Protokoll der Sitzung vom 07.10.2010

Ich will ganz kurz auf die Änderungsanträge eingehen, nicht auf diejenigen zu § 208 – das wird der Kollege Hüttner nachher im Rahmen der Diskussion zur Frage der Polizeidienstzeiten machen –, sondern zu den anderen Anträgen.

Die FDP hat im Zusammenhang mit dem Landesbeamtengesetz eine Entschließung eingebracht – heute oder gestern ist sie uns zugegangen, glaube ich –, die sich mit der Frage von Lebensarbeitszeitkonten beschäftigt. Dort sind fünf, sechs Punkte aufgeführt, über die man durchaus diskutieren kann, aber ich glaube, nicht heute kurz vor der Entscheidung über das Landesbeamtengesetz. Wir nehmen sie auf und werden uns im Zuge der weiteren Beratung – Beamtenrecht ist nichts Statisches, sondern entwickelt sich weiter – mit diesen Kriterien auseinandersetzen.

Wenn Sie Ihre Punkte einmal genauer ansehen, ist festzustellen, das sind nicht ganz leicht zu entscheidende Fragen, die dort eine Rolle spielen. Ich denke, von daher wollen wir nicht über einen Schnellschuss eine Entscheidung herbeiführen, erklären aber ausdrücklich, dass wir uns mit diesen Fragen beschäftigen werden.

Etwas anderes stellt der Entschließungsantrag der CDU dar, der uns heute zugegangen ist. Ich glaube, das Gesetz ist im April dieses Jahres eingebracht worden. Heute werden zwei Punkte eingebracht, einmal die Veränderung im Bereich der Möglichkeiten, die Ansprüche, die man erworben hat, mitzunehmen, wenn man in die Industrie wechselt.

Wir wissen doch gar nicht, welche finanziellen Auswirkungen das haben kann. Heute ist es so, wenn sie wechseln, werden sie nachversichert, natürlich auf einer anderen Basis.

Was steckt dahinter? Wenn ich jetzt nicht mehr von einer Nachversicherung, sondern von einem – Sie haben den Ausdruck genannt; ich habe es irgendwo aufgeschrieben –

(Henter, CDU: Altersgeld!)

Altersgeld rede, so ist zu fragen: Was bedeutet das überhaupt für das Land, wenn sie diesen Anspruch so mitnehmen?

Diese Auswirkungen kennen wir überhaupt noch nicht, sodass wir heute über eine solche Frage nicht entscheiden können.

Ich hätte erwartet, dass Sie diesen Punkt früher einbringen, dann hätte man sich vorher damit beschäftigen können, ohne Ja oder Nein zu sagen. Ich weiß nicht, zu welchem Ergebnis Baden-Württemberg gekommen ist oder was der Bundestagsausschuss, den Sie ebenfalls angesprochen haben, dazu entschieden hat. Deswegen meine ich, ist das ein bisschen zu kurzfristig, um solche Fragen heute hier bei der Schlussabstimmung zu besprechen.

(Beifall der SPD)

Der zweite Punkt, den Sie ansprechen, ist die Übergangsregelung. Dies ist auch insbesondere vom Beamtenbund im Rahmen der Anhörung angesprochen worden. Wenn ich eine grundsätzliche Veränderung in diesem Laufbahnrecht durchführen möchte, muss ich auch konsequent sein und darf nicht so tun, als könne es für die anderen so weitergehen. Wir haben die Übergangsfrist bis zum 1. Juli 2012 gesetzt. Kluge Verwaltungen – und davon gibt es sehr viele in Rheinland-Pfalz – werden sich gut überlegen, was sie in dieser Zeit bis zum 1. Juli 2012 noch machen. Wenn sie der Auffassung sind, dass Beamte in ihrem Bereich eigentlich befördert werden sollten, sollten sie es – bitte schön – aufgrund der bisherigen Kriterien auch tun. All diejenigen, bei denen es nicht geschieht, müssen sich dem neuen Recht unterwerfen. Das ist nun einmal so, weil es letztendlich auch zum Vorteil der Beamten ist. Man kann sich nicht nur die Rosinen herauspicken; das funktioniert nicht.

Ich denke, man muss konsequent sein, und diese Konsequenz legen wir mit unserem Gesetzesentwurf an den Tag. Wir haben bereits über diese Frage gesprochen, und wir bleiben bei der Regelung, wie sie nun im Gesetz vorgesehen ist, mit dem Stichtag 1. Juli 2012. Ich glaube, dies ist ein guter Weg, der auch klar für die Beamten ist. Sie wissen schon über einen längeren Zeitraum vorher, was ab dem 1. Juli 2012 im Bereich des Laufbahnrechts für sie gilt.

Insgesamt legen wir ein modernes Beamtenrecht vor, für das wir um Ihre Zustimmung bitten.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir begrüßen Gäste im Landtag, und zwar die Donaudeutsche Landsmannschaft sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer berufsvorbereitenden Maßnahme zur Erlangung des Hauptschulabschlusses am CJD Bildungszentrum in Bad Kreuznach. Seien Sie alle recht herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich erteile nun Herrn Kollegen Auler für die FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, bei uns allen ist unbestritten, dass wir durch die neuen Herausforderungen ein neues Dienstrecht brauchen. Insofern ist es auch begrüßenswert, dass die Landesregierung diesen Gesetzentwurf vorgelegt hat.

Wir haben als FDP-Fraktion so, wie man das von uns gewohnt ist, konstruktiv an diesem Gesetz mitgearbeitet. Es gibt vieles, was wir von vornherein mittragen können, aber natürlich gefällt uns nicht alles.

Was das Laufbahnrecht anbelangt, dürfte jedem klar sein, dass wir gerade in der Zukunft auch von denen, die zukünftig eingestellt werden, aber auch von denen, die sich schon jetzt im aktiven Dienst befinden, lebenslanges Lernen fordern müssen. Insofern ist es auch zu begrüßen, dass in diesem Gesetzentwurf eine Durchlässigkeit der Laufbahngruppen, verbunden mit den einzelnen Besoldungsgruppen zu verzeichnen ist. Das ist etwas, das gerade uns Liberalen sehr entgegenkommt; denn wir setzen sehr stark auf das Leistungsprinzip. Jemand, der 40 Jahre lang nur auf seinem Stuhl sitzen bleibt und sich nicht weiterbildet, soll nicht die Möglichkeit haben, so weit zu kommen, wie dies andere leistungsbereite und motivierte Kolleginnen und Kollegen in der Beamtenschaft können.

(Beifall der FDP)

Was wir vermissen, sind objektive Kriterien; denn wenn objektive Kriterien fehlen, besteht die Gefahr, dass zu sehr die subjektiven Kriterien herangezogen werden können, was natürlich zu einer ungerechten Behandlung innerhalb der Beamtenschaft führen kann. Ich denke aber, dass die Beamtenschaft insgesamt einen großen Nutzen von dem Entwurf des neuen Landesbeamtengesetzes haben wird.

Ein Punkt, den wir gern in das Gesetz aufgenommen hätten, sind Lebensarbeitszeitkonten. Wir haben einen Entschließungsantrag dazu gestellt. Herr Kollege Pörksen hat es soeben gesagt. Ein Lebensarbeitszeitkonto würde vielfältige Möglichkeiten bieten. Wir haben deshalb keinen Änderungsantrag, sondern einen Entschließungsantrag gestellt. Wir können aus der Opposition heraus nicht bis ins letzte Detail beurteilen, was die Einführung eines Lebensarbeitszeitkontos kostet, und haben deswegen einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem wir fordern, dass der Landtag beschließen soll, dass die Landesregierung eine Einführung des Lebensarbeitszeitkontos prüft, insbesondere im Hinblick auf Auswirkungen auf die Beamtenschaft und mit Blick auf die Kosten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte aber auch einmal aufzeigen, welche Vorteile ein Lebensarbeitszeitkonto bieten würde. Zwar wird im Bereich der Polizei oder des Justizvollzugsdienstes der Schichtdienst durch die Faktorisierung angerechnet, und wir haben in den letzten Jahren die sogenannte Fallbeilregelung erlebt. Wir werden in Zukunft – wenn auch in abgeschwächter Form – mehr Fallbeilregelungen bekommen. Bei einem Lebensarbeitszeitkonto jedoch könnte man sehr genau und punktuell, bezogen auf den jeweiligen Beamten oder

die jeweilige Beamtin, berechnen, was geleistet wurde. Hat also jemand sein Leben lang nur in seinem Büro gesessen, oder hat jemand Schichtdienst geleistet? – Insbesondere bei der Polizei wird sehr stark auf den Wechseldienst, aber auch auf eine Tätigkeit in der Hubschrauberstaffel, im mobilen Einsatzkommando oder im Spezialeinsatzkommando abgestellt.

Aber die Tätigkeiten aller anderen Kolleginnen und Kollegen im Polizeidienst, die beispielsweise in einer Mordkommission ihren Dienst tun, die in der Bereitschaftspolizei arbeiten oder bundesweit bei Demonstrationen für unseren Staat geradestehen müssen, werden nicht eingerechnet. Ähnliche Fälle gibt es im Justizvollzugsdienst, und man könnte versuchen, auch diese Fälle mit einzubeziehen. Ich bin sicher, es gibt noch viele weitere gleichgelagerte Fälle in anderen Laufbahngruppen, bei denen ein Lebensarbeitszeitkonto zur Anwendung kommen könnte.

Herr Kollege Pörksen, ich freue mich sehr, dass Sie angekündigt haben, dass man zumindest in der Folgezeit die Einführung eines Lebensarbeitszeitkontos prüfen wird. Ich freue mich, weil dies im Interesse und auch im Sinne der Gerechtigkeit für die Beamtenschaft sehr viel bringen würde.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Hüttner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD hat einen Änderungsantrag zum Landesbeamtengesetz eingebracht, der sich auf den Bereich der Polizei bezieht. Dabei geht es darum, die Altersgrenze erstmalig auf 62 Jahre herabzusetzen. Dies gilt für den noch vorhandenen mittleren Dienst, aber insbesondere auch für den gehobenen Dienst. Für den höheren Dienst soll die Altersgrenze um ein Jahr von derzeit 65 auf dann 64 Jahre reduziert werden. Darüber hinaus – das ist ein ganz wichtiger Punkt – soll eine Faktorisierung für diejenigen eingeführt werden, die Schichtdienst geleistet haben, um nicht nur eine Fallbeilregelung nach 25 Jahren zu haben und einen Bonus von drei Jahren zu erhalten. In einer Situation, in der ein Beamter 20 Schichtdienstjahre geleistet hat, kann er sich per anno jeweils vier Monate zusätzlich anrechnen lassen. Dies ist insoweit eine saubere Regelung, weil sie eine Differenzierung enthält.

Das Ganze ist nicht nur einfach so gemacht worden, sondern es fußt auf der Basis des Gutachtens von Herrn Professor Dr. Nachreiner, der sich mit der gesamten Thematik der Belastung in der Polizei beschäftigt hat. Er sagt, der Polizeidienst ist per se schon besonders belastend, aber der Schichtdienst ist noch einmal belastender.

Man muss jedoch auch sehen, was nicht in den Buchstaben des Gesetzes zu regeln ist oder geregelt wurde. Dies sind die weichen Faktoren, die auch dazugehören. Wenn Sie einmal in den Haushalt schauen, besteht die Möglichkeit, auch weiterhin 25 Personen einzustellen und damit das Kontingent zu erhöhen und Vorsorge für diejenigen zu treffen, die früher in den Ruhestand gehen, und um der allgemeinen Entwicklung Rechnung zu tragen.

Wir haben dieses. Das wird auch vom Innenministerium gut ausgeführt, aber es ist auch weiterzuführen. Es geht darum, dass diejenigen, die eingeschränkt dienstfähig sind, dann wieder in den normalen Dienst zurückgeführt werden können, oder solche Krankheiten erst gar nicht entstehen. Von wichtiger Bedeutung ist auch, die Evaluation soll erstens fortgesetzt werden, und zweitens soll eine individuelle Analyse stattfinden, weil nicht jeder Dienstposten mit dem anderen vergleichbar ist.

Hier richtet sich die Situation auch ein Stück weit auf das, was Herr Lammert gleich noch sagen wird, nämlich auf den Aspekt des höheren Dienstes. Das war nie Untersuchungsgegenstand von Professor Nachreiner gewesen. Deswegen ist es auch richtig, dass wir zunächst für alle nur ein Jahr machen.

Wenn man weiter analysiert, muss man weiter schauen, was dabei herauskommt. Es mag sein, dass es hier passt. Ich habe damals, als das Gesetz eingeführt wurde, schon gesagt, der Posten, den ich hatte, war nichts anderes als der eines Verwaltungsbeamten. So gibt es auch im höheren Dienst Leute, die man nicht mit anderen vergleichen kann. Deswegen bedarf es dieser individuellen Lösung und nicht einer pauschalen Abhandlung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, andere Länder haben heute die Regelung mit 62 Jahren. Was sie aber nicht haben, ist eine Faktorisierung. Mit dieser Änderung des SPD-Antrages wird die SPD eine Vorreiterrolle in Gesamtdeutschland einnehmen, was die Dienstaltersstrukturen bei der Polizei betrifft.

(Beifall bei der SPD)

Man muss in der ganzen Situation sehen, dass der übliche Rhythmus eines Polizeiarbeitslebens der ist, dass man zunächst viele Jahre im Schichtdienst verbringt. Der eine oder andere kommt früher heraus. Thomas Auler hat das sehr viel früher geschafft, als das bei mir der Fall war.

(Auler, FDP: Ich war so schlau!)

Sehr gut. Die meisten machen aber in der Tat in einem Bereich von 20 Jahren Schichtdienst. Das heißt, hier kommt eine unheimlich hohe Zahl in den Genuss eines Bonusses, der mit der Faktorisierung erzielt werden kann. Man muss den gesamten Kontext dieser Veränderungen auch unter dem Aspekt sehen, dass wir in anderen Bereichen eine Verrentung mit 67 wollen, auch wenn es stufenweise ist.

Man kann deswegen nicht hingehen und darüber hinaus noch unter die Grenze von 60 Jahren gehen, was insgesamt gefordert ist. Herr Lammert, bei allem, wo wir nicht

weit auseinanderliegen bzw. sehr nahe beieinander sind, wie immer das man auch sehen mag, muss man hier schon ein Stück weit sehen, dass man – vielleicht auch dem Wahlkampf geschuldet – etwas mehr verspricht, als es wirklich in Ordnung ist,

(Beifall bei der SPD)

frei nach dem Motto „Darf’s ein bisschen mehr sein“, wie es in der Metzgertaktik zu sehen ist. Es darf keinesfalls passieren, dass wir eine Reduzierung der Personalstärke bei der Polizei erhalten. Mit jeder weiteren Veränderung werden wir diese erhalten. Das können wir uns im Sinne der Sicherheit nicht erlauben.

(Beifall bei der SPD)

Die FDP hat in ihrem Entschließungsantrag die Belastung der individuellen Analyse noch einmal angesprochen. Ich habe davon geredet, dass das in die gleiche Richtung geht. Den Aspekt des Lebensarbeitszeitkontos sehe ich ein Stück weit anders. Ich befürchte, dass ein Lebensarbeitszeitkonto gerade bei der Polizei der gänzlich falsche Schritt wäre. Ich befürchte, bei der Polizei würde man dazu neigen – viele Kollegen haben dies heute –, man sammelt in jungen Jahren Stunden ohne Ende an und versucht dann, zu einem Zeitpunkt, der möglichst früh liegt, ob das mit 55 oder 57 Jahren oder wann auch immer ist, in den Ruhestand zu gehen.

Wir wissen aber alle, dass das von vornherein bedeutet, dass diese Personen unter einer enormen Belastung stehen. Diese enorme Belastung führt eher dazu, dass sie krank werden. Im Sinne davon, dass sie dann nicht mehr voll einsatzfähig wären, hätten wir überhaupt nichts davon. Deswegen ist es wichtiger, dass wir ein Gesundheitsmanagement betreiben, damit die Kollegen gesund älter werden und gesund in den Ruhestand gehen können und nicht mit einem Dienstzeitalterskonto viel früher in den Ruhestand gehen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)