Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

Eine Mehrheitsfraktion und eine Landesregierung, die mit den Pinebeck-Leuten den Nürburgring finanzieren wollten, die – lesen Sie einmal den vertraulichen Bericht des Nürburgrings vom Rechnungshof nach – dafür ge

sorgt haben, dass jemand sehr gut verdient hat, obwohl er Privatinvestor gewesen ist, und am Schluss muss das Land das Ganze bezahlen, sollten vielleicht hier weniger Vorwürfe an die Regierungsseite in Berlin richten, wenn es darum geht, Spekulanten und Zockern zu helfen. Das haben Sie hier gründlich selbst unter Beweis gestellt. Deshalb muss das an dieser Stelle auch ausgesprochen werden.

(Beifall der FDP und der CDU – Zuruf der Frau Abg. Brede-Hoffmann, SPD – Ramsauer, SPD: Das ist unter Ihrem Niveau!)

Herr Kollege Mertes, im Übrigen wissen Sie genauso gut wie ich aus früherer gemeinsamer Koalition, genauso wie der Ministerpräsident, dass man in Koalitionen Kompromisse schließen muss. Dann muss man sich den Kompromiss eben anschauen, wie er jetzt zustande gekommen ist, und ihn vor der Situation der Regionalflughäfen in Rheinland-Pfalz bewerten.

Dann dürfen Sie nicht unerwähnt lassen, dass die Frachtflüge allesamt ausgenommen sind.

(Dr. Rosenbauer, CDU: So ist es!)

Wir sind uns einig, dass Frachtflüge insbesondere für den Hahn eine wesentliche, wenn nicht sogar die wesentliche Geschäftsentwicklungsmöglichkeit jetzt und für die Zukunft sind.

(Beifall der FDP)

Das ist nichts Neues, was ich hier sage, weil der Wirtschaftsminister des Landes entsprechende Gutachten selbst veröffentlicht hat. Wenn dieser wesentliche Bereich für den Flughafen Hahn ausgenommen ist, können Sie hier nicht ein Horrorszenario an die Wand malen.

(Beifall der FDP)

Es ist an der Stelle zumindest für die Weiterentwicklung des Flughafens Hahn und anderer ein vernünftiger Kompromiss. Das muss an dieser Stelle eben auch ausgedrückt werden.

(Beifall der FDP)

Dann muss man sich anschauen, wie denn im Übrigen die Flugverbindungen vom Hahn und anderen Regionalflughäfen sind. Die sehr moderate Reaktion von Ryanair, die gesagt haben, wir schauen uns das erst einmal an, wie sich das entwickeln wird, zeigt, dass der Kompromiss sehr wohl Rücksicht auf Regionalflughäfen genommen hat, sehr wohl Rücksicht darauf genommen worden ist, dass die allermeisten Flüge, die dort abgehen, nur den niedrigsten Steuersatz erhalten werden und eigentlich nur Großflughäfen, nämlich die Interkontinentalflüge, von höheren Steuern betroffen sind und damit im europäischen Wettbewerb durchaus noch vernünftig handelbar agieren können.

Von daher gebietet auch hier die Fairness, dass man genau hinschaut, wie der Kompromiss ausgestaltet ist. Ich sehe nicht, dass scharenweise die Fluggäste vom

Hahn nach Straßburg fahren werden, wenn sie acht Euro mehr auf dem Hahn bezahlen müssen.

(Beifall bei der FDP – Hartloff, SPD: Luxemburg!)

Allein die Kosten nach Straßburg sind deutlich höher.

(Frau Spurzem, SPD: Luxemburg!)

Ja, ich habe das Wort Luxemburg sehr wohl gehört.

Aber für jemanden, der in Trier wohnt, mit Verlaub, ist das doch heute schon eine echte Alternative, weil er vielleicht heute schon von Trier nach Luxemburg fährt. Ich habe mir sagen lassen, dass sehr viele aus dieser Region heute schon von Luxemburg aus dort hinfliegen, weil es einfach näher ist. Das ist doch völlig normal. Aber daraus können Sie ebenfalls kein Horrorszenario ableiten. Von daher meine ich, kann man das sicherlich kritisch bewerten, ganz ohne Zweifel.

Ich fände es auch besser, wenn wir das im europäischen Kontext gemeinsam einführen würden. Aber wenn es in dieser Form eingeführt wird, können Sie nicht sagen, dass die Interessen der Regionalflughäfen in RheinlandPfalz über Bord geworfen worden sind. Nein, das Gegenteil ist der Fall. Wenn Sie den Frachtbereich sehen und die Kurzflugstrecken nehmen, sind diese Interessen insbesondere berücksichtigt worden, damit die Entwicklungsfähigkeit erhalten bleibt. Das gilt es hier herauszustellen.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat Herr Wirtschaftsminister Hering das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sicher, dass Herr Bracht nicht die Rede gehalten hätte, die Sie gehalten haben, Herr Dr. Rosenbauer, weil ich weiß, dass Herr Bracht eine ganz andere Position zum Flughafen Hahn hat.

Wir wissen jetzt auch, dass Sie nicht mehr davon sprechen können, es gibt eine ungeteilte Unterstützung des Flughafen Hahns von der CDU-Landtagsfraktion. Das haben Sie hier eindeutig zum Ausdruck gebracht.

(Beifall der SPD)

Es wird diskutiert, dass häufiger die Kerosinsteuer gefordert wurde. Ich will bekennen, dass ich das vor 25 Jahren als Juso auch getan habe. Dann wurde mir aber sehr schnell erklärt, dass es in diesem Bereich keinen Sinn macht, nationale Alleingänge zu machen, weil das den Wirtschaftsstandort Deutschland schädigt.

(Bracht, CDU: Was wollten Sie denn die ganzen Jahre?)

Das ist bisher in der Politik in Deutschland vom Grunde her Konsens gewesen, solange im Wesentlichen Entscheidungen in der Bundesregierung noch von Vernunft und Rationalität geprägt wurden.

Das scheint momentan offensichtlich nicht mehr der Fall zu sein.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Viele Gutachten haben ergeben, dass dies keine ökologische Lenkungsfunktion hat, lediglich zur Verlagerung von Verkehren führt und der Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig geschwächt wird, wenn Zusatzabgaben erhoben werden. Wir wissen, wie wichtig die Fluginfrastruktur ist. Wir wissen am Beispiel des Flughafens Hahn, dass sich um einen Flughafen herum 10.000 Arbeitsplätze entwickeln können. Deswegen hat bisher keine Bundesregierung die Entscheidung getroffen, national isolierte Abgaben auf den Flugverkehr zu erheben, sondern es wurde immer die Aussage getroffen, dass dies europäische Lösungen sein müssen.

Das Paradoxe ist, nach Jahrzehnten ist es gelungen, auf europäischer Ebene eine Lösung herbeizuführen; denn ab dem Jahr 2013 werden wir den Luftverkehr in den Klimahandel integrieren. Das heißt, Airlines müssen Klimazertifikate erwerben. Dies wird im Jahr 2012 beginnen.

Herr Kollege Mertin, das ist eine sinnvolle ökologische Lenkungsabgabe. Mit pauschalen Ticketgebühren wird derjenige, der modernes und damit klimafreundliches Flugmaterial verwendet, genauso herangezogen wie derjenige, der mit alten Flugzeugen fliegt. Der Klimahandel hingegen hat den sinnvollen Effekt, dass der, der sich um Umweltfreundlichkeit bemüht, belohnt wird, und diejenigen bestraft werden, die mit altem, umweltbelastenden Flugmaterial fliegen. Deswegen ist das, was wir europaweit ab dem Jahr 2013 eingeführt haben, eine europäische Lösung, die zusätzlich noch eine ökologisch sinnvolle Lenkungsfunktion innehat. Darauf sollte man sich konzentrieren. Es ist wirklich absurd, wenige Jahre vorher in Deutschland noch eine Flugsteuer einzuführen, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Nun könnte man fragen: Gibt es Erfahrungen darüber? – Es wird oft gesagt: In England funktioniert es. – Nun ist England eine Insel, und es ist etwas schwieriger, von England heraus einen Flughafen in einem anderen Land zu nutzen. Dies ist in England nachweisbar etwas schwieriger als in Deutschland mit seinen vielen Grenzen zu Nachbarländern.

Die Niederlande hatten im Jahr 2008 eine ähnliche Abgabe eingeführt wie die, die jetzt in Deutschland eingeführt werden soll. Das Ergebnis war, dass man dort zusätzlich 260 Millionen Euro an Ticketgebühren eingenommen hat. Aber Gutachten von Dr. Feldhus und vielen anderen haben auch ergeben, dass der volkswirtschaftliche Verlust 1,4 Milliarden Euro betragen hat. 1,4 Milliarden Euro Verlust gegenüber 260 Millionen Euro Einnahmen! – In Holland ist die Steuer nach einem Jahr wegen der katastrophalen Folgen gestoppt worden, und

wir begehen nun in Deutschland erneut diesen Fehler, den Holland begangen hat, meine Damen und Herren. Es ist wirklich absurd, dass eine solche Politik betrieben wird.

(Beifall der SPD)

Wie die Kunden darauf reagieren, kann man am Flughafen Weeze in Düsseldorf deutlich erkennen. In der Zeit, als die Ticketgebühr in den Niederlanden noch gültig war, sind vom Flughafen Weeze deutlich mehr holländische Passagiere abgeflogen als deutsche Passagiere. Dies hat zu einem enormen Verlagerungseffekt geführt.

Wir sind in diesem Punkt aktiv geworden. Wir haben zusammen mit anderen Gutachten auf den Weg gebracht, um die Frage zu beantworten, was diese Luftverkehrsabgabe für Deutschland bedeuten wird. Diese Gutachten kommen zu dem Ergebnis, die deutschen Flughäfen werden 5 bis 7 Millionen Passagiere verlieren. Darüber hinaus werden durch die Einführung dieser Abgabe in Deutschland – dies ist die Spannbreite der Gutachten, die uns dazu vorliegen – 10.000 bis 17.000 Arbeitsplätze verloren gehen.

Die öffentlichen Haushalte werden Mindereinnahmen in Höhe von 500 bis 600 Millionen Euro haben. In diesem Bereich trifft dasselbe zu wie bei der Brennelemente- steuer: Die Mindereinnahmen werden im Wesentlichen die Kommunen und die Länder haben, und der Bund allein wird die Einnahmen akquirieren. Hätte man von den Energiekonzernen, die Milliarden Euro verdienen, anstatt nur 25 % der entstehenden Gewinne einen etwas höheren Gewinnanteil abgeschöpft, hätte man auch auf die Flugabgabe verzichten können. Dies wäre eine sinnvolle Maßnahme gewesen, um diejenigen heranzuziehen, die sehr viel verdienen, um nicht Arbeitsplätze in Deutschland zu vernichten, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Ich komme nun zu den Auswirkungen für die Flughäfen Frankfurt-Hahn, Saarbrücken, Weeze und die anderen, die Herr Abgeordneter Mertes angesprochen hat. Wir haben am Flughafen Frankfurt-Hahn einen durchschnittlichen Ticketpreis von 30 bis 40 Euro. Eine Gebühr von 8 Euro bedeutet eine Erhöhung des Ticketpreises um rund 25 %. In anderen Ländern – Sie haben sie zitiert – hat man dies von den Fluglasten abhängig gemacht. Es ist auch wenig einsichtig, dass die Gebühr für einen Passagier, der erster Klasse fliegt, weniger als 1 % beträgt, und für denjenigen, der Low-Cost-Airlines in Anspruch nimmt und in der Regel weniger verdient als derjenige, der in der Ersten Klasse fliegen kann, eine zusätzliche Abgabe von rund 25 % bezahlen soll. Dies zeigt, die Gebühr ist sozial ungerecht. Man hätte diese Steuer ebensogut mit einem prozentualen Aufschlag auf den Flugpreis einführen können. Auch das hat man bewusst nicht getan.

(Beifall der SPD)

Sie haben die Anreise angesprochen, die in Kauf genommen wird, um günstig zu fliegen. Sie wissen, dass der Flughafen Frankfurt-Hahn neben dem Flughafen Frankfurt/Main der Flughafen ist, zu dem die Passagiere

die weiteste Anreise in Kauf nehmen. Das heißt, sie sind sehr flexibel. Aber auch diese Passagiere werden sich künftig umschauen, wie sie die Nachbarflughäfen – ob in Luxemburg, in Eindhoven in den Niederlanden oder in Liège – erreichen können. Das heißt, wir werden am Flughafen Hahn nennenswerte Passagierrückgänge haben. Auch das hat die Abgabe in den Niederlanden gezeigt.

Wenn diese Gebühr wirklich eingeführt wird, werden wir am Flughafen Hahn deutliche Nachteile haben. Ein Großteil der Anstrengungen, die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unternommen wurden, die Enormes geleistet haben, um Kosten einzusparen und Betriebsergebnisse zu verbessern und ihren Flughafen zukunftsfähiger aufzustellen, werden mit einer einzigen Fehlentscheidung zunichte gemacht; denn der Schaden wird größer sein als das, was von vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eingespart werden konnte.

(Beifall der SPD – Eymael, FDP: Bleiben Sie doch bei der Wahrheit! Malen Sie kein Szenario an die Wand! Das ist doch lächerlich! – Bracht, CDU: Es ist eine Erhöhung um 8 Euro! – Zuruf des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU)

Herr Dr. Rosenbauer, nicht wir sind für den „Hahn-Taler“ gewesen, sondern dies war eine Maßnahme, die die damalige Mehrheitsgesellschaft Fraport durchdrücken wollte. Wir sind von Anfang an kritisch gewesen.

(Zurufe von der CDU: Sie wollten es mit durch- drücken! Bleiben Sie doch bei der Wahrheit!)