An ihnen vorbei Daten zu erheben, ist eigentlich ein Aufkündigen des Respekts vor dieser Partnerschaft.
Aus diesen Gründen war es uns wichtig, mit einem Alternativantrag gerade die Erkenntnisse aus der Anhörung zu der Sozialpartnerschaft sehr genau festzuhalten und zu beschreiben, da es uns ein Anliegen ist, dass die Landesregierung auch die Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen zieht, um bei künftigen Bedürfnissen, die man sich durchaus vorstellen kann, frühzeitig und schnell Informationen aus Unternehmen des Landes zu erhalten, dass sie beide Partner im Blick hat und beide als Gesprächspartner wahrnimmt und respektiert. Ich glaube ohnehin, dass man nur mit den Zahlen von beiden Partnern tatsächlich die richtigen Schlüsse ziehen kann. Unser Appell mit unserem Antrag lautet, diese sensible Situation zu respektieren und in der eigenen Arbeitsweise wertzuschätzen.
Wir sind der Überzeugung, dass dies wichtig ist, und wir glauben, dass nur im gemeinsamen Miteinander beider Partner auch vernünftige Politik konzipiert werden kann. Deshalb haben wir unseren Antrag eingebracht, und ich habe ihn damit auch weitestgehend begründet.
Ich möchte zur Abrundung noch einmal auf die Historie dieser Maßnahme eingehen. Ich muss Ihnen trotz aller Sachlichkeit in der Debatte sagen, für uns bleibt immer noch ein Geschmäckle an dem ganzen Konzept.
Dieses Geschmäckle ergibt sich aus der Konstruktion. Ursprünglich hatte man einen Antrag der TBS vorliegen, die ein Paket an schnellen Hilfen vorsah. Die TBS ist ein Unternehmen, das sich in Zeiten gegründet hat, als die neuen Technologien in den Unternehmen eingeführt wurden und man festgestellt hat, dass auch Betriebsräte Beratung über die Frage benötigen, wie diese Technologien vernünftig in die Betriebsabläufe implementiert
werden können. Sie hat sich – dies ist durchaus nicht kritisch zu sehen – sehr positiv zu Beratern von Unternehmen in schwierigen Krisenzeiten entwickelt. Dies galt für Unternehmen wie Pfaff, die vor der Insolvenz standen und Probleme hatten, wie es weitergeht und wie sie einen Sozialplan konzipieren können, um noch eine vernünftige Zukunftsperspektive zu sehen. Dies galt aber auch für andere Unternehmen, in denen mithilfe der TBS die Sicherung von Arbeitsplätzen erreicht werden konnte. Dies ist durchaus eine vernünftige Arbeit, die wir respektieren.
Ich weiß auch aus Gesprächen mit der TBS, dass sie sich in diesen Krisenzeiten bei Gott nicht über einen Mangel an Arbeit beklagen kann. Meinen ersten Eindruck, dieses Konzept sei in erster Linie der Akquise geschuldet gewesen, möchte ich durchaus relativieren. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass dennoch ein Geschmäckle bleibt.
Ein Unternehmen, das das Ziel verfolgt, als Beratungsunternehmen in Krisen befindliche Betriebe in Rheinland-Pfalz zu beraten, schlägt der Landesregierung einen Strauß an Maßnahmen vor, von denen eine das betriebsrätliche Schnellinformationssystem ist. Das Unternehmen bietet sich an, die Daten von den Betrieben zu erheben, aufzubereiten und anonymisiert an die Landesregierung weiterzugeben. Die TBS hat uns auch berichtet, dass sie in den Unternehmen, in denen sich die Krise abzeichnete, sehr wohl beratend und helfend zur Seite stehen konnte, mit positiven Ergebnissen, beispielsweise durch Vereinbarungen über die Einführung von Kurzarbeit, die Form der Durchführung von Kurzarbeit und gleichzeitig über die Qualifizierung in den Unternehmen. Sie war also durchaus auch positiv beratend tätig, aber sie hat damit natürlich auch in gewisser Weise davon profitiert, Daten von den Unternehmen zu erheben und damit auch sehr schnell zu erkennen, wo ihre Hilfe erforderlich ist.
Auch dieses Konstrukt scheint mir nicht ganz geglückt zu sein. Es war der Landesregierung auch klar, welche Funktion die TBS hat. Man hat sich das Gesamtpaket gegenüber der TBS schon eine stolze Summe kosten lassen. Aus der Antwort auf die Frage Nummer 26 der Großen Anfrage der FDP, die Auslöser unserer Diskussionen war, geht hervor:
„Das Projekt der TBS gGmbH ‚Schnellinformationssystem – Chancen und Risiken, Begleitung der Betriebsräte in der aktuellen Krise 2009’ wird, wie in der Einleitung zur Beantwortung dieser Anfrage dargestellt, mit 323.471 Euro aus Landesmitteln gefördert.“
Ich denke, auch wenn es im Ergebnis gut investiertes Geld war, wovon wir nach den Informationen, die wir bekommen haben, durchaus ausgehen, müssen Sie aber als Landesregierung auch darauf achten, manche Verfahren sauber zu trennen, damit Geschmäckle eben nicht entstehen. Dann muss auch klar sein, wer Daten erhebt und wer Leistungen gewährt. Verknüpfungen sind immer mit einem Beigeschmack versehen.
Deshalb lautet unsere Bitte, die wir auch noch einmal mit unserem Antrag formuliert haben: Nehmen Sie die kritischen Worte der kompetenten Anzuhörenden ernst! –
Wenn Sie auch weiterhin mit allen Sozialpartnern, mit den Betrieben zusammenarbeiten wollen, um Krisen aufzufangen und auch helfend zur Seite zu stehen, um das Bestmögliche für die Betriebe und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bewirken, achten Sie bitte auf beide Partner; denn die Arbeitsplatzsicherung wird mit Sicherheit nie ohne die Betriebe funktionieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Diskussion der vergangenen Monate über das betriebsrätliche Schnellinformationssystem ist nach meinem Geschmack und für mein Gefühl in weiten Teilen der Sache nicht gerecht geworden, um die es eigentlich ging.
Das gilt sowohl für die Schwerpunkte der Diskussion als auch für die Tonlage, in der manche diese Diskussion geführt haben. Es gab ziemlich schrille Töne, aber auch Ausreißer und Aussetzer. Ich möchte deshalb noch einmal erläutern, worum es bei diesem Schnellinformationssystem eigentlich ging.
Es ging darum, Entlassungen zu verhindern, Arbeitsplätze zu sichern, Kurzarbeit zu nutzen und auf Qualifizierung zu setzen. Genau mit diesen Zielen wollten wir die Erfahrungen und den Sachverstand der Betriebsräte nutzen, um die arbeitenden Menschen in RheinlandPfalz so weit wie möglich vor den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu schützen oder die Folgen jedenfalls abzumildern. Das war das Ziel der ganzen Angelegenheit.
Heute kann man sagen, es war richtig, die Betriebsräte einzubeziehen, da sie in ihrer täglichen Arbeit, im Umgang sowohl mit der Unternehmensleitung als auch mit den Kolleginnen und Kollegen, mit den Nöten der Unternehmen und der Beschäftigten konfrontiert werden. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist es eine ausdrückliche Aufgabe der Betriebsräte, die Beschäftigung in den Betrieben zu sichern und zu fördern. Genau darum ging es, und genau daran haben sie mitgewirkt.
Herr Abgeordneter Dr. Schmitz genannt haben. Es geht zum einen um die Frage des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. In der Anhörung wurde dargestellt, es gebe ein offenbar bis dato ziemlich unbekanntes Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2007,
zu dem es aber keinerlei konkretisierende Rechtsprechung gibt und zu dem es auch unter den Rechtsgelehrten keine Artikel und keine Kommentare gibt, was es praktisch bedeutet. In der Anhörung hat niemand die Position vertreten, dass aus diesem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine irgendwie geartete Rechtswidrigkeit des Handelns der Landesregierung abgeleitet werden könne.
Herr Dr. Schmitz, in einem zweiten Punkt ging es um inhabergeführte Betriebe. Es wurde dargestellt, dass möglicherweise aufgrund von betrieblichen Daten Rückschlüsse auf die private oder persönliche Situation von Unternehmern gezogen werden kann. Ich darf darauf verweisen, dass Frau Ministerin Dreyer in einem Brief vom 15. Dezember 2009 an den damaligen Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr, Herrn Abgeordneten Billen, Folgendes geschrieben hat – ich zitiere mit dem Wohlwollen der Präsidentin –:
„Inhabergeführte Unternehmen, bei denen aufgrund der Größe des Unternehmens auf die persönliche Situation des Inhabers rückgeschlossen werden könnte, haben sich nicht an dem Schnellinformationssystem beteiligt. Insofern unterliegt das Schnellinformationssystem nicht dem Datenschutzrecht.“, so die Aussage von Frau Staatsministerin Dreyer vom 15. Dezember 2009.
Diese Aussage beruht auf einer Information, die uns die TBS damals in der Vorbereitung dieses Briefes an den Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses gegeben hat.
Ich wollte einen zweiten Punkt ansprechen. Frau Abgeordnete Thelen, Sie haben davon gesprochen, es bleibe ein Geschmäckle. Das kann ich nicht verstehen; denn Sie haben, wie ich finde, zutreffend die Arbeit und den Erfolg der Arbeit der TBS gewürdigt. Ich finde, es ist eine etwas merkwürdige Sache, dass man der Landesregierung vorwirft, dass sie das Angebot eines Unternehmens annimmt, das offenbar unbestritten gute Arbeit leistet.
Meine Damen und Herren, ich möchte einige Aussagen aus der Anhörung zitieren, weil die das Bild etwas vervollständigen. Der Betriebsratsvorsitzende der Aleris Aluminium GmbH, Herr Feuerpeil, hat in der Anhörung gesagt, ich zitiere: „Ich komme auch aus einem Unternehmen, in dem die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern sehr groß geschrieben wird. Von daher mein Hinweis an der Stelle: Wir verwehren uns auch gegen die Aussagen der Bespitzelung, und zwar beiderseits. Auch unser Arbeitgeber ist über diese öffentlichen Anschuldigungen sehr enttäuscht gewesen.“
Weiter Herr Feuerpeil: „Wir sitzen monatlich in verschiedenen Sitzungen zusammen. So waren die Auswertungen der TBS regelmäßig Unterlage auch in unserem Wirtschaftsausschuss. Wir haben quasi die Auswertungen sehr oft für die Argumentation beispielsweise für die Weiterqualifizierung unserer in Kurzarbeit befindlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benutzt.“ Er spricht an einer anderen Stelle im Protokoll der Anhörung davon, der Ursprung für diese Maßnahmen, die von der Arbeitsagentur in Koblenz mitfinanziert worden sind, kam aus den Auswertungen über die TBS.
Insgesamt hat uns die TBS mitgeteilt, dass mit ihrer Unterstützung im vergangenen Jahr 100 Betriebsvereinbarungen zu Kurzarbeit zustande gekommen sind. Es wurden Anstöße von der TBS zur Qualifizierung während der Kurzarbeit und Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen mit der Arbeitsagentur gegeben. Das ist ein häufig unterschätztes Problem. Die Unterstützung bei der Ausgründung und bei der Fortführung von Unternehmen ist auch noch zu nennen. All das hat dazu beigetragen, die Folgen der Krise für die Unternehmen und die Beschäftigten in Rheinland-Pfalz zu begrenzen.
Die Anhörung am 21. Januar 2010 hat deutlich gemacht, dass die Betriebsräte in aller Regel ihre Unternehmensleitungen über dieses Projekt informiert haben. Sowohl die Betriebsräte als auch ein anwesender Vertreter der IG Metall haben ausdrücklich gesagt, das sei üblich und wünschenswert. Ich zitiere noch einmal Herrn Feuerpeil.
Aber Frau Abgeordnete Thelen, woher nehmen Sie den Anlass, Betriebsräte unter den Verdacht zu stellen, dass sie nicht nach den Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes handeln?
Das verstehe ich einfach nicht. Ich darf Ihnen noch einmal den Betriebsratsvorsitzenden zitieren, der zugleich Bevollmächtigter der IG Metall, Verwaltungsstelle Koblenz, ist.
Er sagte „Für mich persönlich ist die Information eine Selbstverständlichkeit. (…) Wir haben mit der Geschäftsleitung darüber gesprochen. (…) Wir hatten, als diese Geschichten in der Presse aufgetaucht sind, eine Sondersitzung. Aus dem Kreis der dort teilnehmenden Betriebsräte kann ich sagen, dass sie ihre Geschäftsführer informiert hatten.“
Auch der einzige Unternehmer, der an dieser Anhörung teilgenommen hat, hat dort erklärt, dass er mit dem Fragebogen und der Aktion überhaupt kein Problem hatte, ihn der Betriebsrat darauf angesprochen habe und er gesagt hat: Macht es, ihr dürft bloß keine falschen Zahlen angeben, weil das die Wirklichkeit verfälscht. –
Die praktischen Erfahrungen in den Betrieben sprechen dafür, dass wir den Sachverstand und die Erfahrungen der Betriebsräte auch in Zukunft für die Vorbereitung politischer Entscheidungen nutzen.
Das Schnellinformationssystem ist zum Ende des vergangenen Jahres ausgelaufen. Das war von Anfang an so vorgesehen. Ich freue mich sehr darüber, dass der Landesverband der Unternehmen in Rheinland-Pfalz und der Deutsche Gewerkschaftsbund im Gespräch darüber sind, wie Betriebsräte gemeinsam mit den Unternehmensleitungen auch in Zukunft dazu beitragen können, die Folgen der wirtschaftlichen Krise zu dämpfen. Ich rechne bald mit einem hoffentlich guten Ergebnis dieser Gespräche. Wir brauchen diese Beiträge aus der betrieblichen Praxis genauso, wie wir volkswirtschaftliche Analysen brauchen oder wie wir allgemeine oder sektorale Arbeitsmarktprognosen brauchen.
Ich glaube, wir können froh sein, dass es in RheinlandPfalz so viele engagierte und sachkundige Betriebsrätinnen und Betriebsräte gibt, die sich für ihre Kolleginnen und Kollegen und für ihre Unternehmen einsetzen. Ich finde, dafür haben diese Frauen und Männer, die auch sehr viel ehrenamtlich arbeiten, nicht Unterstellungen und Verdächtigungen, sondern Respekt und Anerkennung verdient.