Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Herr Kollege Baldauf, wir sprechen nun über das Thema „Netzbetreiber und Netze“. Deswegen möchte ich noch einmal auf die Frage eingehen, was die Netzbetreiber tun. – Warten sie, bis es irgendwann einmal Rahmenbedingungen gibt, oder gestalten sie selbst mit? – Nein, sie gestalten selbst mit.

Die EWR Netz GmbH macht Spannungsregelung im Niederspannungsnetz und führt eine Netzstudie „smartes Leitsystem“ durch. Die Pfalzwerke machen cos-phiRegelungen bei Windkraftanlagen.

Rhein-Ruhr Verteilnetz führt das Projekt „Smart Country“ im Hunsrück durch. Die Technischen Werke Kaiserslautern betreiben zusammen mit den Pfalzwerken das Projekt „MY POWER GRID“. Dies alles sind Innovationen im Netzbereich.

(Frau Klöckner, CDU: Aber das machen sie von sich aus!)

Frau Klöckner, uns interessiert Ihre Meinung, die Sie zu dem Thema vertreten. Aber warum rufen Sie immer dazwischen? – Mich machen Sie dadurch nicht nervös.

(Frau Klöckner, CDU: Sie rufen doch auch immer dazwischen! Herr Pörksen ruft auch immer dazwischen!)

Die Menschen auf der Zuschauertribüne können nicht verstehen, was Sie sagen wollen. Das ist unhöflich den Besucherinnen und Besuchern gegenüber.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Kommen Sie doch nach vorne, und sagen Sie uns, was Sie zu diesem Thema zu sagen haben. Wir sind sehr gespannt darauf.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Klöckner, CDU: Da freue ich mich schon auf nachher! Ich bin gespannt, was nachher kommt, wenn ich rede! Herr Pörksen hat gestern Frau Demuth niedergebrüllt. Erst Frau Demuth niederbrüllen und dann sagen, dass Zwischenrufe unhöflich sind!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Dr. Braun das Wort.

Niedergebrüllt wird hier normalerweise niemand, und ich will hoffen, das bleibt auch so. Ich glaube, wir sollten auf die sachliche Ebene zurückkehren. Die sachliche Ebene waren die Netze und nicht die EEG-Preise.

Noch einmal zu den Netzen insgesamt: Natürlich gibt es beim Netzausbau auch Probleme mit der Finanzierung. Das möchte ich durchaus einräumen. Ein großer Netzbetreiber in Deutschland sagt, er kann seinen Netzausbau nicht finanzieren. Das ist bei Frau Bundeskanzlerin Merkel auch besprochen worden, und es ist Hilfe angeboten worden. Ich glaube, die Länder sind durchaus bereit, gemeinsam mit dem Bund dafür zu sorgen, dass ein gewisser Anreiz geschaffen wird, um die Netze zu finanzieren. Es ist durchaus möglich, mit den Netzen Geld zu verdienen.

Herr Dr. Mittrücker, wenn wir alles schon genau planen müssen, weiß ich nicht, ob in Ihrem Konzept nicht der Staat am Schluss noch die Netze übernehmen soll. Aber wir jedenfalls wollen nicht, dass der Staat die Netze übernimmt, sondern wir wollen, dass sie privat organisiert werden. Wir wollen nur Hilfestellung geben, wie die Netze geplant werden können.

Ich möchte noch einmal sagen, genau das tun wir in Rheinland-Pfalz. Die Netzstudie wird aus Steuermitteln finanziert. Man könnte darüber streiten, ob man dies überhaupt tun muss. Warum sollte man den Netzbetreibern mit Steuermitteln helfen? – Aber wir sagen, es ist richtig, aus Steuermitteln eine Netzstudie zu finanzieren, an der auch die Betreiber mit beteiligt sind und an der man sich hinterher orientieren kann, beispielsweise wenn es um die Berechnung der Einspeisepunkte geht, was auch Sie von der CDU fordern, oder wenn es um die Frage geht, wie die Netze ausgebaut werden sollen.

Wir wollen eine Studie, an der abgelesen werden kann, wie die Entwicklung ist. Diese Studie wollen wir fördern. Wir fördern sie mit Steuergeldern, und ich glaube, das ist eine richtige Entscheidung. Das Parlament in seiner Gesamtheit ist der Meinung, dass man das tun soll, und dies ist der Weg, wie wir an den Netzausbau herangehen.

Ich habe von Ihnen bisher keine Alternative dazu gehört.

(Glocke der Präsidentin)

Aber wenn es keine Alternative dazu gibt, müssten Sie doch eigentlich sagen: Frau Ministerin Lemke, Sie tun genau das Richtige.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Beck das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, um darum zu bitten, dass wir in diesem Parlament nicht eine Entwicklung konterkarieren, in der wir uns auf der Bundesebene – nicht zuletzt auch durch die Koordination, die Frau Kollegin Lemke leistet – in einem sehr mühsamen Prozess aufeinander zubewegt haben. Ich spreche von einem gemeinsamen Beschluss aller 16 Länder, der auf der Grundlage dieser Ländervereinbarung mit der Bundesregierung getroffen wurde. So weit waren wir noch nie. Insoweit richte ich meine herzliche Bitte an Sie, meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie nicht Krawall schlagen zu einem Zeitpunkt, zu dem die Karawane Gott sei Dank schon sehr viel weiter gezogen ist.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich bin gern bereit, Ihnen das endgültige Protokoll – bisher liegt nur ein vorläufiges Exemplar vor, das noch nicht von allen Beteiligten der Runde vom letzten Freitag abgesegnet worden ist –, das eine gemeinsame Beschlusslage des Bundes und aller Länder beinhaltet, zur Verfügung zu stellen. Darin wird deutlich, dass wir, was die Grundvereinbarung angeht, aber auch, was wichtige Streitfragen der Vergangenheit angeht, sehr viel weiter gekommen sind.

Natürlich hat Herr Kollege Albig auch im Zusammenhang mit der Bundeskanzlerin und der Kollegin aus Thüringen die Gesamtbeschlüsse dargelegt. Dass es aber vor dieser Vereinbarung einen gewissen Interessenskonflikt zwischen den norddeutschen Ländern, den süddeutschen Ländern und uns in der Mitte gab, ist doch auch logisch. Der Grundsatz, dass wir sichere, effizient arbeitende, stabile und eine kostengünstige Stromversorgung brauchen – ein Grundsatz, der nicht umstritten ist –, berührt natürlich unterschiedliche Länder verschieden.

Im Übrigen ist auch unbestritten bei den Kolleginnen und Kollegen, dass dies am stärksten Bayern betrifft, weil sie die größte Kernkraftkapazität haben. Wenn diese aus

dem Netz geht, was gemeinschaftlich beschlossen worden ist, würden die größten Importe nach Bayern kommen. Dass Bayern allerdings genauso wie wir ein Interesse daran hat, einen Teil der Wertschöpfung, die mit Energieerzeugung verbunden ist – wir reden jetzt von Strom, allenfalls zu einem Teil von anderen Energiearten, also Wärme, wenn es um Kraft-Wärme-Kopplung geht –, ist doch richtig. Dort kommt aber wieder diese Interessenkonfliktsituation zwischen der Offshore- und der Onshore-Windenergieerzeugung.

Wir werden diesen Interessenkonflikt dadurch auflösen, dass sich Bund und Länder einig sind, dass die Dimensionen immer in einer Bandbreite, die der Wirtschaftlichkeit noch Spielräume gibt, aufeinander abgestimmt sind und akzeptiert ist, dass wir Stromenergieerzeugung auch in unserem Land Rheinland-Pfalz, wie in anderen Ländern, die nicht küstennah sind, über Wind brauchen.

Unverzichtbar ist mit dieser Frage erstens die Leitungsfrage verknüpft und zweitens die Frage dessen – man kann es heute gar nicht mehr so nennen –, was man früher Grundlast, Mittellast und Spitzenlast genannt hat. Das wird nach der Energiewende eine andere Frage sein. Es ist die Frage, was zu welchen Preisen gehandelt wird. Das werden andere Parameter sein, als wir sie in der Vergangenheit angewandt haben.

Dass wir aber ein gewisses Maß an Offshore-Energie brauchen, um das, was wir heute noch Grundlast nennen, zu erzeugen, ist doch richtig.

(Frau Klöckner, CDU: Richtig!)

Dass wir aber auf der anderen Seite auch verbrauchernah Modelle entwickeln, die die Wertschöpfung im Land lassen und Sicherheit schaffen, gehört in diese Balance hinein.

(Dr. Mittrücker, CDU: Genau so!)

Genau so haben wir es gemacht. Genau so hat es Frau Lemke dargestellt.

(Frau Klöckner, CDU: Nein, nein! So kann man das nicht sagen!)

So kann man das nicht sagen! So muss man es aber, wenn man zugehört hat, Frau Klöckner. Wenn man nicht zuhören will, dann muss man es nicht so sagen, Entschuldigung!

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Klöckner, CDU: Wir hören zu!)

Energiesicherheit ist eine der ganz großen Verantwortungsfragen, die wir haben. Ich wehre mich einfach dagegen, wenn wir endlich eine Chance haben, aus den Schützenlöchern parteipolitischer Art auf der Bundesebene herauszukommen, dass Sie diese Schützengräben in Rheinland-Pfalz wieder ausbuddeln.

(Bracht, CDU: Kappes!)

Natürlich war es so.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Klöckner, CDU: Er spricht von Schützengräben! Wahnsinn!)

Erlauben Sie mir ein weiteres Stichwort. Es ist doch geradezu absurd, wenn man der Ministerin vorhält, sie habe gesagt, das Problem auch der Strompreiskosten lösen wir damit, dass man das Licht ausmacht. Aber mit Verlaub, dass es auch wichtig ist, Strom zu sparen, darüber bleiben wir uns doch hoffentlich einig. Das steht auch ausdrücklich in der Vereinbarung mit dem Bund. Dass man dann ein Beispiel wählt, das den Menschen nachvollziehbar ist, ist doch klar. Ich finde, wir sollten uns nicht die Kindlichkeit antun, dann zu sagen, damit habe sie gesagt, so wird das Problem gelöst, und dann hätten die Menschen, die weniger Geld haben, weniger Probleme. Das ist doch wirklich

(Pörksen, SPD: Dümmlich!)

unser aller nicht würdig, sich auf einem solchen Niveau auseinanderzusetzen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dass wir aber bei Weitem, was das Energiesparen angeht, noch nicht am Ziel sind, das wissen wir auch. Dazu gehören neben technischen Entwicklungen auch Verhaltensweisen. Das ist gar keine Frage. Deshalb ist die Mahnung wichtig, und zwar sowohl die des Bundesumweltministers als auch der Energieministerin in Rheinland-Pfalz. Ich bleibe dabei. Ich bleibe auch dabei, solange ich noch in der Staatskanzlei bin, dass ich jeden Tag herumlaufe und die Lichter ausmache, wenn draußen die Sonne scheint und alles hell beleuchtet ist.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich schäme mich nicht dafür. Das sage ich Ihnen in aller Klarheit. Jetzt hoffe ich, dass niemand kommt und sagt, der Ministerpräsident begreift seine Aufgabe darin, Lichter auszumachen.