Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Insbesondere haben sie sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt werden. Was hier etwas verniedlichend als verkürzt bezeichnet wird, meint nichts anderes, als dass sie zu verhindern haben, dass Steuern hinterzogen werden.
Das ist nicht irgendwie lapidar, oder das steht irgendwie beiläufig dort, sondern das geht auf die Grundrechte zurück. Das geht auf Artikel 3 des Grundgesetzes zurück. Dieser steuerliche Belastungsausgleich ist somit eine grundrechtliche Pflicht. Es ist nicht ein lapidarer gesetzgeberischer Auftrag, sondern es ist die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Steuerrecht durchgesetzt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Verpflichtung kommt die rheinland-pfälzische Steuerverwaltung mit einem sehr, sehr großen Engagement nach. Gerade die Kolleginnen und Kollegen, die in der rheinland-pfälzischen Steuerfahndung arbeiten, haben hier in der Vergangenheit hervorragende Arbeit geleistet. Meine Damen und Herren, dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung.
Aber Dank und Anerkennung kann nicht ausreichen. Wir müssen die Kolleginnen und Kollegen, die diese wichtige Arbeit tun, auch unterstützen. Wir versuchen, sie vonseiten des Landes, vonseiten der Landesregierung, dadurch zu unterstützen, indem wir die Steuerfahndung personell aufgestockt haben. Wir nehmen sie von allen Kürzungsüberlegungen, die wir vor Kurzem der Öffentlichkeit vorgestellt haben, aus. Sie zu unterstützen, bedeutet aber auch, dass man ihnen eines der wirksamsten Instrumente, um ihrer Aufgabe nachzukommen, nämlich Informationen beispielsweise aus solchen Steuer-CDs auszuwerten, nicht aus der Hand schlägt.
Herr Schreiner, dann bin ich schon erstaunt, wenn Sie einfach einmal so dahinsagen, das sei rechtswidrig. In
Wenn ich von einer Straftat Kenntnis bekomme, dann habe ich dafür zu sorgen, dass diese Straftat verfolgt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gab in der Vergangenheit Unsicherheiten in dieser Frage. Dann hat ein Verfassungsgericht geurteilt. Dann hat ein Landgericht Recht gesprochen und ein Finanzgericht Recht gesprochen. Die haben alle bestätigt, dass, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, diese CDs aufgekauft werden dürfen. Alle CDs, die bisher aufgekauft worden sind, haben offensichtlich diese Verhältnismäßigkeit eingehalten. Das bitte ich zu beachten, weil man sonst, lieber Herr Schreiner, in einen falschen Verdacht gerät, wenn man so vehement wie Sie dafür plädiert, dass solche CDs nicht mehr aufgekauft werden sollen.
Im Übrigen haben sich alle Länder bisher an dem Ankauf solcher CDs finanziell beteiligt und damit ihr Einverständnis erklärt. Ein Land hat das nicht getan. Das war das Land Brandenburg. Der dortige Finanzminister der LINKEN wollte vonseiten der Bundesregierung eine klarere Aussage zu den rechtlichen Bedenken. In dieser Gesellschaft befinden Sie sich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Ankauf von CDs ist mehr als nur zusätzliches Geld für die Landeskasse, obwohl das nicht gering zu schätzen ist. 125 Millionen Euro haben allein das Mehr an Selbstanzeigen in den Jahren 2010 und 2011 in die Landeskasse gespült. Es ist auch etwas, was einen präventiven Charakter hat. Steuerhinterziehung wird stärker geächtet. Leute kriegen zum Glück mehr Angst, Steuern zu hinterziehen. Leute werden vorsichtiger und hoffentlich auch durch die öffentliche Diskussion einsichtiger, dass man so etwas nicht tut.
Auch Länder, die sich bisher ordentlichen Doppelbesteuerungsabkommen verweigert haben, geraten unter Druck, mit der Bundesrepublik Deutschland in vernünftige Verhandlungen einzutreten. So auch die Schweiz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Steuerabkommen mit der Schweiz ist so, wie es jetzt vorliegt, noch nicht ordentlich und – das kann ich Ihnen nicht ersparen – von der Bundesregierung schlecht verhandelt. Man verhandelt ein solches Abkommen nicht ohne diejenigen, die es betrifft.
Meine Kollegen der CDU-Länder haben es genauso moniert wie ich, dass Herr Schäuble, dem ein geringerer Anteil der potenziellen Einnahmen zusteht, ohne Rückkopplung und ohne eine einzige Rücksprache mit den Ländern darüber verhandelt. Ich glaube, er hat später
festgestellt, dass das ein Fehler war. Er hat uns dann, nachdem paraphiert war – es ist schwierig, wenn ein Abkommen paraphiert ist –, angeboten, informelle Nachverhandlungen mit der Schweiz zu führen. Mein Kollege Schmid aus Baden-Württemberg hat sich in diesen Verhandlungen verdient gemacht. Er hat aber nur leichte Verbesserungen erreichen können, die wir nach wie vor für unzureichend halten.
Wir haben uns schon darauf eingelassen, nicht das einzufordern, was wir und was Sie hoffentlich auch für richtig erachten, nämlich dass es einen freien Informationsaustausch gibt. Das ist das, was demokratische Staaten untereinander vollziehen sollten.
Wir haben noch drei Forderungen. Wir haben gesagt, um der Steuergerechtigkeit in der nachträglichen Besteuerung insbesondere wegen der Bürgerinnen und Bürger, die ehrlich Steuern bezahlen, zum Durchbruch zu verhelfen, muss der Mindeststeuersatz für die nachträgliche Versteuerung von 21 % auf 25 % angehoben werden.
Uns ist es besonders wichtig – das führt das ganze Abkommen, wenn es verbessert zustande kommen sollte, völlig ad absurdum –, dass das sogenannte Abschleichen verhindert wird, das heißt, dass diejenigen, die in der Vergangenheit Steuern hinterzogen haben, mit Inkrafttreten zur Besteuerung herangezogen werden sollen und nicht noch ihr Geld aus der Schweiz herausbringen können und dürfen. Wenn die Schweiz dieses nicht verhindert und keine Wege anbietet, wie man so etwas auch nachträglich ahnden kann, ist ein Abkommen nach meinem Verständnis völlig ausgeschlossen.
Wir haben drittens gesagt, dass Steuer-CDs auch zukünftig noch angekauft werden müssen, bzw. es erlaubt sein muss, dass Steuer-CDs angekauft werden; denn die deutschen Steuerbehörden sind nach dem Entwurf des Abkommens nicht diejenigen, die die Steuern erheben, sondern das tun die Schweizer Banken und die Schweizer Steuerbehörden. Wenn diese das ordentlich tun, dürfte in der Zukunft nichts mehr auf den CDs vorhanden sein, was irgendeinen potenziellen Steuersünder belastet.
Wenn man dennoch darauf besteht, dass solche CDs, die dann alle wertlos wären, nicht angekauft werden, setzt man sich etwas der Gefahr aus, dass man vielleicht nicht sicher ist, ob das Abkommen auch entsprechend steuergerecht vollzogen werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn die Schweiz noch ein Interesse hat, dass dieses Steuerabkommen zustande kommt, dann sorgt sie dafür, dass der Mindeststeuersatz angehoben wird, und dann akzeptiert sie eine Besteuerung für die Vergangenheit, die das Wort Steuergerechtigkeit verdient.
Sie sorgt dafür, dass die Grenzen für Steuerflüchtlinge bis zum Inkrafttreten des Abkommens geschlossen werden, und sie sperrt sich nicht dagegen, dass auch in Zukunft Steuer-CDs angekauft werden, die völlig wertlos wären, wenn die Schweiz das Abkommen im Geist der Vereinbarung lebt.
Meine Damen und Herren, ich finde, diejenigen, die es als ihre selbstverständliche staatsbürgerliche Pflicht ansehen, ihre Steuern abzuführen und zu bezahlen, haben es verdient, dass wir es denen nicht allzu leicht machen, die glauben, sie könnten egoistisch selbst darüber entscheiden, ob sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schreiner, der Finanzminister hat ein Übriges zu Ihrer Begriffsverwendung „rechtswidrig“ gesagt. Ich bin ihm sehr dankbar dafür, dass er das in großer Klarheit getan und abgeleitet hat, woher dieser Anspruch kommt. Ich finde, es ist schon bedenklich, wenn man mit solchen Begriffen wie „rechtswidrig“ spielt, um zu delegitimieren, dass die Steuergesetzgebung durchgesetzt wird.
Ich will auch noch einmal auf den Titel unserer Aktuellen Stunde eingehen, und zwar in dem Sinne, in welchem Zusammenhang das steht. Es geht genau darum, dass wir uns fragen, dass sich nicht die gesamte Gesellschaft, sondern gewisse Teile der Gesellschaft dem entziehen. Wie kann man es als Rechtsstaat hinnehmen, dass ein großer Teil der Bürgerinnen und Bürger darauf angewiesen ist, bestimmte Leistungen zu erhalten und brav und ordentlich im Wesentlichen seine Steuern bezahlt, aber ein bestimmter Teil der Gesellschaft, und zwar ausgerechnet der, der besonders leistungsfähig ist, was die Steuer anbelangt, sich dem entziehen kann?
Ein Staat, der das hinnimmt, nimmt eine Verzerrung hin, die mit den Geboten unseres Grundgesetzes, die wir verinnerlicht haben, nicht sehr viel zu tun hat.
Herr Schreiner, ich verstehe Ihren Appell gut, wenn Sie sagen, es hat keinen Sinn, sich in internationale Verhandlungen zu begeben und dies in der Form zu tun, dass man den Kooperationspartner beschimpft. Ich bin bei Ihnen. Ich finde, manche Kavallerie-Begriffe hätte man sich ersparen können.
Das ist aber nicht das, was wir heute gesagt haben. Dieser Begriff ist heute nicht gefallen, weder vom Minis
ter noch von meinem Kollegen Wansch oder von mir. Ich habe gesagt, ich bin für ehrliche und offene Verhandlungen. Ich bin dafür, dass wir in Verträgen regeln. Was darin geregelt sein muss, das hat der Finanzminister aufgeführt. Das sind sachliche Gründe.
Das hat nichts damit zu tun, dass wir die Schweizer nicht mögen, beschimpfen oder ihr Geschäftsmodell falsch finden. Wir müssen aber den Anspruch erheben, dass Verträge, die wir mit diesem Staat schließen – die Bundesrepublik und die Länder sind beteiligt –, diesen Anforderungen zur Durchsetzung rechtsstaatlicher Aufgaben tatsächlich genügen. Nichts anderes ist Teil dieser Debatte. So setzen wir Steuergerechtigkeit um.
Ich würde mich sehr freuen, wenn das auch von der CDU-Landtagsfraktion und -Opposition anerkannt werden würde, zumal auch die CDU-Ministerpräsidenten und -Finanzminister der schwarz- und schwarz-gelbregierten Länder gar nicht unähnlich gehandelt und sich geäußert haben wie der Finanzminister dieses Landes.
Wenn Ihnen morgen ein Bürger Dubais eine Daten-CD mit Informationen über das Geschäftsgebaren rheinlandpfälzischer Landesgesellschaften anbietet, kaufen Sie die dann auch?
Der Kern des Rechtsstaats ist, dass man sich darauf verlassen können muss, dass der Staat mit rechtsmäßigen Mitteln vorgeht. Die Daten-CDs – das ist eindeutig – werden nur auf Anreiz der deutschen Politik überhaupt gebrannt. Das Brennen der Daten-CDs ist gesetzeswidrig. Deshalb ist es strafrechtlich relevant. Die Verkäufer sind deshalb, wenn man ihnen in der Schweiz habhaft werden kann, auch samt und sonders im Gefängnis.