Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

....................................................................................................................................... 1259 Abg. Dr. Enders, CDU:................................................................................................................................ 1287 Abg. Dr. Konrad, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................................. 1286, 1288 Abg. Dr. Schmidt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:......................................................................................... 1283 Abg. Dr. Weiland, CDU:........................................................................................................... 1239, 1240, 1242 Abg. Frau Anklam-Trapp, SPD:................................................................................................................... 1281 Abg. Frau Beilstein, CDU:........................................................................................................................... 1262 Abg. Frau Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:...................................................................... 1272 Abg. Frau Dr. Machalet, SPD:..................................................................................................................... 1284 Abg. Frau Klöckner, CDU:........................................................................................................................... 1194 Abg. Frau Nabinger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:..................................................................................... 1273 Abg. Frau Neuhof, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:........................................................................................ 1296 Abg. Frau Schäfer, CDU:............................................................................................................................. 1238 Abg. Frau Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:............................................................................. 1267 Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD:....................................................................................................... 1258 Abg. Frau Schmitt, SPD:............................................................................................................................. 1271 Abg. Frau Thelen, CDU:.............................................................................................................................. 1278 Abg. Gies, CDU:.......................................................................................................................................... 1297 Abg. Günther, CDU:..................................................................................................................................... 1261 Abg. Hartenfels, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:............................................................................................ 1302 Abg. Hering, SPD:............................................................................................................................. 1209, 1215 Abg. Hürter, SPD:........................................................................................................................................ 1299 Abg. Johnen, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................................................. 1301 Abg. Kessel, CDU:....................................................................................................................................... 1283 Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.................................................................................................. 1218 Abg. Lammert, CDU:................................................................................................................................... 1268 Abg. Noss, SPD:.......................................................................................................................................... 1265 Abg. Puchtler, SPD:..................................................................................................................................... 1191 Abg. Ramsauer, SPD:................................................................................................................................. 1243 Abg. Schmitt, CDU:...................................................................................................................................... 1291 Abg. Schreiner, CDU:.................................................................................................................................. 1251 Abg. Seekatz, CDU:..................................................................................................................................... 1262 Abg. Steinbach, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:............................................................................................ 1245 Abg. Wansch, SPD:..................................................................................................................................... 1255 Abg. Wehner, SPD:..................................................................................................................................... 1294 Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:......................................................................................... 1260 Beck, Ministerpräsident:.......................................................................................................... 1224, 1234, 1239 Frau Dreyer, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie:................................................ 1288 Frau Höfken, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten:........................... 1303 Lewentz, Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur:.......................................................................... 1274 Präsident Mertes:............................................... 1191, 1194, 1209, 1214, 1218, 1271, 1272, 1273, 1274, 1278........................................................................... 1281, 1282, 1283, 1284, 1297, 1299, 1301, 1302, 1303, 1306 Vizepräsident Dr. Braun:................................... 1224, 1233, 1238, 1259, 1260, 1261, 1262, 1265, 1267, 1268................................................................................................................... 1286, 1287, 1288, 1291, 1294, 1296 Vizepräsident Schnabel:........................................................ 1238, 1239, 1241, 1243, 1245, 1250, 1255, 1257

21. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 23. Februar 2012

Die Sitzung wird um 09:30 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie herzlich zur 21. Plenarsitzung begrüßen.

Ich darf Frau Neuhof und Herrn Klein bitten, als schriftführende Abgeordnete die Sitzung mit zu leiten.

30 Uhr.

Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Sie von etwas informieren und bitte um Ihre Aufmerksamkeit, weil Sie dabei gebraucht werden. Um 12:00 Uhr wird es eine deutschlandweite Gedenkminute für die Opfer der Rechtsextremen und Neonazis geben. Es gibt eine Veranstaltung, die die Bundeskanzlerin heute in Berlin zum Gedenken dieser Menschen durchführt. Wir haben uns auf Hinweise der Arbeitgeber und Gewerkschaften dem angeschlossen.

Ich werde Sie bitten, um 12:00 Uhr kurz die Sitzung zu unterbrechen. Dann werden wir eine Schweigeminute einlegen – wie alle in Deutschland in den Betrieben auch hier im Landtag, in den Ministerien, in der Staatskanzlei, auch im Restaurant –, überall, um unsere Solidarität dadurch zum Ausdruck zu bringen. Ich bitte Sie, für dieses ungewöhnliche Verfahren Verständnis zu haben. Aber die Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtags können nicht eine Haushaltsdebatte weiterführen, wenn ganz Deutschland der Opfer gedenkt. Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis und fahre fort mit Hinweisen zur Tagesordnung.

Meine Damen und Herren, wir haben zwei wohlgefüllte Tage vor uns. Ich darf Ihnen zur Tagesordnung kurz mitteilen, Änderungsanträge und Entschließungsanträge werden bei den jeweiligen Tagesordnungspunkten gesondert aufgerufen. Die Abstimmung über das Landesgesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und des Fraktionsgesetzes – Tagesordnungspunkte 10 und 11 – werden in zweiter Beratung morgen aufgerufen. Heute findet die erste Beratung dazu statt. Wir kürzen dazu die Frist ab.

Die Abstimmungen finden morgen statt. Wir werden mit den Parlamentarischen Geschäftsführern vorher einen entsprechenden Abstimmungsordner vorbereiten, weil noch eine ganze Menge Einzelabstimmungen vorzunehmen sind. Gehen Sie davon aus, dass wir dafür zwei Stunden brauchen werden, insbesondere weil heute noch entsprechende Einzelanträge zur Abstimmung gestellt worden sind. Ich teile das mit, damit Sie sich moralisch darauf einstellen können, wie das Verfahren ist.

Haben Sie zur Tagesordnung noch Wünsche? – Dann ist sie so beschlossen.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Wahl eines Mitglieds und eines stellvertretenden Mitglieds des Landtags in den Interregionalen Parlamentarier-Rat Wahlvorschlag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/821 –

Gibt es weitere Vorschläge? – Wenn es keine weiteren Vorschläge gibt, bitte ich diejenigen, die dem zustimmen möchten, um ein Handzeichen! – Danke schön. Das ist einstimmig. Damit ist der Wahlvorschlag angenommen.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Landeshaushaltsgesetz 2012/2013 (LHG 2012/2013) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/519 – Zweite Beratung

dazu: Finanzplan des Landes Rheinland-Pfalz für die Jahre 2011 bis 2016 Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags – Drucksache 16/522; Vorlage 16/464 –

Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses – Drucksache 16/860 –

Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses – Drucksache 16/861 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/897 –

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/956 –

Anträge der Fraktion der CDU – Entschließungen – – Drucksachen 16/898 bis 902, 905 bis 911, 913 –

Anträge der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entschließungen – – Drucksachen 16/914 bis 952 –

Zunächst ist die Berichterstattung durch den Vorsitzenden des Haushalts- und Finanzausschusses, Herrn Kollegen Puchtler, vorgesehen. Herr Puchtler, ich bitte Sie um Ihren Bericht.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen vor der abschließenden Beratung des Haushalts für die Jahre 2012/2013. Ihnen liegt die Drucksache 16/860 mit der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses vor.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Haushalt wird zu einem Zeitpunkt verabschiedet, zu dem die

beiden ersten Monate des Haushaltsjahres beinahe vorüber sind. Nach der Verfassung unseres Landes ist der Haushalt grundsätzlich vor Beginn des Haushaltsjahres zu verabschieden. Eine spätere Verabschiedung ist eher die Ausnahme.

In unserem Fall beruht die Verzögerung auf der Landtagswahl im Frühjahr 2011. Die politischen Schwerpunkte konnten erst gebildet werden, nachdem sich die neue Regierung konstituiert hatte. Der Entwurf des Haushalts konnte daher erst im November des vergangenen Jahres im Landtag eingebracht werden.

Der Haushalts- und Finanzausschuss legte sich ein ehrgeiziges Arbeitsprogramm auf, um die Haushaltsberatungen zügig, aber zugleich mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen. Ich glaube, ich kann für uns alle feststellen, dass sehr arbeitsintensive Wochen hinter uns liegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Beratungen über den Doppelhaushalt 2012/2013 fanden in einer höchst ambivalenten gesamtwirtschaftlichen Lage statt: Einerseits können wir – nach dem beispiellosen Absturz der Weltwirtschaft durch die internationale Finanzkrise in den Jahren 2008/2009 – eine erfreuliche Erholung der deutschen Wirtschaft feststellen. Ebenso erfreulich ist es, dass sich unsere rheinland-pfälzische Wirtschaft in der Krise als stabil erwiesen hat.

Andererseits erleben wir aber aktuell in Europa seit Monaten eine Staatsschuldendiskussion. Die Lage auf den internationalen Finanzmärkten ist äußerst angespannt. Wir alle hoffen, dass uns ein Rückfall in eine zweite Finanzkrise erspart bleibt, die infolge der bereits ausgeschöpften fiskalpolitischen Handlungsspielräume der Staaten weit katastrophalere Folgen haben könnte als die erste und wahrscheinlich kaum noch aufzufangen wäre.

Von daher lautet das Gebot der Stunde: Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. – Der rheinland-pfälzische Landtag hat sich dieser – wahrlich nicht einfachen – Aufgabe als eines der ersten Landesparlamente verschrieben, als er noch in der letzten Wahlperiode mit den Stimmen aller im Landtag vertretenen Fraktionen die Schuldenbremse in der Landesverfassung verankert hat.

Parallel zu den Haushaltsberatungen haben wir im Haushalts- und Finanzausschuss den Gesetzentwurf der Regierung zur Ausführung der Schuldenbremse beraten und hierzu eine Expertenanhörung durchgeführt. Rheinland-Pfalz wird bundesweit eines der ersten Länder sein, das Ausführungsregeln zur Umsetzung der Schuldenbremse beschließt. Ich glaube, dies ist ein gutes und wichtiges Signal.

Die Schuldenbremse hat die Beratungen dieses Doppelhaushalts geprägt, wie sie mit Sicherheit auch die Gestaltung der Haushalte in den kommenden Jahren prägen wird.

Klar ist, der vor uns liegende Weg ist eine Herausforderung. Wir reden über Konsolidierungsschritte von rund 200 Millionen Euro pro Jahr. Eine solch gewaltige Kraft

anstrengung wird nicht ohne schmerzhafte Einschnitte zu bewältigen sein. Alle politischen Akteure stehen hier in der Verantwortung, zu sparen und nur haltbare finanzielle Versprechungen zu machen. Letztlich ist dieser Weg ohne Alternative, wenn wir die finanzielle Handlungsfähigkeit unseres Landes für nachfolgende Generationen sichern wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraktionen werden in der gleich anschließenden Aussprache die aus ihrer Sicht jeweils bedeutsamen Aspekte dieses Doppelhaushalts hervorheben. Ich gehe deshalb auf die Diskussionen im Haushalts- und Finanzausschuss und die unterschiedlichen Bewertungen des Regierungsentwurfs nur exemplarisch ein.

Aus Sicht der regierungstragenden Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde hervorgehoben, dass der vorgelegte Haushalt die gebotene Konsolidierung vornehme, dabei aber zugleich die notwendigen Gestaltungsspielräume belasse.

Mit Blick auf die Konsolidierung wurde betont, dass der Haushalt sowohl nach der alten Schuldenregel als auch nach der neuen Schuldenbremse verfassungskonform sei.

Bei der Bewertung des Haushalts war es aus Sicht der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entscheidend, auch die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Blick zu behalten.

So wirken die Folgen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise und der Einbruch der Steuereinnahmen noch nach. Auch sei zu sehen, dass die Steuerpolitik im Bund nicht ohne Folgen auf den Landeshaushalt bleibt – insbesondere wenn von Steuersenkungen die Rede sei. Hier lägen ganz erhebliche Risiken auf dem Pfad zur Erreichung des für 2020 gesteckten Zieles einer strukturellen, also nicht konjunkturbedingten Neuverschuldung von null.

Mit Blick auf die Investitionen in die Zukunft betonten die regierungstragenden Fraktionen, dass der vorgelegte Haushalt den Herausforderungen für die Zukunft unseres Landes gerecht werde.

Dabei wurden zwei Bereiche besonders hervorgehoben: Aus Sicht der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war es von zentraler Bedeutung, dass trotz der notwendigen Konsolidierung die Finanzierung der Bildungsausgaben sowie der Umsetzung der Energiewende gesichert sei. Hervorgehoben wurde auch, dass durch den Pensionsfonds für die auf das Land zukommenden Versorgungslasten entsprechende Vorsorge getroffen worden sei. Im Ergebnis gelte die Leitlinie: konsolidieren, investieren und vorsorgen. Im Hinblick auf die Finanzsituation der Kommunen wurde begrüßt, dass zahlreiche Maßnahmen zu einer Verbesserung der Kommunalfinanzen bereits ergriffen worden seien. Besonders zu begrüßen sei in diesem Zusammenhang die Etatisierung der Landesanteile für den kommunalen Entschuldungsfonds.

Sowohl die Fraktion der SPD als auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonten aber auch die

Notwendigkeit einer grundlegenden Reform der Kommunalfinanzen bzw. des kommunalen Finanzausgleichs im Verlaufe dieser Wahlperiode. Mit Blick auf die konkrete Ausgestaltung des Liquiditätspools wurde hervorgehoben, dass es sinnvoll sei, zu einer gemeinsamen Position der im Landtag vertretenen Fraktionen zu gelangen.

Aus Sicht der CDU-Fraktion sollte bei der Bewertung des Haushaltsentwurfs der Regierung die Verschuldung des Landes in den Blick genommen werden, die im Bundesvergleich hoch sei. Trotz hoher Steuereinnahmen schaffe es die Landesregierung nicht, ohne neue Schulden auszukommen. Die CDU sieht verfassungsrechtliche Bedenken, da der Haushalt die bisher geltende Schuldengrenze nur deshalb einhalte, weil die Zuführungen zum Pensionsfonds als Investitionen gewertet würden. Die konkrete Ausgestaltung des Pensionsfonds trage nicht zur transparenten Abbildung der finanziellen Risiken für den Haushalt bei. Ähnliches gelte für das Sondervermögen „Wissen schafft Zukunft“.

Aus Sicht der CDU-Fraktion setzt der Haushalt verkehrte Schwerpunkte, etwa bei der Bildung. Die Abschaffung der Studiengebühren für Langzeitstudierende sei ebenso abzulehnen wie die kostenlose Schülerbeförderung. Auch die Schwerpunkte bei den Kommunalfinanzen seien anders anzusetzen. Die Mehreinnahmen durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer sollten aus Sicht der CDU-Fraktion an die Kommunen fließen.

Zu begrüßen sei, dass im Landeshaushaltsgesetz eine Rechtsgrundlage für den Liquiditätspool enthalten sei. Mit Blick auf die konkrete Umsetzung bestehe allerdings noch Beratungsbedarf.

Dem Haushalts- und Finanzausschuss lagen nach zehn Sitzungen, zum Teil mit bis zu 7,5 Stunden Dauer, 369 Änderungsanträge der Fraktionen vor. Keiner der insgesamt 175 Anträge der Fraktion der CDU fand im Ausschuss die notwendige Mehrheit.

(Zurufe von der CDU)

Angenommen wurden hingegen die 172 Anträge der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.