1. Aus welchen Gründen erfolgte die plötzliche Kündigung der seit Jahren bewährten Partnerschaft mit dem Land Hessen in Geisenheim?
2. Inwieweit spielte die Implementierung des dualen Studienganges Weinbau in Neustadt bei der Aufkündigung der Kooperation mit der WeinbauForschungsanstalt Geisenheim eine Rolle?
3. Wie soll eine mögliche von Weinbauminister Hering bereits angekündigte „Neustrukturierung der Zusammenarbeit“ aussehen?
4. In welchem „nennenswerten Umfang“ will sich Rheinland-Pfalz auch in Zukunft an den Forschungsausgaben des Geisenheimer Instituts beteiligen?
Der Studiengang „Weinbau und Önologie“, der gemeinsam von den Fachhochschulen Bingen, Kaiserslautern und Ludwigshafen – letztere federführend – in Kooperation mit dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz am Standort Neustadt betrieben wird, betrifft die Lehre in Rheinland-Pfalz und steht in keinerlei Verbindung zur Forschungsanstalt Geisenheim.
Zu den Fragen 1 und 2: Der Studiengang hat seinen Studienbetrieb im Wintersemester 2009/2010 aufgenommen. Hinsichtlich der Haushaltsmittel ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich einzelne Studiengänge haushaltstechnisch nicht etatisiert werden. Ich will Ihnen aber dennoch die entsprechenden Kosten benennen. Die Plankosten setzen sich wie folgt zusammen:
Personalkosten ca. 600.000 Euro, davon fünf Professoren und 3,5 Stellen Wissenschaftsassistenten und Studiensekretariat, aufgeteilt die drei Positionen: 400.000,
150.000 und 36.000 Euro. – Die Sachmittel betragen für das Jahr 2010 144.000 Euro und 2011 246.000 Euro.
Für den Studiengang „Weinbau und Önologie“ haben die Kooperationspartner folgende Finanzierung vereinbart: Neben den ausgestalteten Räumlichkeiten finanziert das DLR Rheinpfalz Lehraufträge und Sachausgaben sowie gegebenenfalls Projektmittel. Die Hochschulen bringen die im Rahmen des Hochschulpakts und der sonstigen Finanzierungssysteme den Hochschulen zugewiesenen Stellen und Mittel anteilig in den Studiengang ein. Die räumlichen Voraussetzungen werden beim DLR Rheinpfalz für den Studiengang geschaffen. Der für den Studienbetrieb benötigte Raumbedarf wird in drei Bauabschnitten bereitgestellt. Hierbei handelt es sich um Büroräume, Hörsäle und Studentenlabors.
Die Fachbereiche der beteiligten Fachhochschulen haben einen gemeinsamen Ausschuss, GAF, gegründet, dem auch ein vom DLR Rheinpfalz entsandtes Mitglied angehört. Der GAF ist das beschließende Gremium bezüglich dieses Studiengangs und übernimmt insofern die Aufgaben eines Fachbereichs nach dem Hochschulgesetz.
Wie bereits mehrfach berichtet, wurde der Studiengang durch eine unabhängige Agentur akkreditiert. Die Akkreditierung ist Voraussetzung für die Aufnahme des Studienbetriebs. Die Prüfungsordnung hat der GAF nach der Akkreditierung beschlossen.
Zu Frage 3: Für die Disziplinen „Pflanzenphysiologie“, „Mikrobiologie“, „Allgemeine Betriebswirtschaft und Marketing“ sowie „Lebensmitteltechnologie“ sind fünf Professuren ausgeschrieben. Die Besetzungsverfahren laufen gegenwärtig und sind teilweise abgeschlossen. Der Lehrbetrieb wird im Übergang derzeit durch Professorinnen und Professoren der beteiligten Fachhochschulen und Bediensteten des DLR Rheinpfalz, die bereits gemeinsam das Curriculum des Studiengangs entwickelt haben, übernommen. Zur Unterstützung der Hochschullehrer bei den Lehrveranstaltungen, der Forschung und der Koordination des Studiums sowie der Praxisprojekte und der verwaltungstechnischen Abwicklung sind 3,5 Stellen vorgesehen.
Die Einstellungsvoraussetzungen für die Professorinnen und Professoren ergeben sich aus § 49 Hochschulgesetz. Die Voraussetzungen für das Personal, das im unterstützenden Bereich eingesetzt wird, ergeben sich aus den §§ 56 bzw. 58 Hochschulgesetz. Die Voraussetzungen für Lehrbeauftragte ergeben sich aus § 63 i.V.m. § 49 Hochschulgesetz. Der GAF entscheidet in Abstimmung mit den beteiligten Hochschulen und dem DLR Rheinpfalz über den jeweils notwendigen Einsatz.
Zu Frage 4: Zum Wintersemester 2009/2010 haben 21 Studierende das Studium aufgenommen. Für das Wintersemester 2010/2011 haben sich 45 Personen beworben, die die Voraussetzungen für ein Fachhochschulstudium erfüllen und sich derzeit in der vorgelagerten Praxisphase befinden. Ab 1. Juli 2010 werden als dritte Kohorte voraussichtlich 54 Personen in die Praxisphase eintreten. Diese werden gemäß dem geplanten Verlauf im Wintersemester 2011/2012 das Studium aufnehmen.
Zur Anfrage Nummer 3: Das Land Rheinland-Pfalz hat fristgemäß den Staatsvertrag über die Forschungsanstalt Geisenheim zum 31. Dezember 2010 gekündigt und angeboten, mit dem Land Hessen über Verhandlungen eine Neuausrichtung der Forschungsinhalte und der Finanzierung der Forschungsanstalt zu erreichen, um die wissenschaftliche Zusammenarbeit von Geisenheim mit den in Rheinland-Pfalz tätigen weinbaulichen Forschungs- und Versuchseinrichtungen in Neustadt und der zukünftigen Einrichtung in Bernkastel-Kues zu optimieren.
Der geltende Staatsvertrag zwischen dem Land Hessen und dem Land Rheinland-Pfalz über die Forschungsanstalt Geisenheim ist am 1. Januar 1987 in Kraft und an die Stelle des Staatsvertrages von 1974 getreten. Die Unterstützung erfolgt ausschließlich im Forschungsbereich. Die weinbauliche Hochschulausbildung ist nicht Gegenstand des Vertrages. Die letzte Anpassung des Staatsvertrages erfolgte im Jahr 2002. Seinerzeit wurden eine institutionelle Förderung von 1,1 Millionen Euro sowie eine Projektförderung von 0,2 Millionen Euro vereinbart.
Zu Frage 1: Diese bundesländerübergreifende Form der Forschungsfinanzierung wird seitens der Landesregierung mit dem Ziel auf den Prüfstand gestellt, sie effizienter zu gestalten und fortzuführen. Dies erfolgt aus zwei Gründen. Zum einen müssen in Rheinland-Pfalz wie in anderen Ländern vor dem Hintergrund der angespannten Situation der öffentlichen Haushalte vielseitige Anstrengungen unternommen werden, um Möglichkeiten des effizienteren Einsatzes der Mittel zu prüfen und zu finden. Ich bin daher der Auffassung, dass ein neuer Staatsvertrag mit Hessen eine engere Zusammenarbeit der Forschungsanstalt Geisenheim mit Neustadt und der zukünftigen Einrichtung in Bernkastel-Kues zum Inhalt haben muss. Ziel ist es, einen Weg zu finden, um teure und überflüssige Doppelarbeit zu minimieren und die begrenzten Forschungsmittel unseres Landes punktgenau über die Landesgrenzen hinaus einzusetzen.
Zu Frage 2: Mit dem Staatsvertrag verpflichtet sich das Land Rheinland-Pfalz, die Forschung in Geisenheim finanziell zu unterstützen. Eine Beteiligung an der Finanzierung der in Geisenheim angebotenen Studiengänge des Weinbaus ist damit nicht verbunden, da die Hochschulpolitik und auch -finanzierung ausschließlich Sache der jeweiligen Bundesländer ist. Daher besteht kein Zusammenhang zwischen der Kündigung des Staatsvertrages und der Einrichtung eines eigenen Weinbaustudienganges in Neustadt.
Im Übrigen ist es an dieser Stelle erforderlich, auf die exzellente Forschungs- und Entwicklungsarbeit der Dienststellen Rheinpfalz und Mosel hinzuweisen. Für Neustadt werden wir Ihnen auf Anfrage gern konkrete Zahlen mitteilen.
Zu Frage 3: In den Gesprächen, die heute Morgen um 8:00 Uhr begonnen haben, sollen Inhalt und Umfang des zukünftigen rheinland-pfälzischen Engagements neu bestimmt werden. Die Landesregierung wird sich auch weiterhin in nennenswertem Umfang an den Ausgaben der Forschungsanstalt Geisenheim unter angemessener Berücksichtigung der Ihrer Auffassung nach erforderlichen Zusammenarbeit mit Neustadt und der zukünftigen Einrichtung in Bernkastel-Kues beteiligen.
Wünschenswert wäre in diesem Zusammenhang die Integration der Forschungsvorhaben des Bundes auf diesem Gebiet, wie dies in Bernkastel bereits gelungen ist. Zum einen soll in der Neuauflage verstärkt die Projektförderung verankert werden, weil wir davon überzeugt sind, dass auf diese Weise die Koordination der Weinbauforschung am besten zum Ausdruck kommt.
Die Projekte, die in der Zukunft durch Rheinland-Pfalz unterstützt werden, sollen eine hohe Praxisrelevanz aufweisen und unmittelbar dem Weinsektor für richtungweisende Entscheidungen in der Erzeugung und der Vermarktung zur Verfügung stehen. Sofern grundlagenorientierte Arbeiten hierfür erforderlich sind, werden diese nicht unberücksichtigt gelassen.
Darüber hinaus sollten wir die Kündigung zum Anlass nehmen, die Weinbauforschung insgesamt zu systematisieren und zu evaluieren, um künftig überflüssige Doppelarbeit zu vermeiden.
Zusammenfassend möchte ich betonen, dass die Landesregierung an einer weiteren Zusammenarbeit mit Geisenheim weiter ein hohes Interesse hat. Es werden weiter Projekte nach Hessen gegeben, die von den Dienstleistungszentren des Landes Rheinland-Pfalz einschließlich der Weinforschungszentren aufgrund anderer Prioritäten nicht angemessen bearbeitet werden können.
Zu Frage 4: Das Land Rheinland-Pfalz wird auch weiter – ich habe das betont – in nennenswertem Umfang Geisenheim in Abstimmung mit der bereits seit Jahrzehnten existierenden eigenen Weinbauforschung finanzieren. Aus diesen Gründen haben wir heute Morgen bereits mit konstruktiven Gesprächen mit dem Land Hessen begonnen.
Herr Minister, Sie haben in Ihrem letzten Satz angedeutet, dass Sie heute damit begonnen haben, mit Geisen
heim über die künftige gemeinsame Forschungsarbeit zu sprechen. Vorher haben Sie ausgeführt, dass es den Staatsvertrag seit einigen Jahrzehnten gibt.
Gab es im Vorfeld der Kündigung keine Gespräche mit Hessen, wie man sich eine künftige Zusammenarbeit vorstellt? In welcher Form und in welcher Art ist die Kündigung erfolgt? Hat man da im Vorfeld das Gespräch mit Geisenheim gesucht?
Frau Schneider, es gibt auf verschiedenen Ebenen ständig einen Gedankenaustausch und Gespräche mit dem Land Hessen, dies nicht nur auf der Arbeitsebene, sondern auch auf der Ebene der Hausleitung. Selbstverständlich ist die Kündigung vorher mündlich durch Herrn Kollegen Englert dem Land Hessen mitgeteilt worden.
Wir haben die Situation, dass sich die Förderung des Landes Rheinland-Pfalz auf einen Betrag von 1,1 Millionen Euro aufteilt, womit wir die Institution an sich fördern, wir aber dem Grunde nach keine unmittelbare Einwirkung darauf haben, für welche Projekte die Gelder verausgabt werden, während nur 0,2 Millionen Euro auf die Projektförderung entfallen.
Um mehr Einflussmöglichkeiten zu haben und auch eine bessere Abstimmung der Forschungseinrichtungen zu erreichen, die wir in Rheinland-Pfalz und in anderen Bundesländern haben, macht es Sinn, über die Neuausrichtung zu sprechen. Das geht am effizientesten, wenn ein komplett neues Regelwerk entworfen werden kann. Deshalb ist fristgerecht die Kündigung erfolgt.
Diese musste erfolgen, weil sich sonst der Vertrag automatisch weiter verlängert. Bei einem langfristigen Vertragsverhältnis ist es nicht unüblich, dass nach einer gewissen Zeit eine grundlegende Evaluierung und eine Neuverhandlung der Zusammenarbeit erfolgt. Genau das geschieht mit dem Land Hessen. In früheren Jahren hat es auch schon den Sachverhalt gegeben, dass der Vertrag neu gestaltet wurde.
Herr Staatsminister, mich würden die Gesamtkosten interessieren, die der Studiengang in Neustadt ausmacht. Sie haben nur die Personalkosten und einen Teil der Sachmittel erwähnt. Wie hoch sind die Investitionskosten in die Labore, Hörsäle und Büros?
Die anteiligen Hausmeisterkosten sind in den Sachmitteln enthalten, aber ich will gerne auch die Investitionskosten nennen.
(Eymael, FDP: Das finde ich eine Unverschämt- heit! Ich habe nicht nach den Hausmeisterkosten gefragt! – Pörksen, SPD: Aber ich! – Eymael, FDP: Sie haben gar nichts zu fragen!)
Herr Eymael, ich will Ihre Frage gerne beantworten. Für die Investitionen am Standort Neustadt sind für Labore und Ausstattung im Jahr 2011 1,1 Millionen Euro und im Jahr 2012 0,5 Millionen Euro vorgesehen.
Herr Minister, im Jahr 2002 hat es bereits unter Ihrem Vorgänger eine Anpassung gegeben. Wenn ich mich richtig erinnere, ging es da auch um eine Verringerung der Mittel. Können Sie dazu etwas sagen?