Protokoll der Sitzung vom 26.05.2010

Es ist eine Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart worden.

(Eymael, FDP: Nein! Ohne Aussprache! – Ramsauer, SPD: Ohne Aussprache!)

Die Fraktionen haben vereinbart, diesen Tagesordnungspunkt ohne Aussprache zu behandeln. Die Landesregierung könnte trotzdem, wenn sie wollte, den Gesetzentwurf begründen. – Auf die Begründung wird verzichtet.

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer der Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist an den Rechtsausschuss überwiesen.

Ich rufe nun die Punkte 11 und 12 der Tagesordnung auf, die gemeinsam beraten werden sollen:

Jahresbericht 2009 Besprechung des Berichts des Bürgerbeauftragten (Drucksache 15/4357) auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/4384 –

Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 112 GOLT

Ich erteile dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Herrn Abgeordneten Dröscher, für den Bericht des Petitionsausschusses das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, deren Betroffenheit und die Schilderung dessen, was Sie für einen Verwaltungsmissstand halten, die Mitglieder des Petitionsausschusses immer wieder neu herausfordern und auch motivieren, herausfordern auch, weil wir uns auch manchmal instrumentalisiert fühlen oder auch, man könnte fast sagen, vorgeführt fühlen. Als Beispiel nenne ich den inhaftierten Petent, der mit seiner Eingabe erreichen möchte, dass er einen Schrubber mit gelbem Stiel statt mit rotem Stiel erhält. Ein Schelm, wer dahinter eine politische Absicht vermutet.

Motivierend ist es aber auch, weil wir in vielen Fällen Bürgerinnen und Bürgern in dramatischen Notsituationen helfen können. Wir können vermitteln und auch erklären. Das ist auch ein bisschen Mediation.

Durch unsere Arbeit gewinnen wir, wie kaum eine andere Institution oder Gruppe, Kenntnis darüber, wie sich Gesetze und Verwaltungsvorschriften auf den Alltag der

Menschen auswirken. Das Petitionsrecht – estgeschrieben in Artikel 11 der Landesverfassung – ist für die Bürgerinnen und Bürger auch ein direkter Weg zum Parlament.

Das Petitionsrecht garantiert jenseits formaler Verwaltungs-, Rechtsbehelfs- und Gerichtsverfahren ganz allgemein das Recht, sich mit Anliegen an die Behörden und Volksvertretungen zu wenden. Es unterliegt keiner Fristenregelung. Es ist kostenfrei und eröffnet die Möglichkeit der Einflussnahme auf die politische Willensbildung. Wir sind gerade dabei, über öffentliche Petitionen zu reden. Bei Legislativeingaben ist das ohnehin so.

Es verstärkt die Rückkoppelung zu Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung, wirkt also auch integrierend. Außerdem steht es jedermann zu, auch Ausländern und zum Beispiel Minderjährigen.

Das Petitionsrecht regelt in Artikel 90 a seit 1971 die Einrichtung des Petitionsausschusses als ständigen Pflichtausschuss des Landtags, dem auch ausdrücklich die Entscheidung über Parlamentspetitionen übertragen wird, also ein Zuständigkeitsmonopol. Dieser Ausschuss ist kein eigenständiges Verfassungsorgan, sondern ein Organ des Parlaments. Mit dem 1974 beschlossenen Landesgesetz zur Einrichtung eines Bürgerbeauftragten ist dieses Zuständigkeitsmonopol nicht verändert worden, da der Bürgerbeauftragte im Wesentlichen vorbereitend und unterstützend für den Petitionsausschuss tätig wird. Der Bürgerbeauftragte ist sozusagen die personelle Institutionalisierung des Petitionsrechts der Bürgerinnen und Bürger.

Der scheidende Bürgerbeauftragte Ullrich Galle, der sein Amt abgegeben hat, hat für das vergangene Jahr seinen 15. Bericht abgeliefert. Der erste stammt aus dem Jahre 1995 und wurde im Jahr 1996 gegeben. Ich habe ihn mir herausgesucht. Er ist schon etwas in Ehren vergilbt. Er umfasst etwa die Hälfte der Seiten, die der heutige Bericht hat. Er ist aber immer noch sehr spannend zu lesen.

Ich möchte auf einige wenige Zahlen eingehen. Wir haben über 5.000 Neueingaben im Jahr 2009 gehabt. Das ist etwa das Doppelte von dem, was im Jahr 1995 war. Wir haben auch die hunderttausendste Petition überhaupt gehabt, die zu unserer Freude jetzt auch im Jahre 2010 einvernehmlich abgeschlossen wurde. Viele von Ihnen haben den hunderttausendsten Petenten auch im Landtag erlebt.

Die Quote der Eingaben, bei denen geholfen oder weitergeholfen werden konnte, liegt nach wie vor bei über 70 %. Die Schwerpunkte – leicht verschoben in diesem Berichtsjahr – liegen vor allem in der Ordnungsverwaltung, in der Rechtspflege, im Sozialwesen und im Bereich Landwirtschaft und Umwelt.

Eingaben aus dem Strafvollzug – ein wichtiger Bereich für uns – umfassen etwa knapp 15 %. Hier kann ich darauf verweisen, dass ich nachher noch ein paar Worte zur Strafvollzugskommission sage.

Wichtig für den Ausschuss sind die Legislativeingaben. Hier gab es Schwerpunktbildungen, zum Beispiel zum

Landesgesetz über gefährliche Hunde. Es gab zur Änderung des Schulgesetzes, Stichwort Kopftuch, eine Reihe von Eingaben, und es gab eine ganze Reihe von Eingaben zur Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags, wo eine Neuordnung ansteht.

Wir haben über öffentliche Petitionen diskutiert. Wir haben uns über die Frage des barrierefreien Bauens informiert. Wir haben im November 2009 den Ausschuss in Brüssel besucht und haben uns über die Arbeit des Ausschusses des Europäischen Parlaments informiert.

Es standen Gespräche mit dem europäischen Ombudsmann und mit dem Ministerpräsidenten der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien auf dem Programm dieser Reise.

Ich sage ein paar Worte zur Strafvollzugskommission, die ein ständiger Unterausschuss des Petitionsausschusses ist. Wir hatten im Jahr 2009 sieben Sitzungen, davon zwei auswärtige. Die auswärtigen Sitzungen finden in der Regel in Justizvollzugsanstalten statt. Wir waren in Koblenz und in Diez.

Wir haben in diesem Jahr gemeinsam mit dem Ministerium eine ganze Reihe von sehr wichtigen Themen besprochen. Es ging um die Neuorganisation der Sicherungsverwahrung. Das ist eine ganz wichtige Geschichte in der Verschiebung zwischen Diez und Wittlich. Wir haben über die Weiterentwicklung des Jugendarrestvollzuges gesprochen. Wir haben das Taschengeld in der Untersuchungshaft behandelt. Wir haben den Vollstreckungsplan besprochen. Eine ganz spannende Geschichte war die Reise nach Stuttgart, die wir gemacht haben. Wir haben uns dort über den Landesbetrieb Vollzugliches Arbeitswesen in Baden-Württemberg informiert. Arbeit für Gefangene ist auch bei uns im Land ein wichtiges Thema.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle noch ein paar Worte des Dankes, und zwar zunächst Dank an Ulrich Galle, der seit 1995 Anwalt der Bürgerinnen und Bürger war. Mit ihm habe ich seit 1996 – ich glaube, ich bin der letzte Mohikaner aus dieser Zeit – eine enge Zusammenarbeit im Ausschuss gehabt. Seit 2001 war das als Vorsitzender des Ausschusses der Fall.

(Beifall bei SPD und CDU)

Seine Persönlichkeit hat dieses Amt geprägt. Er hat es zu einer Institution im Land gemacht, die die Bürgerinnen und Bürger kennen und der sie vertrauen. Die Zusammenarbeit im Ausschuss – ich darf das für die Ausschussmitglieder auch sagen – war partnerschaftlich und zumindest für mich freundschaftlich. Ulrich Galle hinterlässt eine Lücke. Wir haben die Lücke inzwischen geschlossen. Ich denke, dazu komme ich nachher noch mit einigen Worten. Nochmals ein herzliches Dankeschön an Ulrich Galle für 15 Jahre Arbeit in diesem Bereich. 15 Berichte hat es gegeben. Es war eine spannende Geschichte, mit ihm zusammenzuarbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Ein herzliches Dankeschön vom Ausschuss auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl im Büro des

Bürgerbeauftragten, also Peter Schöpflin und sein Team – Peter Schöpflin ein besonderes Dankeschön dafür, dass er in der Karenzzeit dieses Amt gut verwaltet hat –, als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landtagsverwaltung, die uns als Ausschuss unterstützen. Das sind Iris Eschenauer und ihr Team. Also beiden Gruppen ein herzliches Dankeschön. Ohne sie wäre unsere Arbeit nicht möglich.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich halte es für selbstverständlich oder ich habe die selbstverständliche Erwartung, dass der neue Bürgerbeauftragte Dieter Burgard, den ich hier sehe, die richtige Balance zwischen Tradition und Zukunft finden wird, das heißt, dass er ebenfalls dieses Amt prägen wird. Für den Ausschuss kann ich die weiterhin engagierte Zusammenarbeit versprechen, Dieter Burgard. Ich denke, dass wir die Dinge gemeinsam weiter zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger betreiben.

Ich gebe noch einige Denkanstöße. Der Rechtsfrieden ist allein durch mit staatlicher Macht durchsetzbare Entscheidungen nicht zu gewährleisten. Davon bin ich fest überzeugt. Der mündige Bürger – das erleben wir im Ausschuss eigentlich täglich – ist auch ein kritischer Bürger. Die Akzeptanz staatlichen Handelns erfordert zunehmend eine neue Streitkultur und demokratische Konfliktlösungsstrategien. Das habe ich schon mehr als einmal an dieser Stelle gesagt, neben der Prüfung der Rechtmäßigkeit, die im Gesetz steht, wird die Frage der Zweckmäßigkeit behördlichen Handelns mehr in den Mittelpunkt treten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Petitionsausschuss hat in dem vergangenen Berichtsjahr viel Arbeit gehabt. Darauf weist der ausführliche Bericht des Bürgerbeauftragten hin. In vielen Fällen wurde den Bürgerinnen und Bürgern des Landes zu ihrem Recht verholfen. Wir haben auch vielen erklärt, warum es nicht so ist, wie sie sich das gerne vorstellen. Ich denke, das ist unsere Aufgabe.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und bei CDU und FDP)

Das war der Bericht des Vorsitzenden des Petitionsausschusses gemäß § 112 der Geschäftsordnung. Wir behandeln die Punkte 11 und 12 gemeinsam. Ich bitte um Wortmeldungen. – Das Wort hat Frau Elfriede Meurer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Anfang März liegt uns der wie immer umfangreiche Jahresbericht des Bürgerbeauftragten vor. Herr Dröscher hat es bereits gesagt, die Zahl der Eingaben ist mit 5.141 leicht zurückgegangen. Sie liegt aber immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Davon waren laut diesem Bericht 1.244, also rund ein Viertel der Einga

ben, unzulässig. Es handelt sich bei diesen unzulässigen Eingaben unter anderem auch um sehr viele Legislativeingaben. Deren Zuständigkeit liegt nach der Geschäftsordnung des Landtags beim Petitionsausschuss. Somit sind sie nicht im eigentlichen Sinne unzulässig, sondern der Bürgerbeauftragte ist schlicht und ergreifend nicht zuständig. Bearbeitet werden sie, wie schon gesagt, im Petitionsausschuss.

Herr Dröscher hat schon erwähnt und bei der letzten Aussprache wurde es schon gesagt, dass die 100.000 Petition eingegangen ist. Sie fiel aber in das 36. Berichtsjahr. Mittlerweile ist sie positiv abgeschlossen.

Nach wie vor liegt der Strafvollzug mit über 500 Eingaben an vorderster Stelle. Die JVA in Koblenz und in Korbach, die in dem Bericht und in der Pressemitteilung als Sorgenkinder im Strafvollzug bezeichnet werden, sind zu Recht enttäuscht und verärgert. Hier wird der Eindruck erweckt, die Vollzugsbeamten würden ihrer schwierigen und anspruchsvollen Aufgabe nicht gerecht. Das ist mitnichten so, im Gegenteil. Die CDU-Fraktion weiß um die hohe Belastung im Vollzug.

Im Übrigen wird in Einzelbeispielen, speziell an dem Beispiel Nummer 6, die schwierige Situation deutlich, das wurde schon erwähnt. Das Beispiel Nummer 6 trägt den Titel „Der gewünschte Schrubber konnte nicht beschafft werden“, der Petent bestand in dem Fall auf einem gelben Kunststoffschrubber. Daran wird, glaube ich, deutlich, dass nicht alle Eingaben aus dem Strafvollzug gleich zu werten und zu sehen sind.

Auch die hohe Steigerung in dem Sachgebiet Ordnungsverwaltung muss differenziert betrachtet und bewertet werden. Wenn es sich von 421 Eingaben zum Unterpunkt „Straßenverkehrsrecht, Führerschein, Öffentlicher Personennahverkehr, Bahn“ bei zwei Drittel der Eingaben im Grunde um eine Petition handelt, muss eine rein statistische Falldarstellung zumindest relativiert werden. In diesem Fall ging es um die Reaktivierung der Hunsrückbahn. Hier haben sich 278 Bürger und Bürgerinnen dieser Petition angeschlossen.

Die Untergruppe „Bestattungswesen“ macht das auch noch einmal deutlich. Von 144 Eingaben wenden sich 127 Bürgerinnen und Bürger gegen die Abschaffung der Doppelgräber auf dem Friedhof in Thalfang. Eigentlich sind es 18 Petitionen nach meiner Rechnung.

Ich nenne noch ein Beispiel. Im Landesdurchschnitt – so ist es ermittelt oder so ist der Teiler – wenden sich elf von 10.000 Bürgern an den Bürgerbeauftragten. Im Kreis Bernkastel-Wittlich sind es in diesem Berichtsjahr fast 36, also mehr als dreimal soviel. Auch das ist ein Beispiel, wie der Bericht ohne differenzierte Betrachtung ein verzerrtes Bild darstellt. Von den 404 Eingaben sind 127 Bürgerinnen und Bürger, wie schon erwähnt, gegen die Abschaffung der Doppelgräber. Bei der Hunsrückbahn weiß ich nicht, wie viel Bürger das im Einzelnen waren, aber eine große Zahl wird aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich sein. Wenn man das alles abzieht, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass die Menschen im Kreis Bernkastel-Wittlich nicht mehr und nicht weniger Petitionen einreichen als die im Landesdurchschnitt.

Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass die Form des Berichts weiterentwickelt werden soll. Es stellt sich die Frage, wenn sich Bürger einer Petition anschließen, ob es dann sinnvoll ist, in der Statistik immer wieder eine neue Petition zu erfassen. Zu welchem Ergebnis man bei dieser Frage auch immer kommt, ohne Differenzierung ist eine solche Statistik meiner Meinung nach nicht aussagekräftig. Sollten wir zur Einführung der öffentlichen Petitionen kommen, würden wir nach dieser Zählweise schnell zu gigantischen Rekordzahlen kommen.

Meine Damen und Herren, wie bereits eingangs erwähnt, gibt es die Institution des Bürgerbeauftragten bereits seit 36 Jahren in Rheinland-Pfalz. Der Bürgerbeauftragte ist eine erfolgreiche und für die Bürger nutzbringende Einrichtung, die wir für unentbehrlich halten.

(Beifall bei der CDU)

Der Bericht stellt die unterschiedlichsten Anliegen der Bürgerinnen und Bürger dar. Herr Dröscher ist schon auf verschiedene eingegangen. Gerade wegen der vielfältigen Anliegen ist es umso erfreulicher, dass über 78 % der Eingaben für die Petenten positiv abgeschlossen werden konnten. Das ist ein gutes Ergebnis, das die erfolgreiche Arbeit aller Beteiligten darlegt. Auf die gute Zusammenarbeit mit den Verwaltungen wird erneut hingewiesen und sollte deshalb auch hier nicht unerwähnt bleiben.

Abschließend möchte ich mich im Namen der CDUFraktion herzlich für die konstruktive und wie immer sachorientierte Zusammenarbeit mit dem ausgeschiedenen Bürgerbeauftragten – wir werden ihn gleich noch einmal sehen – Ulrich Galle, seinem Stellvertreter und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bürgerbüro bedanken.