Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

............................................................................................................ 5266, 5271, 5279, 5284 Abg. Baldauf, CDU:............................................................................................. 5237, 5238, 5239, 5240, 5277 Abg. Bracht, CDU:....................................................................................................................................... 5237 Abg. Dr. Krell, SPD:........................................................................................................................... 5256, 5261 Abg. Dr. Wilke, CDU:................................................................................................................................... 5298 Abg. Eymael, FDP:..........................................................................5232, 5236, 5237, 5245, 5249, 5293, 5300 Abg. Frau Beilstein, CDU:....................................................................................................... 5282, 5283, 5284 Abg. Frau Brück, SPD:.................................................................................................. 5247, 5287, 5288, 5289 Abg. Frau Dickes, CDU:.......................................................................................................... 5251, 5254, 5286 Abg. Frau Huth-Haage, CDU:............................................................................................................ 5255, 5260 Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU:..................................................................................................................... 5269 Abg. Frau Morsblech, FDP:..................................................................................................... 5249, 5253, 5289 Abg. Frau Sahler-Fesel, SPD:........................................................................................................... 5292, 5293 Abg. Guth, SPD:...................................................................................................................... 5232, 5235, 5243 Abg. Hartloff, SPD:............................................................................................................................ 5236, 5275 Abg. Henter, CDU:....................................................................................................................................... 5263 Abg. Hoch, SPD:.......................................................................................................................................... 5299 Abg. Hörter, CDU:........................................................................................................................................ 5242 Abg. Hüttner, SPD:...................................................................................................................................... 5242 Abg. Kuhn, FDP:................................................................................................................................ 5257, 5261 Abg. Lammert, CDU:............................................................................................................... 5240, 5242, 5243 Abg. Licht, CDU:........................................................................................5236, 5239, 5244, 5248, 5291, 5297 Abg. Noss, SPD:.......................................................................................................................................... 5265 Abg. Pörksen, SPD:..................................................................................................................................... 5270 Abg. Schweitzer, SPD:................................................................................................................................ 5280 Abg. Wehner, SPD:........................................................................................................................... 5250, 5254 Bruch, Minister des Innern und für Sport:........................................5240, 5242, 5243, 5262, 5267, 5272, 5285 Frau Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur:........................ 5252, 5255, 5258, 5290 Hering, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau:........................ 5233, 5235, 5236, 5237....................................................................................................................................... 5238, 5239, 5240, 5246 Schweitzer, Staatssekretär:......................................................................................................................... 5294 Präsident Mertes:...................................................................5232, 5235, 5236, 5237, 5238, 5239, 5240, 5242....................................................................................................................................... 5243, 5244, 5245, 5246 Vizepräsident Bauckhage:.....................................................5247, 5248, 5249, 5250, 5251, 5252, 5253, 5254...............................................................................................5255, 5256, 5257, 5258, 5260, 5261, 5272, 5275...............................................................................................5277, 5292, 5293, 5294, 5297, 5298, 5299, 5300 Vizepräsident Schnabel:........................................................5261, 5263, 5264, 5266, 5267, 5269, 5270, 5271 Vizepräsidentin Frau Klamm:................................................5279, 5280, 5282, 5283, 5284, 5285, 5286, 5287....................................................................................................................................... 5288, 5289, 5290, 5291

88. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 29. April 2010

Die Sitzung wird um 9:30 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie sehr herzlich zur 88. Plenarsitzung. Herzlich willkommen an diesem schönen Frühsommertag!

Da wir gestern den neuen Bürgerbeauftragten verpflichtet haben, können wir unsere Tagesordnung wie gestern beschlossen fortsetzen. Zu schriftführenden Abgeordneten berufe ich Herrn Dr. Lars Kützing und Herrn Adolf Kessel. Herr Kessel führt die Rednerliste.

Entschuldigt sind für heute die Abgeordneten Michael Billen, Friederike Ebli, Manfred Geis und Dr. Josef Rosenbauer. Herr Staatsminister Hendrik Hering ist ab 15:30 Uhr wegen seiner Teilnahme an der Agrarministerkonferenz in Plön entschuldigt. Herr Stadelmaier sowie die Staatssekretäre Herr Ebling, Herr Professor Dr. Englert, Herr Habermann, Herr Dr. Klär und Herr Dr. Messal sind wegen dienstlichen Verpflichtungen in Europa unterwegs.

(Heiterkeit im Hause)

Das möchte ich jetzt nicht alles vorlesen.

Meine Damen und Herren, es gibt einen erfreulichen Auftakt zu dieser Sitzung. Unser Kollege Herbert Mertin wird heute 52 Jahre alt. Wunderbar, da kann noch so viel geschehen!

(Beifall im Hause)

Alles Gute für Sie und für Ihre Zukunft! Das obligatorische Päckchen steht bei mir bereit. Es ist für Sie für die trüben Stunden, aber das ist in Ihrer Fraktion gar nicht zu erwarten.

(Heiterkeit bei der FDP)

Also, alles Gute für Sie!

Meine Damen und Herren, wir beginnen mit Punkt 13 der Tagesordnung:

Fragestunde – Drucksache 15/4502 –

Meine Damen und Herren, wenn die Fraktionen einverstanden sind, fassen wir die Mündlichen Anfragen Nummer 1 und 3 zusammen, da sie sich mit dem Flugverkehr befassen.

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jens Guth und Margit Mohr (SPD), Auswirkungen des Vulkanausbruchs in Island auf Flugverkehr, Flugpassagiere und Wirtschaft im Land – Nummer 1 der Drucksache 15/4502 – betreffend, sowie die Münd

liche Anfrage der Abgeordneten Günter Eymael und Thomas Auler (FDP), Auswirkungen des Flugverbots über Mittel- und Nordeuropa auf den Flughafen Frankfurt-Hahn – Nummer 3 der Drucksache 15/4502 – betreffend, auf.

Herr Guth trägt die Fragen der Mündlichen Anfrage Nummer 1 vor.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die durch den Vulkanausbruch in Island bedingte Sperrung des deutschen Luftraums, insbesondere bezüglich Flugverkehr, Flugpassagieren und Wirtschaft im Land?

2. Wie hat der Flughafen Frankfurt-Hahn auf die Sperrung des Luftraums reagiert?

3. Welche Ansprüche können ggf. diejenigen Flugpassagiere geltend machen – wir denken an Schadenersatz und andere Ansprüche –, deren gebuchte Flugverbindungen auch noch nach Aufhebung der Sperrung des deutschen Flugraums weiter storniert wurden bzw. blieben?

4. Wie beurteilt die Landesregierung die zurückliegende Zulassung von Sichtflügen im deutschen Luftraum nach der zuvor erst verkündeten Sperrung des Luftraums insbesondere hinsichtlich Sicherheit und Lärmschutz?

Danke schön. – Herr Eymael trägt die Fragen der Mündlichen Anfrage Nummer 3 vor.

1. Welche finanziellen Auswirkungen hat der vom 16. bis 22. April 2010 auf dem Flughafen Frankfurt-Hahn eingestellte Flugbetrieb für die Betreiber des HunsrückAirports gehabt?

2. Welche Auswirkungen hatte das Flugverbot nach Erkenntnissen der Landesregierung auf die am Flughafen Frankfurt-Hahn verkehrenden Frachtflug- und Passagierflugunternehmen?

3. Mit welchen Maßnahmen wurde auf dem HunsrückAirport kurzfristig auf das knapp eine Woche bestehende Flugverbot reagiert?

4. Inwieweit und in welchem Umfang waren weitere in der Region um den Flughafen Frankfurt-Hahn angesiedelte Unternehmen wie Hotels, Einzelhändler und Spediteure von dem Flugverbot betroffen?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatsminister Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausbruch des Vulkans auf Island hat Fluggesellschaften, Flughäfen und Regierungen in Europa vor eine in diesem Umfang noch nicht da gewesene Aufgabe gestellt. Bei allen Maßnahmen, die in der vergangenen Woche getroffen wurden, musste die Sicherheit für Passagiere und Besatzungen sowie der Bevölkerung am Boden absoluten Vorrang haben. Im Ergebnis ist festzustellen, dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind; gleichwohl sind die wirtschaftlichen Auswirkungen des zeitweise verhängten Flugverbotes gravierend.

Für die Zukunft müssen die in der vergangenen Woche gemachten Erfahrungen deshalb zügig analysiert und aufgearbeitet werden. Insbesondere gilt es, die Koordination und Kommunikation innerhalb Europas weiter zu verbessern, um ein harmonisiertes Vorgehen sicherzustellen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu Frage 1: Die erheblichen Beeinträchtigungen des Flugverkehrs durch Vulkanasche führten zu empfindlichen Umsatzeinbußen bei Flughäfen und Luftfahrtunternehmen. Nach Angaben des internationalen Flugverbandes IATA beklagen die Airlines aufgrund der Flugverbote Umsatzeinbußen von bis zu 1,3 Milliarden Euro. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen geht statt des für 2010 prognostizierten Passagierwachstums von etwa 4 % im Vergleich zum Vorjahresmonat nun von einem Rückgang von 13 % aus.

Etwa 100.000 Deutsche waren nach Medienberichten von den Flugausfällen betroffen und saßen im Ausland fest. Durch die Ermöglichung der kontrollierten Sichtflüge konnte aber die schwierige Situation der Wartenden auf den Flughäfen entschärft werden. Daneben kam es zu einem erheblichen Rückstau bei der Beförderung der Luftfracht, sodass es zum Beispiel in der Automobilindustrie vereinzelt zu Produktionsstörungen kam. Ausgefallene Frachtflüge konnten inzwischen teilweise nachgeholt werden, sodass sich die Situation in den nächsten Tagen weiter entspannen wird. Die Voraussetzungen hierfür konnten unter anderem auch durch die kurzfristige großzügige Genehmigung von Ausnahmen vom Sonntagsfahrverbot für LKW und die Zulassung zusätzlicher Nachtflüge geschaffen werden.

Zu Frage 2: Die Geschäftsführung der Flughafen Frankfurt-Hahn Gesellschaft hat im Rahmen einer kurzfristig mit dem Betriebsrat für den Zeitraum vom 19. bis zum 25. April 2010 geschlossenen Betriebsvereinbarung die Festlegung einer Betriebsruhe für die Mitarbeiter vereinbart, deren Einsatz nicht zur Erfüllung von dringenden Belangen der FFHG erforderlich war. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nahmen vom 19. bis 21. April regulären Urlaub. Für die Zeit nach dem 21. April war der Abbau von Überstunden-Guthaben oder der Aufbau von Minusstunden vereinbart. Da der Flugbetrieb am 22. April wieder aufgenommen wurde, wurden die zuletzt genannten Maßnahmen gegenstandslos.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass dem Flughafen vor dem Hintergrund der Sperrung des Luftraums eine logistische Meisterleistung gelungen ist, die in Fachkreisen bundesweit Interesse geweckt hat.

(Beifall der SPD)

Der Flughafen hat binnen weniger Stunden eine Großbaustelle eingerichtet und die an sich für den Sommer geplante Sanierung der Start- und Landebahn vorgezogen. Hierdurch konnte die vorgesehene Sperrung des Flughafens in der Nacht während der Sommermonate zumindest teilweise vermieden werden.

(Beifall im Hause)

Hinzu kommt eine nicht unerhebliche Einsparung von Baukosten. Diese Maßnahme zeigt einmal mehr die Stärke des Flughafens Frankfurt-Hahn, was Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit betrifft. Es zeigt zugleich die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die während der Renovierung oft 24 Stunden auf den Beinen waren. Auch von dieser Stelle aus ein ganz herzliches Wort des Dankes an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Flughafens.

(Beifall im Hause)

Wir werden wahrscheinlich der einzige Flughafen sein, der kommunizieren kann, dass er zwar Umsatzeinbußen, aber wegen der Einsparung der Baukosten keinen Betriebsverlust erlitten hat. Auch deswegen ist dies eine hervorragende Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Flughafens.

Zu Frage 3: Nach der so genannten „Denied-BoardingVerordnung“ der EU aus dem Jahr 2004 können Passagiere die Erstattung des Ticketpreises, den Rückflug zum ersten Anflugort ihrer Reise oder eine anderweitige Beförderung zu vergleichbaren Bedingungen verlangen. Auf Wunsch des Fluggastes kann der Flug auch zu einem späteren Zeitpunkt wahrgenommen werden. Zusätzlich haben die Kunden Anspruch auf bestimmte Betreuungsleistungen wie Mahlzeiten und Getränke. Sie dürfen unentgeltlich zwei Telefonate führen oder Faxe versenden. Sollte eine Hotelübernachtung notwendig sein, haben sie auch Anspruch auf die Bezahlung einer Hotelunterbringung inklusive der Transferkosten.

Die Praxis hat gezeigt, dass die Fluggesellschaften und Reiseveranstalter teilweise sehr unterschiedlich bei der Rückführung ihrer Passagiere oder der Erstattung von Kosten vorgingen. Nach meinem Eindruck haben die Airlines bei der vergangenen Extremsituation im Sinne der Kunden sehr kulant gehandelt. In Streitfällen besteht für Passagiere im Übrigen die Möglichkeit, sich an die Durchsetzungs- und Beschwerdestelle des LuftfahrtBundesamtes zu wenden.

Zu Frage 4: Im Flugverkehr hat die Sicherheit für Passagiere und Besatzung oberste Priorität. Diesem Leitsatz hatten sich alle zu ergreifenden Maßnahmen unterzuordnen. Alle Beteiligten standen nicht nur vor einer völlig neuen Herausforderung, sondern sie mussten innerhalb kürzester Zeit weitreichende Entscheidungen treffen.

Das Bundesverkehrsministerium stützte sich bei seinen Entscheidungen auf die Vorgaben der internationalen zivilen Luftfahrtorganisation ICAO. Dieses internationale Regelwerk untersagt reine Instrumentenflüge in Lufträumen, die mit Vulkanasche kontaminiert sind. Auf dieser Regelung basierte letztlich die allgemeine Sperrung des deutschen Luftraumes.

Dieses Vorgehen wurde auch von der Pilotenvereinigung Cockpit befürwortet.

Bei guter Sicht und nur wenigen Flügen sind in Ausnahmefällen nach den ICAO-Regeln aber auch kontrollierte Sichtflüge möglich. Zuständig für diese Entscheidung ist das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zusammen mit der Deutschen Flugsicherung GmbH.

Sie entscheiden auf der Grundlage von Daten des zuständigen „Vulkanberatungszentrums“ in London.

Die Landesregierung geht davon aus, dass diese Stellen ihre Entscheidungen im Rahmen einer sorgfältigen Abwägung zwischen Sicherheit für Passagiere und Besatzung auf der einen Seite und wirtschaftlichen Belangen insbesondere der Airlines auf der anderen Seite getroffen haben.