Protokoll der Sitzung vom 24.06.2010

Eine zweite gute Gelegenheit, die auch schon genutzt wird, ist die Schule. Ethikunterricht, Biologieunterricht und auch der Religionsunterricht bieten sich in der Tat dafür an.

Das zweite Problemfeld, das ich noch kurz erwähnen möchte, ist das Krankenhausmanagement und die Rahmenbedingungen im Krankenhaus. Das Prozedere, das Management, eine Organspende bei einem Hirntoten vorzubereiten und zu begleiten, ist arbeits- und zeitintensiv. Da steht der Klinikbetrieb vor einer wahnsinnigen Herausforderung. Deswegen brauchen wir – um das einmal ganz vorsichtig zu formulieren – die Stärkung des Transplantationsbeauftragten der Krankenhäuser, vor allen Dingen auch an Krankenhäusern, die wenige potenzielle Organspender aufgrund ihrer Klinikstruktur melden.

(Beifall des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Frau Anklam-Trapp, die FDP macht ja mit. Sie stimmen uns zu.

Die Angehörigenbetreuung ist wichtig. Wir haben das im Antrag erwähnt, es geht dabei auch um die Einbeziehung der DSO. Ich kann mich selbst an ein Gespräch vor 15 Jahren mit der Mutter eines zwölfjährigen Jungen erinnern, der hirntot war, bei dem man über drei bis vier Stunden sehr sensibel und sehr vorsichtig ein Gespräch führen musste. Ein falscher Satz kann schon alles zer

stören. Die Mutter hat sich hinterher dann entschlossen, das Kind zur Organspende freizugeben. Damit konnte fünf Menschen geholfen werden.

Wichtig ist auch, dass den Angehörigen hinterher mitgeteilt wird, wie vielen Personen geholfen werden konnte. Das hilft ihnen bei der Trauerarbeit.

(Beifall der Abg. Frau Schneider, CDU)

Meine Damen und Herren, Ziel muss sein, dass wir auf 20 Spenden pro 1 Million Einwohner kommen. Aufklärung ist dabei das Wichtigste. Ich darf auch auf die Lebendspende hinweisen, die immer nur eine Ergänzung sein wird. Unter Angehörigen ist das viel häufiger möglich. Leberteilspenden und auch Nierenspenden kommen da in der Regel infrage. Das Alter – wie eben erwähnt – ist nicht immer ein Ausschlussgrund.

Ich darf zusammenfassen und zum Ergebnis kommen: Der Landtag gibt mit diesem gemeinsamen Antrag einen Auftrag an die Landesregierung, aufgrund dieses Antrags ein Konzept zur verbesserten Förderung und Erprobung der Organspende umzusetzen.

Herr Dr. Schmitz, ich will kurz noch auf Ihren Entschließungsantrag vom 26. Mai eingehen. Es sind zwei Punkte, weswegen wir da nicht mitgehen konnten.

Im ersten Punkt fordern Sie auf, dass man auf sogenannten Blutspendeterminen im Rahmen des Transfusionsgesetzes unterstützt, fördert und aufklärt. Das erfolgt bereits seit vielen Jahren durch das Deutsche Rote Kreuz flächendeckend in Rheinland-Pfalz. Insofern ist dieser Punkt gar nicht notwendig.

Die beiden weiteren Punkte, in denen es um die Anschubfinanzierung des Landes geht, betreffen Geld des Steuerzahlers. Ich bin der Ansicht, dass hier – wie eben auch erwähnt – die Krankenkassen ihren Anteil dazu beitragen müssen.

(Dr. Schmitz, CDU: Warum nicht?)

Das ist der einzige Grund, warum wir – SPD und CDU – Ihrem Entschließungsantrag so nicht zustimmen können und es zu dieser Umformulierung gekommen ist. Vielleicht können Sie noch einen Schwenk finden. Wir haben die nächsten zehn Minuten noch Zeit dafür.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich als Besucherinnen und Besucher im rheinland-pfälzischen Landtag Mitglieder des Bridgeclubs Oranien Diez-Limburg. Herzlich willkommen!

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Peter Schmitz von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Intention unseres gemeinsamen Antrags von SPD, CDU und FDP sind wir uns einig, Ich kann das, was zu den Inhalten von meinen Vorrednern gesagt wurde, nur unterstreichen.

Ich möchte betonen, dass diese Defizite in der Organspende und in den Transplantationsmöglichkeiten seit vielen Jahren bekannt sind, es in Deutschland keine Bereitschaft gibt, den in anderen europäischen Ländern praktizierten einfachen Weg einer Widerspruchslösung zu gehen und wir von daher mit diesem Umstand zu leben haben. Das führte – wie Kollege Enders schon ausgeführt hat – im Jahr 2006 zu der Kooperationsvereinbarung, die sich zum Ziel gesetzt hatte, im Jahr 2010 da zu sein, wo wir jetzt wieder hin wollen, oder anders ausgedrückt: Trotz aller Bemühungen, Netzwerkbildungen, Intensivierungen auf den unterschiedlichen Ebenen ist es auf Basis dieses Kooperationsvertrages nicht gelungen, zwischen 2006 und 2010 einen erheblichen und notwendigen Fortschritt zu erzielen.

In dieser Situation – jetzt komme ich ein wenig zur Geschichte dieses jetzt parlamentarisch etwas eigenwilligen Antragsgebarens – hat die CDU vor diesem Hintergrund im vorigen Jahr – das möchte ich auch als Lob an den Kollegen Peter Enders aussprechen – einen Vorstoß zu einem Antrag „Organspende“ genommen, der dann vonseiten der SPD begleitet wurde. Man hat versucht, auch uns mit ins Boot zu nehmen, was dann nach vielen, vielen Gesprächen und gemeinsamen Sitzungen vor cirka drei Monaten der Fall war.

Ich habe dann hier draußen im Foyer zu den Kollegen auf der Fachebene gesagt: Ja, in Ordnung, ich mache dann diesen Antrag so mit, aber ich kündige einen Entschließungsantrag an, weil ich nicht noch einmal eine Art weiterführende Kooperationsvereinbarung haben möchte, die bei dem wesentlichen Punkt – nämlich der Hauptamtlichkeit der Transplantationsbeauftragten in Kliniken und der Unterstützung der Wege, die Kollege Enders angesprochen hat – bei der Frage kneift, wo das Geld herkommt.

Meine Damen und Herren, da muss man sehr genau trennen. Ich weiß sehr wohl, wie delikat das Thema „Finanzierung“ im Bereich Organspende ist. Deshalb muss man da sehr genau trennen. Selbstverständlich darf es keinen Millimeter in eine Richtung geben, in der dann der Verdacht aufkommen könnte, Organspenden oder Organentnahmen führen zu persönlichen finanziellen Vorteilen. Das wäre eine Katastrophe und wäre der Sache weder angemessen noch hilfreich.

(Beifall des Abg. Eymael, FDP)

Aber davon zu trennen ist die Frage: Wie können wir diese von uns allen erwünschten und unterstützten Strukturen der Hauptamtlichkeit in der Transplantationsberatung herbeiführen? – Da habe ich deutlich gemacht, dass ich in einem Entschließungsantrag – ich habe das damals nicht ausgeführt, ich sagte nur, ich bringe einen Entschließungsantrag, der jetzt schon wieder über einen Monat alt ist – etwas deutlich machen möchte. Ich habe

das deshalb getan, weil ich meine Hand für meine Fraktion nicht mehr zu sozialpolitischen Anträgen reichen werde, die nur gute Absichten formulieren.

(Beifall bei der FDP)

Ich erinnere an einen gemeinsamen Antrag zum Thema „Alkoholmissbrauch“, den ich nach drei Jahren Wirksamwerden in einer Kleinen Anfrage hinterfragt habe, worauf es drei Seiten Antwort der Landesregierung gab, was man alles Gutes tut, und mit dem drastischen Ergebnis einer Zunahme des Komasaufens bei 10- bis 15Jährigen um 23 %.

Meine Damen und Herren, eine solche Sozialpolitik muss zu Ende gehen. Wir brauchen eine Sozialpolitik, die effizient ist und die Dinge, die ihr wichtig sind, auch durchzusetzen in der Lage ist.

(Beifall des Abg. Eymael, FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb gibt es diesen Entschließungsantrag. Herr Kollege Enders, das Thema „Bluttransfusionsbegleitende Aufklärung“ ist ein Randthema. Da kann man sich füglich streiten. Ich kenne das noch aus der eigenen Blutspendepraxis. Da lag zwischen „Kicker“, „BUNTE“ und „SPIEGEL“ der Stapel vergilbter Organspendeausweise. Wem das genügt, der ist – in Ordnung – der Meinung, das brauchen wir nicht, dass wir diesen wichtigen Bereich mit einbeziehen. Da würde ich mich nicht verkämpfen.

Wichtig ist mir aber das, was wir so parlamentarisch weich, wie es nur geht, in diesem Entschließungsantrag formuliert haben, einen Prüfungsauftrag an die Landesregierung zur Anschubfinanzierung zu erteilen. Wir haben sogar noch hineingeschrieben, dass sie von mir aus degressiv gestaltet werden kann.

Ich hätte auch kein Problem damit, wenn man es nicht als verlorenen Zuschuss macht, sondern wenn man es so organisiert, dass die Mittel zurückfließen mit dem Ziel, ein Organaufkommen für die betroffenen kranken Menschen, die jetzt Schlange stehen, die zum Teil sterben, weil die Organe nicht beikommen, zu organisieren, und das in einem europäischen Verbund, bei dem dann auch über deutsche Organspenden Mittel frei würden, die dieses hauptamtliche System, das wir alle wollen, tatsächlich dauerhaft finanzieren würden. Überzeugt davon, dass das ein Vorschlag ist, der prüfungswürdig ist – nicht mehr und nicht weniger –, verstehe ich nach wie vor nicht, warum man diesen Weg inhaltlich nicht mitgeht. Aber das muss jede Fraktion für sich selbst entscheiden.

Wenn man deshalb den gemeinsamen Antrag heute verabschiedet hätte und wir alle zu diesen Zielen gestanden hätten und wir in Gottes Namen als die kleinste Fraktion die Einzigen gewesen wären, die bereit sind, sich mit den wichtigen Fragen der Finanzierung zu befassen, wäre das eben so gewesen. Die Fraktionen, die sich jetzt anders verhalten, müssen sich selbst damit befassen, dass wir als einzige bei der ursprünglich verabredeten Linie bleiben. Das möchte ich nicht kommentieren. Das Thema ist mir zu wichtig, als dass ich dazu jetzt ein parlamentarisches Hickhack beschreiben will.

Ich bleibe also bei unserer Linie. Wir stehen hinter diesem Antrag. Wir müssen auf 20 Organspender pro 1 Million Einwohner kommen. Das sind wir den Menschen, die dringend auf Organspenden angewiesen sind, schuldig.

Vielleicht gibt es in der Zukunft, wenn sich die Wogen ein wenig geglättet haben, seitens der Exekutive einen Weg, unabhängig von unserem Abstimmungsverhalten auszuloten, ob es eine Möglichkeit gibt, sich dem Inhalt unseres Entschließungsantrags anzunähern. Dann wäre der guten Sache gedient. Ansonsten freue ich mich jetzt auf die Abstimmungstechnik.

Herzlichen Dank.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Malu Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete! Zunächst einmal möchte ich sehr herzlich den Antrag begrüßen. Ich freue mich, dass sich der Landtag so intensiv mit diesem sehr wichtigen Thema befasst hat.

Ich darf vorab eine meiner Meinung nach ganz gute Nachricht voranstellen: Im Jahr 2009 lag in RheinlandPfalz bekanntermaßen der Anteil der Organspender bei 14,7 pro 1 Million Einwohnerinnen und Einwohner. 2010 zeichnet sich wirklich eine sehr positive Entwicklung ab. Derzeit liegen wir in Rheinland-Pfalz bei einem Anteil von 18,6 Organspendern pro 1 Million Einwohnerinnen und Einwohner. Wir sind optimistisch, dass sich das im Laufe des Jahres noch weiter verbessern wird. Das heißt, wir nähern uns dem Ziel von 20 Organspendern pro 1 Million Einwohnerinnen und Einwohner. Ich bin auch ganz optimistisch, dass uns die Schritte, die wir eingeleitet haben und die jetzt neu in diesem Antrag vorgeschlagen werden, am Ende zum Ziel bringen werden.

(Unruhe im Hause)

Es geht gerade um das Thema „Organspende“. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die wichtigen Dinge, die ich zuvor gesagt habe, zumindest bei denen angekommen sind, die es interessiert. Wir haben nämlich, nachdem wir die Vereinbarung 2006 abgeschlossen haben, erhebliche Steigerungsraten in diesem Bereich. Ich will nicht sagen, dass wir damit zufrieden sein können. Im Gegenteil, wir brauchen natürlich auch in der Zukunft sehr viel mehr Spenden.

Ich muss dazu gar nichts mehr inhaltlich groß ausführen; denn es ist vorhin schon von Frau Anklam-Trapp, Herrn Dr. Enders und Herrn Dr. Schmitz gesagt worden, dass Organspenden tatsächlich Leben retten können. Nur die Menschen, die in ihrem Bekannten- oder Angehörigen

kreis mit dieser Thematik befasst waren, können ermessen, wie wichtig das Thema „Organspende“ ist und wie traurig es ist, dass Menschen ein schlechtes Leben führen oder sogar sterben müssen, weil schlicht und ergreifend nicht genügend Organe vorhanden sind.

Die Förderung der Organspende beruht im Wesentlichen – das ist schon dargestellt worden – zum einen auf der Aufklärung, auf der Öffentlichkeitsarbeit, aber zum anderen natürlich auch auf der Verbesserung der Verfahren in den Krankenhäusern. Wir haben 2006 die Kooperationsvereinbarung mit ganz vielen Partnern im Land umgesetzt. Seither besucht die Projektgruppe im Beirat regelmäßig die Krankenhäuser, vor allem die, bei denen das nicht so richtig funktioniert. Es sind dort ganz wichtige Anregungen entwickelt worden, die zu ganz vielen unterschiedlichen Maßnahmen im Land geführt haben.

Ich nenne nur ein Beispiel: Im Städtischen Krankenhaus Ludwigshafen ist sowohl auf medizinischer Seite als auch auf der pflegerischen Seite ein Beauftragter eingeführt worden. Man hat uns rückgespiegelt, dass seitdem das Verfahren erheblich besser funktioniert.

Wichtig ist, dass die potenziellen Spenderinnen und Spender frühzeitig angesprochen werden. Wir haben bei den Besuchen auch die Erfahrung gemacht, dass dieses Thema zu stark auf die Intensivmedizin ausgerichtet ist und alle anderen Ärzte sowie Pflegerinnen und Pfleger im Krankenhaus überhaupt kein Gefühl für das Thema haben. Das ist aber natürlich wichtig, weil der klassische Spender hat sich vom Typus her total verändert. Es ist eben nicht mehr der Motorradfahrer, der verunglückt, sondern es ist vielmehr der ältere Mensch, der Diabetes oder was auch immer hatte. Eigentlich müssen also auf allen Stationen die Fachkräfte für dieses Thema sensibilisiert sein.

Extrem wichtig ist bei der Ansprache der Angehörigen natürlich, sehr rechtzeitig die DSO einzubeziehen; denn das Gespräch – das hat Herr Dr. Enders dargelegt – mit Angehörigen ist eine schwierige Sache, dies vor allem dann, wenn sich die Angehörigen vorher noch nie mit dem Thema „Organspende“ auseinandergesetzt haben. Umso wichtiger ist es, dass man das einfühlsam und ausreichend informiert tut, um am Ende tatsächlich eine Spendenbereitschaft zu erwirken.

Der zweite wesentliche Punkt ist sicherlich die Öffentlichkeitsarbeit. Ich meine, dass die Landeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in unserem Land eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Dies geschieht auch im Rahmen der Schulkampagne, um Kinder sehr frühzeitig für dieses Thema zu sensibilisieren.