Protokoll der Sitzung vom 24.02.2012

Wir haben nun einmal die Situation, dass wir – ich möchte Sie da gar nicht lange mit behelligen – von der Urbanisierung zur Suburbanisierung über die Reurbanisierung eben wieder den Trend haben, Rückzug in die Stadt. Rheinland-Pfalz ist nun einmal kein Land, das von Zentren geprägt ist, sondern durch ländliche Regionen. Von daher müssen wir auch schauen, welche Auswirkungen es hat, wenn wir nicht – so wie die Landesregierung das entschieden hat – diese Programme fahren und auch durchsetzen; denn die demografische Entwicklung im ländlichen Raum ist dadurch deutlich geschwächt, wenn die Infrastruktur nicht vorhanden ist. Die Kinderbetreuung dient nicht nur den Kindern, sondern auch berufstätigen Eltern.

Ich möchte ganz deutlich machen, dass dies dort, wo es fehlt – ich habe es eben schon einmal gesagt –, für die Mütter in der Zeit, in der sie die Rente in Anspruch nehmen, auch großflächig zur Altersarmut führt. Ich glaube, die Grundsicherung im Alter – das ist mittlerweile denen, die auch in den Kreisen tätig sind, bewusst und be- kannt – steigt auch in den Zahlungen und Leistungen an.

Hier ist es also nachhaltig, dafür Sorge zu tragen, dass wir in den ländlichen Räumen auch als Familien leben können.

Der Rechtsanspruch für die Einjährigen kommt 2013. Das wird sicherlich eine große Herausforderung sein. Die „Herdprämie“, zu der ich mich auch schon geäußert habe, ist demgegenüber sicherlich das völlig falsche Signal.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Auch dazu habe ich mich hier in diesem Hohen Hause schon geäußert. Mittlerweile ist allen klar, dieser prognostizierte Anspruch von 35 % greift voraussichtlich bundesweit sowieso nicht mehr. Es macht auch keinen Sinn, einen Rechtsanspruch zu schaffen, der für 100 % gilt. Ein Rechtsanspruch gilt nicht für 35 %, sondern ein Rechtsanspruch gilt immer für 100 %. Da frage ich doch dann deutlich, was mit den 65 % der anderen ist. Auch hier erwarte ich zukünftig eine Nachsteuerung von Bundesseite. Es ist ein Bundesgesetz. Die Kreise tun vieles – das Land trägt auch seinen Teil dazu bei –, aber hier muss sicherlich nachgesteuert werden. Wie gesagt, man kann nicht einen Rechtsanspruch in Kraft setzen und nachher sagen, ätsch, besser ist, 65 % nehmen diesen nicht in Anspruch.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke, unsere Schwerpunkte sind deutlich geworden, dass wir nämlich auf die frühe Förderung setzen, wir junge Familien unterstützen und auch einen Schwerpunkt auf den Ausbau der U-3-Plätze legen. RheinlandPfalz hat natürlich mit dem Rechtsanspruch für die Zweijährigen schon eine Vorbildfunktion. Das muss man auch deutlich sagen. Dadurch ist es so gekommen, dass wir im Ländervergleich so gut dastehen.

Wir sehen, die Eltern sind dankbar, dass es diesen Rechtsanspruch gibt. Die Eltern nehmen es gerne in Anspruch. Da sind wir sicherlich auf einem guten Weg.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Spiegel das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nur ganz kurz noch einmal etwas zur Frauenpolitik sagen. Vom Herrn Kollegen Dr. Konrad ist schon einiges zur Finanzierung der Frauenhäuer gesagt worden. Da möchte ich noch einmal anmerken, dass man wirklich bundesweit neidvoll nach Rheinland-Pfalz blickt, was die Finanzierung der Frauenhäuer anbelangt. Es hatte immer einen hohen Stellenwert, übrigens nicht nur unter Rot-Grün. Da möchte ich auch ausdrücklich die Vorgängerin von Irene Alt, Malu Dreyer, loben, dass man sich der Frauenpolitik immer sehr leidenschaftlich und engagiert angenommen hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich komme ganz kurz zu der Aussage von Frau Huth-Haage, man bräuchte keine Aktionspläne in Rheinland-Pfalz, die Menschen seien toleranter, als wir denken. Ich wünschte, es wäre wirklich 100 %ig so. Sprechen Sie doch einmal mit den Schwulen- und Lesbenverbänden in Rheinland-Pfalz. Sprechen Sie mit QueerNet, die werden Ihnen entschieden widersprechen. Vor diesem Hintergrund finde ich es ganz wichtig, dass wir den Aktionsplan gegen Homophobie ins Leben gerufen haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Nicht nur der Aktionsplan gegen Homophobie, sondern auch die Aufstockung im Bereich Vielfalt und Toleranz ist ein wichtiges politisches Signal. Ich persönlich wünsche mir, dass wir eines Tages sagen können, die Menschen sind so tolerant, dass wir solche Programme gar nicht mehr brauchen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

ich erteile Frau Staatsministerin Alt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum ersten Mal sind die Themen „Integration“, „Familie“, „Kinder“, „Jugend“ und „Frauen“ in einem eigenen Haus vereint. Ich bin froh, dass ich zusammenführen konnte, was zusammengehört. Wir sind im Gegensatz zu der CDU der Meinung, dass wir mit diesem neuen Zuschnitt unserer Zuständigkeiten einen neuen Schub und Synergien durch verstärkte Kooperationen erzeugen können. Nehmen Sie zum Beispiel die Qualität in den Kindertagesstätten mit der Sprachförderung in Kombination mit unseren Integrationsangeboten oder den besseren Schutz von Kindern, wenn Familienförderung, die Kindertagesstätten und die Jugendarbeit Hand in Hand gehen.

Ich bin mir sicher, dass sich unser Haus sehr schnell bewährt.

Mit dem vorgelegten Haushalt legen wir die finanzielle Basis für eine zukunftsgerichtete, solidarische, gleichberechtigte und beteiligungsorientierte Politik für alle Menschen in Rheinland-Pfalz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Mein Haus stellt sich neben seinen Aufgaben auch den Herausforderungen der Schuldenbremse. Unser Einzelplan schließt mit dem Volumen von rund 583 Millionen Euro in 2012 und 611 Millionen Euro in 2013 ab. Darin enthalten sind die Einsparvorgaben, die sich aus dem rot-grünen Konsolidierungspfad ergeben haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben es heute schon häufig gehört, Integrationspolitik ist wichtiger denn je. Sie betrifft keine Randgruppe, sondern einen großen Teil unserer Gesellschaft. Rund 750.000 Menschen, das sind fast 20 % unserer Bevölkerung, haben einen Migrationshintergrund. Jeder Euro der 1,73 Millionen Euro ist für die Förderung der sozialen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Integration gut angelegt.

Im Jahr 2012 wird das Integrationskonzept des Landes fortgeschrieben. Die interkulturelle Öffnung und der Aufbau interkultureller Kompetenzen sollen Schwerpunkte bei der Umsetzung sein; denn wir leben in einer Gesellschaft, die von kultureller Vielfalt geprägt ist.

Ich danke den Regierungsfraktionen für die Erhöhung der Mittel zur Förderung der Integration um 70.000 Euro. So können wir durch zusätzliche Projekte die Umsetzung des Integrationsprojektes beschleunigen. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Neben den landesweit angebotenen Feriensprachkursen für schulpflichtige Kinder ergänzen wir auch künftig das Basissprachangebot des Bundes durch niedrig schwellige Sprachkurse, wie zum Beispiel die sehr beliebten „Mama lernt Deutsch“-Kurse.

Bei der Integrationspolitik des Landes brauchen wir Partnerinnen und Partner. Deswegen unterstützen wir die wichtige Arbeit der rheinland-pfälzischen Migrationsfachdienste weiterhin. Wir erhöhen außerdem die institutionelle Förderung für die Nichtregierungsorganisationen AGARP, den Initiativausschuss und den AK Asyl um rund 63.000 Euro, um deren wichtiges Engagement für Flüchtlinge zu stützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen in besonderer Weise zu den humanitären Verpflichtungen im Flüchtlings- und Asylrecht. Nicht zuletzt deswegen habe ich die Zuständigkeiten für Integration mit den Bereichen Ausländerrecht und Flüchtlingsaufnahme in einer Abteilung meines Hauses zusammengeführt.

Ich freue mich, dass wir in den ersten Monaten dieser Regierung schon einiges erreichen konnten. Wir konnten die LUfA in Trier auflösen. Wir konnten die Residenzpflicht für Asylsuchende in Rheinland-Pfalz abschaffen. Wir konnten ein bundesweites Resettlement-Programm initiieren, durch das jährlich 300 besonders schutzwürdige Personen in Deutschland aufgenommen werden können.

Mit der „Landesinitiative Rückkehr“ unterstützen wir Kommunen jährlich mit bis zu 1,4 Millionen Euro dabei, besonders Asylsuchenden, deren Anträge abgelehnt worden sind, die freiwillige Rückkehr zu ermöglichen. Außerdem werden wir im Kampf gegen Menschenhandel die Hilfen auf die Opfer der Arbeitsausbeutung ausweiten. Opfer von Zwangsverheiratungen sollen weitere Hilfen erhalten.

Ich will an der Stelle auf das eingehen, was Frau HuthHaage angesprochen hat. Das betrifft das Thema „Abschiebegefängnis in Ingelheim“. Hier stehe ich voll und ganz zu dem Grundsatzbeschluss, den wir im Dezember gefasst haben. Ich lasse mir Zeit; denn diese Zeit brauchen wir, um ein neues und gutes Konzept zu entwickeln und einen guten Alternativstandort zu suchen und zu finden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was die Scharia anbelangt, sage ich an dieser Stelle deutlich, Herr Hartloff hat nicht von Scharia gesprochen. Das hat er mehrfach gesagt. Deswegen habe ich mich auch nicht zu Scharia positioniert.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn wir heute Familien unterstützen wollen, dann müssen wir die Vielfalt von Lebensweisen im Blick haben. Traditionelle Familien, alleinerziehende Eltern, unverheiratete Paare mit Kindern, Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien, im Grunde alle Formen, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Notwendig ist also eine ganzheitliche, generationenübergreifende Familienpolitik. Die Stärkung der Familien in Rheinland-Pfalz ist uns sehr wichtig. Wir haben trotz schwieriger Haushaltslage fast 100 Millionen Euro pro Jahr für die Familien veranschlagt.

Die Landesregierung wird weiterhin ihren Beitrag für die Förderung der Familienbildung, der Familienzentren, der Häuser der Familien sowie der Familienerholung leisten. Für die familienunterstützende Infrastruktur wie etwa Erziehungs- und Familienberatungsstellen bringen wir 13,3 Millionen Euro auf. Die Bedeutung, die wir den Hilfen zur Erziehung, der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche sowie den Hilfen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge beimessen, spiegelt sich im Haushaltsansatz in Höhe von über 52 Millionen Euro pro Jahr wider.

Durch die Verknüpfung von Prävention, frühen Hilfen und gesundheitlicher Förderung hat das Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindesgesundheit bundesweit Maßstäbe gesetzt. Wir wenden dafür die beachtliche Summe von 1,35 Millionen Euro zur Unterstützung der Kommunen auf. Ungefähr das gleiche Volumen erbringt das Gesundheitsministerium für die Maßnahmen im Gesundheitsschutz.

Meine Damen und Herren von der CDU, erste Evaluationen zu der Wirksamkeit dieser präventiven Maßnahmen und frühen Hilfen, die Sie heute in Ihrem Entschließungsantrag fordern, sind bereits erfolgt. Die Ergebnisse finden Sie auf unserer Homepage.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Da wir aber auch in diesem Verantwortungsbereich noch besser werden wollen, haben wir für 2012 eine KostenNutzen-Analyse des Einladungswesens geplant und uns

für 2013 eine Gesamtevaluation vorgenommen. Sie sehen, wir sind auch auf diesem Feld gut aufgestellt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich bin froh, dass wir bei der Debatte um das Bundeskinderschutzgesetz überzeugen und uns durchsetzen konnten, dass die Familienhebammen und die Netzwerke frühe Hilfe zukünftig dauerhaft gesichert und finanziert sind. Es hat sich gelohnt, hierfür den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Frau Huth-Haage, in Ergänzung zu Ihrem Beitrag sage ich Folgendes: Ich denke, mit der Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes in Ergänzung zu unserem Landeskinderschutzgesetz sind wir bundesweit hervorragend aufgestellt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

An dieser Stelle will ich etwas zu dem Entschließungsantrag einfügen, weil es zum Thema „Kinderschutz“ passt. Das betrifft die Schädigung während der Schwangerschaft durch Alkoholkonsum. Das ist für uns ein sehr ernstes und wichtiges Thema. Sie wissen, wir haben uns bei der letzten Ausschusssitzung sehr intensiv mit dieser Thematik befasst. Dazu gehört die Suchtprävention. Herr Brennberger vom Gesundheitsministerium war da und hat mit mir gemeinsam das Thema mit Ihnen erörtert. Ich denke, es wird für uns weiterhin ein wichtiges Thema bleiben.

Was ich aber an dieser Stelle nicht ganz nachvollziehen kann, wenn Sie das fordern und auch noch eine Aufklärungskampagne fordern, ist, warum Sie dann bei der Kollegin pro Jahr 800.000 Euro bei den Maßnahmen für suchtgefährdete Menschen streichen wollen. Das erscheint mir in der Gesamtschau etwas unlogisch.