Eigentlich ist es nur in Ausnahmefällen gestattet, dass die Landesregierung einen vorzeitigen Baubeginn ohne Bewilligung der Fördermittel durch das Land genehmigt. In Rheinland-Pfalz ist dies aber inzwischen zulasten der Kommunen, die vorfinanzieren müssen, gängige Praxis.
Beim Ausbau der U3-Betreuung beläuft sich der Gesamtbetrag der beantragten Förderung, Stand 2014, auf 27 Millionen Euro, ohne dass Rot-Grün dafür im Doppelhaushalt
bisher ausreichend Landesmittel zur Verfügung gestellt hätte. Dieser Fehler wird nun korrigiert. Mit den 25 Millionen Euro zusätzlich für Kita-Investitionen steht endlich das Geld im Haushalt, um die Investitionen zu bezahlen, für die der vorzeitige Baubeginn schon längst genehmigt wurde.
Stand 2014 gibt es bei 39 % des beantragten Fördervolumens einen vorzeitigen Baubeginn ohne Bewilligung der Förderung. Wenn das 25 % der beantragten Projekte und 39 % des beantragten Fördervolumens betrifft, kann man hier nicht mehr von einer Ausnahme reden.
Es gibt leider nicht nur das Thema Fehlerkorrektur. Mit dem Nachtragshaushalt macht die Landesregierung auch neue Fehler oder besser gesagt die immer gleichen altbekannten Fehler.
Das erste Beispiel: Für die Veranschlagung des Landesanteils des kommunalen Investitionsförderprogramms des Bundes wählt die Landesregierung die Form eines sogenannten Sondervermögens.
Begründet wird dies mit einer entsprechenden Verfahrensweise im Bund – sehr richtig, Herr Schweitzer. Diese Begründung ist allerdings fragwürdig; denn der Bundeshaushalt 2015 ist in Einnahmen und Ausgaben ohne Kreditaufnahme ausgeglichen.
Der Bund kann also echte freie Steuereinnahmen für die Errichtung eines Sondervermögens einsetzen, das Land Rheinland-Pfalz kann das nicht.
Wieder einmal wird bei bestehender Neuverschuldung ein sogenanntes Sondervermögen gebildet. Wie schon bei den anderen vermeintlichen Rücklagen setzt die Landesregierung Kreditermächtigungen ein, um das Sondervermögen zu füllen, Kreditermächtigungen, die für das laufende Haushaltsjahr 2015 verbucht werden, aber erst bei Bedarf an flüssigen Mitteln in späteren Jahren 2016, 2017 oder 2018 genutzt werden.
Die Landesregierung will sich also damit im Kern Luft verschaffen auf dem Weg zur Schuldenbremse. Die Landesregierung will in kommenden Jahren mehr Schulden machen können, als es ihr nach dem strukturellen Abbaupfad zustehen würde. Das passt ins Bild. Die Praxis ist aber finanzwirtschaftlich und rechtlich problematisch.
Noch ein altbekannter Fehler aus den rot-grünen Haushalten: Mangelnde Transparenz gleich an mehreren Stellen.
Erstes Beispiel: Als Steuereinnahmen werden in Kapitel 20 01 Titel 069 01 pauschale Steuermehreinnahmen von 37 Millionen Euro ausgewiesen. Diese werden ausdrücklich in der Erläuterung mit den Ergebnissen der Steuerschätzung vom Mai 2015 begründet.
Hier gibt es eine bemerkenswerte Diskrepanz zur Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir vom 27. Mai 2015 – Drucksache16/5091 –. Der 27. Mai 2015 ist noch nicht lange her. Dort werden die Steuermehreinnahmen gegenüber der Veranschlagung im Haushalt 2015 inklusive Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen mit 25 Millionen Euro statt mit 37 Millionen Euro
Mangelnde Transparenz, schlimmer noch. Frau Finanzministerin, heute haben Sie den Haushaltsansatz von 37 Millionen Euro namens der Landesregierung hier an diesem Pult gegenüber dem Parlament ganz anders erklärt. Sie haben heute die 37 Millionen Euro mit den Bundesmitteln aus Schäubles Milliarden-Programm für die Flüchtlinge erklärt.
Der Bund stellt für die Aufnahme der Flüchtlinge 1 Milliarde Euro mehr zur Verfügung. Rheinland-Pfalz bekommt davon 48 Millionen Euro,
Die Bundeshilfen für Flüchtlinge bleiben aber zum einen bei den textlichen Erläuterungen zu dem fraglichen Haushaltstitel gänzlich unerwähnt. Dort bezieht man sich auf die Steuerschätzung vom Mai 2015.
Frau Ahnen, zum anderen formulieren Sie heute hier, dass sich die Steuermehreinnahmen um 37 Millionen Euro erhöhen; denn – ich zitiere Sie wörtlich – „aus Vorsichtsgründen wurden nur drei Viertel der Mittel aus der Flüchtlingsmilliarde des Bundes veranschlagt.“
Lagen die Steuermehreinnahmen bei zusätzlichen 25 Millionen Euro, wie Sie es mir vor sechs Wochen auf meine Kleine Anfrage hin geantwortet haben, lagen die Steuermehreinnahmen bei zusätzlichen 37 Millionen Euro, wie es unter Kapitel 20 01, Titel 069 01 im Haushaltsplan nachzulesen ist, oder liegen die Steuermehreinnahmen bei 48 Millionen Euro oder bei drei Vierteln davon, jedenfalls dem Äquivalent des Landesanteils an der Flüchtlingsmilliarde, wie Sie es heute behaupten? Nur eines kann stimmen.
möchte ich bei der Flüchtlingsmilliarde auf eines hinweisen: Erst am 24. Juni 2015, einen Monat nach der MaiSteuerschätzung, wurde die Flüchtlingsmilliarde normiert.
Seither stehen die 48 Millionen Euro für Rheinland-Pfalz im Raum. Haben Sie diese Mittel bei der Haushaltsaufstellung berücksichtigt? Wo finden sie sich in den Titeln des Haushaltsplans wieder? Wo findet sich die Rechtsgrundlage, dass Sie gegebenenfalls nur drei Viertel davon veranschlagen können?
Noch eines: Das haben Sie vorhin so elegant erwähnt. Das sollte man noch einmal betonen. Die 48 Millionen Euro aus der Flüchtlingsmilliarde des Bundes werden nur zur Hälfte an die Kommunen weitergegeben.