Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

Herr Baldauf, übersetzt heißt das – ich glaube, Sie wissen das –, hier wird das, was wir eigentlich wollen, nämlich die Energiewende voranzutreiben, über die Maßen strapaziert. Mit den Kürzungen waren wir einverstanden, mit denen war die Branche einverstanden, auch die Politik. Wir haben es letztes Jahr im Sommer bei dem Energiewendepaket verhandelt. Es war klar, dass die Vergütungssätze fallen würden, so, wie auch die Kosten für die Module heruntergegangen sind. So weit alles d’accord.

Herr Baldauf, wir reden hier aber nicht nur über den Zeitraum zwischen 1. April und Juli. Es ist völlig verfehlt, wenn Sie das so weit reduzieren.

Wir reden darüber, wie eine Politikwahrnehmung durch die Wirtschaft stattfindet. Diese Politik dieser Bundesregierung an dieser Stelle wird absolut mit Planungsunsicherheit gekennzeichnet, unzuverlässig. So soll Wirtschaftspolitik in Deutschland nicht aussehen. Wir sehen, an dieser Stelle ist die Bundesregierung definitiv für die Wirtschaft nicht zuverlässig da.

(Beifall des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Baldauf, ich muss Sie auch korrigieren. Das zeigt leider Ihre mangelnde Kenntnis, wenn Sie diesen kleinen Zeitraum nehmen. Es ist nicht so, dass die Betriebe einmal einen Vertrag machen dürfen und das Material auf dem Hof haben. Die Anlagen müssen angeschlossen sein. Sie müssen verplombt sein. Der Strom muss nachweisbar eingespeist werden können. Wo kämen wir denn hin, wenn wir das plötzlich an der Stelle einmal eben so unsicher machen dürfen? Dafür würden Sie uns doch kritisieren, die Energiewirtschaft sowieso.

Also bleiben Sie an dieser Stelle auf jeden Fall korrekt, an einer zweiten Stelle bitte auch. Wenn Sie sagen, die Kosten würden die armen Menschen in diesem Land auf ihrer Stromrechnung bezahlen, dann muss ich dazu sagen, mit dem EEG ist das erste Mal ein Instrument geschaffen worden, bei dem man das erste Mal eine Transformation in einem Markt darstellbar machen kann, nicht als eine Subvention, die irgendwo in den Steuern verschwindet, so, wie wir das irgendwo mit den Kosten für die atomare Entsorgung und auch die Endlagerung und nachher den Abriss von Atomkraftwerken deutlich machen müssen,

(Baldauf, CDU: Wir sind jetzt einmal bei der Photovoltaik!)

oder aber die Ewigkeitskosten der deutschen Steinkohle, die wir mit 3 Cent pro Kilowattstunde auf den Steuern bezahlen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Das EEG macht das transparent. Wir bilden es nicht verschwommen und verschwiemelt in den Steuern ab, sondern zeigen ganz deutlich, was es bedeutet. Was

lesen wir da ab? – Wir lesen ab, dass nicht die kleinen Bürger in diesem Land die größeren Nachteile haben, sondern dass die Industrie die größeren Vorteile hat. Diese sind der Industrie eingeräumt worden, weil wir gesagt haben, wir wollen die Wirtschaft in diesem Transformationsprozess nicht schwächen. Sie muss ihre Stärke behalten. Wir wollen auch die Transformation sicher gestalten.

Tatsache ist, dass die Industrie zum Teil nur zwei Drittel von den Stromkosten bezahlt, die die privaten Haushalte übernehmen. Wenn man nachbessert, müsste man das an der Stelle zur Kompensation Ihres Argumentes tun, Herr Baldauf. Also verdrehen Sie hier bitte nicht die Tatsachen! (Beifall des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich komme nun zu dem Gipfel, den wir bei mir im Ministerium hatten. Wir haben die Branche eingeladen. Wir haben die Verbände und die Kammern eingeladen. Wir haben viele einzelne Unternehmen eingeladen. Es war ein breiter Aufruf. Es sind viele gekommen. Wir haben eine gemeinsame Erklärung abgegeben.

Ich möchte noch einmal sagen, wer alles dabei war und für wen wir hier auch sprechen. Wir sprechen für die Arbeitsgemeinschaft der rheinland-pfälzischen Handwerkskammern – darin sind alle Handwerkskammern vertreten –, wir sprechen für die Architektenkammer Rheinland-Pfalz, den Bundesverband Kraft-WärmeKopplung, die Bürgergenossenschaften – es sind verschiedene, ich habe eine Liste – und den Verband der Bürgergenossenschaften, die Dachdeckerinnungen, das Deutsche Energieberater-Netzwerk, die EnergieEffizienz-Offensive Rheinland-Pfalz, den Fachverband Sanitär und Heizung, den Gemeinde- und Städtebund, den Landkreistag Rheinland-Pfalz.

Herr Baldauf, wir reden hier also für eine ganze Menge. Um Ihre Frage zu beantworten, wie viele Arbeitsplätze gefährdet sein werden, gehen Sie einmal über die Rheinland-Pfalz-Ausstellung und lassen sich von Betrieben ansprechen. Dann werden Sie sofort eine Wahrnehmung dafür entwickeln.

Wenn ich sage, es werden vermutlich mehrere Tausende sein, so ist es so, wir werden es erst abschließend sagen können, wenn diese Menschen registriert sind, was ich dann sehr bedauere. Wenn die Betriebe wirklich nicht mehr wissen, wohin mit den Menschen, dann haben wir das schon erreicht. Das wollen wir zum jetzigen Zeitpunkt verhindern. Das heißt, wir müssen Schätzungen aufgrund von Befragungen abgeben, die wir auf solchen Gipfeltreffen und solchen Veranstaltungen auch vornehmen.

Ich möchte noch eine andere Meldung aus der Presse nennen: Solarhybrid ist zahlungsunfähig. – Es geht hier um mehrere Tausend Arbeitsplätze auch in diesem Land. Es geht um noch etwas ganz anderes, was wir eingangs von Herrn Dr. Braun gehört haben, nämlich das Ausbremsen und den Deckel zur Energiewende.

Der Deckel bedeutet nichts anderes – er ist sozusagen jetzt frei in der Feder der Bundesregierung mit dieser

Änderung – als das Verbot vom Einspeisen erneuerbarer Energien aus Photovoltaik-Anlagen. Meine Damen und Herren, wie wollen Sie eine Energiewende voranbringen, wenn Sie verbieten, erneuerbare Energien ins Netz einzuspeisen? So bestimmt nicht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wie geht es weiter? Was tut diese Landesregierung? Wir haben uns im Kabinett darauf verständigt, in der nächsten Sitzung des Bundesrates, wenn dieses Thema behandelt wird, für die entsprechende Mehrheit zu sorgen. Im Moment verhandeln wir mit den Kollegen aus den anderen Bundesländern, diese Verordnung, die wir leider nicht verhindern können, zumindest genau in diesen zentralen Bereichen zurückzunehmen. Die Bundesregierung wird es hoffentlich machen.

Ich denke, dadurch, dass die Kanzlerin momentan mit Vertretern der Länder zusammensitzt und darüber berät, ist ein wesentliches Zeichen dafür gegeben. Ich hoffe, sie hat es zumindest so erkannt. Wenn wir nachher Gegenteiliges hören sollten, dann wird das die Branche schädigen. Dann kann man zu Recht behaupten, dass sich die Bundesregierung in diesem Bereich absolut wirtschaftsfeindlich verhält, wie es das DIW auch in meiner eben genannten Pressemitteilung des „Handelsblattes“ veröffentlich hat. Mehr als bedauern kann man es dann nicht.

Zum Thema „Energiewende in Rheinland-Pfalz“ setzen wir auf heimische Kräfte. Wir werden die Energiewende aus rheinland-pfälzischer Sicht weiter fortsetzen, egal, was die da in Berlin machen. Das sage ich Ihnen, Herr Baldauf. Ich freue mich aber, wenn wir Sie da auf unserer Seite sehen würden.

Da reicht es aber nicht, wenn sich Frau Klöckner für eine Verschiebung auf den 1. April einsetzt.

(Pöksen, SPD: April! April!)

Da muss sie noch ein bisschen mehr tun.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, zur Geschäftsordnung stelle ich fest, die leichte Überziehung der Redezeit durch die Landesregierung führt dazu, dass die CDU-Fraktion noch 49 Sekunden mehr als zwei Minuten hat,

(Baldauf, CDU: Da haben wir aber Glück gehabt!)

die beiden anderen Fraktionen jeweils die Hälfte. Teilen Sie 49 Sekunden durch zwei, dann wissen Sie es.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: 24,5!)

Herr Dr. Braun, Sie haben das Wort.

Herr Baldauf, wir haben es jetzt wirklich mit einer sachlichen Diskussion versucht. Dann kommen Sie und spielen hier den Retter von Witwen und Waisen. Das glaubt Ihnen hier drin niemand, draußen erst recht nicht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es wäre einmal schön gewesen, Sie hätten in der Argumentation mitgemacht, hätten gegenargumentiert und nicht von irgendwelchen Schulden gesprochen, die sich aufhäufen. Es sind natürlich Verpflichtungen da. Aber sie werden doch durch diese Änderungen nicht verändert, Herr Baldauf.

Um was geht es? – Wir haben Einspeisehöhen von 19 Cent oder 24 Cent, je nach Anlage. Jetzt kürzen wir sie noch einmal ein bisschen herunter und zerstören einerseits dadurch die Arbeitsplätze. Das heißt, wir haben mehr soziale Lasten. Auf der anderen Seite generieren wir keine Steuern und Gewinne und gefährden dazu noch die Energiewende. Das sind doch die Tatsachen und nicht, dass Sie sich hier hinstellen und Positionen vertreten, die Sie selbst gar nicht glauben und die wir Ihnen garantiert nicht glauben.

Herr Baldauf, wir sind mit dieser Politik nicht unsozial. Herr Krawinkel, den Sie so gerne zitieren, hat heute wieder im Umweltausschuss des Bundestages vorgetragen. Er schreibt: Wenn man die Höhen einhalten will, die man sich vorgenommen hat, die diese Bundesregierung versprochen hat, nämlich 3,5 Cent EEG-Umlage pro Kilowattstunde, dann muss man die Umlage der Industrie infrage stellen. Diese sind zum großen Teil befreit. Dann muss man da herangehen.

Aber das ist eine Verringerung der Umlage im Moment. Sie haben versucht, genau das zu thematisieren, allerdings auf völlig falscher Grundlage. Im Moment wird der Mittelstand belastet, aber die Großen, die Milliardengewinne machen, werden entlastet. Das kann doch nicht sein. Der Mittelstand sollte genauso entlastet werden wie die Bürgerinnen und Bürger. Der Mittelstand wird von den Stromkosten her entlastet, wenn die Großen mit bezahlen würden. Das tun sie nicht, und zwar weder bei den Netzentgelten noch bei dem EEG. Das ist die Aufgabe, die wir haben, wenn wir soziale Politik machen wollen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Zur sozialen Politik gehört, dass man die Wahrheit sagt, die Arbeitsplätze erhält und sie nicht gefährdet. Genau das ist unsere Mittelstandspolitik und nicht so wie Ihre, die die Arbeitsplätze gefährdet und hinterher mit Scheingefechten kommt und die Witwen und Waisen retten will.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Herr Präsident, das war die Hälfte.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile Herrn Baldauf das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer interessant, eine solche Debatte mitzuverfolgen. Jetzt wissen wir, in welche Richtung das hier geht. Herr Kollege Dr. Braun, zunächst ist interessant, dass Sie ausführen, dass in Zukunft die Industrie belastet werden soll.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Davon ist eine ganze Menge Arbeitsplätze abhängig, Herr Dr. Braun, davon sind viele Menschen abhängig, die Sie mit diesen Kosten belasten wollen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich möchte an dieser Stelle eines sagen. Ich finde es bezeichnend, wenn Sie sich hier hinstellen und sich über Witwen und Waisen lustig machen. Das finde ich nicht in Ordnung. (Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD)

Wir müssen eines festhalten. Es gibt einen Herrn Gerd Billen. Den kennen Sie. Er ist Verbraucherschützer.