Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

dann auch die Feuerwehr an. Es lässt sich also feststellen, dass in rund 25 Jahren Betriebsdauer insbesondere in den Blöcken 2 und 3 nun erstmals die Sicherheitsprobleme auch an den Brennelementelagerbecken auftreten, an den sogenannten Rückflussverhinderern, weil hier die Sicherheitseinrichtungen fehlen.

Dieser bislang unentdeckte Konstruktionsfehler – das ist ein Konstruktionsfehler in der Anlage, der jetzt erst durch die Störfälle entdeckt wurde – wurde durch die französische Atomaufsicht und den Betreibern im Nachhinein auch als Störfall, das heißt mit der Stufe INES 2 auf der internationalen Skala, eingestuft.

Damit aber nicht genug. Letzte Woche hatte wir dann in Block 1 noch einmal ein Ereignis der Stufe INES 1. Da wurde eine Störung gemeldet. Ein elektrischer Defekt außerhalb des abgeschalteten Reaktorblocks löste das Schutzsystem des Hilfstransformators aus, und der Notstromdiesel wurde angefahren.

Wenn jetzt der Notstromdiesel nach dem Stromausfall funktioniert hätte, dann wäre vielleicht insoweit nichts passiert. Aber in diesem Fall ging der Notstromdiesel über zwei Stunden nicht an.

In diesem Block wurden gerade Brennelemente ausgetauscht. Im Ernstfall hätten Sie, wären sie zu diesem Moment nicht ausgetauscht worden, nicht gekühlt werden können, und wir hätten hier eine sehr, sehr gefährliche Situation gehabt.

Meine Damen und Herren, insgesamt kann man doch sagen, dass eine derartige Fehlerquote und ein unzumutbares Ergebnis des Stresstests für die Menschen in der Großregion eine absolute Gefahr darstellen.

Deswegen werden wir als Landesregierung nichts, aber auch gar nichts auslassen, hier weiter politisch und fachlich aktiv zu sein und auch mit den Menschen in der Region darauf hinzuwirken, das nötige Bewusstsein zu schaffen, dass das AKW abgeschaltet werden muss. Natürlich gehört dazu der Sondergipfel. Das ist völlig klar. Das ist die höchste politische Ebene.

Der Ministerpräsident hat auch Herrn Sarkozy angeschrieben. Wir haben die Kanzlerin angeschrieben. Ich habe Herrn Röttgen angeschrieben. Ich bin mit Herrn Röttgen deswegen im Gespräch. Ich sehe im Moment leider nicht, dass die Bundesregierung die notwendige Konsequenz der Gesprächsaufnahme mit den Franzosen hier erkennt, und bedauere das sehr.

Meine Damen und Herren, beim Bedauern darf es nicht bleiben. Da erwarte ich auch von der CDU – denn sie sehen ja mit uns, welche Gefahr dies hat –, dass man hier in Gespräche eintreten muss. Sie haben selbst gesagt, es gibt auch so etwas wie Nachbarschaftsrecht. Da muss man auch zusammen agieren.

Das heißt, ich verlange jetzt auch an dieser Stelle von Frau Merkel, dass sie mit uns agiert. Wenn Sie darauf hinwirken könnten, dann wäre ich sehr froh, Sie würden das tun. Frau Merkel befindet sich auch im Wahlkampf in intensivem Austausch mit Herrn Sarkozy. Da sollte man doch erwarten, dass sie das mit der Energiewende jetzt

ganz ernst nimmt und ihn auch auf diese Sicherheitsprobleme anspricht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wir haben außerdem natürlich auch Kontakt mit dem bei der EU-Kommission für Energiefragen zuständigen EUKommissar Oettinger. Er ist ebenfalls informiert. Wir gehen davon aus, dass auch er sich jetzt dafür einsetzen wird, hier zu einer Abschaltung mit beizutragen. Sie wissen, die Franzosen haben durchaus Pläne, weitere Überprüfungen wahrzunehmen. Ich muss Ihnen aber auch sagen, ich habe äußerste Bedenken und die Franzosen deswegen noch einmal angeschrieben.

Der letzte Störfall, den wir hatten, von dem ich eben berichtet habe – auf der INES-Skala mit 1 eingestuft –, wurde uns erst zwei Tage später gemeldet. Bisher hatten wir sehr durchgängige und sehr zuverlässige Informationsflüsse. Wir konnten darauf vertrauen, dass die französische Atomaufsicht und die Behörden gut im Zusammenspiel mit uns agiert haben. Ich muss Ihnen sagen, wir sind jetzt offensichtlich weg von dieser Situation, dass man das noch als zuverlässig betrachten kann auch in der Kommunikation, was die verschiedenen Ereignisse betrifft.

Ich mache mir also hier an dieser Stelle ernsthaft Sorgen. Wenn Sie beitragen können, dann nutzen Sie alle Ihre Kanäle auch in Richtung der Bundesregierung, um hier weiter zu wirken. Für mich ist das, was Frau Merkel hier im Moment vorlegt, leider keine gradlinige Haltung. Die brauchen wir aber zur Sicherheit der Bürger in diesem Land und in der Großregion.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Deshalb kommen wir zur Abstimmung über den Antrag – Drucksache 16/1083 –. Wer dem gemeinsamen Antrag zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Somit ist der Antrag einstimmig angenommen. Vielen Dank.

Wir kommen zu Punkt 18 der Tagesordnung:

Bekenntnis zur 24-Stunden-Genehmigung am Flughafen Frankfurt-Hahn Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1044 –

dazu: Gute Perspektiven für den Wirtschaftsstandort Hahn erhalten – Investorensuche konstruktiv begleiten Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1084 –

Herr Kollege Bracht, Sie haben das Wort. Es wurde eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat diesen Antrag zum Thema „Bekenntnis zur 24-Stunden-Genehmigung am Flughafen Hahn“ eingebracht, um ein klares und möglichst einstimmiges Bekenntnis dieses Parlaments und damit auch der Regierung für diese 24-Stunden-Genehmigung am Flughafen Hahn zu erwirken. Wir sind in großer Sorge um die Zukunft des Flughafens Hahn; denn wer die 24-Stunden-Genehmigung des Flughafens infrage stellt, der stellt auch den Flughafen infrage.

(Beifall bei der CDU)

Die Regierungskoalition hat zwar eine gemeinsame Formulierung in der Koalitionsvereinbarung gefunden, aber was nützt diese, wenn sie in der Praxis von den GRÜNEN nicht beachtet wird? Wenn die GRÜNEN ein bundesweites Nachtflugverbot fordern – so geschehen auf ihrem Bundesparteitag und danach auch in öffentlichen Bekundungen –, dann fordern sie auch ein Nachtflugverbot für den Hahn. Dann fordern sie die Aufhebung der 24-Stunden-Genehmigung für den Hahn. Meine Damen und Herren, damit schlagen Sie dem Hahn die Beine weg.

Das können wir nicht akzeptieren. Ohne diese 24Stunden-Genehmigung hat der Hahn keine Chance am hart umkämpften Markt. Das wussten die Väter dieses Flughafens. Deshalb haben sie die 24-StundenGenehmigung von vornherein angestrebt.

Auch bei der gerichtlichen Durchsetzung dieses Zieles und dieser Genehmigung hatten in den 90er-Jahren die damals Regierenden von SPD und FDP jederzeit die Unterstützung der CDU in genau dieser Frage.

(Beifall der CDU)

Wir haben Sie darin auch gegenüber der Bevölkerung – soweit das notwendig war – verteidigt. Wir haben diese Genehmigung öffentlich auch als Opposition verteidigt.

Meine Damen und Herren, nur wer das Besondere in der abgelegenen Region bietet, der hat auch eine Chance am Markt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Deshalb tut es uns besonders weh, wenn heute welche kommen und dieses einzigartige Kennzeichen dieses Flughafens so einfach in den Papierkorb werfen wollen. Jetzt sucht die Regierung hoffentlich endlich bald einmal nach Investoren für diesen Flughafen, für den Hahn. In Klammern will ich noch einmal sagen, hätte man die Fraport vor gut drei Jahren gehalten, hätte man heute viele Probleme weniger.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt wird dringend ein Investor gesucht. Ich und wir fragen uns aber allen Ernstes, wie diese Regierung erfolgreich auf Investorensuche gehen will, wenn sie sich erkennbar nicht einig ist beim 24-Stunden-Betrieb für diesen Flughafen. Wenn das Urteil in Leipzig so ausgeht, wie wir das derzeit alle erwarten, ergeben sich zusätzliche Chancen für den Hahn. Sie ergeben sich aber nur bei Klarheit und klarem Bekenntnis aller Regierenden zu einer 24-Stunden-Genehmigung. Die Hoffnungen, die Erwartungen von Herrn Minister Lewentz und uns, dass der Hahn von dem Nachtflugverbot in Frankfurt profitiert, werden sich ohne dauerhaft gesicherten 24-Stunden-Flugbetrieb auf dem Flughafen Hahn nicht erfüllen. Deshalb werben wir dafür, und deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht, damit dieses Parlament die Chance hat und auch dieses Bekenntnis abgibt. Wir wollen dieses klare Bekenntnis, damit der Hahn eine Zukunft hat. Die Gründe entnehmen Sie dem Antrag.

Der Flughafen ist vor allem als Frachtflughafen ausgebaut. Er hat alle Chancen dafür. Insbesondere das Frachtgeschäft bedarf dieser 24-Stunden-Genehmigung, weil man interkontinental über die Kontinente hinweg Fracht verschickt. Da sind nächtliche Beschränkungen sehr problematisch und schränken die Fluggesellschaften sehr ein. Wir brauchen ein florierendes Frachtgeschäft, um auch im Passagierbereich erfolgreich zu sein; denn ohne ein gutes Frachtgeschäft wird der Tourismus und vieles, was am Passagierbereich dranhängt, nicht weiter Garant für Arbeitsplätze in unserer Region sein. Deshalb ist es auch dafür notwendig.

(Beifall der CDU)

Ich will auch meinerseits und unsererseits deutlich machen, dass wir keine uneingeschränkte Lärmbelastung für die Menschen im Hunsrück wollen. Schon jetzt ist es so, dass in der Nacht nur die Flugzeuge der leisesten Kategorie fliegen dürfen. Das muss auch in Zukunft so bleiben, sonst werden wir auf Dauer keine Zustimmung für diesen Nachtflug dort behalten. Wir brauchen den Nachtflug aber – ich habe es dargestellt –, um insgesamt erfolgreich zu sein.

Meine Damen und Herren, deshalb plädiere ich dafür und bitte Sie, noch einmal darüber nachzudenken. Sie haben einen Alternativantrag eingebracht, der in Teilen sicher in die richtige Richtung geht, der aber genau in diesem entscheidenden Punkt – Sicherstellung, Gewährleistung und Bekenntnis zur 24-Stunden-Genehmigung – nicht den entscheidenden Schritt tut. Deshalb bitten wir Sie im Interesse des Flughafens Hahn und im Interesse der Zukunft des Flughafens Hahn darum, diesen unseren Antrag zu unterstützen. Ich glaube, das wäre ein sehr gutes Bekenntnis in Richtung Investorensuche und in Richtung Zukunft für diesen Flughafen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Mertes das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche als Hunsrücker Abgeordneter, der seit 20 Jahren an der Entwicklung dieses Flughafens beteiligt ist und deshalb zu diesem Antrag reden muss. Man hat eben den Eindruck gehabt, als hätte die rot-grüne Koalition in irgendeiner Weise auch nur einen einzigen Ton zu diesem Thema von sich gegeben.

Wir sind nicht blind. Zuerst kommen Sie mit der B 10, dann mit dem Hochmoselübergang und jetzt mit dem Hahn. Sie wollen prüfen, ob das hält, was die machen. Es hält. Es hält noch vier Jahre und vielleicht noch viel länger. Deshalb ist das, was Sie machen heuchlerisch.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich erzähle Ihnen jetzt einmal eine Geschichte vom Kollegen Bracht und mir. Morgen vor 14 Tagen hat uns der Staatsekretär in unserer Eigenschaft als Aufsichtsräte angerufen und uns darüber informiert, dass es Investoren gibt, die Fragen haben und verhandeln wollen. Sie wissen, Geld und Investoren sind wie ein scheues Reh. Wenn man zu früh auf die Lichtung tritt, ist es weg.

Wir werden informiert und einbezogen. Unser Rat wird gefragt. Dann kommt dieser Antrag. Es ist gegenüber dem Flughafen, der Region und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in höchstem Maß illoyal, so zu handeln.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bracht, CDU: Das ist eine Unverschämtheit!)

Ja, Sie sind illoyal. Man muss sich fragen, warum man Sie überhaupt berufen hat, weil Sie es politisch ausnutzen.

(Bracht, CDU: Das ist eine Unverschämtheit!)

Das ist keine Unverschämtheit. Wer Investoren mit einer solchen Botschaft empfängt wie Sie, nämlich dass Sie Misstrauen säen wollen, der ist illoyal. Das war jetzt höflich. Ich hätte eine ganze Menge anderer Begriffe nennen können.

(Zuruf des Abg. Licht, CDU)