Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Mittrücker, natürlich kann ich gern Zahlen vortragen. Es gibt jede Menge davon. Die Frage ist, inwieweit Sie sich alle merken und ad hoc vergleichen können.

Ich könnte jetzt einwerfen, dass der Verband der Elektrotechnik (VDE) sein Leitszenario regelmäßig abgleicht – ich denke, Sie kennen es –, indem er sagt, wie sich die Bruttostromverbräuche auf die Netzlast auswirken und welche Veränderungen sich prozentual und absolut ergeben, die zu berücksichtigen sind.

Ich könnte einwerfen, wie sich 2010

613 Terawattstunden zu 2020 557 Terawattstunden entwickeln und 2050 599 Terawattstunden darstellen, die die Veränderungen und eine Verminderung der Elektrizität in bestimmten Bereichen ausmachen.

Ich könnte fortsetzen ohne Ende. Ich bin mir sicher, Sie würden mir gleich alle nicht mehr zuhören.

Deswegen lasse ich das, weil es Fachgremien gibt, die sich damit beschäftigen. Sie beschäftigen sich damit auf Bundesebene in einer Vernetzung mit der Bundesnetzagentur, die dafür zuständig ist, und gleichen diese miteinander ab.

Da gibt es eine sehr enge Abstimmung, die sich wöchentlich, ja fast täglich mit diesen technischen Fragen auseinandersetzt, ebenso wie mit den Fragen der Marktintegration und der Mechanismen, die damit zu tun haben.

Am Ende solcher Verfahren kommen dann zum Beispiel die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin nach intensiven Vorbereitungen zusammen. Das war am letzten Freitag der Fall. Nach intensiven Vorberatungen ist erörtert worden, ob die Pläne der einzelnen Länder realistisch sind oder eher nicht realistisch eingeschätzt werden.

Nachdem versucht wurde, die Länder auseinander zu treiben und zu zeigen, dass wir in unseren Planungen nicht realistisch sind, musste von Ihrer Kanzlerin festgestellt werden, dass wir sehr solide planen, Herr Mittrücker.

Was beschlossen worden ist und was Ihre Kanzlerin und die Fachleute der Kanzlerin auf Bundesebene mitgetragen haben, können Sie als Beschlüsse im Internet nachlesen. Sie zeigen, es bestehen noch gewisse Bedarfe, die politisch zu konzertieren sind, zum Beispiel für geeignete Modelle, wie die hohen Spitzenleistungen an fluktuierender Einspeisung aus Wind und Sonne und anderen Maßnahmen wie Speicherbiogas, fossile Energieträger und Lastmanagement kombiniert werden können, um Versorgungssicherheit, Marktintegration und Systemdienstleistung langfristig zu gewährleisten. Dies ist ein Zitat aus diesem Beschluss Ihrer Kanzlerin.

In diesem Beschluss ist noch Weiteres festgehalten. Es ist festgehalten, dass sich die Länder auf einem guten Weg befinden und – unter Nummer 4 – die Länder der Überzeugung sind,

(Frau Klöckner, CDU: Die Länder oder Rheinland-Pfalz? – Ministerpräsident Beck: Alle Länder!)

dass auch auf Offshore nicht verzichtet werden kann. Die Kanzlerin hat das ebenso wie alle Länder auf diesem Energiegipfel mitgetragen.

Warum sage ich das? – Die Kollegen sind vorhin darauf eingegangen, dass der Offshore-Ausbau, der insbesondere von Ihrer Bundesregierung so stark vorangetrieben werden muss, in der Frage, wie sich das Ganze verteilt und entwickeln kann, ein ganz massives Problem hat.

Es fehlt ein Regelungsbedarf zum Netzausbau zur Anbindung der Offshore-Anlagen. Weil es diesen Bedarf nicht gibt und die entsprechenden Mechanismen zur Marktintegration fehlen, kann hier nicht vorangegangen werden.

(Frau Klöckner, CDU: Der Herr Albig sieht das aber anders!)

Wir befinden uns mit unseren Hausaufgaben, die wir zum Netzausbau bereits gemacht haben, in einer optimalen Position zur weiteren Entwicklung bei dieser Energiewende. Lieber Herr Mittrücker, Sie wollen das nicht anerkennen, obwohl das sogar Ihre Bundeskanzle

rin mit dem Beschluss, den sie auf dieser Konferenz mitgetragen hat, anerkannt hat.

Ich zitiere aus der „Mainzer Rhein-Zeitung“ von heute einen Artikel von Andreas Pecht: „Die Energiewende droht zerredet zu werden.“ Er geht darauf ein, dass wir es mit einem großen Umbauprozess zu tun haben, in dem sicherlich noch viel zu tun ist, aber er sagt – ich zitiere jetzt wieder –: „Es steckt jede Menge Unehrlichkeit in der aktuellen Diskussion. Von interessierter Seite wird regelrecht Panik geschürt hinsichtlich kommender Preissteigerungen bei Strom angeblich infolge der Energiewende.“

Ich zitiere weiter. In einem späteren Abschnitt sagt er, dass diese Minderheit kein Interesse hat; denn die Energiewende ist für sie ein Dorn im Auge. „Denn sie hält den Atomausstieg und die Hinwendung zu den regenerativen Energien sowieso für weltfremden Humbug.“

Wenn ich Ihnen zuhöre, muss ich annehmen, der Autor dieses Artikels hat recht.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Baldauf das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich möchte Ihre Aussage aufgreifen, die Energiewende drohe, zerredet zu werden.

Ich möchte dazu auf zwei Dinge hinweisen dürfen, die mir dabei aufgestoßen sind.

Wenn wir eine solche Diskussion, die Herr Kollege Dr. Mittrücker sehr sachlich geführt hat

(Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: Sachlich?)

und die glücklicherweise durch Herrn Kollegen Dr. Braun mit Fakten unterstützt wurde, selbst nicht faktengestützt führen, bekommen wir ein Problem.

(Beifall der CDU – Frau Klöckner, CDU: Ja!)

Ich habe vor Kurzem eine Sendung im SWR verfolgt, in der Sie den Menschen, die im Moment damit zu rechnen haben, dass ihre Strompreise exorbitant steigen, den Tipp gegeben haben, doch am besten einmal das Licht auszumachen.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was hat denn das mit dem Netzausbau zu tun?)

Das hat sehr viel mit dem Netzausbau zu tun; denn den werden wir nämlich auch noch bezahlen müssen, Herr Kollege Dr. Braun.

Sehr geehrte Frau Ministerin, wenn das in einer Diskussion zur Energiewende und zu der Frage des Netzausbaus Ihr Ansatz ist, dann sage ich Ihnen, es kann nicht ernsthaft die Grundlage vernünftiger und seriöser Politik sein, den Menschen noch vorzuwerfen, wie sie sich zu verhalten haben.

(Beifall der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Strom sparen finden Sie also Unsinn, was? Strom sparen halten Sie für Kappes!)

Als Sie vorhin gesagt haben, wir begleiten, wir erörtern, wir kontaktieren, dann sage ich Ihnen, Frau Ministerin, Sie sind jetzt beinahe zwei Jahre im Amt. Sie haben große Ziele vorgegeben. Heute sagen Sie, Sie könnten uns den Ist-Zustand beschreiben, welche Zahlen im Moment zur Grundlage zu machen sind.

Frau Ministerin, aber entscheidend ist doch die Frage: Wie wird denn die Prognose sein, um Ihre Ziele zu erreichen? (Beifall der CDU)

Wie schaffen wir es, im vernünftigen Rahmen eines Dreiklangs der Ökologie, der Ökonomie und der sozialen Preise voranzukommen?

(Glocke der Präsidentin)

Ich muss Ihnen und auch der ganzen Landesregierung sagen dürfen, es wird viel über hohe Energiepreise gesprochen, die keiner will. Aber eine Lösung, wie man diese Preise wieder absenken kann, außer den Menschen zu sagen, dass sie das Licht ausschalten sollen, habe ich noch nicht gehört, und die erwarte ich von Ihnen, Frau Ministerin.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Guth das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Baldauf, wir haben nachher in der Aktuellen Stunde, die die GRÜNEN dankenswerterweise beantragt haben, noch einmal Gelegenheit, auf das Thema der Strompreise einzugehen. Dann wollen wir einmal sehen, wie denn Ihre Vorschläge aussehen, um die Kosten zu reduzieren.

Sie sind dafür verantwortlich, dass die Zahl von anfangs 400 von der EEG-Umlage befreiten Unternehmen auf

mittlerweile über 800 Unternehmen angestiegen ist und 2.000 Unternehmen mit 3.000 Abnahmestellen mittlerweile einen Antrag auf Befreiung gestellt haben.

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Dies führt natürlich auf der anderen Seite dazu, dass alle anderen die EEG-Umlage tragen müssen, insbesondere die Verbraucherinnen und Verbraucher, und dann kritisieren Sie, dass die Verbraucher mehr bezahlen müssen. –

Das ist Ihre Politik, dafür sind Sie verantwortlich. Das müssen Sie den Menschen erklären.

Sie sagten, wir ziehen einen Pullover an, wenn die Energiekosten zu hoch sind. Ihr verehrter Bundesminister Altmaier sagte dazu, wenn die Energiekosten um 5 % steigen, wird eben die Heizung heruntergedreht. – Ich glaube, dies ist auch keine gute Botschaft für die Menschen, wie die Energiekosten einzusparen sind.