Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

im Einzelplan 07 haben sich zum Ziel gesetzt – ich denke, das wird mit dem vorliegenden Haushalt deutlich –, dass es gilt, den Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen, den Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Gesellschaft, den Frauen, den Familien, den Kindern, den jungen Menschen auch ein großes Stück mehr Gerechtigkeit zu geben und zuteil werden zu lassen.

Dieses Ministerium hat es sich zum Ziel gesetzt, die Teilhabechancen von Kindern, Familien, jungen Menschen, aber auch Frauen zu verbessern und Diskriminierungen und Benachteiligungen abzubauen. Ich denke, das ist ein wichtiges Ziel. Da möchte ich Ministerin Irene Alt, Staatssekretärin Margit Gottstein, den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem Ministerium, aber auch in allen anderen Bereichen des Landes, die genau mit diesem Ziel arbeiten, herzlich danken. Ich möchte auch den Erzieherinnen und Erziehern an den Kindertagesstätten hier in Rheinland-Pfalz danken, weil ich denke, es ist ein wichtiges Ziel, das hier verfolgt wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und de SPD)

Meine Damen und Herren, von meinen Vorrednerinnen wurde schon angesprochen, die Integrations- und die Flüchtlingspolitik – insbesondere die Flüchtlingspolitik – bilden einen großen Schwerpunkt des vorliegenden Haushalts. Das tut es natürlich völlig zu Recht. Wenn wir uns die Zahlen noch einmal vor Augen halten, dass wir 2011 mit einer Erstaufnahmeeinrichtung in Trier gestartet sind, die eine Kapazität von 700 Plätzen hatte, und jetzt etwa 30 Erstaufnahmeeinrichtungen bzw. Außenstellen davon im ganzen Land mit etwa 16.000 Plätzen haben – und der Ausbau geht weiter voran –, dann zeigt das einfach, welche Dimension und welchen Raum dieses Thema eingenommen hat.

Ich glaube, ein wichtiger Punkt ist sicherlich, dass wir die Menschen, die zu uns nach Rheinland-Pfalz kommen, hier gut aufnehmen können. Aber ein weiterer Punkt – das möchte ich betonen – ist, dass die Menschen hier auch eine gute Chance auf Integration in dieser Gesellschaft erfahren, eine gute Chance auf Teilhabemöglichkeiten in dieser Gesellschaft erfahren. Auch das spiegelt sich im vorliegenden Haushaltsentwurf wider, meine Damen und Herren.

Integration ist für uns eine ganz wichtige Zukunftsherausforderung. Integration darf nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Ich möchte vor allen Dingen zwei Punkte bzw. zwei Fehler aufzählen, die die Integrationspolitik nicht machen darf. Zum einen denke ich, wir haben damals, als die vielen Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter zu uns kamen, auch gelernt. Es wurden auch Fehler gemacht. Man hatte lange Zeit, viel zu lange, die Schere im Kopf nach dem Motto: Die gehen ja dann auch bald wieder.

Das war falsch. Man hätte von vornherein diese Gruppe als Menschen empfangen müssen, die hier Wurzeln schlagen, eine neue Heimat aufbauen und eine neue Heimat finden und damit ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft sind. Diesen Fehler dürfen wir jetzt in unseren Integrationsbemühungen nicht wiederholen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ein anderer Punkt ist aber auch die Frage, wie ein gutes Integrationskonzept aussehen kann. Da ist meines Erachtens ein weiterer Fehler zu meinen, dass man Integration per Anordnung unter Zwang mit dem Holzhammer verordnen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist unseres Erachtens nicht zielführend. Das ist auch nicht das, was mit dem Integrationskonzept, das das Integrationsministerium vorgelegt hat, beabsichtigt wird. Es wird nicht funktionieren, diesen Menschen unter Zwang anzudrohen, dass sie sich gefälligst zu integrieren haben, sondern Integration ist ein Prozess. Es ist etwas, was nicht über Nacht geschehen kann, was Anstrengungen von allen Seiten bedarf.

Wenn man mit den Menschen, die hier zu uns nach Rheinland-Pfalz kommen, im Gespräch ist, wenn man ihnen die Hand reicht, dann stellt man vor allen Dingen eines fest: Diese Menschen sind hoch motiviert, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Sie sind hoch motiviert, Sprachkurse zu besuchen, hier arbeiten zu können, hier Wurzeln schlagen zu können, dass ihre Kinder in die Kindertagesstätten und in die Schulen gehen können, eine Ausbildung ergreifen können und sie hier eine neue Heimat finden können. Wir als Politik müssen dafür die Rahmenbedingungen schaffen, damit es möglich ist, dass diese Menschen hier eine neue Heimat finden; denn es ist genug Heimat für alle da an dieser Stelle.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Es wurde schon das Landesaufnahmegesetz angesprochen. Sicherlich kosten die Bemühungen der Aufnahme und der Integration von Flüchtlingen und Asylbewerberinnen und -bewerbern Geld. Das kostet alle politischen Ebenen Geld. Ich glaube, dass eine sehr gute Einigung mit den kommunalen Spitzenverbänden gefunden wurde, die sich auch im Landesaufnahmegesetz niederschlägt. Ich finde es gut, dass wir hier mit großer Einigkeit auch diesen Schritt im Parlament vollziehen werden zu sagen, ja, wir wollen die Kommunen mit 848 Euro pro Monat bei der Herausforderung der Unterkunft für die Flüchtlinge unterstützen.

Ich glaube aber, dass wir gerade im Bereich der Integration und im Bereich der Flüchtlinge nicht nachlassen dürfen mit unseren Bemühungen. Auch das schlägt sich im Haushalt nieder. Wir ziehen es durch die ganzen verschiedenen Bereiche durch. Wer die Plenardebatten in den letzten Stunden und gestern in den anderen Einzelplänen verfolgt hat, es zieht sich ja wie ein roter Faden auch durch die andere Ministerien. Wir sind davon überzeugt, dass uns Integration nur dann gelingen kann, wenn sich die Integrationsbemühungen wie ein roter Faden mit vielen verschiedenen einzelnen Maßnahmen und Programmen durch die Einzelpläne ziehen: im Bereich des Arbeitsmarktes, im Bereich der Sozialpolitik, im Bereich der Gesundheitspolitik, im Bereich der sozialen Wohnraumförderung usw.

Ich glaube, dass dies eine große Herausforderung ist, die wir aber sehr gut angegangen sind und die mit den einzel

nen Deckblättern, die jetzt noch zusätzlich auf den Weg gebracht wurden, einen sehr guten Boden bereiten, um diese Integrationsmaßnahmen wirklich gewinnbringend für alle Menschen in dieser Gesellschaft umsetzen zu können, meine Damen und Herren.

Ich möchte gern einen Satz zu dem sagen, was gestern und heute angesprochen wurde. Es ist leider auch die Schattenseite von Menschen, die versuchen, auf dem Rücken der Flüchtlinge rechtspopulistische und rechtsextremistische Politik zu betreiben. Wir müssen diesen antimoralischen Potenzen hemmend entgegentreten.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das habe ich mir nicht selbst ausgedacht, das ist von Schopenhauer. Wir müssen diesen antimoralischen Potenzen ganz klar entgegentreten. Ich glaube, gerade an dieser Stelle zeigt sich, dass das, was wir hier mit dem Integrationskonzept vorlegen, schlüssig ist; denn wie genau können wir das tun.

Wir können es tun, indem diese Menschen ein selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft werden, indem die Flüchtlingskinder selbstverständlich in die Kindertagesstätten und in die Schulen kommen. In dem Moment, in dem junge Menschen auch ganz selbstverständlich mit den jungen Flüchtlingen zu tun haben, stellen sie fest – das erfahre ich in meiner Arbeit immer wieder –, es sind Menschen wie du und ich. Das baut die Scheren im Kopf ab. Deswegen sind die Maßnahmen, die wir vorlegen, an dieser Stelle auch so wichtig.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Lassen Sie mich aber auch zu einem anderen Thema sprechen, das mir persönlich ein wichtiges Anliegen ist. Da möchte ich meinen beiden Vorrednerinnen recht geben. Nicht nur die Arbeit im Integrationsausschuss ist von Sachlichkeit, Konstruktivität und guter Zusammenarbeit über alle Fraktionen hinweg geprägt, auch die Arbeit im Frauenausschuss ist hiervon geprägt, was mich ganz besonders freut; denn – man darf sich da nichts vormachen – ich glaube, bis zum Erreichen der vollständigen Gleichberechtigung von Mann und Frau ist es noch ein wahrlich weiter Weg, und es ist ein gesellschaftspolitisches Armutszeugnis, dass wir immer noch so viel Gewalt gegen Frauen und Kinder in dieser Gesellschaft haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und CDU)

Es ist ein gesellschaftspolitisches Armutszeugnis. Aber umso wichtiger ist es, dass wir uns dieser Herausforderung annehmen und hierfür auch eine Infrastruktur und Anlaufstellen für die von Gewalt betroffenen Frauen einrichten und wir nicht nur am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen aufstehen und sagen, dass diese Form der Gewalt niemals ein Kavaliersdelikt ist, immer zu ächten ist, und dass diese Form der Gewalt mit allen Mitteln bekämpft und angegangen gehört, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD und vereinzelt bei der CDU)

Im Ministerium von Irene Alt ist die Familienpolitik ressortiert. Sie ist dort ganz bewusst auch als Queer- und als Vielfaltspolitik ressortiert. Ich möchte auch darauf eingehen, dass uns gerade im Bereich Vielfalt und Queer ein gleichberechtigtes Nebeneinander ganz unterschiedlicher Lebensentwürfe ein sehr wichtiges Anliegen ist und diese Landesregierung in den letzten Jahren mit allem Nachdruck und mit aller Leidenschaft versucht hat, hier mehr Gleichberechtigung zu erreichen und die Diskriminierung abzubauen. Ich bin Irene Alt sehr dankbar, dass sie sich für die Öffnung der Ehe für alle auf Bundesebene weiter einsetzen wird; denn es ist genug Ehe für alle an dieser Stelle da.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Aber auch die Jugendpolitik ist in diesem Haus ressortiert. Jungen Menschen Teilhabe nicht nur an politischen Prozessen, sondern an gesellschaftlichen Prozessen zu ermöglichen, ist ein ganz wichtiges Anliegen, das sich auch im vorliegenden Haushaltsentwurf niederschlägt.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Selig, die da hungern und dürsten nach Gerechtigkeit; denn sie werden nie satt sein. – Ich glaube, wir haben noch einiges zu tun. Aber mit dem vorliegenden Haushalt machen wir uns auf einen sehr guten Weg. Lassen Sie uns weiter daran arbeiten, dass wir die Diskriminierung von Frauen, von Familien, von Kindern und von Flüchtlingen und Menschen mit Migrationshintergrund weiter abbauen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich darf Gäste im Landtag begrüßen. Zunächst begrüße ich Mitglieder des Rad- und Sportvereins Klein-Winternheims mit den aktuellen Weltmeistern im Kunstradfahren André und Benedikt Bugner. Herzlich willkommen!

(Starker Beifall im Hause)

Außerdem begrüße ich die Mitarbeitervertretung vom St. Franziskus Krankenhaus Linz, VdK Waldbreitenbrach, die Frauen Union Kreis Neuwied und den Bacchus mit Begleitung aus Leutesdorf. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im Hause)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Dr. Ganster das Wort. Sie haben noch zehn Minuten Redezeit.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Es ist meine Aufgabe, zum Frauenhaushalt und Landesgleichstellungsgesetz Ausführungen zu machen. Die Kollegin hat es schon angekündigt. Ich

möchte an dieser Stelle ein bisschen genauer auf dieses Zahlenwerk schauen, das uns vorgelegt worden ist.

Durch die Landesregierung sollen Modellprojekte und Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen um etwa die Hälfte auf 11.000 Euro gekürzt werden. Wenn wir im Haushalt eine Begründung dafür suchen: Fehlanzeige.

Auch Zuschüsse zu Ein- und Wiedereingliederungsprogrammen für Frauen in den Arbeitsmarkt sollen erneut gekürzt werden, ebenfalls Zuschüsse für Frauenorganisationen, Fraueninitiativen, die im letzten Haushalt bereits um 5.000 Euro gekürzt wurden, jetzt noch einmal um knapp 2.000 Euro. Auch SOLWODI – draußen liegen die Prospekte – betreffen in diesem Jahr Einsparungsvorschläge von Rot-Grün mit 3.200 Euro.

Ebenfalls massive Einsparungen plant die Landesregierung bei den Maßnahmen zur Qualifizierung und Beschäftigung von Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit bedrohten Mädchen und Frauen sowie zur Verbesserung der Ausbildung von Mädchen und Frauen. 2013 standen hier noch 310.000 Euro im Haushalt, gekürzt dann im Doppelhaushalt auf 303.000 Euro und jetzt nochmals um 23.000 Euro.

Aber diesen Kürzungen der Landesregierung setzen die Fraktionen von SPD und GRÜNEN dann noch eins drauf. Sie wollen bei diesem arbeitsmarktpolitischen Instrument nochmals 25.000 Euro streichen. An dieser Stelle fragen wir, warum. Weil Sie in einem anderen Haushaltstitel – so ist unsere These –, genau nämlich diese 25.000 Euro anders verteilen wollen, nämlich für Notrufe.

Das kann man machen. Für uns ist dieses Vorgehen aber sehr fragwürdig, wenn ich der einen benachteiligten Gruppe Hilfen streiche, um sie einem anderen hilfsbedürftigen Personenkreis zukommen zu lassen.

Ähnlich zu hinterfragen ist nach dem gleichen Prinzip die Erhöhung des Ausgabetitels für die Frauenhäuser zulasten wieder eines anderen Topfes. Auch für die Umverteilungspraxis aus einer familienfördernden Maßnahme – aus einem Topf, nämlich dem Titel 664 23 – fehlt mir ganz das Verständnis, wenn ich bei familienfördernden Maßnahmen kürze, um jetzt im Frauenhaushalt das Interventionsprogramm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen im sozialen Nahbereich um 25.000 erhöhen zu können.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Gerade die RIGGInterventionsstelle und die Beratungsangebote sind ein ganz wichtiges Instrument, um Frauen ganz konkrete Hilfestellung bei Gewalt im häuslichen Umfeld zu geben. Als CDU haben wir uns immer wieder ausdrücklich für dieses Programm ausgesprochen. Aber dies auf Kosten von anderen Hilfestellungen, nämlich für Familien, zu tun, halten wir für falsch.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es geht uns im Endeffekt nicht klein-klein darum, ob nun ein paar Euro an der einen Stelle weggenommen und an einer anderen Stelle eingeplant werden sollen, sondern es geht uns einfach um die Art und Weise, wie die Landesregierung von Rot-Grün auf dem

Rücken anderer benachteiligter Gruppen einen Verschiebebahnhof konstruiert. Das können wir so nicht unterstützen.

Wie in anderen Teilhaushalten gilt für uns auch als CDU im Bereich Frauen, wir müssen den Organisationen, Einrichtungen und Initiativen ein verlässlicher Partner sein und Planungssicherheit geben, damit langfristige Maßnahmen für Frauen und Mädchen in Grenzsituationen geplant und durchgeführt werden können. Wir danken an dieser Stelle auch allen, die sich in diesem Bereich haupt- und ehrenamtlich immer wieder engagieren.

(Beifall der CDU und des Abg. Dr. Fred Konrad, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So weit zu den Haushaltsansätzen.