Protokoll der Sitzung vom 02.05.2012

(Beifall der CDU)

An dem Grundsatz der Freizügigkeit wird also auf keinen Fall gerüttelt. Dennoch muss ein Abwägungsprozess stattfinden, um unsere Innere Sicherheit zu gewährleisten.

(Zuruf von der SPD: Ist die denn gefährdet?)

Was ist gewollt? – Wenn ein Mitgliedsland des Schengen-Raums seine Außengrenzen nicht ausreichend sichert – zum Beispiel gegen einen Ansturm illegaler Einwanderer, wie dies 2011 mit einer Flüchtlingswelle aus Afrika stattfand –,

(Pörksen, SPD: Wir?)

nur dann soll den nationalen Regierungen ermöglicht werden, zeitweise die Grenzkontrollen im SchengenRaum bis zu 30 Tage – wir reden von 30 Tagen – wieder einzuführen, und nichts anderes.

(Beifall der CDU)

Das ist die Forderung des Bundesinnenministers. Niemand will dauerhaft Grenzkontrollen einführen. Das

unterstellen einzig und allein Sie. Das ist ein populistischer Antrag.

(Beifall der CDU)

Es geht zum Beispiel um den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität und somit um die Innere Sicherheit der Bundesrepublik.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Fragen Sie mal die Polizei!)

Dafür müssen auch einmal Entscheidungen getroffen werden, die vielleicht in einigen Augen unpopulär erscheinen.

Der Artikel der „FAZ“ vom 27. April 2012 bringt es auf den Punkt. Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich aus dem Kommentar von Herrn Busse, der die Reisefreiheit wie wir alle als historische Errungenschaft bezeichnet: „Dieser historische Fortschritt sollte niemanden blind machen für die Schwächen im Schengen-System. Da geht es nicht nur um illegale Einwanderung, sondern auch um grenzüberschreitende Kriminalität. Es hat keinen Sinn, diese Probleme wegzureden; sie werden von den Bürgern erlebt und als Ärgernis oder gar als Bedrohung empfunden.“

Das ist der Punkt, um den es geht, und um nichts anderes, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Im Übrigen geht es auch nicht darum, dass der Ausnahmekatalog für Grenzkontrollen erweitert wird. Hierfür gibt es bereits eine entsprechend große Zustimmung unter den Mitgliedsländern. Selbst das Europaparlament vertritt die Position, dass im Fall fortwährender ernsthafter Mängel an der Außengrenze eines Mitgliedslands wieder Binnengrenzkontrollen eingeführt werden können.

(Ministerpräsident Beck: Aber mit Zustimmung der EU! – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber doch gemeinsam!)

Auch den Grünen sollte doch aufgefallen sein, dass dies alles in eine ähnliche Richtung geht.

Übrigens – das ist jetzt die spannende Frage, Herr Wiechmann – drängt sich einem schon die Frage auf, ob der rheinland-pfälzische Landtag der richtige Ort ist, dieses Thema zu diskutieren.

(Ministerpräsident Beck: Wer sonst? – Zurufe der Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, und Pörksen, SPD)

Sie tun ja gerade so, als ob die Schlagbäume an der rheinland-pfälzischen Landesgrenze zu Frankreich, zu Luxemburg und zu Belgien heruntergingen.

(Zuruf der Abg. Frau Schmitt, SPD)

Diese Länder halten sich bekanntlich an die SchengenStandards. Von hier droht sicherlich auch keine Flüchtlingswelle. Wo ist denn die Betroffenheit von RheinlandPfalz?

(Frau Schmitt, SPD: Sie haben nichts verstanden!)

Sie gibt es nicht, sie wird von Ihnen konstruiert, und das ist Populismus der höchsten Kategorie.

(Beifall der CDU)

Kümmern Sie sich doch einmal um die Landespolitik. Da gibt es sicherlich sehr viele Baustellen, sogar das eine oder andere Trümmerfeld, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Fuhr, SPD: Die CDU!)

Es geht hier gar nicht darum, dass das hohe Gut der Reisefreiheit komplett eingeschränkt werden soll. Vielmehr geht es darum, die Sicherheit zu gewährleisten und eine vernünftige Abwägung unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu schaffen. Dem Strom von Flüchtlingen, der aus Afrika unkontrolliert nach Europa kommt, und auch der Situation an der türkischgriechischen Grenze,

(Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

wo leider schon seit Längerem die Schengen-Standards nicht mehr eingehalten werden, muss Einhalt geboten werden.

Laut Informationen aus dem Bundesinnenministerium sind allein im vergangen Jahr 55.000 Menschen bei dem Versuch aufgegriffen worden, illegal über diese Bereiche in die EU zu gelangen. Die vorläufigen Zahlen für 2012 lassen den Schluss zu, dass hier leider eine entsprechend steigende Tendenz zu verzeichnen ist. Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat der Bundesinnenminister den von Ihnen kritisierten Vorschlag unterbreitet.

Derzeit ist es auch den 25 Mitgliedsländern schon jetzt erlaubt, bei terroristischen Bedrohungen oder bei Großereignissen wie der Fußball-WM für fünf Tage die Schlagbäume wieder herunterzulassen. Das soll auch auf zehn Tage verlängert werden.

Bleiben Sie also bitte beim Thema, meine Damen und Herren. Die Verdienste der Bundesregierung und auch speziell unserer Bundeskanzlerin für Europa stehen sicherlich außer Frage. Hören Sie auf, mit populistischen Anträgen die Menschen zu verunsichern.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Welche denn?)

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Hering, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen feststellen, dass der französische Präsident in unverantwortlicher Weise an rechtspopulistische Vorbehalte appelliert, um seine Wiederwahl zu sichern. Das wird ihm offensichtlich nicht gelingen.

Aber der Skandal ist, dass sich der Bundesinnenminister nicht zu schade war, diese rechtspopulistischen Tendenzen in Frankreich zu unterstützen, um damit eine Wiederwahl von Sarkozy zu unterstützen. Es gibt keinen sicherheitspolitischen Hintergrund, diese Initiative jetzt zu starten. Es ist ein reiner Appell an rechtspopulistische Tendenzen in der Gesellschaft.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es gibt Politiker der CSU, der CDU, der FDP, die den Mut und das Rückgrat haben, dieses Vorgehen des Bundesinnenministers zu kritisieren. Sie als CDU im rheinland-pfälzischen Landtag haben das Rückgrat nicht.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Schengener Abkommen, das Öffnen der Binnengrenzen in Europa, ist gründlich und lange vorbereitet worden. Mitte der 80er-Jahre ist die Entscheidung gefallen, und die Öffnung der Grenzen ist über zehn Jahre vorbereitet worden. Es ist sehr genau ausgewertet worden, ob die Sicherheitslage vor und nach Öffnung der Grenzen anders geworden ist. Sie wissen, dass die Auswertung der Innenministerkonferenz, der Sicherheitsbehörden ergeben hat, dass sich die Sicherheitslage verbessert hat.

Weil die Sicherheitsbehörden grenzüberschreitend besser zusammenarbeiten, sodass die Beamten, die an der Grenze eingesetzt waren, um zu 98 % unbescholtene Bürger zu kontrollieren, für bessere und sinnvollere Arbeiten eingesetzt werden können, hat sich die Sicherheitslage in Europa nachhaltig verbessert.

Herr Seekatz, wenn Sie hier von afrikanischen Flüchtlingen an Binnengrenzen sprechen, dann ist das einfach ein Herbeireden von Gefahren, um auch an diese rechtsradikalen populistischen Tendenzen zu appellieren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Das hat mit einer Sicherheitslage nichts zu tun.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Denn die Initiative ist das Appellieren an rechtspopulistische Tendenzen in der Gesellschaft, nichts anderes.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)