Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

(Beifall der SPD und vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben beide betont, wir hätten einen Fehler gemacht, indem wir Ihre Forderungen nach dem Energiegipfel in Rheinland-Pfalz nicht umgesetzt hätten. Wir haben mehrfach betont, dass es in Rheinland-Pfalz und Hessen ganz andere Ausgangsbedingungen gibt.

In Rheinland-Pfalz hat die Landesregierung auch vor Fukushima die klare Position vertreten, dass es falsch ist, auf Atomkraft zu setzen. Wir müssen die Energieversorgung umbauen, und zwar auf dezentrale Strukturen und erneuerbare Energien. Das ist seit vielen Jahren die Regierungspolitik in Rheinland-Pfalz.

In Hessen hat man bis zum Unglück in Fukushima eine andere Energiepolitik vertreten. Das hing mit der anderen Ausgangssituation in Hessen zusammen. Das war der Grund, warum wir in Rheinland-Pfalz anders vorgegangen sind.

(Beifall der SPD)

Dass Sie vor rund einem Jahr oder einem Dreivierteljahr diese Position vertreten haben, kann man vielleicht aus Ihrer Situation heraus noch nachvollziehen. Ich nehme aber an, dass Sie verfolgt haben, was in Hessen geschehen ist. Sie haben bewusst nicht über die Inhalte des hessischen Energiegipfels gesprochen; denn mir ist nicht bekannt, dass aus dem Energiegipfel in Hessen, den Sie uns als Königsweg vorweisen wollten, um in Rheinland-Pfalz weiterzukommen, ein gemeinsamer konstruktiver Vorschlag entstanden ist. In Hessen ist dieser gescheitert. Das ist das Ergebnis des hessischen Energiegipfels.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Frau Klöckner und des Abg. Licht, CDU)

Herr Dr. Braun hat betont, dass wir für Sie die Möglichkeit geschaffen haben, sich als Opposition im Unterausschuss mit Ihren Vorschlägen einzubringen. Es gibt diese Möglichkeit. Vielleicht bedauern Sie, dass dies nicht öffentlichkeitsspektakulär vorgebracht werden kann. Das ist vielleicht der Grund, weshalb Sie dort keine fachlichen Vorschläge vorlegen und sich einbringen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN– Zurufe von der CDU)

Deswegen sollten wir uns auf das konzentrieren, was notwendig und Gegenstand der Aktuellen Stunde ist, nämlich wie ein vernünftiger Netzausbau stattfinden kann.

(Zurufe von der CDU)

Herr Bracht, es ist immer bezeichnend, wenn man laut wird. Dann fehlen häufig die Argumente in der Sache.

Sie sprechen die Kosten an. Das gehört auch zur Redlichkeit dieser Debatte. Wer die Energiewende aufgrund seiner Überzeugung will, muss den Menschen auch sagen, dass damit über einen gewissen Zeitraum höhere Kosten verbunden sind. Wenn wir die Energieversorgung in Deutschland umbauen müssen und von Atomstrom auf erneuerbare Energien umgestellt wird, wird das für einen gewissen Zeitraum höhere Kosten verursachen. Das muss den Bürgerinnen und Bürgern auch ehrlich und offen gesagt werden.

Man muss dazu stehen, dass es diese Mehrkosten gibt. Es ist unredlich, gegenüber Berlin zu sagen, wir wollen die Energiewende, wir haben es eingesehen, und hier zu bedauern, dass es zu mehr Kosten kommt. Das gehört zur öffentlichen und ehrlichen Politik dazu, das zu benennen und auszusprechen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir müssen überlegen – wir sind gern bereit, das im Dialog mit Ihnen zu machen –, wie diese Lasten gerecht verteilt werden können. In diesem Zusammenhang ist es ein kluger und konstruktiver Vorschlag, über Sozialtarife nachzudenken. Es wird schwierig sein, im Detail auszugestalten, dass es keine Mitnahmeeffekte gibt und der Tarif zielgerichtet dem Personenkreis zur Verfügung gestellt wird, der ihn benötigt.

Frau Klöckner, ein Debattenansatz von Herrn Beck war, dass er sehr konstruktiv das Gemeinsame betont hat. Ich halte es für unanständig und unangemessen, wenn Sie die Aussagen von Herrn Sarrazin mit dem in Verbindung bringen, was Frau Lemke gesagt hat. Dem Grunde nach müssten Sie sich dafür entschuldigen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wenn wir über Sozialtarifbelastungen nachdenken, müssen wir schauen, dass es auch Anreize gibt, Einsparungen vorzunehmen und verantwortungsvoll mit Energie umzugehen. Das war die Intention der Aussagen von Frau Lemke. Lassen Sie es bitte sein, die Aussagen von Frau Lemke mit einem zynischen Beiton mit den Aussagen von Herrn Sarrazin gleichzusetzen. Lassen Sie es bitte sein, wenn wir von Gemeinsamkeiten sprechen, diese Zynik und das Beleidigende in die Debatte hineinzubringen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir haben viele Gespräche über die große Herausforderung geführt. Niemand hat gesagt, dass keine Netzstrukturen in Rheinland-Pfalz ausgebaut werden müssen. Natürlich bedeutet die verstärkte Nutzung von Windkraft, dass Verteilnetze anders ausgebaut werden müssen. Das ist eine große Herausforderung.

Wir haben auch mit den betroffenen Verbänden, die die Interessen bündeln, wie die Landwirte und andere, darüber gesprochen. Natürlich müssen neue Trassen über das Bodeneigentum von Bürgerinnen und Bürgern verlegt werden. Aber auch hier müssen wir klar sagen, die Politik will das, weil wir verhindern wollen – das war früher auch die Politik gewesen –, dass Umweltschäden, Belastungen und Gefahren durch Atomstrom entstehen. Das hat die Menschen belastet. Es konnte niemand gefragt werden. Deswegen wollen wir eine verantwortungsvolle Politik.

Wir werden die Menschen bei dieser Aufgabe mitnehmen. Wir haben eine durchdachte, kluge Strategie, wie sie Ministerin Lemke dargestellt hat.

Kommen Sie bitte mit – wie das alle Länder und auch der Bund gemacht haben – auf einen konstruktiven gemeinsamen Weg. Wir sind im Interesse des Landes bereit, diesen Weg mit Ihnen zu gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank.

Ich darf weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Höheren Berufsfachschule der Ludwig-Erhard-Schule, Berufsbildende Schule Neuwied, Fachrichtung Informationstechnologie, sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer am 131. Mainzer Landtagsseminar. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will die Debatte nur an wenigen Punkten, Frau Klöckner, die Sie vorgetragen haben, noch weiterführen. Die allgemeine Debatte zum EEG können wir bestimmt nachher noch in der Aktuellen Stunde führen.

Sie haben erwähnt, dass die Ziele, die wir uns gesetzt haben, 100 % erneuerbare Energien beim Strom, falsch wären, weil sich eventuell alle anderen Länder auch diese Ziele setzen könnten. Man muss aber sehen, dass die Länder sehr verschiedene Aufgaben haben.

In Baden-Württemberg werden vier Atomkraftwerke abgeschaltet. Baden-Württemberg kann sich diese Ziele nicht setzen, 100 % Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030 zu produzieren. Das wird nicht funktionieren. Das wird auch in Nordrhein-Westfalen nicht funktionieren. Da sind die Verbräuche ganz andere. Das wird auch in Bayern nicht funktionieren.

Deswegen ist es durchaus richtig und ehrgeizig, dass Rheinland-Pfalz sich aufstellt und sagt, wir werden Stromexportland aus erneuerbaren Energien. Das ist Wertschöpfung im eigenen Land. Das ist eine gute Aufstellung. Das passt zu den anderen Ländern dazu. Das passt auch regional dazu, weil nach NordrheinWestfalen und Baden-Württemberg geliefert werden muss; denn in Baden-Württemberg gibt es im Moment so gut wie gar keine Windkraftwerke. Die sind dabei, dies nachzuholen.

Insofern ist das eine Aufstellung, die das Land Rheinland-Pfalz macht, die – glaube ich – im Sinne der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer ist, weil die Wertschöpfung im Land bleibt und alle – Sie haben die angesprochen, die Grundbesitz haben – davon profitie

ren können. Natürlich können die Landwirte, Waldbesitzer etc. davon profitieren.

Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass wir zwar keinen Masterplan haben, aber die Bundesregierung hat auch keinen. Das wissen Sie. Ich sage es jetzt einmal ehrlich und deutlich, im Bund fordert die Opposition, nämlich wir, einen Masterplan. Die Bundesregierung macht keinen. Hier fordern Sie einen Masterplan. Wir legen jetzt auch keinen vor. Das Spiel können wir ewig weitertreiben. Aber wir haben eine Roadmap. Die ist vom Wirtschaftsministerium veröffentlicht worden. Da steht ganz genau drin, was die Ziele sind. Sie müssen dann eben diese Schriften nehmen, lesen und ernst nehmen. Wir haben die Ziele definiert, und wir reden auch im Unterausschuss immer über diese Ziele, die wir definiert haben.

Halten Sie sich doch nicht an dem Wort „Masterplan“ fest. Ob wir jetzt einen Masterplan veröffentlichen oder nicht, wir wissen, wo es langgehen soll. Wir haben es deutlich gemacht. Sie können sich daran natürlich auch inhaltlich abarbeiten. Das ist vollkommen klar. Dazu sind die Opposition und die Regierungsfraktionen da.

(Zurufe von der CDU)

Aber dann muss man das inhaltlich diskutieren und nicht allein an Begriffen festmachen.

Wegen der Begriffe möchte ich noch einmal auf den Energiegipfel eingehen. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich glaube schon, es ist mehr Ihre Inszenierungsart, Frau Klöckner, einen großen Energiegipfel zu machen und danach wieder gar nichts.

Wir sind aber der Meinung, dass wir in Schritten vorankommen müssen. Dass wir mit den Unternehmen in Rheinland-Pfalz reden, ist doch vollkommen klar. Wir haben selbst alle Veranstaltungen gemacht. Da sind die Unternehmen eingeladen. Wir haben den Dialog mit den Unternehmen. Wir gehen zu den Unternehmen.

Ich glaube, Herr Steinbach war vor Kurzem in Wolfstein. Sie wissen, wer da ein Unternehmen hat. Wir gehen dahin, informieren uns und lassen uns von den Unternehmerinnen und Unternehmern sagen, was ihr Bedürfnis ist. Das lassen wir in unsere Planung einfließen.

Ich glaube, manchmal ist auch die leise Arbeit, die stille Arbeit, die effektive Arbeit die richtige, und man muss nicht immer alles nur vor den Kameras tun. Man kann auch einmal arbeiten, ohne dass die Kameras dabei sind. Das ist zumindest unsere Auffassung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich will nur noch einen Satz zur Versachlichung sagen. Ich weiß, dass die Ministerin irgendwann einmal gesagt hat, da ersetzen wir eben die dünnen Kabel durch dicke Kabel. Sie sagen jetzt immer wieder, das wäre Unsinn.

(Baldauf, CDU: Dann soll sie es widerufen!)

Aber tatsächlich ist es so, dass man auf der Trasse, die vorhanden ist, neue Kabel spannen kann. Das sind Hochtemperaturkabel – das kennen Sie –, HTI, Hochtemperaturübertragungsnetze. Auf diese, genau die gleichen Trassen mit den gleichen Möglichkeiten, werden neue Kabel gelegt, und dann ist das Dreifache an Übertragungsmöglichkeit vorhanden. Da müssen wir nicht überall neue Trassen bauen.

Es wäre ein Irrtum zu meinen, dass man in RheinlandPfalz für die Bundesebene neue Trassen braucht. Die Trassenpläne, die vorliegen, gehen nur zum Teil durch Rheinland-Pfalz. Das hat die Ministerin erklärt. Das sind nur 150 Kilometer. Die gehen hauptsächlich durch Niedersachsen. Da haben Sie bundespolitisch recht, da muss man sich aufstellen. Da müssen sie in Niedersachsen darüber diskutieren, ob die Bauern einmal, zweimal oder anders entschädigt werden. Das ist vollkommen klar.

Aber in Rheinland-Pfalz ist das nun einmal nicht das Hauptproblem. Man muss differenzieren. Wir machen Landespolitik, natürlich auch Bundespolitik, aber heute diskutieren wir über das Land Rheinland-Pfalz, und dabei sollten wir sachlich bleiben.