Protokoll der Sitzung vom 26.05.2010

Was das Thema „Hochschulen“ angeht: Wenn es denn so ein ehrenwertes Ziel wäre, für das es sich lohnen würde, Schulden zu machen, gerne. Aber die Hochschulen sind unterfinanziert, und durch diese Maßnahme werden sie kein Stückchen besser finanziert.

Die Mittel des Hochschulpakts und damit auch die Mittel dieses Sondervermögens sind an die steigenden Studierendenzahlen gebunden, das heißt, das Geld pro Studierendem, das Geld, das den Hochschulen unter dem Strich netto zur Verfügung steht, verändert sich nicht.

Hätten Sie – darum bitte ich Sie – nach Haushaltsmöglichkeiten gesucht, die Kreditaufnahme zu reduzieren, die Belastungen der kommenden Haushalte zu reduzieren, dann könnten Sie dieses konsolidierte Vermögen nehmen, um es den Hochschulen zusätzlich zur Verfügung zu stellen.

Herr Finanzminister Kühl, ich habe sogar in Ihr Haus so viel Zutrauen, dass ich davon ausgehe, dass Sie, wenn Sie mit dem Bund einen Pakt schließen, sich daran halten.

(Glocke des Präsidenten)

Das Gleiche gilt für die FDP und die CDU.

(Pörksen, SPD: Mit diesem Bund kann man keinen Pakt schließen!)

Der Hochschulpakt und die Planungssicherheit werden durch dieses System des Sondervermögens nicht verbessert. Ich würde mir wünschen, Sie würden die Mittel, die Sie sparen können, nehmen, um in Zukunft die Mittel für die Hochschulen insgesamt zu verbessern.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Staatsministerin Ahnen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schreiner, ganz unmittelbar zu dem, was Sie gesagt haben: Ich glaube, es ist nicht ein Nichtverstehen zwischen Ihnen und Herrn Kühl, sondern ich glaube, Sie haben die Sache schlichtweg überhaupt nicht verstanden.

(Beifall der SPD)

Das werde ich gleich an Zahlen belegen; denn auf das, was Sie in Größenordnungen in den Raum gestellt haben, auf die Rechnung, die Sie da aufmachen, bin ich wirklich gespannt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Finanzminister Kühl hat darauf hingewiesen, dass diese Gesetzesinitiative haushaltspolitisch gut vertretbar und – darauf weise ich besonders hin – ein entscheidendes Signal an die Hochschulen für Planungssicherheit in schwieriger Zeit ist. Deswegen begrüße ich diesen Gesetzentwurf als Wissenschaftsministerin mit Nachdruck. Ich bedanke mich auch für diese Initiative.

Übrigens, die Hochschulen begrüßen diese Initiative auch. Sie haben dafür gute Gründe. Auch darauf will ich noch einmal zurückkommen.

(Beifall der SPD - Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Herr Abgeordneter Baldauf, sie haben dafür gute Gründe, weil die Hochschulen eins verstanden haben, was mir zumindest in der Debatte eben nicht so ganz verstanden schien.

Die Hochschulen haben verstanden, dass man Haushaltspolitik nicht von Inhalten trennen kann, sondern macht, um bestimmte Inhalte umsetzen zu können, und nichts anderes tun wir an dieser Stelle.

(Beifall bei der SPD)

Es geht nicht um einen Sonderweg, wie es in dem Titel der Aktuellen Stunde angetextet ist, sondern es geht um ein Sondervermögen.

Ein Sondervermögen ist diesem Parlament kein Neuland, sondern diesen Weg sind wir bereits schon einmal über das Programm „Wissen schafft Zukunft“ gegangen. Es ist ein bewährtes Verfahren, mit dem die Hochschulen gute Erfahrungen gemacht haben.

Das ist einer der Gründe, warum sie diesen Weg an dieser Stelle begrüßen.

Dass das Sondervermögen sich als Instrumentarium im Hinblick auf das, was wir inhaltlich erreichen wollen, bewährt hat, merkt man auch daran, dass die erste Phase ab 2009 über das Sondervermögen abgesichert worden ist.

Wir haben in Rheinland-Pfalz mit die besten Ergebnisse erzielt. Wir sind an der Spitze der Länder, was die zusätzlichen Studienanfängerinnen und Studienanfänger angeht. Wir haben schon heute 7.400 statt der geplanten 5.800, und da hinken andere Bundesländer erheblich hinterher.

(Beifall bei der SPD)

Das wird wohl auch etwas mit dem Weg zu tun haben, wie wir das Geld zur Verfügung gestellt haben.

Diese zweite Phase stellt deutlich höhere Anforderungen. Es ist bereits darauf hingewiesen: bundesweit 275.000 Studienanfängerinnen und Studienanfänger und für das Land gut 20.000 Studienanfängerinnen und -an- fänger.

Wir wollen auch diese zweite Phase gut gestalten. Ich sage es an dieser Stelle noch einmal, weil es auch da um Inhalte geht. Diese Jahre werden eine der letzten Chancen sein, dass wir in diesem Umfang junge Menschen gut ausbilden können, die wir im Hinblick auf den Fachkräftebedarf der Zukunft noch dringend brauchen werden. Deswegen müssen wir alles tun, damit die Umsetzung des Hochschulpakts auch in der zweiten Phase gut läuft.

Wir tun das mit den Hochschulen gemeinsam nicht nur auf einem bewährten Weg der Finanzierung, sondern auch in abgestimmten Ausbauplanungen und mit gemeinsamen Zielvereinbarungen, die bis zum Spätsommer zum Abschluss kommen sollen.

Jetzt sagt Herr Abgeordneter Schreiner, das, was wir mit dem Hochschulpakt leisten würden, sei – wenn ich es richtig in Erinnerung habe – ein erbärmlicher Beitrag.

Das Erste ist:: Gegen wen richten Sie eigentlich diesen Vorwurf; denn die Zahlen im Hochschulpakt sind bundesweit mit der Bundesministerin vereinbart? Also war das heftige Schelte und Kritik an der Bundesministerin.

Herr Abgeordneter Schreiner, aber das Zweite ist, Sie haben sich – wenn ich es richtig überschlage – so knapp

um den Faktor 20 verrechnet. Aber das ist kein ganz neuer Tatbestand.

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Es geht nicht um 1.000 Euro pro Studienplatz, sondern es geht um ungefähr 20.000 Euro pro Studienplatz. Das hätten Sie vorher schon einmal nachrechnen können, bevor Sie hier eine solche Behauptung in den Raum stellen.

(Beifall der SPD - Schreiner, CDU: Zuhören! - Bracht, CDU: Sie haben nicht zugehört!)

Es stimmt, dass wir mit diesen Hochschulpaktmitteln nicht zusätzliche Mittel den Hochschulen obendrauf in Aussicht stellen – das hat auch nie jemand behauptet –, sondern wir geben ihnen Planungssicherheit und frühzeitige Entscheidungsmöglichkeiten für die zweite Phase des Hochschulpakts. Nichts anderes haben wir gesagt, nichts anderes haben die Hochschulen verstanden, und nichts anderes haben sie dennoch begrüßt, weil sie Planungssicherheit gerade in diesen Tagen zu schätzen wissen.

(Beifall des Abg. Puchtler, SPD)

Dass sie das zu schätzen wissen, dafür kann man ein gewisses Verständnis aufbringen, wenn man einen Blick in die umliegenden Länder wirft, sich ein bisschen auf der Bundesebene umschaut und versucht, das Empfinden der Hochschulen nachzuvollziehen. Ich meine damit nicht primär die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise, über die wir in diesem Plenum auch noch sprechen werden.

Schauen Sie sich in Hessen die Beschlüsse zu den Hochschulen an, dann sage ich, Sie brauchen nicht nach Hessen zu schauen. Wie interpretieren Sie den Beschluss des Finanzausschusses des Bundesrates, dass plötzlich die zugesagte BAföG-Erhöhung in Frage gestellt wird? – Da soll in diesen Tagen noch jemand von Planungssicherheit reden. Dann sage ich, Planungssicherheit ist ein hoher Wert, und in RheinlandPfalz wollen wir genau zum jetzigen Zeitpunkt diese den Hochschulen geben;

(Beifall der SPD)

denn sie müssen Stellen besetzen, und sie müssen jetzt damit beginnen. Sie müssen Berufungsverfahren durchführen, und sie müssen jetzt damit beginnen. Sie müssen Anmietungen vornehmen, sie müssen jetzt damit beginnen, und sie müssen gegebenenfalls auch die Ausstattung anpassen.

Also frühzeitige Entscheidung und das mit Planungssicherheit verbunden, das ist der Weg mit dem Sondervermögen, der hier gewählt werden soll, und das ist alles andere als ein Taschenspielertrick. Das ist transparent, weil es in einem Gesetzentwurf niedergelegt wird. Das ist gegenüber den Hochschulen klar kommuniziert, und wir tun genau das, was wir gesagt haben, und das in einer klaren Linie der Priorisierung der Ausgaben für die Hochschulen.

Wenn Sie behaupten, damit ändert sich an den Studienbedingungen überhaupt nichts, dann sage ich Ihnen, umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wenn wir diese Mittel für die Hochschulen nicht frühzeitig zur Verfügung stellen, damit sie die entsprechenden Vorbereitungen treffen können, dann wird die Ausstattung immer der gestiegenen Zahl von Studienanfängerinnen und Studienanfängern hinterherhinken, und genau das wollen wir an dieser Stelle vermeiden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir tun übrigens ein Zweites: Bei der Umsetzung des Hochschulpaktes mit unseren Hochschulen sehen wir sehr wohl ein qualitatives Element vor, das auch unabhängig von den Studierendenzahlen zur Verfügung stehen soll. Ich glaube, wir sind das einzige Bundesland, dass das so macht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend, wenn etwas haushaltspolitisch gut vertretbar, wissenschaftspolitisch sinnvoll ist und von den Betroffenen gewollt wird, dann frage ich: Warum sollten wir es nicht tun?

(Beifall der SPD – Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Meine Damen und Herren, zwischenzeitlich sind sie eingetroffen, sodass ich als Gäste auf der Zuschauertribüne nunmehr die Delegation des Obersten Gerichtshofs der Republik Polen unter der Leitung von Herrn Präsident Professor Dr. Lech Paprzycki und Herrn Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz, Ralf Bartz, begrüße. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag! Willkommen als Nachbar und als Freund!

(Beifall im Hause)