Protokoll der Sitzung vom 25.05.2011

Meine Damen und Herren, wir wollen eine Gesellschaft, die Familien mit Kindern die besten Bedingungen bietet. Wir orientieren unser Familienbild an der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Die Menschen in Rheinland-Pfalz sollen ihre individuellen Vorstellungen von Familie leben können. Wir unterstützen und fördern deswegen alle Formen des familiären Miteinanders, in denen Menschen Verantwortungsgemeinschaften bilden.

Ein wichtiger Treffpunkt für Familien sind schon heute die „Häuser der Familien“ in den Landkreisen und kreisfreien Städten. Wir werden sie weiter unterstützen.

Unsere besondere Unterstützung brauchen Eltern mit behinderten Kindern. Für sie werden wir die Vernetzung verschiedener Leistungen verbessern und ein wohnortnäheres Angebot der sozial-medizinischen Nachsorge in unserem Land fördern.

Wir setzen bewusst auf die Chancen einer Gesellschaft des längeren Lebens. Der Aktionsplan „Gut leben im Alter“ soll deshalb weitergeführt werden. Zur Umsetzung des Aktionsplans werden wir eine Servicestelle einrichten. Darüber hinaus setzen wir uns für die Dorf- und Stadtteilentwicklung ein. Sie berücksichtigt die Bedürfnisse älterer Menschen in Zukunft zentral.

Dazu gehören beispielsweise ein flächendeckendes barrierefreies Mobilitätsangebot, barrierefreie Läden und Dienstleistungen, Hol- und Bringdienste und eine unabhängige stadtteil- und wohnortnahe Wohn- und Pflegeberatung.

Die Politik der Landesregierung wird wie schon in der Vergangenheit von Respekt vor und Verständnis für die verschiedenen Lebensphasen der Bürgerinnen und Bürger geprägt sein. Unser Ziel ist eine solidarische Gesellschaft, an der alle Menschen teilhaben können, ob sie nun jung oder alt, gesund oder krank, nicht behindert oder behindert sind.

Vor dem Hintergrund dieser Orientierung stellt uns die Veränderung der Altersstruktur vor große Aufgaben, birgt aber auch viele Chancen. Künftig werden alle Landesgesetze darauf überprüft, inwieweit sie die Bevölkerungs- und Altersentwicklung berücksichtigen und ob sie demografiefest sind.

Die meisten Menschen in unserem Land haben den Wunsch, zuhause alt zu werden, auch wenn sie Pflege und Unterstützung brauchen. In Rheinland-Pfalz gibt es ein gut ausgebautes System von Pflege- und Betreuungsangeboten. Die 135 Pflegestützpunkte sind dafür Dreh- und Angelpunkte. Die Landesregierung wird sie verlässlich mitfinanzieren.

Gemeinsam mit den Pflegekassen und den Kommunen wollen wir die Unterstützungsangebote für Angehörige weiter ausbauen und bürgerschaftliches Engagement in der Pflege stärken. Auf Bundesebene werden wir uns dafür einsetzen, dass Menschen mit Demenz stärker in die soziale Pflegeversicherung einbezogen werden, als dies bisher der Fall ist.

Verehrte Damen und Herren, „Leben wie alle – mittendrin von Anfang an“ ist die Leitlinie für den Umgang mit allen Menschen mit ihren unterschiedlichen Stärken, Schwächen und Bedürfnissen. Gemeinsames Lernen von Anfang an, der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt und das Wohnen im heimischen Umfeld müssen auch für Menschen mit Unterstützungsbedarf der Normalfall sein. Dazu brauchen wir eine umfassende Barrierefreiheit, die Förderung von „persönlicher Assistenz“ und die Weiterentwicklung des „persönlichen Budgets“.

Wir werden die Inklusion in Gesellschaft und Wirtschaft voranbringen, das heißt das selbstverständliche Ausrichten an den Bedürfnissen von Menschen mit und ohne Behinderung. Das betrifft besonders die Inklusion in Kindertagesstätten und Schulen und den Ausbau des integrativen Unterrichts. Das Wohl der Kinder und der Elternwille werden die Leitschnur unseres Handelns sein. Die Ziele der UN-Behindertenkonvention gehen wir konsequent an.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Verehrte Damen und Herren, Gesundheit ist für die Menschen ein hohes Gut. Wir wollen, dass alle Menschen in Rheinland-Pfalz gleichen Zugang zum Gesundheitssystem und zu dessen hochwertigen Leistungen haben. Gesundheit muss für alle bezahlbar sein.

Deshalb wollen wir die gesetzliche Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln. Mit ihr wird sichergestellt, dass starke Schultern mehr tragen als schwache. Eine gute medizinische Versorgung,

ambulant wie stationär, ist der Landesregierung eine Herzensangelegenheit. Deswegen setzen wir uns auf Bundesebene für Verbesserungen im Rahmen des sogenannten Versorgungsgesetzes ein.

Zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung durch Hausärztinnen und Hausärzte in allen Regionen werden wir den Masterplan zur Stärkung der ambulanten ärztlichen Versorgung fortentwickeln. Speziell für ländliche Regionen wird die Landesregierung die Nachwuchsförderung verstärken und Anreizsysteme entwickeln.

Noch in diesem Jahr stellt die Landesregierung 400.000 Euro für ein Förderprogramm zur Verfügung, das Anreize für die Aufnahme einer hausärztlichen Tätigkeit in ländlichen Gebieten setzt. Der Landeskrankenhausplan schafft die Voraussetzung für wohnortnahe, leistungsfähige Krankenhäuser und damit für eine bedarfsgerechte stationäre medizinische Versorgung auf hohem Niveau.

Was es mit dieser Landesregierung nicht geben wird, ist die Privatisierung der Universitätsmedizin in Mainz.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Solche Pläne, sollte es sie ernsthaft gegeben haben, sind endgültig vom Tisch, weil die Universitätsmedizin inzwischen wirtschaftlich erfolgreich arbeitet und wir sie als wichtigen Bestandteil der Spitzenmedizin und der Spitzenforschung in unserem Land nicht aus der Hand geben wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich das zentrale Thema „Infrastruktur“ ansprechen.

Ein gutes Verkehrssystem gewährleistet die Mobilität aller Menschen flächendeckend, umwelt- und sozialverträglich sowie barrierefrei. Weil die Bahn zugleich das ökologischste und ökonomischste Verkehrsmittel ist, werden wir den Schienenpersonennahverkehr ausbauen und den Rheinland-Pfalz-Takt stärken.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Mittel für den ÖPNV aus dem sogenannten Entflechtungsgesetz werden wir verdoppeln. Die Ausschreibungen der Schienenverkehre werden wir nutzen, um Effizienzgewinne zu erzielen. Bei der Reaktivierung der Hunsrückbahn von Langenlonsheim zum Flughafen Hahn werden wir prüfen, wie sich die regionale Erschließung noch verbessern lässt. Die Strecke Homburg/ Saar – Zweibrücken wollen wir gemeinsam mit dem Saarland ertüchtigen und in das S-Bahn-Netz einbeziehen.

Bei allem Bemühen um eine weitere Verbesserung der Mobilität im Land dürfen wir nicht vergessen, dass Verkehr auch Lärm macht. Lärm belastet und kann krank machen. Ein Schwerpunkt unserer Verkehrspolitik ist deshalb der aktive und passive Lärmschutz bei allen Verkehrsträgern.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Mittel für den baulichen Lärmschutz an den Straßen werden wir weiter stärken. Gleichzeitig wollen wir die Möglichkeit der Kommunen erweitern, im Sinne des Lärmschutzes innerörtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen anzuordnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ringen um besseren Lärmschutz, insbesondere entlang der Schienenstrecken am Rhein und an der Mosel, wird fortgesetzt.

Die Bundesregierung fordern wir nachdrücklich auf, ein schlüssiges, umfassendes Konzept gegen die Umgehung der Lkw-Maut auf den Autobahnen durch das Ausweichen auf Bundesstraßen vorzulegen. Als Beispiel sei die B 9 bei Speyer genannt.

Einig sind wir uns darin, dass wir Feldversuche mit übergroßen Lastwagen, den sogenannten Gigalinern, in Rheinland-Pfalz nicht zulassen.

Eine wichtige Aufgabe wird es außerdem sein, gegenüber der Deutschen Flugsicherung, dem Bundesamt für Flugsicherung und dem Land Hessen nachdrücklich dafür einzutreten, dass alle technischen und organisatorischen Möglichkeiten genutzt werden, von Rheinhessen bis zur Nahe-Region so schnell und so weitgehend wie möglich für eine Entlastung von Fluglärm des Flughafens Frankfurt/Main zu sorgen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dazu gehören die Verbesserung der An- und Abflugrouten und der Techniken für den An- und Abflug ebenso wie das Nachtflugverbot, das ursprünglich zugesagt worden war.

Meine Damen und Herren, der Bau von großen Verkehrsprojekten ist immer mit schwierigen Abwägungsfragen verbunden. Die Koalitionspartner haben dies intensiv und ernsthaft beraten. Danach steht fest, der Bau des sogenannten Hochmoselübergangs wird abgeschlossen, die Pläne zum Bau der Mittelrheinbrücke hingegen werden nicht weiterverfolgt. Weder meine Partei, die SPD, noch die GRÜNEN haben sich diese Entscheidungen leicht gemacht.

(Licht, CDU: Mensch ärgere dich nicht!)

Es handelt sich in der Gesamtbetrachtung um einen Kompromiss, aber, meine Damen und Herren, um einen Kompromiss, der für die Menschen in unserem Land tragbar ist.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer zum Kompromiss nicht fähig ist, ist zur gestaltenden Politik nicht fähig.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Genau so ist es! – Zurufe von der CDU)

Den Bau einer leistungsfähigen Rheinquerung zwischen Wörth und Karlsruhe halten wir für notwendig. Das Mediationsverfahren zum Ausbau der B 10 wird wiederaufgenommen.

(Licht, CDU: So einfach kann man es sich nicht machen!)

Andere wichtige Erschließungsstrecken, beispielsweise die B 8 im Westerwald, werden ebenso wie Ortsumgehungen vorangetrieben.

Verehrte Damen und Herren, ich habe zu den zentralen Zielen dieser Legislaturperiode das Thema „Finanzen“ mit angeführt.

Hinter uns liegt eine Finanz- und Wirtschaftskrise, die das ganze Weltwirtschaftssystem erschüttert hat. Die Folgen sind noch immer deutlich spürbar, auch wenn sich – in Rheinland-Pfalz stärker als anderswo in Deutschland – der Aufschwung wieder deutlich zeigt. Aber auch wir müssen unsere Aufgaben angehen und neben den strukturpolitischen Fragen auch der Verschuldung weiter entgegenwirken. Deswegen haben sich die Partner der Koalition darauf verständigt, die Finanzen des Landes wirksam und dauerhaft zu konsolidieren.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Wieder einmal!)

Das Ziel ist ein Landeshaushalt, der ab 2020 ohne neue Kredite auskommt. Diesen Weg haben alle Fraktionen gemeinsam in unserer Verfassung vorgezeichnet. Der Weg dahin führt über eine nachhaltige, soziale und gerechte Finanzpolitik.

(Licht, CDU: Das sagen Sie auch schon seit mehreren Jahren!)

Auch, nein, gerade in schweren Zeiten ist eine Politik der fairen Lastenverteilung und der sozialen Balance entscheidend.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir werden die Bedingungen der Schuldenbremse erfüllen. Aber wir wissen auch, das wird ein hartes Stück Arbeit, auch Überzeugungsarbeit, wie wir schon sehen können. Auf dem Weg in dieses Hohe Haus ist mir schon die Illusion der Gemeinsamkeit über die Koalitionsgrenze hinaus genommen worden.

(Dr. Weiland, CDU: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus!)