Protokoll der Sitzung vom 12.11.2015

(Christian Baldauf, CDU: Zum großen Teil nicht!)

Sie wissen ja, wie die Verbindungen da sind. Sie gehen dahin, diskutieren mit denen. Es ist bestimmt nicht falsch, mit Leuten zu diskutieren. Aber 1 : 1 das zu übernehmen, was die Lobbyisten da sagen, das ist gefährlich.

Das darf sich eine Volkspartei nicht leisten.

Man muss, wenn man mit Menschen diskutiert, überprüfen, welche Standpunkte diese Menschen haben und was ich selbst vertreten will, und nicht 1 : 1 den Standpunkt von Extremisten gegen Windkraft hier hineintragen in den Landtag und damit die eigenen Leute bei der CDU, aber auch alle anderen, verprellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das ist keine zuverlässige Politik, das ist keine Politik, die auf Zukunft setzt, das ist eine Politik, die im Moment darauf setzt, vor Ort zu eskalieren und die Diskussion der Verunsicherung weiter zu betreiben. Ich glaube, das ist keine Politik, die sich eine Partei, die in Rheinland-Pfalz denkt, gefestigt zu sein, leisten kann, meine Damen und Herren.

Wir diskutieren ebenso mit den gleichen Menschen, wir diskutieren natürlich auch mit Windkraftgegnern, aber wir überlegen doch, was wichtig und richtig ist, um die erneuerbaren Energien auszubauen, und nicht, was wir tun können, um hier möglichst extreme Positionen zu vertreten und Fortschritt zu verhindern, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wir haben – deswegen freue ich mich, dass wir heute die Debatte über den Klimaschutz führen konnten – viele Aufgaben vor uns jetzt auch für Paris. Ich glaube, wir sind alle aufgerufen – beim Klimapilgern habe ich niemanden von der CDU gesehen; ich dachte, Pilgern wäre mehr so Ihre

Sache –, an Aktionen teilzunehmen und nach außen klar zu machen, dass man in Paris Ziele erreichen will, die für Deutschland sinnvoll sind, die für die deutsche Wirtschaft sinnvoll sind, die für Europa sinnvoll sind, die aber insgesamt für die Welt eine bessere Zukunft schaffen, die lebbar ist.

Ich habe das am Anfang gesagt, im Moment gehen wir auf eine Zukunft zu, die so nicht lebbar sein kann, die Flüchtlingsströme erzeugen wird, die Hunger erzeugt in dieser Welt und die vor allem den ärmsten Ländern schadet, glaube ich.

Allein deswegen, weil es eine humanitäre Verantwortung ist, müssen wir den Klimaschutz ernst nehmen, müssen wir Klimaschutz betreiben, müssen wir hoffen, dass Paris ein guter Anfang ist für den Klimaschutz in der Welt.

Die verantwortlichen Menschen aus China, aus den USA und Indien etc., die zum ersten Mal mit dabei sind, Klimaschutz ernst zu nehmen und zu betreiben, zeigen uns, dass eine Wendung möglich ist. Deswegen müssen wir alle gemeinsam – das muss das Zeichen, das von Parlamenten ausgeht, sein – Klimaschutz betreiben und in Paris entsprechend agieren, auch die Kanzlerin. Es wäre schön, wenn Sie die Botschaft an die Kanzlerin weiterbringen könnten.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Damit ist der Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

Ich rufe auf Punkt 14 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes und weiterer Gesetze Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5797 – Erste Beratung

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart.

Zunächst erfolgt die Begründung durch ein Mitglied der Landesregierung. Frau Ministerin Alt, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aufnahme, die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge ist die entscheidende Aufgabe unseres Jahrzehnts. Sowohl für das Land als auch für die Kommunen stellt der verstärkte Zuzug von Menschen aus Krisengebieten, vor allem aus dem Bürgerkriegsland Syrien, eine große Herausforderung dar. Land und Kommunen stehen hier Seite an Seite und ziehen an einem Strang. Der vorliegende Gesetzentwurf zeigt dies deutlich.

Die Grundlage für den vorliegenden Gesetzentwurf hat das Land zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden am 5. November erarbeitet. Der große Anstieg der Flüchtlingszahlen ist in dem Gesetzentwurf durch eine erhebliche Besserstellung der Kommunen angemessen berücksichtigt.

Ab dem 1. Januar 2016 leistet das Land den Kommunen eine Pauschale in Höhe von 848 Euro pro Monat und Asylbegehrenden so lange, bis der Erstbescheid im Rahmen des Asylverfahrens durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ergeht. Damit erhöht sich die Erstattungspauschale von 513 Euro um zusätzliche 335 Euro pro Monat.

Zusätzlich erhalten die Kommunen ab 2016 jährlich weitere 35 Millionen Euro. Diese Gelder dienen insbesondere der Unterbringung und der Versorgung von Asylbegehrenden und Geduldeten.

Des Weiteren erhalten die Kommunen im Haushaltsjahr 2015 noch einmal weitere 68 Millionen Euro. Davon werden 44 Millionen Euro als Abschlag für das Jahr 2016 gezahlt, und mit den restlichen 44 Millionen Euro beteiligt sich das Land pauschal an den Aufwendungen des Jahres 2015. Dies versteht sich als gerechte Anerkennung der Kosten für die Kommunen im Zuge der unvorhergesehenen Entwicklungen im Jahr 2015.

Das Land hat zudem auf die eigentlich gesetzlich vorgesehene Absenkung der Erstattungspauschalen ab dem 1. März 2015 verzichtet, was allein für dieses Jahr eine Besserstellung der Kommunen um rund 2,5 Millionen Euro bedeutet. Sie sehen also, das Land unterstützt die Kommunen, wo immer es kann.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf Anpassungen an aktuelle Änderungen des Bundesrechts, insbesondere mit Blick auf das Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015. Die Anpassungen stellen unter anderem sicher, dass die bundesgesetzlich neu geregelte Versorgung und Verteilung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Land Rheinland-Pfalz reibungslos umgesetzt werden kann. Der Schutz der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge ist der Landesregierung ein ganz besonderes Anliegen.

Neben der Änderung des Landesaufnahmegesetzes sieht Artikel 2 des Gesetzentwurfs auch eine Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes vor. Hintergrund ist, dass sich aktuell auch ehemalige rheinland-pfälzische Landesbeamtinnen und -beamte im Flüchtlingsbereich engagieren. Sie helfen etwa in den Erstaufnahmeeinrichtungen und reihen sich damit ein in die Welle der Hilfsbereitschaft, wie sie unser Land seit Langem nicht gesehen hat.

Ich freue mich sehr, dass so viele Menschen sich dieser großen Aufgabe unseres Jahrzehnts annehmen.

Ich möchte schließen mit einem Dank an all diejenigen, die sich seit Wochen und Monaten haupt- und ehrenamtlich für die Flüchtlinge einsetzen und mit den Flüchtlingen arbeiten.

Man kann hier wirklich sagen, unsere Gesellschaft leistet derzeit Großartiges, Rheinland-Pfalz leistet Großartiges, aber vor allem die Bürgerinnen und Bürger aus RheinlandPfalz leisten Großartiges für die Menschen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dieser Einsatz für hilfebedürftige Menschen sollte uns auch weiterhin Ansporn sein. Ich danke von ganzem Herzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Kessel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrte Frau Ministerin! Der Entwurf des Landesgesetzes zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes und weiterer Gesetze ist ein erster Schritt in die von der CDU geforderte Richtung zur besseren Finanzausstattung der Kommunen bei der Flüchtlingshilfe.

Wir freuen uns, dass sich die Landesregierung in der Frage der Kostenübernahme für die Flüchtlingsunterbringung, -betreuung und -versorgung dem gemeinsamen Druck vonseiten der kommunalen Spitzenverbände, der Medien und der Opposition gebeugt hat.

(Marlies Kohnle-Gros, CDU: Nachdem der Bund das Geld schickt!)

Ob diese späte Einsicht der bevorstehenden Landtagswahl geschuldet ist oder echter Vernunft entspringt, sei dahingestellt. Auf jeden Fall ist es ein Schritt in die richtige Richtung, wenngleich aus unserer Sicht immer noch zu wenig.

Auch kann der plötzliche Gesinnungswandel nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Landesregierung es von Anfang an versäumt hat, die Kommunen bei der Flüchtlingsbetreuung finanziell angemessen zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Der ursprünglich vom Land pro Flüchtling entrichtete Betrag von 513 Euro war und ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Er deckte nicht einmal die Hälfte der tatsächlichen Kosten ab, mit dem Resultat, dass die Schulden der Kommunen weiter in die Höhe getrieben wurden.

Als der Bund dann zusätzliche Gelder zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern für die Kommunen in Höhe von 670 Euro je Flüchtling bewilligt hat, wollte das Land im Gegenzug die eigene Unterstützung streichen und den Kommunen nur den vom Bund zugesicherten Betrag auszahlen.

Demgegenüber hat die CDU-Landtagsfraktion gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden gefordert, den Landesbeitrag beizubehalten und die Bundesmittel zusätzlich ungeschmälert an die Kommunen weiterzugeben.

(Beifall bei der CDU – Nils Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, ja!)

Das zusammengenommen würde in etwa die Kosten abdecken, die die kommunalen Spitzenverbände pro Flüchtling berechnet hatten, nämlich im Schnitt ca. 1.150 Euro.

Viel zu lange hat sich die Landesregierung geweigert, die Kosten für die hoch verschuldeten Städte, Gemeinden und Kreise insgesamt zu übernehmen, und hat dadurch die Verantwortungsträger vor Ort im Regen stehen lassen.

Statt schnell zu helfen, hat das Land weiter auf Zeit gespielt, während den Kommunen die Kosten davonliefen. Allein 2015 haben diese eine Unterdeckung von weit über 50 Millionen Euro durch die Belastung aus Aufnahme, Unterbringung, Versorgung, Sprachförderung und Betreuung von Flüchtlingen zu verzeichnen, Tendenz weiter steigend.

Eine solche Haltung gegenüber den Kommunen ist symptomatisch für diese Landesregierung. Wie bei den Kitas, bei der Inklusion und beim U3-Ausbau zeigt sich auch bei der Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge ein unzureichendes Engagement des Landes, das den Kommunen immer mehr Aufgaben aufbürdet, diese aber mit den Folgeanstrengungen nahezu alleine lässt.

Das monatelange Feilschen um jeden Euro bei einer solch zentralen Angelegenheit wirft ein bezeichnendes Licht auf diese Landesregierung, die den Kommunen viel zumutet, aber selbst nur wenig gibt. Konnexität? – Fehlanzeige.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Carsten Pörksen, SPD)

Meine Damen und Herren, das zeugt nicht gerade von hohem Verantwortungsbewusstsein und gelebter Solidarität.