Protokoll der Sitzung vom 08.12.2011

Für Letzteres möchte ich gern ein paar Beispiele geben:

Erstens. Da wird zunächst behauptet, es gebe im Land Rheinland-Pfalz keine Vertretungsverträge mehr. Wir stellen Ihnen dar, dass die Vertretungsverträge in diesem Herbst in derselben Größenordnung wie vor einem Jahr sind, und sagen noch dazu, dass wir sie jeweils zum Ersten eines Monats veröffentlichen werden. Trotz

dem behaupten Sie weiterhin, die Vertretungsverträge seien gekürzt worden. Wir haben sie Ihnen das letzte Mal am 17. Oktober vorgestellt: 2.473 Vertretungslehrkräfte. – Ich ergänze noch gern: 1. November: 2.672 Vertretungsverträge mit 1.922 Vollzeitlehrereinheiten, 1. Dezember: 2.782 Vertretungslehrkräfte mit 1.977 Vollzeitlehrereinheiten.

Es geschieht nämlich genau das, was wir versprochen haben. Natürlich müssen wir Vertretungsverträge entsprechend des Bedarfs entwickeln. Ich mache keinen Hehl daraus, wir gehen sparsam damit um, weil wir an dieser Stelle wirklich nur das Geld ausgeben wollen, das unbedingt notwendig ist. Aber dort, wo Vertretung notwendig ist, wird sie auch gewährleistet. Das gilt auch in diesem Schuljahr.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zweitens. Sie behaupten, 100 Poolstellen – Frau Dickes hat sich gar dazu verstiegen zu sagen: 15 Beamtenstellen – für das Gymnasium im Vertretungspool sollten den Vertretungsbedarf decken. Nein, es sind Tausende von Verträgen, wie ich Ihnen eben gesagt habe, aber zusätzlich gibt es einen Pool von 100 auf Dauer beschäftigten Menschen, weil wir dieses neue Instrumentarium erproben wollen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das weiß Frau Dickes auch!)

Es wäre schön, wenn Sie das endlich einmal zur Kenntnis nehmen könnten.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das könnte böswillig sein!)

Ich könnte Ihnen jetzt auch noch die Einzelbeispiele anführen. Sie dürfen davon ausgehen, jedes Einzelbeispiel, das in den Debatten der letzten Monate genannt worden ist, habe ich umgehend danach recherchiert. Es ist schon merkwürdig, welche Diskrepanzen Sie zu den Vorwürfen, die hier erhoben werden, finden, wenn Sie dem Einzelbeispiel nachgehen und schauen, wie die Situation ist. Da wird zum Beispiel behauptet, Leuten, die sich in Elternzeit befinden, wären die Vertragsverlängerungen verweigert worden. Das Gegenteil war der Fall. Die Schulaufsicht war bereits auf die betroffene Lehrkraft zugegangen und hatte ihr ein Angebot für den 1. Februar gemacht, und es ging auch erst um den 1. Februar. Ich bitte Sie an der Stelle um mehr Redlichkeit. Wir gehen diesen Fällen nach, wenn sie wirklich ein Problem sind. Aber hier einfach Behauptungen in den Raum zu stellen, die sich hinterher ganz anders darstellen, ist schon problematisch.

Wir haben uns, was die Frage der Sicherung der Unterrichtsversorgung angeht, die Aufgabe nicht ganz einfach gemacht. Wenn Sie allein auf die 100 % in der Debatte abstellen, dann sage ich Ihnen Zweierlei.

Erstens. Wenn ich die hessische Definition von Unterrichtsversorgung an den Tag lege, haben wir 100 %, weil dort in der Unterrichtsversorgung nur der Pflichtunterricht abgebildet wird. Bei uns sind Differenzierungs- und Förderstunden enthalten. Wenn ich Statistik schönen

wollte, was Sie mir immer vorwerfen, dann würde ich genau diesen Weg gehen. Ich tue das nicht, weil ich sage, Förderung und Differenzierung gehören zur Unterrichtsversorgung. Das ist kein Plus, sondern das muss in den 100 % enthalten sein.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zweitens. Natürlich würden wir sehr viel schneller 100 % haben, wenn wir nicht gleichzeitig sagen würden, dass wir die Klassenstärken reduzieren. Aber ich halte auch das für falsch, weil wir gesagt haben, wir wollen uns um eine gute Unterrichtsversorgung kümmern und gleichzeitig den Schulen Perspektiven für pädagogische Verbesserungen geben. Wir wollen nicht eine gute Statistik – das ist auch toll, und wir werden dafür sorgen, dass der Wert wieder besser wird –, wir wollen vor allen Dingen eine gute Situation an unseren Schulen. Dazu gehört für mich auch die Verkleinerung von Klassen, auch wenn sie sich statistisch erst einmal nicht positiv auswirkt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich sage, ich nehme all das wirklich ernst, dann gilt das für das, was die Lehrerverbände sagen, für das, was die Eltern sagen und selbstverständlich auch für das, was hier seitens der Opposition eingebracht wird. Ich sage Ihnen aber ebenfalls: Es gibt auch Grenzen der Argumentation. In den letzten Tagen gab es einen Punkt, an dem ich sagen muss, dass eine solche Grenze erreicht ist. Herr Ernst, Sie haben diesen Punkt eben auch angesprochen.

Dass Interessierte den strukturellen und temporären Unterrichtsausfall einfach addieren, daran habe ich mich gewöhnt. Das ist schon nicht legitim, aber ich habe mich daran gewöhnt. Wenn jetzt – mag es auch ein Elternvertreter sein; ich sage das an dieser Stelle sehr deutlich – auch noch gesagt wird: Nein, wir addieren nicht nur den strukturellen und den temporären Unterrichtsausfall, sondern wir sagen, dass jeder Unterricht, der nicht von der Lehrkraft, die ursprünglich war, durchgeführt wird – zu Deutsch: Lehrkraft geht in Elternzeit, wird ersetzt, und das wird als Unterrichtsausfall gewertet –, dann ist wirklich eine Grenze der Argumentation erreicht. Das ist absurd.

In allen anderen gesellschaftlichen Bereichen wird gerade von der Politik gefordert, dass es die Chance zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt. Sollen wir unsere Lehrerinnen wieder fragen, ob sie schwanger werden wollen, und sollen wir die Lehrer in Zukunft auch noch fragen, ob sie in Elternzeit gehen wollen, damit es keinen Wechsel in der Schule gibt? Das kann wirklich nicht sein, und da wird wirklich absurd argumentiert.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich finde, es ist unsere gemeinsame Aufgabe, solchen Argumenten entgegenzutreten. Diese Argumente dürfen wir uns nicht noch zu eigen machen. Wir müssen auch bei Eltern um Verständnis werben, dass der Lehrerberuf

ein Beruf ist, in dem man Beruf und Familie nicht nur miteinander vereinbaren kann, sondern der Staat ausdrücklich will, dass dies auch geschieht. Das bedeutet im Einzelfall und manchmal auch in mehreren Fällen Lehrerwechsel. Das hat die Schule zu ertragen, das haben die Eltern zu ertragen. Und wir als Politik haben das sogar zu schützen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich ein Letztes als Information hinzufügen, Herr Abgeordneter Ernst. Was passiert zum 1. Febru- ar? – Das sind die 25, die Sie meinen. Zum 1. Februar gibt es 25 vorgezogene Einstellungen. Der 1. Februar wird ein großer Einstellungstermin, weil viele wegen Altersteilzeit ausscheiden.

Wir gehen aber noch über den normalen Korridor hinaus; das sind jene 25. Das hat den Grund, damit wir tatsächlich möglichst alle, die mit einem Mangelfach aus dem Seminar kommen, auch direkt einstellen können. Darüber hinaus wird es 60 schulscharfe Ausschreibungen geben, damit wir auch da möglichst früh Leute an uns binden können.

Es wird auch weiterhin 100 Millionen Euro für Vertretungsmittel geben. Darauf ist schon hingewiesen worden. Der Pool wird um weitere 100 Stellen ausgeweitet. All das passiert schon zum 1. Februar 2012.

Wir werden uns am 1. Februar anstrengen. Wir werden uns auch zum 1. August anstrengen. Ich glaube, es wird uns gelingen, dort, wo es Probleme gibt, diese in Zukunft noch zielgerichteter anzugehen und zu Verbesserungen zu kommen. Das zumindest ist mein Anspruch.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich sehe zurzeit keine weiteren Wortmeldungen. – Doch. Frau Schneid, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin Ahnen, es ist schön, dass Sie alles im Blick haben. Natürlich müssen wir die demografische Entwicklung nutzen. Nur, das ist genau der Punkt, an dem wir den Unterrichtsausfall in den Fokus stellen müssen.

Unter dem Strich werden definitiv Lehrer abgebaut, auch wenn jetzt zum 1. Februar die Situation sich wahrscheinlich entspannt. Ich möchte sie dennoch ganz konkret machen. 2,4 % struktureller Unterrichtsausfall, bei Gymnasien 3,5 %, das sind Ihre Zahlen. Von den berufsbildenden Schulen brauche ich gar nicht zu reden. Da ist die Zahl noch viel höher. Hinzu kommt ein enorm hoher Ausfall an temporärem Unterrichtsausfall. Unterm Strich sind wir dann insgesamt bei 8 % bis 10 % Unterricht, die nicht gehalten werden.

Die Eltern beschweren sich massiv. Die Lehrer und die Rektoren gehen langsam auch dagegen. Gott sei Dank. Aber die Eltern bekommen gesagt, so schlimm ist das alles gar nicht. Letztendlich stimmt das so überhaupt gar nicht. (Beifall der CDU)

Die Eltern dokumentieren es mittlerweile ganz genau. Es gibt viele konkrete Beispiele für Unterrichtsausfall. Ich nenne nur einmal, dass Wochenstunden in einem Fach einfach gekürzt werden. Es wird z. B. Erdkunde über Wochen nicht gegeben, damit überhaupt Mathematik unterrichtet werden kann, weil hiervon der gleiche Lehrer betroffen ist. Man nimmt Klassenzusammenlegungen und dadurch hohe Klassenzahlen in Kauf, um letztendlich die Unterrichtsversorgung in der Schule generell mit Weitblick besser zu organisieren.

Dann muss ich auch noch einmal sagen, da sind z. B. die Eltern von fünf Gymnasien aus einem Schulbezirk, die dies dezidiert aufgeschrieben haben. Es kann doch nicht sein, dass es allein im September 2011 insgesamt 232 Stunden temporären Unterrichtsausfall gab.

Meines Erachtens sind das konkrete, ganz reale Zahlen.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Es ist schade, dass sie immer wieder weggeredet werden, der Unterrichtsausfall einfach schöngeredet wird.

(Beifall der CDU – Glocke der Präsidentin)

Ich denke, es ist an der Zeit, dass Maßnahmen dagegen ergriffen werden. Ich befürworte es, dass sich zum 1. Februar die Lage vielleicht verbessern wird.

Unsere Kinder sind unsere Zukunft, und sie sollen eine Zukunft haben. Diese Zukunft wird dadurch bewerkstelligt, dass der Unterricht gegeben wird. Was nutzen mir Bildungsstandards, wenn kein Unterricht dafür da ist.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Fuhr hat das Wort.

Frau Kollegin, auch jetzt haben Sie wieder Dinge vorgerechnet, bei deren Zusammenrechnung mir die Definition „temporärer Unterrichtsausfall“ schleierhaft ist und was man genau am konkreten Beispiel überprüfen müsste. Es ist genau das, was die Ministerin gesagt hat. Sie kommen immer mit Einzelbeispielen, von denen, wenn man sie überprüft und nachverfolgt, nachhaltig nichts übrig bleibt.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Widerspruch von der CDU)

Von schöngeredet kann man wirklich nicht reden. Sie selbst müssten zur Kenntnis genommen haben, dass es mittlerweile eine Homepage zur Unterrichtsversorgung in Rheinland-Pfalz gibt, auf der transparent alle aktuellen Zahlen sogar anhand der PES-Schulen zur Verfügung gestellt werden. Also transparenter kann man es sich kaum noch vorstellen, was hier zur Verfügung gestellt wird.

(Frau Klöckner, CDU: Das ist genau das, was wir sagen! Es ist doch schön, dass Sie es jetzt machen!)

Da hat die Kollegin gerade von schöngeredet geredet und das Gegenteil gesagt.

Aber lassen Sie mich einen Punkt herausstellen, der mir wichtig ist und den die Ministerin auch angesprochen hat, nämlich die Berechnung der 100 % in RheinlandPfalz.

Man muss immer wieder bedenken, dass es bei uns in Rheinland-Pfalz eben anders als in anderen Bundesländern so ist, dass bei dieser 100 %-Marke Stunden- und Lehrerkräftezuweisungen gerechnet werden, die deutlich über dem in den Stundentafeln festgeschriebenen Pflichtunterricht liegen. Es werden für diese 100 %Marke zusätzliche Differenzierungsangebote und Fördermaßnahmen hineingerechnet.

Wenn Sie sich die Mühe machen und auf diese neue Homepage gehen, finden Sie sogar Berechnungsbeispiele, zu welchen Konsequenzen es führt, dass z. B. eine Realschule plus mit 500 Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe I ein Lehrerwochenstundenkontingent von 800 Lehrerwochenstunden hätte. Dann werden für zusätzliche Maßnahmen 850 Lehrerstundenwochen hinzugerechnet. Dann sind die 100 % diese 850. Wenn dann 825 von der Schulaufsicht zugeteilt werden, dann redet man von einer 3%igen Soll-Ist-Differenz, die aber in keiner Weise dazu führt, dass durch ein solches strukturelles Defizit Kürzungen beim Pflichtunterricht notwendig sind.