Verbesserung und Entbürokratisierung wurden dem Berufsstand versprochen. Lassen Sie mich heute nach neun Monaten ein kleines Fazit ziehen.
Tatsächlich, die Aufzeichnungspflicht für mitarbeitende Familienangehörige, so wie ich es gefordert habe, wurde aufgehoben – wegweisende politische Entscheidungen. Der Berg kreißte und gebar noch nicht einmal eine Maus.
Nach wie vor verstrickt sich der Landwirt bei den Aufzeichnungen in dem Gewirr der Vorschriften zwischen Mindestlohngesetz auf der einen Seite und den Vorschriften des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages zur Regulierung der Mindestentgelte für Arbeitnehmer in der Landund Forstwirtschaft sowie im Gartenbau auf der anderen Seite.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vertritt die Auffassung, dass die dreijährige Dauer der Gültigkeit des Tarifvertrages Mindestentgelt sowie die Aufzeichnungspflichten nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz
gelten, somit also für alle Arbeitnehmer eine Aufzeichnungspflicht bestehe. Demgemäß müssten nach der Auffassung des Bundesministeriums beispielsweise auch für einen angestellten Verwalter mit einem Einkommen von über 4.000 Euro die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden aufgezeichnet werden.
Warum ist es nicht möglich, dass entsprechend den Regelungen in § 1 Abs. 3 Mindestlohngesetz während der Laufzeit des Tarifvertrages Mindestentgelt für Landwirtschaft und Gartenbau die Regelungen des Mindestlohngesetzes und nicht die des Arbeitnehmerentsendegesetzes zur Anwendung kommen?
Dies hätte außerdem den Vorteil, dass eine Anrechnung von Kost und Logis für Saisonarbeitskräfte möglich wäre und nicht das komplizierte Verfahren der Aufrechnung durchgeführt werden müsste.
Nach dem Mindestlohngesetz und dem Tarifvertrag Mindestentgelt ist der Mindestlohn spätestens Ende des Folgemonats auszuzahlen. Ausnahmen davon sind nur in Verbindung mit Tarifverträgen im Rahmen des § 2 zulässig. Diese Vorgaben führen in der Landwirtschaft zu Problemen, wenn in arbeitsintensiven Zeiten mehr Arbeitsstunden anfallen. Dies betrifft zum einen die Saisonarbeitskräfte, die ihrerseits nicht eine Auszahlung des Lohns im Folgemonat wünschen, sondern erst zum Ende des Beschäftigungszeitraumes, wenn es um die Rückreise in die Heimat geht.
Zum anderen betrifft es die fest angestellten Mitarbeiter mit einem jährlichen Arbeitszeitkonto. Bisher war die Arbeitszeit möglichst flexibel zu regeln. Bei gleichbleibendem monatlichen Lohn konnten arbeitsintensive Zeiten mit arbeitsschwachen Monaten abwechseln. Durch die Verpflichtung der Auszahlung des Mindestlohns zum Ende des Folgemonats kann dieses System nicht eingehalten werden. Die Fortsetzung des Arbeitszeitkontos ist für Festangestellte dringend notwendig, da ein kontinuierliches, über das Jahr verteiltes Arbeitsaufkommen in der Landwirtschaft realitätsfern ist.
Ansonsten droht den Arbeitnehmern die Winterarbeitslosigkeit, meine Damen und Herren. Der Abhängigkeit vom Wetter und dem Arbeiten mit verderblicher Ware muss auch im Hinblick auf den flexiblen Einsatz von Saisonarbeitskräften Rechnung getragen werden.
Im direkten Zusammenhang mit den Dokumentationspflichten stehen die damit zusammenhängenden Auswirkungen der strengen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes. Sie werden den besonderen Anforderungen der Landwirtschaft nicht gerecht. Im Koalitionsvertrag ist festgehalten – ich zitiere –:
„Wir werden das Gesetz im Dialog mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern aller Branchen, in denen der Mindestlohn
wirksam wird, erarbeiten und mögliche Probleme z.B. bei der Saisonarbeit, bei der Umsetzung berücksichtigen.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe Sie entführt in die wunderbare Welt der Nebenwirkungen des Mindestlohns, und ich gehe davon aus, dass Sie die Zusammenhänge leicht erkennen und einsehen, wie einfach es für einen Familienbetrieb doch ist, abends nach getaner Arbeit die paar Aufzeichnungen gesetzeskonform zu erledigen und sich auf den nächsten Arbeitstag zu freuen. Da beruhigt es einen doch, dass man die Politik an seiner Seite weiß.
„Wer als Arbeitgeber es nicht schafft, einen Stundenzettel ordentlich auszufüllen, ist entweder ein Gauner – oder schlichtweg zu doof.“
Trotz aller zeitraubenden Debatten und Zusagen kann ich sagen, wirksame Hilfe wurde keine geleistet. Vielleicht kommt Ihnen das Wort über die Lippen
ich komme zum Schluss –, wie schutzwürdig der landwirtschaftliche Familienbetrieb doch wäre; doch wenn er Hilfe braucht, lassen Sie ihn im Regen stehen. – So produziert man Politikverdrossenheit, so produziert man Sargnägel für den landwirtschaftlichen Familienbetrieb.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte mich wirklich auf eine schöne sozialpolitische Debatte über die Stabilität unseres Arbeitsmarktes gefreut und darüber, dass wir mehr sichere Arbeitsverhältnisse haben und dass seit der Einführung des Mindestlohns mehr Menschen in Deutschland von dem, was sie bekommen, auch leben können und ihre Familien ernähren können. Aber gerade eben hatte ich doch den Eindruck, dass der gestrige Parlamentarische Abend der Landwirtschaftskammer noch nicht vorbei ist.
Bei allem Verständnis dafür, dass man bei saison- und wetterabhängigen Berufsgruppen dafür sorgen muss, dass die Umsetzungsrichtlinien praktikabel sind, hätte ich doch von
der CDU, die immerhin den Mindestlohn nach viel Überzeugungsarbeit letztendlich mit beschlossen hat, erwartet, dass sie ein Fazit zieht, in dem deutlich wird, dass der Mindestlohn, den wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der SPD schon lange einfordern, ein Erfolg für Deutschland und auch ein Erfolg für den rheinland-pfälzischen Arbeitsmarkt ist und dass all diejenigen, die Gespenster an die Wand gemalt haben, einfach nur von der Realität Lügen gestraft worden sind. Ich glaube, es geht den Menschen in diesem Land nach der Einführung des Mindestlohns besser, als dies vorher der Fall war, und deswegen ist er auch ein großer Erfolg.
Herr Zehfuß, damit es ein Erfolg bleibt, muss man natürlich auch auf einzelne Situationen eingehen, und das wird auch gemacht. Dafür, dass für Berufsgruppen wie die Landwirtschaft manche Dinge auch alltagspraktikabler zu regeln sind, sind bereits Schritte unternommen worden, und ich denke, niemand wird sich weiteren konstruktiven Gesprächen dazu verweigern, wenn am Ende immer klar ist, dass der Mindestlohn von 8,50 Euro pro geleisteter Arbeitsstunde auch tatsächlich bei der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer ankommt. Dies gilt auch unabhängig davon, wer diese Arbeitnehmerin und wer dieser Arbeitnehmer ist.
Deswegen ist es meines Erachtens brandgefährlich, wenn der bereits zitierte Unsinnsprofessor aus München, der Chefideologe des Neoliberalismus in Deutschland, nun schon wieder anfängt, Ausnahmen zu fordern. Erinnern wir uns an die gestrige Debatte, in der wir alle gesagt haben, dass wir es in der Flüchtlingspolitik mit großen Herausforderungen zu tun haben. Wir haben aber auch alle übereinstimmend gesagt, wir wollen diesen Menschen eine Perspektive bieten und möchten ihnen, wenn sie bei uns bleiben können und wollen, auch Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Wir haben des Weiteren gesagt, wir haben eine sehr gute Stimmung in Deutschland, was die Flüchtlinge angeht, wenngleich wir nicht die Verhältnisse haben wie vor zwanzig Jahren.
Insoweit halte ich es auch gesellschaftlich für einen sehr schwierigen Vorschlag zu sagen, dass Flüchtlinge in Deutschland unterhalb eines Lohns von 8,50 Euro, also unterhalb des Mindestlohns, eine Beschäftigung finden sollen; denn diese Aussage suggeriert zum einen, dass die Arbeit, die die Flüchtlinge in Deutschland leisten, weniger wert ist als die Arbeit, die die Menschen leisten, die schon länger bei uns leben. Zum anderen ist eine solche Aussage aber auch ganz gefährlich für die Menschen, die sich immer noch auf Mindestlohnniveau oder knapp über dem Mindestlohn gerade so über Wasser halten können und plötzlich sehen, dass auf einmal Billigarbeitsplätze geschaffen werden extra für die Flüchtlinge, während sie selbst vielleicht Angst um ihren eigenen Arbeitsplatz haben. Ich finde, das ist sehr gefährlich für das gesellschaftliche Klima in der jetzigen Zeit, und wir sollten solche Vorschläge wieder ganz schnell in der Mottenkiste verschwinden lassen, meine Damen und Herren.
Ich glaube, wir müssen uns auch damit auseinandersetzen, dass der Mindestlohn nicht statisch ist. Aber ich glaube auch, angesichts der guten wirtschaftlichen Entwicklung und der stabilen Lage auf dem Arbeitsmarkt und natürlich auch angesichts der mit der wirtschaftlichen Entwicklung einhergehenden Preissteigerungen kann es nicht richtig sein, Ausnahmen nach unten zu formulieren, sondern die Frage ist: Können wir wirklich auf Dauer davon ausgehen, dass ein Stundenlohn von 8,50 Euro für einen Menschen wirklich ausreichend ist, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren? – Ich glaube, wir werden absehbar feststellen, dass das nicht der Fall ist. Ich glaube, wir müssen auch sehen, dass ein Mindestlohn tatsächlich eine Höhe haben muss, die seinen Namen wirklich verdient. Deswegen geht die Richtung in der Folgezeit mitnichten in Richtung von Ausnahmen nach unten, sondern ich glaube, wir bewegen uns eher auf die Frage zu, ob es nicht anstatt 8,50 Euro vielmehr 9 Euro oder gar 10 Euro sein müssten.
Ich halte es für eine vernünftige Debatte, damit das gilt, was wir immer mit dem Mindestlohn versprochen haben, dass jemand, der in Vollzeit arbeitet, sich und seine Familie damit auch ernähren kann.
Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem 1. Januar 2015 gilt bundesweit der flächendeckende allgemeine Mindestlohn. Auch heute, ein Dreivierteljahr später, lautet meine uneingeschränkte Bewertung: Das ist gut so.
Als Landesregierung sind wir der festen Überzeugung, dass jeder das Recht hat, von seiner Erwerbstätigkeit in Vollzeit auch leben zu können. Wir dürfen und können in einem reichen Land wie Deutschland keine Löhne von 6 oder 7 Euro pro Stunde akzeptieren. Solche Dumpinglöhne führen dazu, dass die Beschäftigten sowohl jetzt als auch im Alter auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Solche Dumpinglöhne spalten die Gesellschaft. Solche Dumpinglöhne führen zu Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung.
Daher hatte Malu Dreyer bereits in den Jahren 2007 und 2011 als Arbeitsministerin Bundesratsinitiativen zur Einführung eines Mindestlohns auf den Weg gebracht. Aber erst durch die aktuelle Große Koalition und vor allen Dingen die Beharrlichkeit unserer Bundesarbeitsministerin wurde es möglich, diesen auch umzusetzen.
Wir alle erinnern uns noch gut, wie im Vorfeld zur Einführung des Mindestlohns massive Arbeitsplatzverluste
prophezeit wurden. Bis zu 900.000 Arbeitsplätze sollten durch den Mindestlohn gefährdet sein. Aber bereits die erste Bilanz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im Juni 2015 zeigte, dass die Realität anders aussieht und der Mindestlohn kein Jobkiller ist.
Das gleiche Bild zeigt sich auch in Rheinland-Pfalz. Negative Auswirkungen auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit sind nicht zu erkennen. Ich möchte Ihnen das gerne auch mit einigen Zahlen und Fakten belegen.
So war bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Rheinland-Pfalz ein Zuwachs zu verzeichnen. Waren es im Juni 2014 noch rund 1.321.600 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, so sind es im Juni 2015 immerhin rund 1.343.000. Das bedeutet einen Anstieg innerhalb eines Jahres von 21.400.
Eine ähnlich positive Entwicklung hat auch die Arbeitslosenquote genommen. Im August 2014, als der Mindestlohn noch nicht gegolten hat, waren 117.967 RheinlandPfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer arbeitslos. Ein Jahr später, im August 2015 und mit geltendem Mindestlohn, ist die Zahl der Arbeitslosen um 3.457 auf 114.510 gesunken. Rheinland-Pfalz ist damit seit Jahren das Bundesland mit der drittniedrigsten Arbeitslosenquote.
Meine Damen und Herren, wenn es immer noch Skeptiker gibt, dann sollten Sie jetzt doch zumindest die Aufstockerzahlen überzeugen; denn in Bezug auf die Aufstocker kann für Rheinland-Pfalz festgestellt werden, dass im April 2014 noch 44.084 Menschen zu ihrem regulären Lohn zusätzlich noch Arbeitslosengeld II bezogen haben. Im April 2015 waren es nur noch 43.378. Auch hier ist ein Rückgang ersichtlich.