Solange aber der BGH diese Entscheidung gefasst hat, ist eine Exekutive, ist eine Landesregierung in einem Rechtsstaat an geltendes Recht gebunden. Das ist zumindest unsere Auffassung.
Ob der BGH das Ende der Fahnenstange ist oder nicht, kann und will ich nicht beurteilen. Fakt ist, dass es eine Rechtsprechung gibt, an die wir uns jetzt halten,
und zwar nicht, weil wir denken, das wäre ganz nett oder weil das auf irgendeinem Parteitag einmal beredet worden ist, sondern weil das in einem Rechtsstaat so ist.
Welche Möglichkeiten gibt es, eine andere Rechtsprechung des BGH herbeizuführen? – Ich glaube, ich habe es zweimal ausgeführt, indem man einen neuen Fall wieder vor den BGH bringt und hofft, dass der BGH dann seine Rechtsprechung ändert. Dann hätten wir eine andere Rechtslage und könnten uns an diese Rechtslage halten. Da es sie aber nicht gibt, würde ich vorschlagen, halten wir uns an die bestehende Rechtslage.
(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nils Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Guter Vorschlag!)
Meine Damen und Herren, die Anfrage ist beantwortet. Ich habe es vorhin schon angekündigt, dass ich die Liste schließe.
Durch Wiederholung des immer wieder gleichen Sachverhalts im anderen Gewand wird auch nicht mehr Erkenntnis geschaffen, meine Damen und Herren. In diesem Sinne: Sie dürfen. Die Fragestunde ist sowieso zu Ende.
Gibt es Anträge zur Geschäftsordnung? – Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich Punkt 11 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:
Mindestlohn in Rheinland-Pfalz: Stabiler Arbeitsmarkt, steigende Beschäftigung, sinkende Aufstockerzahlen auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 16/5611 –
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der DGB hat in der vergangenen Woche eine Zwischenbilanz des seit 1. Januar dieses Jahres geltenden gesetzlichen Mindestlohns gezogen. Ich denke, das ist ein guter Anlass, hier heute noch einmal deutlich zu machen, dass dieses Gesetz für die Bundesrepublik Deutschland und damit auch für Rheinland-Pfalz die größte sozialpolitische, aber auch wirtschaftspolitische oder volkswirtschaftliche Errungenschaft der letzten Jahrzehnte ist.
Letzteres wird von einigen ideologisch verhafteten Ökonomen immer noch vehement bestritten, aber die Zahlen zeigen sehr deutlich, dass der Mindestlohn einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der guten wirtschaftlichen Position Deutschlands leistet.
1. Herr Professor Sinn, zu dem ich hier nichts weiter sagen will, als dass ich ihm wünsche, dass auch er einmal einen Monat vom Mindestlohn leben muss, hat im letzten Jahr geunkt, dass der Mindestlohn 900.000 Arbeitsplätze kosten würde.
Schauen wir uns die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt an, kann man festhalten, nichts davon ist passiert.
Im Gegenteil, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist auf hohem Niveau und steigt weiter an. Bundesweit sind allein in den ersten vier Monaten des Jahres 216.000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs entstanden.
Nach den letzten Daten der Bundesagentur für Arbeit vom Juni 2015 hat die Zahl der sozialversicherungspflichtigen
Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz im Vergleich zum Vorjahresmonat um 21.500 zugenommen. Der Anstieg fand übrigens überproportional gerade in den Niedriglohnbereichen wie Gastronomie und Dienstleistungen statt.
Der Mindestlohn stärkt damit nicht nur die Einkommenssituation vieler Beschäftigter, sondern leistet einen Beitrag zur Stabilisierung der Sozialversicherungssysteme, genauso wie er zu höheren Steuereinnahmen und einer Steigerung der Binnennachfrage führt; denn wir wissen, dass gerade im Niedriglohnbereich der höhere Lohn direkt in den Konsum geht.
2. Ich mache gar keinen Hehl daraus, dass ich begrüße, dass gleichzeitig die Zahl der gewerblichen Minijobs zurückgegangen ist. Noch gibt es keine validen Zahlen, wie viele Minijobs in reguläre Teilzeit- oder Vollzeitstellen umgewandelt wurden, aber der Zusammenhang lässt sich nicht leugnen, vor allem weil wir wissen, dass gerade in den Bereichen, die ich vorhin schon genannt habe und in denen der Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung besonders hoch ist, bisher Minijob-Domänen waren.
Davon profitieren im Übrigen besonders Frauen, die dann zumindest ansatzweise – auch das haben wir hier sehr häufig diskutiert – nennenswerte Rentenansprüche erwerben.
3. In sozialpolitischer Hinsicht ist es äußerst begrüßenswert, dass die Zahl der Aufstocker, also der Menschen, die trotz Arbeit Arbeitslosengeld II beziehen, weiter rückläufig ist.
Ich sage Ihnen, das hat auch etwas mit Würde zu tun, wenn diese Menschen nicht mehr am Monatsende nach einem Monat harter Arbeit noch zum Amt gehen müssen, um ergänzende Leistungen zu beziehen.
Meine Damen und Herren, ja, auch die erste Aufregung über die Dokumentationspflichten, die wir Anfang des Jahres intensiv diskutiert haben, ist, nachdem das Bundesarbeitsministerium hier Vereinfachungen vorgenommen hat, deutlich zurückgegangen, und das sicherlich nicht zuletzt auch aufgrund der Mindestlohndialoge unserer Fraktion, an denen auch das Bundesarbeitsministerium beteiligt war.
Da, wo es noch Unklarheiten gibt, wie etwa bei der Frage, welche Vergütungsbestandteile bei der Berechnung des Stundenlohns berücksichtigt werden dürfen, bin ich mir sicher, dass auch hier relativ schnell praktikable Lösungen gefunden werden, die nicht dazu führen, dass der Mindestlohn ausgehöhlt wird.
Insgesamt lässt sich festhalten, der Mindestlohn ist in Deutschland angekommen und inzwischen selbstverständlich.
Leider gibt es immer noch einige Wenige, denen er ein Dorn im Auge ist und die immer noch jede Gelegenheit nutzen, ihn infrage zu stellen oder für bestimmte Gruppen Ausnahmen zu fordern, wie zuletzt wieder Herr Sinn oder
auch Herr Haseloff. Wer nicht weiß, wer das ist: Das ist der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Der hat Ausnahmen für Flüchtlinge gefordert.
Für uns steht jedenfalls fest, mit uns wird es keine weiteren Ausnahmen geben und schon gar nicht mit der Begründung, dass der Mindestlohn ein Hindernis für die Integration von Flüchtlingen darstellt. Wir werden und wollen keinen Mindestlohn erster und zweiter Klasse einführen.
Noch einmal: Der Mindestlohn wirkt. In Rheinland-Pfalz profitieren über 70.000 Menschen, 70.000, denen zumindest ein Stück mehr Wertschätzung für ihre Arbeit gegeben wird. Das ist sozial gerecht, stärkt die Wirtschaft und den Zusammenhalt im Land. Daran werden wir weiter arbeiten.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, einige Anmerkungen zum Mindestlohn aus landwirtschaftlicher Sicht zu machen.
Über die Nebenwirkungen der durch den Mindestlohn provozierten Arbeitsverhältnisse nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz wurde auch an dieser Stelle viel diskutiert. Die Sinnhaftigkeit dieser dazugehörigen Verantwortung will ich nicht mehr darlegen.
Verbesserung und Entbürokratisierung wurden dem Berufsstand versprochen. Lassen Sie mich heute nach neun Monaten ein kleines Fazit ziehen.