Protokoll der Sitzung vom 12.11.2015

Sehr geehrte Damen und Herren, über solche Entscheidungsprozesse und so viel Nähe zu Entscheidungsträgern würde sich manch andere Firma und Organisation in Rheinland-Pfalz freuen.

(Beifall der CDU)

Die ESF-Verwaltungsbehörde lässt sich von Experten beraten, die sich zufälligerweise dann auch gleich wieder für andere Dienstleistungen bzw. Projekte empfehlen. Die CDU-Fraktion ist der Meinung, Arbeitsmarktpolitik und Landesmodellprojekte dürfen kein Freibrief für unsaubere Praktiken sein.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben uns, um diese ganze Vergabe- und Zuwendungspraxis besser nachvollziehen zu können, exemplarisch ein Projekt herausgegriffen und abgefragt in der zweiten Großen Anfrage, die zur Aussprache steht. Es geht um den QualiScheck, die Weiterbildung für bereits Berufstätige. Diese erhalten maximal 500 Euro pro Jahr für eine entsprechende Weiterbildung.

Um die Vergabe genau dieser Hotline, die mit dieser Beratung beauftragt wurde, geht es. Der QualiScheck in Rheinland-Pfalz war erst von 2009 an für zweieinhalb Jahre ein Landesmodellprojekt, dann ab Mitte 2012 ESFgefördert. Schneider war mit beiden Firmen beteiligt, einmal mit der RAT GmbH, die extra dafür gegründet wurde, und anschließend mit der sogenannten Landesberatungsstelle.

Am 31. Dezember 2008 gründete ein Geschäftsführer von Schneider Organisationsberatung die sogenannte RAT GmbH und das nur für den Zweck, diesen QualiScheck

umzusetzen. Alles geht rasend schnell, Projektantrag, Prüfung, Genehmigung durch das Ministerium.

Schon am 16. Februar 2009, also nur eineinhalb Monate später, startet das Projekt, umgesetzt von dieser wenige Wochen jungen RAT GmbH. Das ist wirklich eine Besonderheit. Von solchen Bedingungen und Sicherheiten können andere Start-up-Unternehmen nur träumen, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Im August 2012 wird dieses Projekt allerdings in die ESFFörderung überführt. Die Firma RAT GmbH ist damit fertig mit diesem Projekt und wird auch eingestellt. Nun übernimmt das Landesamt den QualiScheck und die Weiterleitung der Mittel, aber nicht die telefonische Beratung. Diese Telefonhotline will man extra vergeben oder jemand anderen beauftragen.

Für die ist plötzlich – vielleicht ahnen Sie es bereits – dann doch Schneider Organisationsberatung, also die andere Schneider-Firma, zuständig. Sie erhält bereits im Juni 2012 – ich habe vorhin gesagt, im August 2012 wurde es in die ESF-Förderung überführt –, also schon zwei Monate vorher, den Auftrag, diese Hotline zu machen. Erst mündlich und dann im Dezember 2012 – da läuft sie schon eine Weile – schriftlich. Auftragswert knapp 212.000 Euro.

Die Landesregierung sagt selbst, es handelt sich bei der Hotline ganz klar um eine Dienstleistung. Ausgeschrieben wird sie nicht, stattdessen freihändig vergeben. Kommunalpolitiker wissen, auch da muss man eigentlich Vergleichsangebote einholen. Das macht die Landesregierung nicht.

Nach der Auswertung der Großen Anfrage besteht nach wie vor, auch nach dem, was wir heute in den Medien gelesen haben, der Verdacht von Rechtsverletzung durch das Sozialministerium.

(Beifall der CDU)

Das Vergaberecht oder auch das Haushaltsrecht wurde hier mit Füßen getreten, erst recht, wenn man sich die Begründung des Ministeriums durchliest. Sie selbst sagen, sie brauchten keine Vergleichsangebote einzuholen, weil es eine Nachbestellung war, eine geringfügige Nachbestellung.

Sehr geehrte Damen und Herren, das halten wir für schwer nachvollziehbar, aber hierzu weiter in der zweiten Runde.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Dr. Machalet das Wort.

Sie können eine zweite Runde machen, Sie haben ja noch Redezeit.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat sportlich die Redezeitverkürzung.

Die CDU hat, nachdem wir im letzten Jahr fachlich intensiv über den gesamten Themenkomplex beraten haben, erneut den Umgang mit den Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds, dem wichtigsten arbeitsmarktpolitischen Förderinstrumentarium nicht nur in Rheinland-Pfalz, auf die Tagesordnung gesetzt.

Die Antwort auf die Große Anfrage, Ihre zweite nach sechs Kleinen Anfragen im Jahr 2013, lässt allerdings keinen anderen Schluss zu, als dass Ihre Vermutungen und Vorwürfe, die Sie vorhin wieder hier vorgetragen haben, jeglicher sachlicher Grundlage entbehren.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben im Übrigen auch bereits die beiden Ausschusssitzungen im letzten Jahr, am 30. September und am 6. November, für die Sie die Ministerpräsidentin in den Ausschuss zitiert haben, mehr als deutlich gemacht. Auf ca. 80 Seiten Protokoll kann man das alles nachlesen.

Liebe Kollegin Thelen, Wiederholungen sind formal zulässig, ob der Erkenntnisgewinn dadurch gesteigert werden kann, ist allerdings fraglich.

Der ESF ist das bedeutendste arbeitsmarktpolitische Instrument der EU und inzwischen auch der Bundesländer, und der ESF leistet einen erheblichen Beitrag zur guten Arbeitsmarktsituation hier in Rheinland-Pfalz, über die wir heute Morgen gesprochen haben.

In der letzten Förderperiode 2007 bis 2013 standen 114 Millionen Euro zur Verfügung, in der laufenden Förderperiode sind es 109 Millionen Euro, die als Kofinanzierungsmittel in die Arbeitsmarktförderung gehen.

Ziel des ESF – um das noch einmal darzustellen –, so beschreibt es die EU, ist, einen Beitrag zur Steigerung der Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Beschäftigten, der Verbesserung des Humanvermögens sowie der Verbesserung der Arbeitsmarktchancen und der Integration benachteiligter Personen zu leisten. Grundlage für die Umsetzung und die Projektförderung ist das sogenannte operationelle Programm der EU, das für die Förderperiode 2014 bis 2020 Kernziele definiert, unter anderem die Steigerung der Beschäftigungsquote der 20bis 64-Jährigen auf 75 % oder auch die Reduzierung der Schulabbrecherquote.

Das Land entwickelt auf dieser Basis einen Kriterienkatalog, nach dem Projektträger eine Förderung beantragen können. Derzeit läuft gerade das Aufrufverfahren für das nächste Jahr.

Das alles sowie sämtliche Verordnungen und Rechtsgrundlagen lassen sich ganz transparent auf der Homepage esf.rlp.de nachlesen. Ich gehe davon aus, dass Sie das auch getan haben.

Das ist deswegen noch einmal wichtig zu erläutern, weil

Sie in Teil III Ihrer Anfrage auf die Entscheidungen über ESF-Projektanmeldungen im ESF-Auswahlgremium eingehen. Auch das war intensiver Beratungsgegenstand. Die fachlich zuständigen Mitarbeiter im Ministerium und im Landesamt haben Ihnen das im Ausschuss sehr umfangreich und wiederholt erläutert.

Es ist, wie gesagt, Ihr gutes Recht, sich das alles noch einmal in einer Großen Anfrage erklären zu lassen.

Sie erheben den Vorwurf, dass eine Leistung hätte ausgeschrieben werden müssen, die nicht ausgeschrieben wurde, sondern als Nachbestellung vergeben wurde. Auch zu dieser Frage hat das Ministerium in der Großen Anfrage umfassend Stellung genommen.

Konkret geht es – wie Frau Thelen geschildert hat – um die Vergabe der Servicestelle QualiScheck, einer Telefonhotline, die Personen zu einem Förderansatz beraten sollte, der Individualförderung beruflicher Weiterbildung zum Gegenstand hat.

Mit Verlaub, wir können gern darüber diskutieren und philosophieren, wann was wo eine Nachbestellung ist. Darüber gibt es unterschiedliche juristische Auffassungen, wie wir der Presse entnehmen konnten.

Sie haben auf die Schnelle versucht, einen Juristen ausfindig zu machen, der Ihnen Ihre Auslegung bestätigt. Dumm nur, dass Sie nur jemanden gefunden haben, der ein ausgewiesener CDU-Aktivist und kein ausgewiesener Experte ist.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU – Hans-Josef Bracht, CDU: Was ist denn das für eine Argumentation? Wenn man bei der CDU ist, hat man keine Ahnung, oder wie? Frechheit!)

Ein unabhängiger Experte kommt heute in der Tageszeitung „Allgemeine Zeitung“ zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Vergabe wohl um keinen Verstoß handelt.

Lassen Sie mich zum Thema Schneider Organisationsberatung noch ein paar Worte sagen. Die haben Sie als Ausgangspunkt all Ihrer Fragen genommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Motiv beim Thema Schneider Organisationsberatung, das hinter all Ihren Ausführungen steht, ist sehr leicht zu durchschauen.

Schneider hat von Beginn an gute Arbeit geleistet und die Projektträger vor Ort intensiv, umfassend und extrem kompetent beraten.

Ich möchte noch einen Hinweis dazu geben. Die Fehlerquote bei der ESF-Förderung liegt derzeit in RheinlandPfalz bei 1,04 %. Davon können andere Bundesländer wirklich nur träumen. Auch dies hat etwas mit kompetenter Beratung durch Schneider zu tun.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glocke des Präsidenten – Zurufe von der CDU)

Im Übrigen wurde eine turnusgemäß angesetzte Prüfung im letzten Jahr von der EU abgesagt, weil das Verfahren in Rheinland-Pfalz so besonders gut läuft, dass die EU eine Prüfung nicht als notwendig erachtet hat.

(Glocke des Präsidenten – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Ich lade Sie ein: Lassen Sie uns doch einmal intensiv darüber diskutieren und darüber nachdenken, wie wir dieses komplette ESF-Verfahren vielleicht entbürokratisieren können.

Frau Dr. Machalet, Ihre Redezeit ist überschritten.

Das würde den Menschen in Rheinland-Pfalz wirklich dienen.