunächst in Brüssel getan haben.

Wir haben dabei zwei wichtige Güter abwägen müssen, auf der einen Seite die Interessen, die ich soeben dargestellt habe, vor allen Dingen das ökonomische Interesse des privaten Rundfunks, das nötige Geld verdienen zu können, damit privater Rundfunk in Deutschland möglich ist, auf der anderen Seite aber die Frage: Wie wirkt sich Werbung oder Produktplatzierung eigentlich auf journalistisch-redaktionelles Arbeiten aus? Wie wirkt es sich auf künstlerisches Arbeiten aus, wenn sich Kameraschwenks dadurch verändern, wenn sich die Dramaturgie eines Films dadurch verändert, dass Produkte platziert werden, und wie wägt man dies mit dem Interesse zusätzlicher Einnahmemöglichkeiten ab? – Dies ist im Übrigen eine Fragestellung, die sich nicht nur im Fernsehen, im Hörfunk und im Internet stellt, sondern ganz massiv auch bei den Zeitungen. Wir erleben heute bei den Zeitungen, dass es ganze Flächen gibt, bei denen es sich letztlich um journalistisch-redaktionell bearbeitete Produktplatzierungen handelt, ohne dass dies in geeigneter Weise kenntlich gemacht wird.

Deswegen sind wir den Weg gegangen zu sagen: Wir wollen mehr Werbemöglichkeiten, aber wir wollen auch die dafür notwendige Transparenz herstellen. Das heißt, es muss für jeden und jede erkennbar sein, dass Produktplatzierungen vorgenommen worden sind. Es muss erkennbar sein, welche ökonomischen Interessen dahinterstehen, und es bleibt dem Zuschauer überlassen zu bewerten, ob der Film oder das Produkt anders ausgesehen hätte, wenn es diese Werbeplatzierungen nicht gegeben hätte.

Mit diesem Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird der Ordnungsrahmen für beide Säulen des dualen Rundfunksystems fortentwickelt. Vor allem den privaten Veranstaltern werden größere Handlungsspielräume eingeräumt. So schaffen wir optimale Wettbewerbsbedingungen und Rechtssicherheit.

Wir legen auch – ich unterstreiche dies noch einmal ausdrücklich – die Grundlage für eine finanzielle Stabilisierung des privaten Teils des dualen Systems. Damit verbindet sich allerdings auch eine Erwartung, die nicht neu ist, aber die im dualen System im privaten Teil des Rundfunks in den letzten Wochen und Monaten immer stärker infrage gestellt wurde, dass nämlich auch im privaten Teil des Rundfunksystems publizistische Verantwortung wahrgenommen werden muss. Die Diskussion um N 24 und die Frage, wie man mit Nachrichten umgeht, ist nur ein Teil dieser Diskussion.

Ich will abschließend deutlich unterstreichen, dass auch der private Rundfunk im Rahmen des Gesamtsystems

eine öffentliche Aufgabe gegenüber der Gesellschaft erfüllt; zwar nicht die, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu erfüllen hat – bei ihm sind die Maßstäbe, die anzulegen sind, strenger –, aber der private Rundfunk kann sich dieser Verpflichtung nicht entziehen. Dazu gehört beispielsweise auch eine angemessene Versorgung mit Nachrichten, und zwar nicht nur formal, sondern auch mit journalistisch-redaktionell korrekt und ordentlich aufbereiteten Nachrichten.

Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Somit können wir zur Abstimmung kommen.

Wer dem Gesetzentwurf in zweiter Beratung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden.

Wer dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag in der Schlussabstimmung zustimmen möchte, den bitte ich, sich von seinem Platz zu erheben! – Vielen Dank! – Damit ist der Dreizehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch in Rheinland-Pfalz einstimmig angenommen worden.

Ich rufe nun Punkt 20 der Tagesordnung auf:

Weibliche Genitalverstümmelung ächten – Mädchen und Frauen schützen – Betroffenen helfen Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/4216 –

Ich darf Frau Sahler-Fesel für die SPD-Fraktion das Wort erteilen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem Jahre 2003 ist der 6. Februar der internationale Tag für null Toleranz gegen weibliche Genitalverstümmelung. Diesen Tag haben wir zum Anlass genommen, heute in dieses Plenum einen Entschließungsantrag einzubringen, der den Titel trägt: „Weibliche Genitalverstümmelung ächten – Mädchen und Frauen schützen – Betroffenen helfen“.