Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

(Beifall bei der CDU)

Sie wollen die EEG-Umlage pauschalieren und vergleichmäßigen. Frau Lemke hat auf extrem exportorientierte Unternehmen Wert gelegt, während Ministerpräsident Beck das ganz anders interpretiert hat. Er hat hier Grundlagen geschaffen und keine solchen Aussagen gemacht. Werden Sie sich doch endlich einig, was Sie eigentlich wollen. Sie erzählen jedes Mal eine andere Story. Das geht so nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Braun, entschuldigen Sie, dass ich das sagen will: Ich habe extra etwas mitgebracht, damit ich Ihnen beweisen kann, dass es stimmt, was Herr Baldauf vorhin gesagt hat.

(Der Redner hält ein Papier hoch)

Das stand am 5. November auf der Internetseite von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich zitiere aus dem Ausdruck: „Unterschreibe jetzt unsere Petition (…) und ein Stopp der Privilegierung von Einzelunternehmen (…)!“ Das steht wörtlich auf der Homepage der GRÜNEN. Aber Sie stellen sich hierhin und sagen, das gebe es nie und nimmer. So kann es auch nicht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Frau Lemke, wenn ich überlege, mit wie vielen Zahlen Sie operiert haben, als es um das EEG ging, muss ich feststellen, dass Sie einen ganz anderen Ansatz haben als den, den der Herr Ministerpräsident hier formuliert hat. Es kann doch nicht sein, dass die Landesregierung mit unterschiedlichen Argumenten arbeitet und mitunter auch zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt. Frau Lemke, das ist eine Sache, die einfach nicht in Ordnung ist.

Es hat sich gezeigt, dass wir in den Einzelfragen unterschiedliche Positionen haben. Herr Dr. Braun, wenn es um die Einzelfragen ging, haben wir immer behauptet, dass wir die EEG-Umlage an den Gestehungskosten, zum Beispiel an denen der Photovoltaik-Anlage, festmachen. Das ist kein Wirrwarr und kein Hin und Her, sondern es ist die logische Konsequenz, dass die Gewinnspannen gleich bleiben und der Anreiz weiter besteht. Deswegen müssen wir die Vergütungskosten kurzfristig und nicht langfristig anpassen. Das unterscheidet uns, zumindest im ersten Ansatz.

Die Netzsituation wurde auch schon angesprochen. Wenn Sie nicht die Betreiber von Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien zu Kasse bitten, um die Netze mit zu finanzieren – über die Höhe können wir uns unterhalten; es hat keiner ein fertiges Konzept, sondern es geht nur um die Tatsache –, müssen es die Bürgerinnen

und Bürger zahlen, die keine Anlagen installiert haben. Das ist normalerweise etwas, bei dem Sie einen genau entgegengesetzten Ansatz haben. Deswegen sind wir dafür, es so zu handhaben, dass der Betreiber, der Erfolg hat, sich angemessen – nicht überzogen, aber durchaus realistisch – beteiligt.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, der Zubau von EEG-Anlagen kann nicht funktionieren, ohne dass ihm eine gewisse Grenze gesetzt wird. Er muss am Netzausbau orientiert sein, und deswegen ist es auch erlaubt, beim EEG zumindest temporär die Bremse zu ziehen, um den Gleichklang zwischen dem Netzausbau und dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu gewährleisten. Das, was heute passiert, kann nicht sein: Offshore-Anlagen könnten eigentlich produzieren, sie können es jedoch nicht abtransportieren, aber sie haben Verträge, wonach sie trotzdem Geld dafür bekommen. Das ist etwas, was völlig jenseits der Grenzen der Wirtschaftlichkeit liegt. Das können wir nicht akzeptieren. Darin unterscheiden wir uns hoffentlich nicht.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Als ich Ihren Alternativantrag gelesen habe, habe ich festgestellt: Aha, da hat unser Antrag doch einiges bewirkt. – Wir haben Sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Arbeitsplätze der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Rheinland-Pfalz wesentlich davon abhängen, wie wir diese Sache gestalten. Das hat Sie offensichtlich dazu bewogen, einen Alternativantrag zu stellen, der unserem sehr ähnlich ist. Ich bin froh, dass Sie das getan haben. Wenn wir auch noch die letzten Hürden überwinden könnten, könnten wir sogar einen gemeinsamen Antrag formulieren. Ich glaube, in dem Sinn haben wir einen ganz großen Schritt in Richtung einer gemeinsamen Linie gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Jens Guth das Wort. Sie haben vier Minuten und 30 Sekunden Redezeit.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss noch einmal auf die Ausführungen des Kollegen Mittrücker eingehen. Ich will im Sinne einer Mahnung sagen: Es darf nicht sein, dass wir die Unternehmen und die Verbraucherinnen und Verbraucher gegeneinander ausspielen.

(Baldauf, CDU: Ja, das habt ihr doch gemacht!)

Es ist doch ein Wahnsinn, dass im Moment Energieberater in energieintensiven Unternehmen unterwegs sind, deren Verbrauch im Moment noch unter einer Gigawattstunde liegt, um sie zu beraten, wie sie beim Verbrauch über eine Gigawattstunde kommen und dann in

den Genuss der EEG-Kürzung gelangen können. Das widerspricht all unseren Grundsätzen. Deshalb bin ich dafür, dass wir die Liste der EEG-befreiten Unternehmen gründlich untersuchen, um hier zu mehr Gerechtigkeit zu kommen. Jeder will, dass auch in Zukunft GussUnternehmen, kunststoffverarbeitende Betriebe und viele andere mehr in Deutschland produzieren. Deshalb wurde diese Erleichterung damals eingeführt. Aber es kann doch nicht sein, dass wir versuchen, immer mehr Unternehmen von der EEG-Umlage zu befreien, und die Verbraucher immer mehr Lasten tragen müssen.

Darauf zielt auch Ihr Antrag ab. In dem einen Absatz heißt es: „Jawohl, wir wollen mehr Unternehmen befreien“, und im zweiten Absatz kritisieren Sie, dass die Verbraucherpreise steigen.

(Baldauf, CDU: Nein!)

Aber genau das ist doch mit ein Grund dafür, dass die Verbraucherpreise steigen: Sie entlasten mehr Unternehmen und belasten dadurch die Verbraucher. Das ist der Grund. Daran wollen wir arbeiten.

Herr Kollege Mittrücker, vielleicht finden wir zu fortgeschrittener Zeit Dinge, über die wir alle uns einig werden. Die Länderchefs haben sich nämlich auf verschiedene Punkte verständigt. Herr Kollege Mittrücker, dabei geht es eben nicht, wie Sie gerade gefordert haben, darum, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu bremsen, sondern darum, das EEG weiterzuentwickeln, die Energiewende fortzusetzen und die Maßnahmen an die heutigen Strukturen anzupassen. Es geht darum, am weiteren Ausbau festzuhalten, die Klimaschutzziele zu erreichen, die regionale Wertschöpfung weiter umzusetzen und die Abhängigkeit von Energieimporten zu vermindern. Herr Kollege Mittrücker, genau das steht unter anderem in unserem Alternativantrag, der sich an dem Beschluss der Länderchefs orientiert.

Übrigens stellen auch Sie noch den einen oder anderen Ministerpräsidenten. Ich weiß nicht ganz genau, wie viele es noch sind. Aber ihre Zahl ist mittlerweile überschaubar.

(Heiterkeit bei der SPD)

Aber die Länderchefs haben sich dieser Position angepasst: Mit dem Ergebnis von 16 : 0 – bei einer Enthaltung von Bayern, aber im Grunde einmütig – wurde diese Position verabschiedet. Sie war auch die Basis für unseren Alternativantrag.

Dies sollte auch uns in diesem Parlament einen, sodass wir die Energiewende voranbringen. Vielleicht war der Energiegipfel der Länderchefs im Kanzleramt am letzten Freitag ein Aufschlag: Jetzt geht man endlich an die Sache heran und erkennt auch auf der Bundesseite, dass es, was den Netzausbau, den Ausbau der erneuerbaren Energie und insbesondere die Förderung der Speichertechnologie anbelangt, nur geht, wenn man die Weichen gemeinsam stellt. In Bezug auf die Speichertechnologie ist bis auf das, was in den Ländern geschieht, nämlich noch nichts passiert. Der Bund hat leider keine Mittel dazu zur Verfügung gestellt. Das wäre bitter nötig gewesen, statt – Kollege Köbler hat es aus

geführt – an anderer Stelle unnötige Geschenke zu machen. Wir hätten bei der Gebäudesanierung, der Förderung der Speichertechnologie und vielem anderen mehr wirklich Maßstäbe setzen können. Das hätte uns vorangebracht.

(Beifall der SPD)

In der Vereinbarung steht ganz klar, dass die Weiterentwicklung des EEG – deswegen sage ich es noch einmal ganz bewusst und ganz deutlich – nicht nur an der EEGUmlage festgemacht werden darf. Die Diskussion dreht sich im Moment nur um dieses Thema. Beim EEG geht es aber um viel mehr. Sie wissen – Herr Kollege Braun hat es schon ausgeführt –, dass das in Deutschland und auch weltweit für den Einsatz und die Weiterentwicklung der Technologie der erneuerbaren Energien gesorgt hat.

Da wollen wir in Zukunft Spitzenreiter in Deutschland sein. Deshalb gibt es den klaren Auftrag und die Bitte an Frau Ministerin Lemke, weiter an dem Thema dranzubleiben. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sind wir Spitze in Rheinland-Pfalz. Lassen Sie sich nicht von ein paar Querköpfen von der CDU verrückt machen.

Wir sind Spitze in Deutschland. In Rheinland-Pfalz leisten wir eine gute Arbeit. Wir sind Vorreiter bei den erneuerbaren Energien. Dabei wird es bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, damit ist der zweite Teil der Aktuellen Stunde abgearbeitet.

Wir kommen zum dritten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Zunehmender Nachwuchsmangel im Pflegebereich in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1775 –

Ich erteile Herrn Kollegen Dr. Enders das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte meine Rede mit einem Zitat aus der Zusammenfassung der aktuellen Studie von PricewaterhouseCoopers, die den Titel trägt „112 – und niemand hilft“ – mit der Erlaubnis des Präsidenten – beginnen. Dort heißt es, Deutschland verfügt über eines der leistungsfähigsten Gesundheitssysteme der Welt. Ein dichtes Netz aus niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und weiteren hoch spezialisierten Diensten stellt eine engmaschige und hochwertige Versorgung von Kranken und Pflegebedürftigen auf hohem

Niveau sicher. – Ich denke, dem ist zur jetzigen Zeit nichts hinzuzufügen.

Die Studie hat Folgendes gemacht: Sie hat die Fachkräfteversorgung im Gesundheitsbereich und im Pflegewesen bis zum Jahr 2030 analysiert. Da wird die Perspektive der Entwicklung des Fachkräfteangebotes nach Regionen betrachtet. Sie wird nicht nur betrachtet und analysiert, sondern es werden auch Lösungsstrategien aufgezeigt. Dazu kommen wir später.

Man sagt dort, dass die Fortschreibung der gegenwärtigen Rahmenbedingungen für die Beschäftigen im Gesundheitswesen zu einer dramatischen Entwicklung führen wird, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. 18 Jahre haben wir Zeit, etwas in die Wege zu leiten.

Man kommt zu der Analyse, dass bei allen Beschäftigten im Gesundheitswesen 2020 deutschlandweit bereits 224.000 Vollzeitkräfte fehlen. 2030 wären es, wenn es so weitergeht wie bisher, über 400.000 Vollzeitkräfte.

Was ist der Grund dafür? Es gibt drei Gründe, die man anführt, und zwar die demografiebedingt steigende Nachfrage, ab 2020 sinkende Absolventenzahlen aus demografischen Gründen und zunehmende Renteneintritte.

Wenn man sich speziell die Situation bei den Pflegekräften betrachtet, dann stellt man fest, dass die Situation noch dramatischer ist. Darauf möchte ich eingehen. Man kommt zu dem Ergebnis, dass 2020 bereits 212.000 Vollzeitkräfte fehlen werden. 2030 wären es bei unveränderten Rahmenbedingungen ca. 328.000 Vollzeitkräfte.

Dabei ist die Versorgung in der Altenpflege besonders auffällig. Hier fehlen laut dieser Studie in 18 Jahren ca. 33 % des Personals. In der Krankenpflege sind es „nur“ 28 %.

Wenn man sich das genau anschaut, dann fällt auf – deswegen haben wir es zum Thema in der Aktuellen Stunde gemacht –, dass es sehr große regionale Unterschiede gibt.

Das Land Rheinland-Pfalz ist Spitzenreiter bei den Ärzten und den Pflegekräften. Aufgrund der Analyse kommt man zu dem Schluss, wenn nichts passiert, dann könnte es sein, dass wir in Rheinland-Pfalz 2030 einen Mangel von 38,5 % bei den Pflegekräften haben werden. Der Vergleich mit anderen Bundesländern zeigt, dass dieser Wert im Saarland bei 23 %, in Nordrhein-Westfalen bei 30 %, in Niedersachsen bei 24,9 % und in Hessen bei 32 % liegt. Was ist der Grund dafür?