Im Grunde genommen muss man sich fragen, warum das jetzt erfolgt. In der Vergangenheit waren es oftmals die unteren und ordentlichen Gerichte, also insbesondere die Amtsgerichte. Wir halten die durchaus für kompetent. Jedenfalls haben sich diese Zuständigkeiten in der Vergangenheit bewährt. Mir sind keine gravierenden Missstände bekannt. Aber vielleicht können wir das in der entsprechenden Anhörung klären. Ich denke, es ist schon auffallend, dass das jetzt so heruntergeregelt wird. Denn dann muss man auch beim Oberverwaltungsgericht einen Notdienst einrichten. Ob das personell so möglich ist, wird man sich fragen müssen. Denn wenn es brennt, dann brennt es wirklich, und dann brau
Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich betonen, dass der Gesetzentwurf grundsätzlich zu begrüßen ist, wir im Rahmen der Anhörung sicherlich noch einiges diskutieren müssen. Ich möchte eines zum Schluss klar machen:
Was nützen die weitergehenden und moderneren Kompetenzen für die Polizei, wenn der Polizei schlichtweg das Personal und die Ausstattung fehlen, um von diesen Eingriffsbefugnissen auch Gebrauch zu machen? Ich darf hier beispielsweise an die Unterbesetzung unserer Polizei im Wechselschichtdienst und an die über 1.000 diensteingeschränkten Beamtinnen und Beamten erinnern. Ich darf auch an die hohe Bugwelle bei den Überstunden bei der Polizei von 1,7 Millionen erinnern. Ich denke, das sind die wahren Probleme unserer Polizei. Dies werden wir sicherlich allein mit einer Änderung des POG nicht in den Griff bekommen.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der „Allgemeinen Zeitung“ war am Dienstag zu lesen, dass das Bundeskriminalamt bei der Internetkriminalität weitgehend hilflos ist, da es seit einem halben Jahr kein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung mehr gibt. Der BKA-Präsident spricht davon, dass 60 % der Ermittlungen ins Leere gehen.
Wir reden heute über das POG, also über den präventiven Ansatz zur Verhinderung von Straftaten. Dieser Artikel zeigt uns aber, wie rasant die technische Entwicklung im Bereich des Internets oder des PCs ist, sodass wir hier wirklich zum Handeln gezwungen sind. Der vorgelegte Gesetzentwurf verfolgt genau diese Anpassung und hält einiges an Neuigkeiten, Herr Lammert, bereit. Denn hier ist erstmals geregelt, dass es einen Kernbereich gibt. Es gibt eine Datenschutzregelung mit einem eigenen Paragrafen, die so deutlich noch nie da war. Die Telekommunikationsüberwachung ist neu geregelt und vieles andere auch.
Meine Vorredner haben darauf hingewiesen, dass neben dem Bundesverfassungsgericht, das einige Urteile gesprochen hat, natürlich bei allen Gesetzen auch ein ausgewogenes Maß zwischen den Eingriffen des Staa
tes und den Rechten des Bürgers zu gewährleisten ist. Ich bin sicher, das ist hier vorbildlich gehandelt worden.
Insgesamt haben wir 37 Anpassungen. Nicht alle sind gravierend. Ich möchte einige kurz ansprechen. Zum einen ist das Streichen der automatisierten Kennzeichenüberprüfung ein wichtiger Punkt. Denn es ist, wie die Vorredner gesagt haben, zum einen nie benutzt worden, aber zum anderen ist es ähnlich der Regelung gewesen, wie Schleswig-Holstein sie hatte. Die Regelung in Schleswig-Holstein ist vom Bundesverfassungsgericht verboten worden. Dementsprechend ist es konsequent, eine analoge Situation herauszunehmen.
Ein zweiter Punkt ist die Rasterfahndung. Auch die Rasterfahndung ist vom Bundesverfassungsgericht 2006 mit dem Gesetz in Nordrhein-Westfalen für verfassungswidrig erklärt worden, da es darum geht, nicht im Vorfeld schon die Möglichkeiten einer Regelung zu haben, sondern erst bei einer konkreten Gefahr selbst die Regelung anwenden zu können. Dementsprechend ist es hier notwendig gewesen, diese konkrete Gefahr jetzt darzustellen, was mit diesem Gesetz ebenfalls geschehen ist.
Zum Dritten – das ist auch eine Neuerung – geht es um die Quellen-TKÜ gemäß § 31 Abs. 3. Danach ist eine neue und detaillierte Regelung in diesem Bereich gefasst worden. Es geht dabei darum, dass die laufende Kommunikation überwacht wird, bevor sie verschlüsselt wird, also man in den PC hineinkommen kann, bevor in der Internettelefonie die Verschlüsselung entsteht. Es steht technisch zu erwarten – wir alle arbeiten mit PCs, und unsere Kinder machen es uns in großem Maße vor –, in Zukunft wird es Standard sein, dass über den PC telefoniert wird. Dann ist es wichtig, bevor die Verschlüsselung stattfindet, an dieser Stelle auch eine Ermächtigung zu haben.
Es geht in der Tat darum, dieser modernen Situation ein Stück weit nachzukommen; denn diese Entwicklung wird immer schneller.
Hier hätten wir uns durchaus eine erweiterte Anpassung erwünscht. Es geht dabei letztendlich um die Datenspeicherung. Aber das Bundesverfassungsgericht hat in Bezug auf das Telekommunikationsgesetz einen Verstoß gegen dieses Recht festgestellt, und man ist in Berlin leider nicht in der Lage gewesen, binnen eines halben Jahres hier eine neue Regelung auf den Weg zu bringen. Deswegen bleibt uns nur die Chance, ähnlich wie im repressiven Bereich, auf die vorgehaltenen Daten von Anbietern und Providern zurückzugreifen. Also hier
Dann kommt es zum wichtigsten Punkt dieses Gesetzes, zumindest wenn man die Medien betrachtet, die bei der Vorstellung des Entwurfs vom Innenminister das als Hauptpunkt dargestellt haben, die Online-Durchsuchung. Ich denke, über die Bedeutung des Computers muss man nicht weiter reden. Ohne ihn geht nichts mehr, und mit ihm geht eigentlich alles.
Dann ist es wichtig, dass man diesen verdeckten Zugriff auf die Informationssysteme wahren und die dortige Sichtung und die Erhebung von Daten auch leisten kann. Es müssen konkrete Gefahren für höchste Rechtsgüter vorliegen,
Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Lammert, bin ich der Überzeugung, das Oberverwaltungsgericht – das gilt für andere Regelungen gleichermaßen – ist hier eine Hochregelung. Ich denke, es ist von der Kompetenz und der Gesamtstellung in der Gerichtsbarkeit eine gute Situation, dass wir das gemacht haben. Es ist auch erstmalig in der Bundesrepublik, dass es so geregelt worden ist.
Im BKA-Gesetz ist kein Betretungsrecht vorgesehen, und das ist auch hier in dem Entwurf der POG nicht der Fall. Das bedeutet, dass es der Polizei nicht erlaubt ist, in die Wohnung hineinzugehen und die Software zu installieren. Das heißt aber nicht, dass es nicht möglich ist. Man muss es nur einmal von außen gewährleisten. Der eine oder andere von uns hat vielleicht auch schon einmal einen Trojaner auf seinem PC gehabt. Das ist schon möglich. Dementsprechend wird es auch hier die Möglichkeiten geben. Oder aber – das ist in Zeiten von Netbook und Laptop immer leichter der Fall –: auch außerhalb der Wohnung sind die PCs vorhanden und dementsprechend kann man mit diesem Rechtsinstrument daran.
Ich weiß, die Online-Durchsuchung steht in einem absoluten Spannungsverhältnis. Die einen verteufeln diese Möglichkeit, den anderen geht sie nicht weit genug. Ich denke, mit den Regelungen, die das Bundesverfassungsgericht mit auf den Weg gegeben hat, haben wir ein Instrument, welches dazu beitragen kann, dass wir in Extremsituationen, also Ultima Ratio, einen entsprechenden Schutz für Bürgerinnen und Bürger gewährleisten können.
Lassen Sie mich fünftens zu einem für mich sehr wichtigen Punkt kommen, nämlich dem Kernbereich privater Lebensgestaltung. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach einen Kernbereich privater Lebensgestaltung anerkannt, der dem staatlichen Zugriff entzogen ist und in den unter keinen Umständen eingedrungen werden darf. Diese neue Vorschrift in § 39 a setzt verfassungs
rechtliche Anforderungen bei der Durchführung von verdeckten Maßnahmen. Es ist ein allgemeiner Grundsatz, und dieser kann auch nicht von dem Verfassungsmäßigkeitsgrundsatz gebrochen werden. Zu klären ist natürlich: Ist dieser Kernbereich betroffen? – Das heißt, ist ein höchst persönlicher Charakter vorhanden, und will diese Person selbst diese Belange auch geheim halten? Im Detail ist weiter geregelt, dass, wenn es zu einer Erhebung gekommen ist, diese unverzüglich zu löschen ist, es dokumentiert werden muss, aber aus der Dokumentation heraus auch nicht festgehalten werden kann, worum es sich gehandelt hat.
Das heißt in der Konsequenz auch, dass im Vorfeld dieser gesamten Maßnahme bereits Prüfungen stattfinden müssen, ob ich es vielleicht schon ausschließen kann, dass in bestimmten Räumen oder bei bestimmten Telefonen immer nur der Kernbereich vorhanden ist. Als Beispiel ein Telefon, das von der betroffenen Person nur mit seinem Partner benutzt wird oder möglicherweise einen Raum in der Wohnung, der nur von den beiden benutzt wird.
Das ist auch schwierig; denn man muss immer wieder sehen, dass sich auch aus einem privaten Gespräch etwas anderes entwickeln kann. In dieser Situation ist die Löschungsregelung von hoher Bedeutung.
Der Innenminister hat davon gesprochen, dass der Landesdatenschutzbeauftragte sehr frühzeitig eingebunden war. Das kann ich bestätigen. In der letzten Sitzung der Datenschutzkommission, bei der im Übrigen die CDU leider nicht anwesend war, hat der Datenschutzbeauftragte die innere und gute Abstimmung bewusst betont und davon gesprochen, dass wir mit diesem Gesetz und den Regelungen zum Datenschutz eine Vorreiterrolle für viele andere Länder haben werden.
So ist in § 41 a eine spezielle Regelung für die technischen und organisatorischen Überprüfungen getroffen worden. Es geht darum, Dokumentationen speziell festzuhalten. Auch ist die Durchführung eines IT-Sicher- heits- und Datenschutzaudits vorgesehen.
Ebenso ist zu erwähnen, dass die Berichtspflichten zum Landtag erweitert worden sind, und zwar unabhängig davon, ob eine Maßname stattgefunden hat. Ich habe bereits erwähnt, dass die richterlichen Anordnungen vom Oberverwaltungsgericht und nicht von einem Amtsgericht zu treffen sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man könnte noch auf viele weitere Regelungen eingehen. Meine Vorredner haben es teilweise getan. Ich möchte aber noch darauf hinweisen, dass in die gesamte Abstimmung neben dem Datenschutzbeauftragten auch die kommunalen Spitzenverbände und die Gewerkschaften eingebunden waren. Die Gewerkschaften haben aus der Spezifikation Polizei heraus noch den einen oder anderen Wunsch gehabt. Wenn Sie sie aber einmal fragen, werden sie bestätigen, dass ein sehr guter Entwurf vorgelegt wurde. Damit ist auch eine Zufriedenheit auf dieser Ebene vorhanden.
Die Eingriffsschwellen, die das BKA vorsieht, sind in großem Maße überschritten. Die Regelungen, die uns
das Bundesverfassungsgericht mit auf den Weg gegeben hat, sind erfüllt. Ich denke, der Gesetzentwurf ist ein guter Kompromiss hinsichtlich aller Belange. Ich schließe mich der Forderung nach einer Anhörung an, die wir ebenfalls mittragen werden, und freue mich auf die weiteren parlamentarischen Beratungen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der heute vorgelegte Entwurf hat das Ziel, die Ermittlungsmöglichkeiten der Polizei auszuweiten und damit die effektive Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus voranzubringen und somit die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Das sind hehre Ziele. Doch es lohnt sich, genau hinzuschauen, damit man nicht zu weit geht; denn die Sicherheit der Bürger ist nur dann zu rechtfertigen, wenn ihre Freiheit nicht auf dem Weg verloren geht.
Als gelernter Polizei- und Kriminalbeamter weiß ich um die enorme Fülle von Kompetenzen, die bereits heute existieren und mit denen die Polizei in der Lage ist, effektive Strafverfolgung zu betreiben, aber auch zum Teil empfindlich in die Freiheitsrechte von Bürgerinnen und Bürgern einzugreifen, auch wenn sich diese am Ende als unbescholten erweisen.
Ich möchte noch einmal für diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die vielleicht mit der Materie nicht so vertraut sind, darauf hinzuweisen, dass die Polizei zwei Ermittlungsschienen hat. Bei der einen handelt es sich um die Strafprozessordnung, die strafverfolgende Schiene mit der ständigen Zusammenarbeit mit der Justiz, und bei der anderen um das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz, die präventive Schiene mit einem sehr geringen Anteil der Justiz. Das ist eine enorme Machtfülle, die sich daraus für die Polizei ergibt, was ich durchaus positiv sehe, was man aber bei Gesetzesänderungen immer kritisch würdigen muss.
Wir müssen daher achtgeben, welche Möglichkeiten wir heute mit diesem Gesetz auf den Weg bringen wollen, und vor allem, was dies für Auswirkungen auf die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger, die unschuldig sind, in unserem Land besitzt.