Protokoll der Sitzung vom 08.12.2011

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es kann keinen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen geben, wenn immer der den Auftrag bekommt, der keine anständigen Löhne bezahlt, deren Arbeitnehmer zum Sozialamt oder zur ARGE gehen müssen, um überleben zu können. Die anständigen Unternehmen, die tarifgebunden sind, bekommen dann keine Aufträge mehr. Was für eine Ordnung stellen die sich vor, meine Damen und Herren?

Ich kann nur sagen, machen Sie das, was einige von Ihnen – Herr Billen und andere – öffentlich propagiert haben, nämlich einen wirklichen Mindestlohn vorzusehen.

Ich habe gedacht, ich falle vom Hocker, als ich gelesen habe, was Sie auf Ihrem Bundesparteitag beschlossen haben. Das ist das Gegenteil von Mindestlohn, meine Damen und Herren. Den Leuten wird etwas vorgemacht. Das ist das exakte Gegenteil von Mindestlohn.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wenn Sie es ehrlich gemeint haben, was ich glaube, dann haben Sie sich von Herrn Fuchs und Kompanie über den Tisch ziehen lassen und haben versucht, den Leuten ein X für ein U vorzumachen.

Entschuldigung, da geht es um die elementare Frage, ob eine der ältesten Gerechtigkeitsregeln, die es gibt und die schon in der Bibel nachzulesen ist, als Maßstab für jede vernünftige Gesellschaft jetzt noch gilt oder im 21. Jahrhundert ausgehebelt werden soll. Diese älteste Gerechtigkeitsregel lautet: Wer anständige Arbeit macht, soll von seiner Arbeit auch leben können. – Das wird in Deutschland ausgehöhlt. Wir kämpfen darum, dass es wieder Gültigkeit hat. Anständiger Lohn und anständige Arbeit sind ein Begriffspaar, das nicht zu trennen ist.

(Anhaltend Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch die Redezeit der Landesregierung hat nun die SPD-Fraktion noch elf Minuten, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13 Minuten und die CDU-Fraktion 13 Minuten Redezeit.

Herr Billen, Sie haben sich zu Wort gemeldet.

(Ramsauer, SPD: Herr Billen überzeugt Herrn Baldauf vom Mindestlohn!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, mit dieser Rede haben Sie Ihre Amtszeit bis zum Ende gesichert. Das ist jetzt gelungen.

Wir sind gar nicht auseinander, keinen Millimeter. Die CDU, die GRÜNEN und die SPD sind im Ziel keinen Millimeter auseinander.

(Ministerpräsident Beck: Das bestreite ich! Das stimmt doch gar nicht!)

Wir sind keinen Millimeter auseinander. Das bestreiten Sie nicht.

(Ministerpräsident Beck: Doch, das bestreite ich mit dem, was Sie beschlossen haben!)

Wir sind im Ziel, anständiger Lohn für anständige Arbeit, keine Ausbeuterlöhne, einig. Da sind wir doch einig?

(Ministerpräsident Beck: Nein, mit euren Beschlüssen ist das Gegenteil der Fall! Damit gebt ihr der Ausbeutung – – –)

Jetzt kommt die Frage der Umsetzung. Wir haben uns meilenweit vom Paketdienst entfernt, weil der ein ganz anderes Problem hat. Der Paketdienst hat das Problem, dass es da viele in die Selbstständigkeit getriebene, ganz arme Scheinselbstständige gibt. Das ist das große Problem im Paketdienst. Das ist das allergrößte Problem. Da sind wir ganz sicher.

Jetzt bleiben wir beim Mindestlohn, weil es so schön ist und weil das Thema so schön passt.

Der Unterschied zwischen dem CDU-Beschluss und der SPD-Forderung auch hier im Haus – das habe ich in der letzten Diskussion schon alles gesagt – ist Folgendes: Wie kommt ihr auf die 8,50 Euro? Ist das politisch gefühlt? Wer rechnet die vor?

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich habe Ihnen das das letzte Mal schon vorgerechnet, Herr Billen!)

Das ist doch genau der Punkt, an dem wir nicht mitmachen wollen. Wir können doch nicht einfach einen Mindestlohn festlegen, politisch gefühlt, weil wir das vor jeder Bundestagswahl politisch gefühlt nach oben treiben würden.

(Staatsministerin Frau Dreyer: Es gibt Kommissi- onen, die das fortschreiben!)

Welche Kommission?

(Staatsministerin Frau Dreyer: In unserem Antrag ist eine Kommission, die das fortschreibt! Aber wir beginnen bei 8,50 Euro!)

Sie beginnen bei 8,50 Euro, weil Sie bei 8,50 Euro beginnen.

(Staatsministerin Frau Dreyer: Nein, weil es einen ge- wissen Lohnabstand zur Grundsicherung gibt!)

Es sind 8,50 Euro, weil Sie bei 8,50 Euro beginnen.

Der Vorschlag der CDU, der nicht meiner ist

(Ministerpräsident Beck: Das ist wahr! – Staatsministerin Frau Dreyer: Stimmt!)

damit wir uns auch da einig sind – ist auch, es an eine Kommission, aber an eine andere zu binden. Das ist das eine. Das andere ist, es regional unterschiedlich zu machen, was im Endergebnis regional nicht besonders unterschiedlich sein wird. Das wissen wir alle hier im Haus.

(Staatsministerin Frau Dreyer: Das ist Interpreta- tionssache!)

Das ist keine Interpretationssache, Frau Dreyer, sondern das ist Fakt. Insofern wundere ich mich immer wieder, wie es gelingt, mit dem Thema, das eigentlich abgeräumt ist, weil beide das wollen, hier Begeisterungsstürme über die Anträge in die Welt zu setzen.

(Ministerpräsident Beck: Nein, das ist turbulenter jetzt!)

Ich finde es richtig gut, wie die Frau Doktor das dargestellt hat, wie ein Paketdienst funktioniert. Das ist eigentlich die Wahrheit.

(Zurufe von der SPD)

Frau Dr. Machalet, ja, Entschuldigung, das kann einmal passieren.

Das ist die Wahrheit. Wenn hier die Wahrheit gesagt wird, dann wird sie verdreht.

Herr Ministerpräsident, haben Sie den CDU-Beschluss des Bundesparteitages eigentlich genau gelesen?

(Ministerpräsident Beck: Ja!)

Wo liegt der Unterschied in der Kommission?

(Ministerpräsident Beck: In der Kommission liegt kein Unterschied, aber – – – Zuruf der Staatsministerin Frau Dreyer)

Wir haben die Tarifkommission drin und Sie auch.

(Staatsministerin Frau Dreyer: Wie im LTTG auch, aber das ist schon ewig klar – – –)

Ja, also, wo liegt der Unterschied? Die verhandeln jetzt. Der Unterschied liegt darin, dass wir nicht deutschlandweit sagen, es müssen flächendeckend 8,50 Euro sein. Das ist das, was mich unglaublich ärgert.

(Zuruf der Staatsministerin Frau Dreyer)

Keiner von Ihnen, weder der Herr Ministerpräsident noch Herr Köbler von den GRÜNEN, begründet, wie es zu den 8,50 Euro kommt.

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stimmt doch gar nicht!)

Sie haben das hier nicht begründet. Sie haben gleich die Chance, es selbst zu begründen, wie Sie auf die 8,50 Euro kommen und welche Basis Sie nehmen.

(Ministerpräsident Beck: Hundertmal haben wir das gemacht!)