Protokoll der Sitzung vom 24.06.2010

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Bitte lassen Sie mich erst einmal ausreden, bevor Sie dazwischenrufen. –

„Die SPD hatte bereits 2006 für eine ‚freiwillige Wehrpflicht’ plädiert.“

(Ministerpräsident Beck: Lieber Gott, dann war’s halt falsch!)

Dieser Begriff ist also irgendwo abgeschrieben worden.

(Ministerpräsident Beck: In der Zeitung steht viel, um Gottes willen!)

Ich sage es nur einmal. Hier steht es. Sie sagen, es ist falsch. Ich habe es gelesen.

(Pörksen, SPD: Alles, was Sie lesen, ist richtig!)

Halten wir uns nicht länger damit auf. Das ist jetzt diskutiert. Was aber sachlich zu sagen ist – da werden Sie mir zustimmen –, ist, Sie hatten eben erwähnt, dass zukünftig, wenn das Modell mit sechs Monaten jetzt greift, 50.000 junge Männer im Vergleich zu bisher 40.000 einberufen werden können. Dadurch steigt dann allerdings der Anteil von tatsächlich Einberufenen im Ver

gleich zum Potenzial der heranziehbaren Männer von 80 % auf über 90 %.Das muss man auch zur Kenntnis nahmen. Das ist eine Optimierung der Dienst- und Wehrgerechtigkeit. Das muss man zur Kenntnis nahmen.

(Pörksen SPD: Aber mit unsinnigen Folgen!)

Ich will kurz auf Ihr Konzept eingehen, das vorige Woche entsprechend vorgestellt worden ist. Sie haben einiges dazu gesagt. Das Prinzip der Freiwilligkeit ist an sich zu begrüßen. Ich bewerte es auch positiv, dass man sich hier Gedanken darüber macht.

(Fuhr, SPD: Das ist nett!)

Ich halte es jedoch im Bereich des Wehrdienstes nicht für praktikabel, weil das für mich so ein bisschen das Gefühl hat „Soldat auf Zeit light“. Ich hatte eben schon im Rahmen der Fragestunde nachgefragt, wie es mit der Planbarkeit ist. Wenn ich ein gewisses Level an Soldaten vorgebe, die sich freiwillig melden sollen, dann gibt es zwei Situationen. Es können zu viel oder zu wenig sein. Das Problem ist noch nicht gelöst.

Ich habe auch noch ein Problem mit der freiwilligen Selbstverpflichtung bei nicht öffentlichen Unternehmen, die dann junge Leute bevorzugt einstellen. Diese freiwilligen Selbstverpflichtungen – das hat der Ausbildungspakt gezeigt – waren auch nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte.

(Ministerpräsident Beck: In Rheinland-Pfalz schon!)

Ich rede jetzt von der Bundesrepublik. Wir müssen es ja im Ganzen sehen.

(Ministerpräsident Beck: Ja! Es geht aber! – Fuhr, SPD: Nur das sehen, was einem passt!)

Aber jetzt zurück zum Zivildienst. Der Zivildienst hat seine Begründung im Wehrdienst, aber er hat sich verselbstständigt. Wir brauchen ihn alle. Deswegen bin ich froh für jeden, der sich für die Beibehaltung des Wehrdienstes einsetzt, weil das den Zivildienst schützt. Ich hatte eben erwähnt, in unserem DRK-Kreisverband haben wir Zivildienstleistende als Rettungssanitäter mit einer dreimonatigen Ausbildung.

Bereits bei den neun Monaten sind wir zunehmend davon abgegangen, überhaupt Zivildienstleistende in diesem Bereich – im Rettungsdienst – zu nehmen, weil Sie, wenn Sie jemanden ein Vierteljahr ausbilden, der noch vier Wochen Urlaub hat, dann legen wir noch eine Woche Krankheit dazu – das kann auch sein –, dann bei viereinhalb Monaten sind und es keinen Sinn macht, jemanden viereinhalb Monte auszubilden und Urlaub machen zu lassen, um davon viereinhalb Monate Nutzen zu haben. Das ist nicht mehr effektiv. Wir gehen zunehmend bereits jetzt davon weg. Das werden noch andere Organisationen, die Rettungsdienst betreiben, machen.

Der Rettungsdienst ist der einzige Bereich, in dem man für den Zivildienstleistenden eine sehr hohe Qualifikation

braucht. Ich sage Ihnen aus ärztlicher Erfahrung, aufgrund dessen, was die Bevölkerung an Standard und Sicherheit erwartet, ist das hart an der Grenze dessen, was man akzeptieren kann. Es müsste eigentlich mehr sein. Nicht umsonst hat man vor einigen Jahren das Berufsbild des Rettungsassistenten mit zweijähriger Ausbildung geschaffen.

Bei allen anderen Zivildienstbereichen, die für die Gesellschaft genauso wichtig sind – gerade für die älteren Menschen im Bereich der Pflege, Essen auf Rädern und was es da alles noch gibt, Pfortendienst in Pflegeheimen und Krankenhäusern –, brauche ich in diesen Bereichen bei gleicher Wichtigkeit wie im Rettungsdienst nicht diese intensive Einweisung wie in dem anderen Bereich.

Da kann man mit weniger Einweisung jemanden in die Funktion hineinbringen. Deswegen bin ich schon der Ansicht, dass die sechs Monate dort noch eine sinnvolle Zeit sind, in der man junge Leute einsetzen kann. Jemand, der Essen auf Rädern ausfährt, muss nicht ein Vierteljahr ausgebildet werden. Er braucht einen Führerschein und einen Plan, wo er hinfährt. Er muss wissen, wie er das Essen den alten Menschen entsprechend bringt.

Im Gegenteil, ich sehe gerade im Bereich des Rettungsdienstes eine große Chance, hier Arbeitsplätze zu schaffen. Auf der einen Seite sind wir froh, dass es Zivildienstleistende gibt. Doch seien wir einmal ehrlich. Es sind billige und günstige Arbeitskräfte, die uns allen Nutzen bringen.

Wir haben aber gerade im Bereich des Rettungsdienstes viele junge Menschen, die aus den ehrenamtlichen Hilfsorganisationen kommen, die diesen Beruf des Rettungsassistenten gern ergreifen würden. Es gibt aber nicht genug Stellen für diese jungen Leute. Die müssen teilweise ein bis zwei Jahre warten und bekommen Aushilfsverträge. Hier ist eine Chance, dieses Berufsbild zu stärken und jungen Menschen in diesem Bereich eine Perspektive zu geben.

Ich bin auch der Überzeugung, dass wir ein gutes Konzept zur freiwilligen Dienstverlängerung auch bei den Zivildienstleistenden bekommen werden. Man geht davon aus, dass im Bereich des Zivildienstes ungefähr ein Drittel der Zivildienstleistenden bei den sechs Monaten um ca. vier bis fünf Monate verlängern wird. Das haben entsprechende Befragungen ergeben.

Ein Letztes noch: Wir hatten mit der Fraktion letzte Woche ein einstündiges Gespräch mit der Bundeskanzlerin im Rahmen unserer Berlin-Klausur.

(Pörksen, SPD: Oh!)

In der Tat hat sie sich sehr viel Zeit genommen. Wir haben sehr ernsthaft diskutiert.

(Fuhr, SPD: Hat sie Ihnen ein bisschen Orientierung gegeben?)

Ich habe ihr gerade aufgrund der speziellen rheinlandpfälzischen Verhältnisse, weil wir ein Land der Bundeswehr sind, konkret die Frage gestellt, und sie hat das

auch bestätigt, wie man es auch in der Zeitung lesen kann. Man muss in der Tat vorsichtig sein, was in der Presse steht. Das muss nicht immer stimmen.

(Pörksen, SPD: Jetzt auf einmal! Eben war es anders!)

Das war ja O-Ton, Herr Pörksen.

(Ministerpräsident Beck: Das war kein O-Ton!)

Sie hat es bestätigt, dass in der Tat entgegen allen anderen Äußerungen diese Diskussion ergebnisoffen geführt wird.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr zu Guttenberg hat zwar eine Option genannt, die möglich ist, ich hoffe aber und bin der guten Zuversicht, dass wir im Rahmen einer ergebnisoffenen Diskussion dazu kommen, dass es bei der Beibehaltung der Wehrpflicht mit sechs Monaten bleibt und sie nicht ausgesetzt wird.

(Fuhr, SPD: In dieser Regierung ist alles ergebnisoffen! – Pörksen, SPD: Alles, was Sie lesen, ist richtig!)

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Eymael von der FDPFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In einem sind wir uns meiner Meinung nach einig: Wir brauchen eine Bundeswehr, die auf die Zukunftsaufgaben gut vorbereitet und gut aufgestellt ist. Die Meinungen gehen einfach auseinander. Wir diskutieren wirklich seriös ohne Polemik. Bei dem Thema müssen wir auch bei der Seriosität bleiben; denn die Bundeswehr ist grundsätzlich ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft, und jede Veränderung muss breit diskutiert werden. Im Grundsatz stehen zwei Meinungen gegeneinander.

Herr Ministerpräsident, Sie haben ein neues Konzept vorgestellt und wollen bei den neun Monaten bleiben. Sie wollen möglichst Anreizsysteme schaffen, zum Beispiel den Wehrsold ein Stück weit erhöhen. Sie wollen bei der Sozialversicherung für Zivildienstleistende etwas tun.

Die Länge der Grundausbildung, die Länge der Ergänzungsausbildung, die Länge der Spezialausbildung, der Kochausbildung oder der Mechanikerausbildung, das ist eine Frage, ob man das bei der Bundeswehr alles machen soll oder ob die Ausbildung nicht selbst die Wirtschaft machen kann. Ich selbst habe damals den LkwFührerschein gemacht. Davon profitiere ich heute noch.

Alle fünf Jahre wiederhole ich die Prüfung im Hinblick auf den gesundheitlichen und den augenärztlichen Bereich.

(Baldauf, CDU: Das muss man aber erst ab 50!)

Im Grundsatz hat er mir viel gebracht. Damals war die Zeit aber viel länger, als das heute der Fall ist.

Ich meine aber, dass wir im Grundsatz alle noch ein bisschen mit der Stange im Nebel herumstochern, weil die endgültigen Ausführungsverordnungen noch nicht vorliegen. Das gilt zum Beispiel auch für die Standortkonzeption, Herr Kollege Noss. Natürlich sind wir davon betroffen. Natürlich sitzen wir in einem Boot und kämpfen für unsere Standorte, egal ob das in der Eifel, im Hunsrück, in Koblenz oder wo auch immer ist. Das gilt für alle Standorte, an denen die Bundeswehr sehr stark ist. Darüber müssen wir dann diskutieren, wenn ein Konzept vorliegt.

Das Gleiche gilt auch für die Ersatzdienst- und Zivildienstleistenden. Wir wissen, dass da aufgestockt werden kann, aber wir wissen derzeit noch nicht, wie das alles im Detail aussehen wird.