Protokoll der Sitzung vom 27.05.2010

Die ersten Ergebnisse des Versuchs wurden von Herrn Maximini und auch von Herrn Henter richtig dargestellt. Dafür danke ich. Abschließende Ergebnisse liegen jedoch noch nicht vor. Im Übrigen ist sichergestellt, dass sie, bevor wir sie insgesamt veröffentlichen, in meinem Haus diskutiert werden. Ich erwarte den abschließenden Bericht bis Ende Juni dieses Jahres. Natürlich bin ich gerne bereit – das sage ich zu –, die Ergebnisse den entsprechenden Ausschüssen des Parlaments zur Verfügung zu stellen. Herr Henter, ob dafür die nächste Sitzung vor dem Hintergrund des vereinbarten Zeitab

laufs die geeignete ist, sei dahingestellt. Die Zusage steht aber.

Wie sehen die ersten Ergebnisse aus, über die wir berichten können? Ich bin darüber unterrichtet worden, dass technisch die zusätzliche Sortierung von Wertstoffen aus dem getrockneten Abfall möglich ist. Die Trennprozesse wurden mit einer stabilen und guten Qualität der Sekundärrohstoffe durchgeführt. Das ist das erste Positive dabei. Von den im Abfall enthaltenen Stoffgruppen eignen sich hinsichtlich des Mengenanteils und dem technischen Aufwand insbesondere die Metallfraktionen und die Kunststoffe für eine Sortierung mit dem Ziel der stofflichen Verwertung. Es ist natürlich auch geprüft worden, was mit dem vorhandenen Reststoff ist. Auch da kann man sagen, dass nach wie vor ein hochkalorischer Brennstoff vorhanden ist – man geht schließlich mit dem Stabilat, dem Reststoff als Sekundärbrennstoff in eine Verbrennungsanlage –, der alle Güteanforderungen an einen Sekundärbrennstoff erfüllt.

Richtig ist auch, dass zum Szenario des Zusammenmischens der Abfälle nach der Getrennterfassung, die sogenannte Grau-in-Grau-Fraktion, und zu der Frage, was daraus mit welcher Qualität aussortiert werden kann, das vom Markt nachgefragt wird, noch keine Ergebnisse vorliegen. Insofern sind Rückschlüsse gar nicht möglich.

Im Übrigen möchte ich auch auf die Frage der generellen Rückkehr zur gemeinsamen Erfassung von Hausmüll etwas sagen. Dazu will ich zum einen sagen, dass man keine Illusionen nähren sollte, dass wir von dieser sehr erfolgreichen Getrennterfassung am Anfallsort, nämlich in den Haushalten, grundsätzlich Abstand nehmen werden. Das hat man gelernt, das ist erfolgreich, und das ist auch die Grundlage für saubere Produkte und für eine hohe Verwertungsquote.

Der Versuch war im Übrigen von Anfang an nicht darauf ausgelegt, dass durch die Ergebnisse diese Fragen beantwortet werden sollen, sondern viel wichtiger war die andere Frage gewesen, welche Wertstoffe, die so erfasst werden, am Markt unterzubringen sind. Neben dem technischen Erfolg war es so – deshalb auch der Zwischenbericht, der uns zugegangen ist und den auch die entsprechenden Gremien erhalten haben –, dass es zumindest derzeit – das muss man beschränken auf die jetzige Situation – vor dem Hintergrund der aktuellen Verbrennungspreise – das ist die Alternative, nämlich eine direkte Verwertung in Verbrennungsanlagen – und auch der Marktpreise für die so heraussortierten Rohstoffe – die Marktpreise für die Rohstoffe sind konjunkturell bedingt auch zurückgegangen –, ökonomisch keinen Sinn macht, diese weiter herauszusortieren.

Wenn Sie mich fragen, wie dieser Versuch zu bewerten ist, muss ich sagen, es ist sicherlich nicht angebracht, die Bürgerinnen und Bürger über Spekulationen zu künftigen Erfassungssystemen zu verunsichern.

Zum einen wissen wir – Frau Schellhaaß, insofern gehe ich mit Ihnen mit, und das ist eine Forderung, die wir vonseiten der Landesregierung verfolgt haben –, dass es nicht nur um die Frage geht, welcher Art die Wertstoffe sind, die man als Verpackungswertstoffe als leichte

Fraktion im Gelben Sack sammelt. Das ist eine Perspektive, die wir immer als veränderungsbedürftig angemahnt haben, weil wir gesagt haben, das reicht nicht aus – ehrlich gesagt halte auch ich mich nicht immer da- ran –, stoffgleiche Nichtverpackungskunststoffe in den Hausmüll zu entsorgen, nur weil sie nicht in den gelben Sack sollen.

Im Übrigen ist es auch Gegenstand der Koalitionsvereinbarung in Berlin, dass sich die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes um das Thema „Wertstofftonne“ kümmert. Ich darf Ihnen sagen, dass es auch schon jetzt die Möglichkeit der Einführung der Wertstofftonne nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz gibt. Die Frage muss aber endlich so sauber geklärt werden, dass sich die Marktteilnehmer zwischen den Kommunen und den Privaten nicht gegenseitig beharken. Ich sage ganz klar, da muss man irgendwann im Interesse von Transparenz und Kundenfreundlichkeit den Schritt gehen und entscheiden, dass die Kommunen im Wesentlichen hierfür zuständig sind, egal ob sie sich dabei Dritter bedienen oder wie auch immer. Das Chaos der Abstimmung vor Ort hat aber bisher verhindert, dass es zu einer gemeinsamen Erfassung gekommen ist, obwohl das schon heute rechtlich möglich wäre.

Die Bedeutung dieses Versuchs sehe ich aber vor allen Dingen in der Perspektive. Warum? Wir befinden uns jetzt zwar in einer Situation, in der wir derzeit jedenfalls – auch konjunkturell bedingt – günstige Rohstoffpreise haben. Wir werden vor dem Hintergrund des weltweiten Wachstums und der Bevölkerungsentwicklung in den nächsten Jahren bei vielen Rohstoffsegmenten, insbesondere bei den ölbasierten Rohstoffen, Engpässe bekommen. Die Preise werden wieder steigen. Vor diesem Hintergrund, wenn man eine Rohstoffknappheit oder Preisanstiege erwartet, werden solche Verfahren ökonomisch und auch ökologisch im doppelten Sinne und auch ohne Belastung der Gebührenhaushalte sinnvoll umzusetzen sein.

Da liegt auch der Wert und die Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz, weil wir im Bereich der Umwelttechnologie dank vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen schon heute überdurchschnittlich aktiv sind. Die Anlage, die dort steht, weist zwei Komponenten auf, die beide von einer Firma Titech und einer weiteren Firma stammen.

Beide Unternehmen sind rheinland-pfälzische Unternehmen, die bewiesen haben, dass sie, wenn das auf dem Markt nachgefragt wird – nicht nur bei uns, die Rohstofffrage stellt sich weltweit –, die Kompetenz haben, solche Technologien einzusetzen. Das heißt, unsere Unterstützung dieses Versuchs war auch eine Innovationsförderung zugunsten von Umwelttechnologien mit Perspektiven auf den Rohstoffmärkten der Zukunft.

In diesem Sinne fällt meine erste Bewertung aus. Ich verspreche Ihnen natürlich, dass ich Sie über die weiteren Entwicklungen unterrichten werde. Aber ich habe die große Bitte an Sie, dass Sie hier nicht mit vorschnellen Entscheidungen oder Schlussfolgerungen zu einer Verunsicherung beitragen. Wir werden darüber diskutieren, ob es eine Wertstofftonne geben soll. Aber wir werden nicht die Getrennterfassung insgesamt infrage stellen;

denn sie ist ein Baustein der Qualität und der Erfolge, die wir bisher haben.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Schellhaaß von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Conrad, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass sie klargestellt haben, dass für Sie die Unterbringung der Wertstoffe am Markt ein Ziel war. Ich muss gestehen, ich sortiere genauso wie Sie. Aber es leuchtet anders einfach nicht ein.

Die Nutzung einer Wertstofftonne ist in Deutschland derzeit nur unter dem DSD-Monopol möglich. In Deutschland wird sie nicht wahrgenommen, im europäischen Ausland interessanterweise aber sehr wohl. Dort hat man ebenfalls duale Systeme. Nur nehmen es die Leute dort mit dem Sortieren nicht so genau. Deshalb ist es dort für das duale System interessant, Restmüll aufzukaufen und automatisch sortieren zu lassen oder auch die automatisch sortierten Wertstoffe aufzukaufen.

Herr Henter und Herr Maximini, wenn Sie meinen, der Markt gebe es derzeit nicht her, sage ich Ihnen: Sie sind nicht informiert. Ich habe bewusst gesagt, dass derzeit Preise von 200 Euro für PET und von 50 bis 80 Euro für Folien erzielt werden: mit Materialien aus Zypern, aus Italien, aus Polen und aus Spanien. Rundherum ist man – wie gesagt, mit Technik aus Rheinland-Pfalz – schon einen Schritt weiter.

Dass Metalle aussortiert werden können, ist nicht sehr erstaunlich. Die kann man überall mit einem Magneten aussortieren. Es gibt keine Anlage, in der nicht mit Magneten Metalle aussortiert werden.

Holz auszusortieren ist witzlos, weil es gut in die heizwertreiche Fraktion passt. Herr Maximini, ich habe mich schon über Ihre Formulierung amüsiert, unser Antrag sei nicht aktuell, weil er zu sehr in die Zukunft gerichtet sei. Diese Formulierung finde ich schön.

(Beifall der FDP – Zuruf des Abg. Maximini, SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zum zweiten Teil der

AKTUELLEN STUNDE

„Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern über die Erforderlichkeit der Zustimmung des Bundesrates zur Verlängerung von AKW-Laufzeiten“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksachen 15/4600/4603 –

Das Wort hat der Abgeordnete Langner von der SPDFraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben momentan auf der Bundesebene, dass bei der Bundesregierung erneut das Kapitel mit der Überschrift „Wir sind alles, nur nicht einig“ aufgeschlagen wird. Wir müssen feststellen, dass leider auch bei einem solch wichtigen Thema wie der Energiepolitik ein absolutes Chaos herrscht, was das Vorgehen auf der Bundesebene betrifft. Ich fange mit einem Zitat an: „Energiepolitik hängt künftig mehr als heute von der engen Abstimmung zwischen Bund und Ländern ab. Denken Sie nur an den Ausbau der Netze. Deshalb halte ich den fairen Umgang miteinander für wichtig. Zudem müssen wir eine rechtssichere Entscheidung finden, die Investitionen nicht unter Vorbehalt einer Verfassungsgerichtsentscheidung stellt.“

Das ist die Antwort auf die Frage, ob der Bundesrat an den Entscheidungen über die Laufzeitverlängerungen beteiligt werden soll. Die Antwort stammt vom Ihrem Bundesumweltminister Norbert Röttgen.

Ich denke, das, was er in einem Interview mit der „F.A.Z.“ vom 20. Mai gesagt hat, kann man nur unterstreichen. Aber was passiert bei den Kolleginnen und Kollegen der Bundestagsfraktion? Was passiert bei den Kolleginnen und Kollegen in anderen Länderparlamenten? Wir stellen fest, dass ausgerechnet die Landesregierungen – etwa Hessen, Baden-Württemberg und Bayern –, die 2002, als es um das Atomausstiegsgesetz ging, gefordert haben, die Länder zu beteiligen, nunmehr fordern, dass der Bundesrat nicht beteiligt wird. Was für eine verkehrte Welt sehen wir an dieser Stelle? Wir hören, dass die Vertreter dieser Bundesländer sagen, sie wollen an einem solchen Verfahren explizit nicht beteiligt werden. Das sagen sie, obwohl die Laufzeitverlängerung durchaus Auswirkungen auf die Bundesländer hat; denn sie müssen länger Verantwortung für diese Anlagen tragen. Das steht im Gegensatz zu dem, was beim Atomausstiegsgesetz beschlossen worden ist.

Liebe Freunde von der Opposition, ich glaube, Sie versuchen hier wieder einmal, zu tricksen, zu mogeln und Ziele, die Sie sich anscheinend irgendwann gesetzt haben, mit aller Kraft durchzusetzen, obwohl Sie mittlerweile erkannt haben – erst recht nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen –, dass die Menschen in der Bundesrepublik den Atomausstieg wollen. Wir wollen nicht mehr weiter auf die Kernenergie setzen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Ich habe einfach das Gefühl, dass Sie sich, ähnlich wie bei den Forderungen nach Steuersenkungen, irgendwann einmal auf dieses Ziel verständigt haben, aber seit Jahren nicht mehr darauf geachtet haben, dieses Ziel der Realität anzupassen.

(Beifall der SPD)

Wir brauchen keine Debatte darüber, ob die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert werden sollen, sondern wir brauchen eine Debatte darüber, wie wir den Energiebedarf decken und wie wir den Energiefluss, den wir aufgrund der erneuerbaren Energien haben, sinnvoll verteilen können. Es geht darum, dass wir die Netze nach modernen Standards ausbauen und die notwendigen Speicherkapazitäten schaffen.

Aber es geht nicht darum, zu behaupten, Atomenergie sei kompatibel mit erneuerbaren Energien. Diese Behauptung stellen Sie ständig auf. Aber wir müssen immer wieder feststellen, dass dies einfach nicht der Realität entspricht.

Wir haben an dieser Stelle häufig und oft auch intensiv über erneuerbare Energien diskutiert. Das ist, seitdem es in Berlin eine andere Bundesregierung gibt, nicht mehr der Fall. Das grüne Mäntelchen, das Sie sich eine Zeit lang immer wieder umgehängt haben, ist längst im Altkleidercontainer gelandet. Meine Damen und Herren, ich würde mich darüber freuen, wenn wir wieder dazu übergingen, über die zukünftige Entwicklung der erneuerbaren Energien zu sprechen, statt veraltete Debatten über Atomenergie zu führen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Weiner von der CDUFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Atomgesetz bedurfte bei seiner Verabschiedung der Zustimmung der Bundesländer; denn die Länder gaben damals Kompetenzen an den Bund ab.

(Schweitzer, SPD: Ach ja!)

Der Bund hat sozusagen in die Verwaltungszuständigkeiten der Länder eingegriffen. Das ist lange her.

Jetzt gab es einen zweiten Fall. Vor einigen Jahren wurden – Stichwort: Atomkonsens – Beschlüsse revidiert. Mit diesem Beschluss hat man die Menge der Kompetenzen, die vorher von den Ländern an den Bund abgetreten worden waren, nicht vergrößert, sondern reduziert. Nach herrschender Rechtsauffassung, auch nach Auffassung der Bundesregierung, war das kein Eingriff und bedurfte somit nicht der Zustimmung des Bundesrates. Die neue Bundesregierung hat das inzwischen bestätigt.

Jetzt stellt sich die spannende Frage, ob die Laufzeitverlängerung, über die diskutiert wird, zu dem ursprünglichen Beschluss, mit dem die Länder Kompetenzen an den Bund abgegeben haben, gehört oder nicht.

Schließlich haben die Länder ihren Beschluss von damals nie revidiert, weil die rot-grüne Bundesregierung die Länder damals nicht befasst hat oder es eine Zuständigkeitsregelung geben muss, die dadurch ausgelegt werden könnte, dass der zwischenzeitlich reduzierte Eingriff neu begründet oder sachlich ausgeweitet würde. Letztlich kommt es darauf an, wie der Inhalt eines Gesetzentwurfs aussieht. Den kennen wir noch gar nicht.

Damit keine Phase der Rechtsunsicherheit und keine Investitionszurückhaltung eintritt, will die Bundesregierung diese Fragen im Vorfeld prüfen. Umwelt-, Innen- und Justizministerium wollen bis Anfang Juni eine Expertise vorlegen, auf deren Basis die Bundesregierung ihre Position festlegen wird. Warum die Aufgeregtheit heute? Wir halten dies für eine richtige und seriöse politische Vorgehensweise.

Herr Langner, als wir das Thema der Aktuellen Stunde erhalten haben, stellten wir uns die Frage, ob es der SPD wirklich um die Klärung dieser juristischen Frage geht oder ob sie diese dazu missbrauchen will, um ihre überholte Anti-Atomrhetorik abzuspulen.

(Zurufe von der SPD)