Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

Wir sind auch bereit, über die Liste der befreiten energieintensiven Unternehmen zu schauen, und wir sind noch mehr dazu bereit, über das EEG zu reden und es weiterzuentwickeln, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es lohnt sich auch, einmal in die Broschüre des WWF hineinzuschauen. Darin wird deutlich, dass es nicht nur um die erneuerbaren Energien geht, die den Strompreis verteuert haben, sondern sehr viele andere Fakten hinzukommen, die man – wenn man über das EEG und über die Senkung der Verbraucherpreise redet – auch im Blick haben muss und über die man nachdenken muss.

Ich möchte als letzten Punkt in dieser Runde den Energiegipfel ansprechen. Der WDR hat kommentiert, das Null-Resultat ist ein Erfolg. – So weit würde ich nicht gehen. Es ist schon ein Erfolg, dass Bund und Länder zusammengerückt sind und darüber diskutieren und in einer zweiten Runde des Energiegipfels hoffentlich zu einvernehmlichen Lösungen kommen. Es ist ein Erfolg, dass es nicht dazu gekommen ist, worüber auf Bundesebene diskutiert wurde, dass nämlich die erneuerbaren Energien quotiert, ausgebremst oder gedeckelt werden. Dies ist mit Sicherheit ein Erfolg des Energiegipfels.

Mehr dazu möchte ich in der zweiten Runde sagen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Lemke das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um das EEG und seine vielen Details. Es geht um die Frage, wie dieses EEG als Instrument funktioniert und ob wir Grundfunktionen dieses Instruments, welches dafür gesorgt hat, dass wir 25 % Erneuerbare im Strom haben, infrage stellen, oder ob wir es weiterhin für ein gutes Instrument halten, um den weiteren Umbau im Energiesektor mit zu steuern. Ich möchte auf einige Details, die Sie auch schon genannt haben, eingehen.

Zunächst einmal zum Grundsätzlichen: Im Grundsatz hat das EEG dafür gesorgt, dass diejenigen, die erneuerbaren Strom erzeugen, ihn auch einspeisen dürfen und ihnen dieser Einspeisevorrang langjährig garantiert wird. Der Energiegipfel am vergangenen Wochenende war aus meiner Sicht insofern ein Erfolg, als dieser Grundsatz nicht infrage gestellt worden ist. Dies ist wirklich ein Erfolg dieses grundsätzlichen und tollen Rezeptes EEG.

Wir müssen aber vielleicht noch etwas feiner differenzieren. Bisher war dies nicht notwendig. Bei den ersten 3 % bis 5 % Umbau war es vielleicht nicht so notwendig wie jetzt, wo wir immer feiner im Bereich der unterschiedlichen Technologieformen Entwicklungsprozesse und Lernkurven beobachten. So wird das EEG nach Technologie weiter differenzierte Einspeisevergütungen unterscheiden müssen. Es braucht weiterhin, wie bereits jetzt, eine degressive Entwicklung der Einspeisung, weil sich die Technologie ständig weiterentwickelt und alle Beteiligten im Prozess jeweils wieder neu investieren müssen, und dies tun sie nur, wenn es diesen Incentive gibt, der wiederum nur dann funktionieren kann, wenn er mit einer Degression, mit einer Abschmelzung der Vergütungsregelung, und auch einer sinnfälligen und gerechten Umlagefinanzierung verbunden ist.

Auch dies wurde auf dem Energiegipfel als Grundsatz, als Erfolg des Wochenendes festgehalten, und ich den

ke, das ist ganz wichtig; denn so können wir gemeinsam in die Detailarbeit zum weiteren Umbau dieses sinnvollen Gesetzes gehen.

Ich möchte Ihnen deswegen auch einige Erfolge aus unserer Sicht nennen, zu denen das EEG beigetragen hat. Sie haben heute vielfach auf die Preisentwicklung hingewiesen, und dies möchte ich an dieser Stelle auch tun. Ich möchte sagen, dass sich Heizöl im betrachteten Zeitraum zwischen 1998 und 2012 um 290 % verteuert hat, Erdgas um 110 % und der Strom aus der EEGUmlage um 50 %, wobei man ganz klar sagen muss, die Erneuerbaren haben dafür gesorgt, dass die Erhöhung doch nicht so gravierend ausfiel; denn durch den MeritOrder-Effekt und den Börsenhandel sind die Kosten durch die erneuerbaren Energien um 14 % herabgesenkt worden. Dies war nur möglich, weil wir von diesen Technologien, die wir zur Marktreife gebracht haben, genügend Mengen am Markt zur Verfügung stellen, dass dieser Effekt eintreten kann.

Dies ist beispiellos bisher, ebenso wie die Entwicklung der Arbeitsplätze am Markt, die Herr Dr. Braun soeben geschildert hat: 382.000 Arbeitsplätze wurden bereits dadurch geschaffen. Die Zahl der Beschäftigten im Bereich der erneuerbaren Energien hat sich zudem seit dem Jahr 2000 vervierfacht, und für Rheinland-Pfalz bedeutet dies, von rund 1.000 Arbeitnehmern arbeiten rund acht Beschäftigte direkt in dieser Branche.

Wir können auch den Nutzen beziffern. Nach Berechnungen der Agentur für Erneuerbare Energien belief sich der gesellschaftliche Nutzen auf mindestens 21 Milliarden Euro, und ich möchte gern ausführen, wie sie sich zusammensetzen. Rund 8 Milliarden Euro kommen durch vermiedene Umwelt- und Klimaschäden zustande, die kommunale Wertschöpfung profitiert mit 7,5 Milliarden Euro, vermiedene Energieimporte machen die Summe von 2,9 Milliarden Euro aus, und der eben schon genannte Merit-Order-Effekt, also der Kostensenkungseffekt, 2,8 Milliarden Euro.

Diesem Nutzen standen im Jahr 2011 nominelle Aufwendungen von knapp 14 Milliarden Euro für die Förderung umweltfreundlicher Elektrizität gegenüber.

Nach Berechnungen des BMU wurden im Jahr 2011 insgesamt 22,9 Milliarden Euro für die Errichtung erneuerbarer Energieanlagen investiert. Wie Sie sehen, ist das ein extrem großes Wirtschaftsprogramm.

Ich kann Ihnen auch sagen, wie die Umsätze waren. Die Umsätze im Bereich der Photovoltaik lagen bei 18,9 Milliarden Euro, Windenergieanlagen bei 10,6 Milliarden Euro, Bioenergieanlagen bei 2,5 Milliarden Euro, Erdwärme- und Luftwärmepumpen bei rund 1,1 Milliarden Euro. Die Liste lässt sich fortsetzen für Solarthermie, Wasserkraft und geothermische Anlagen.

Im Bereich der kommunalen Wertschöpfung habe ich eben die Ziffer schon genannt. Wie aber eine Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung zeigt, haben die erneuerbaren Energien bundesweit regional mit 6,8 Milliarden Euro und 2011 mit 7,5 Milliarden Euro beigetragen. Davon flossen allein 0,6 Milliarden Euro an Steuereinnahmen in die kommunalen Kassen.

Es lohnt sich also. Unsere Betriebe kommen auch gut weg.

Die Regelung für energieintensive Unternehmen, über die hier schon diskutiert wurde, macht absolut Sinn, wenn sie im internationalen Wettbewerb stehen. Aber schauen wir doch einmal genauer auf diese Regelung, und schauen Sie doch bitte auch auf das, was Ihre Fraktion beschlossen hat und was Ihre Aussagen sind.

Liebe CDU, ich möchte deswegen eine kleine Betrachtung vorausschicken. Für das Jahr 2013 werden rund 770 Millionen Euro mehr – insgesamt sind es für die Bundesrepublik Deutschland 18,7 Milliarden Euro – angesetzt, die an Vergütung für Windparks, Photovoltaik und Biogasanlagen im Rahmen des EEG eingeplant sind.

Das macht eine Erhöhung bei den anfallenden Ausgaben von rund 4,3 % aus. Die Umlage aber stieg um 47 %. Wie kann das sein? Die Erklärung ist hier schon erfolgt. Es gibt einige wenige Unternehmen, die sehr viel aus dieser Umlage wieder zurückerhalten, nämlich genau diese Differenz.

Anstatt aber auf diese Entwicklung einzugehen und zu berücksichtigen, dass die Steigerung von 47 % der EEG-Umlage so nicht beibehalten werden kann, haben Sie, die schwarz-gelbe Regierung in Berlin, beschlossen, eine erheblich größere Zahl von Betrieben zu befreien, indem Sie die Grenze für die Befreiung von 10 Gigawatt auf 1 Gigawatt herabgesetzt haben.

Im Jahr 2005 waren es 250 Betriebe mit Befreiung. 2012 waren es 750 Betriebe. 2013 werden es mehr als 1.700 Betriebe sein. Meine Damen und Herren, Sie haben gerade eine Steigerung um 250 % der EEG-Umlage für diese Betriebe beschlossen. Ich möchte wissen, wie Sie das nächstes Jahr unseren Bürgerinnen und Bürgern und vor allen Dingen auch dem Mittelstand in RheinlandPfalz erklären wollen. Ich werde es nicht erklären können; denn ich halte diese Regelung für falsch, im Übrigen Ihre Kanzlerin auch. Das hat eben gerade Herr Braun zitiert.

Dieses Zitat ist nicht nur in der ARD gesendet worden. Es ist bundesweit in allen Medien gewesen. Deshalb kann ich auch nicht verstehen – dazu habe ich etwas in der „Süddeutschen Zeitung“ gelesen –, dass die Mainzer Opposition Folgendes sagt – ich zitiere jetzt einen Artikel vom 7. November, also von gestern, aus „DIE RHEINPFALZ“ –: „Die Mainzer Opposition steht auch hinter der auf Bundesebene beschlossenen Erweiterung des Kreises begünstigter Unternehmen:“ – Das heißt, wenn Sie diese so mittragen, wie das in Berlin beschlossen wurde, dann stehen Sie weiter für eine Erhöhung der EEGUmlage um 250 % im nächsten Jahr.

(Staatsministerin Frau Höfken: Genau!)

Meine Damen und Herren, das verstehe ich nicht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie fordern uns auf, die Preise moderat zu gestalten. Ihre Regierung in Berlin beschließt das Gegenteil. Das ist nicht mehr zu erklären. Ich finde, das müsste man hier ganz deutlich sagen. Ich bin nicht die Einzige, die das sagt. Das hat bereits ein Unternehmer erkannt, nämlich Michael Otto.

Ich habe heute die „Frankfurter Rundschau“ von Mittwoch aufgeschlagen. Dort gab es einen Artikel dazu: „Teure Energie wäre ein Hebel.“ Michael Otto ist Aufsichtsratschef des Otto-Versandhandels.

Er hat deutliche Korrekturen der Ökostrom-Umlage verlangt. Ich zitiere: „Es sollten weniger Unternehmen von der EEG-Umlage befreit werden, findet er. ‚Die Ausnahmen sind zu breit gewährt worden.‘“

Ich darf auch darauf verweisen, dass wir mit der Wirtschaftsministerkonferenz letzte Woche in Brüssel bei Herrn Oettinger, Ihrem Kommissar Oettinger, einen Besuch gemacht haben. Herr Oettinger hat uns darauf hingewiesen, dass es nun Beihilfeverfahren genau in dieser Frage gibt, dass nämlich diese Ausnahmeregelungen, die viel zu großzügig und teilweise unbegründet gewährt worden sind, nicht dem Beihilferecht entsprechen. Deswegen hat die Bundesregierung hier auch mit Verfahren zu rechnen.

Ich zitiere noch einmal Herrn Michael Otto, Aufsichtsratschef des Otto-Versandhandels. Er will die EEGUmlage korrigieren. Er nennt einige Gründe, die noch wichtig sind.

Auf die Frage, wie denn Otto auch mit den Klimazielen in Doha umgeht, die dort behandelt werden, sagt er: Der CO2-Ausstoß der Unternehmergruppe hat sich gut entwickelt. „Stark nach unten. Wir haben etwa den Ausstoß transportbedingter CO2-Emissionen zwischen 1992 und 2007 um 40 Prozent reduziert. Jetzt sollen auf Basis der Jahre 2007 bis 2020 weitere 50 Prozent unserer CO2Emissionen wegfallen.“

„Vor allem die Umstellung von Luft- auf Schiffsverkehr bringt viel.“ Er zählt dann eine Reihe von Beispielen auf, wie man zu Strom, zu Transport und zu anderen Fragen der Energie effizient in Betrieben arbeiten kann und nennt selbst diese Beispiele als effiziente Gegenmaßnahme und gute Strategie im Umgang mit der Energiepreisentwicklung.

Ich erinnere noch einmal daran, Ölpreise haben sich überproportional, nämlich mit 290 % Preissteigerung, entwickelt. Das ist viel mehr. Da muss man ran. Das wissen auch unsere Unternehmerinnen und Unternehmer im Land.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Dr. Braun das Wort. Sie haben noch eine Redezeit von vier Minuten und 30 Sekunden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte nicht die gesamte Redezeit ausschöpfen. Ich glaube, man kann Herrn Baldauf kurz antworten: Die Position von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und auch der damaligen Bundesregierung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war schon immer – das wissen Sie auch, das schreiben Sie doch in Ihren Veröffentlichungen –, dass man energieintensive Betriebe, die im internationalen Wettbewerb stehen, von der EEG-Umlage ausnimmt.

Das ist jetzt wirklich nicht neu. Das ist über zehn Jahre alt. Das hat sich bewährt. Das war eine gute Lösung, damit die energieintensiven Betriebe nicht von Deutschland in andere Staaten abwandern, wo noch unter viel schlimmeren Bedingungen Strom hergestellt wird.

Das wollten wir vermeiden. Das ist uns gelungen. Das war ein gutes Gesetz. Hinzu kommt jetzt aber, dass die CDU – ich glaube, das ist jetzt nicht genügend diskutiert, das sagt auch die Kanzlerin –, vielleicht unter Einfluss der FDP, ich weiß es nicht, zu dem Schluss kam, bedeutend mehr Betriebe auszunehmen.

Man könnte dann natürlich sagen, das ist doch prima, da wird unser Mittelstand von der EEG-Umlage ausgenommen.

Meine Damen und Herren, wir haben aber in RheinlandPfalz weit mehr als 100.000 Betriebe. Ausgenommen werden jetzt 47, in Zukunft vielleicht ein paar mehr. Das heißt, alle anderen über 90.000 Betriebe werden natürlich weiterhin die erhöhte EEG-Umlage zahlen müssen. Unser Konzept ist ein anderes.

Wir senken die Belastung des Mittelstands auf breiter Basis. Das wollen wir erreichen, indem wir diejenigen, die ausgenommen sind, in geringem Maße – mit 0,5 Cent pro Kilowattstunde – beteiligen. Die Eigenstromerzeuger, die effektiv produzieren, wollen wir ganz ausnehmen. Das ist eine Lösung, die der Industrie, dem Mittelstand und den Verbrauchern entgegenkommt.

Herr Baldauf, ganz im Ernst: Sie wissen, dass wir das die ganze Zeit vorschlagen. Ich weiß nicht, warum Sie hier einen Popanz aufbauen und dann versuchen draufzuhauen. Die Lösung, die wir vorschlagen, ist doch vernünftig: die Verbraucher zu entlasten, den Mittelstand zu entlasten und die energieintensive Industrie nicht stark zu belasten. Das heißt, wir zielen auf einen Ausgleich in der Zukunft ab. Stimmen Sie doch einmal mit zu! Das wäre ein schönes Zeichen.

Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Für die CDU-Fraktion hat Kollege Dr. Mittrücker das Wort. Sie haben noch sieben Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Braun, werden Sie sich doch in der Regierung einmal einig: