Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

Der Entwurf ist angelehnt an unser Landesdatenschutzgesetz, das bundesweit durchaus als ausgezeichnet betrachtet werden kann. Dies gilt auch für den neuen Gesetzentwurf, der auf der einen Seite einheitliche Datenschutzregelungen gewährleistet, die Wahrung des Rechts der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung, auf der anderen Seite gleichzeitig die Erfüllung der Strafvollzugsaufgaben ermöglicht. Das ist sicherlich immer ein sehr schwieriger Bereich; denn wir haben schon Diskussionen gehabt, da hieß es, Datenschutz sei Täterschutz. Nach meiner Meinung ist es ein völlig falscher Begriff.

Besonders erfreulich ist die mit dem Entwurf erreichte Fortentwicklung des Datenschutzes und die damit verbundene Steigerung des Schutzniveaus für Gefangene und andere Personen.

Mit der Schaffung eines eigenen Datenschutzgesetzes für den Vollzug belegt die Landesregierung ihr großes Verständnis für die heutige Bedeutung des Datenschutzes.

Aus nachvollziehbaren Gründen kann ein Gefangener, anders als der Bürger auf der Straße, nicht entscheiden, ob er erkennungsdienstlich behandelt wird, sich einer Überwachung, optisch oder akustisch, entzieht, seine Briefe gelesen werden oder durch wen er medizinisch betreut wird. Auch können Besucher nicht unkontrolliert in die Justizvollzugsanstalt hinein, hinaus oder sich dort völlig frei bewegen.

Dennoch haben aber auch Gefangene oder ihre Besucher Rechte, und es gehört zur Verantwortung des Staates, dafür zu sorgen, dass diese Rechte gewahrt werden. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen werden durch den Gesetzentwurf dieser Verantwortung in bemerkenswerter Form gerecht, indem sie nicht nur die Grundrechte von Gefangenen oder Besuchern wahrt, sondern auch den bereits hohen Standard – meine Kollegen haben darauf hingewiesen – im rheinland-pfälzischen Justizvollzug durch neue Regelungen weiterentwickelt.

Die Landesregierung hat hierzu ein Datenschutzgesetz geschaffen, das sich als bereichsspezifische Sonderregelung an dem bewährten Aufbau und dem Prinzip des Landesdatenschutzgesetzes orientiert. Es ist gut lesbar, was bei neuen Gesetzen fast nicht üblich ist, und dazu auch noch verständlich. Allgemeine Regelungen werden durch spezielle Regelungen zu spezifischen Eingriffen im Justizvollzug sinnvoll ergänzt.

Hervorzuheben sind hierbei beispielhaft die Regelungen zur technischen Überwachung in den §§ 19 bis 24 im Gesetzentwurf, die nicht nur die Voraussetzungen für das Ob der Überwachung, sondern auch für das Wie regeln. Derartige Datenschutznormen gibt es bislang in den für den Justizvollzug gültigen Gesetzen nicht.

Durch diese klar formulierten Vorschriften werden nicht nur Befugnisse geregelt, sondern auch Verpflichtungen und Grenzen eindeutig festgeschrieben. Dabei schaffen die Regelungen die Grundlage für einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den vollzuglichen Interessen

und dem von den Maßnahmen betroffenen informationellen Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen.

In besonderer Weise wird dem Kernbereichsschutz – ein Bereich, den wir auch im Zusammenhang mit anderen Gesetzen sehr eingehend diskutiert haben – Rechnung getragen. So bestimmt beispielsweise § 21 ausdrücklich, dass elementare Bedürfnisse Gefangener nach Wahrung ihrer Intimsphäre zu achten sind. Dem im Zusammenhang mit den Videoaufzeichnungen und dem Grundsatz der Datensparsamkeit eingeleiteten Erforderlichkeitsgrundsatz wird Rechnung getragen,

(Glocke der Präsidentin)

um die Speicherfrist auf ein Mindestmaß begrenzen zu können.

Im Zuge der Anhörung werden wir noch einmal auf diesen Gesetzentwurf zurückkommen. Ich meine, das ist ein guter Gesetzentwurf.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Raue das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst einige Worte zum Gesetzgebungsprozess. Es ist wahr, wir haben uns einen ambitionierten Zeitplan vorgenommen. Unsere Fraktion betrachtet dieses Haus als Arbeitsparlament. Wir haben keine Teilzeitabgeordneten. Ich kann Ihnen zusagen, wir werden den Gesetzgebungsprozess sehr aufmerksam begleiten, und wir bekommen das hin, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch eine Fraktion – das wurde heute sehr deutlich herausgestellt –, die nur ein Mitglied weniger hat als die größte Fraktion in diesem Haus, diesen Weg beschreiten kann. Ich freue mich, dass Sie das Gesetzgebungsverfahren so ernst nehmen wollen. Es hätte mich auch gefreut, wenn Sie das bereits bei dieser Debatte zum Ausdruck gebracht hätten, indem Sie die Beiträge zur Kenntnis genommen und nicht mit Parallelgesprächen untermalt hätten.

Meine Damen und Herren, das Landesgesetz zum Vollzug der Sicherungsverwahrung – Artikel 2 des vorliegenden Gesetzentwurfs – ist ein guter Gesetzentwurf. Es geht um Menschen, die mehrfach straffällig geworden sind, die schwere Rechtsverletzungen begangen haben, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung ihrer Opfer verletzt haben – das bereits mehrfach – und die auch weiter für die Allgemeinheit gefährlich sein werden.

Sollen wir diese Menschen nun wegsperren, am besten für immer? – So einfach machen wir es uns mit der Sicherungsverwahrung nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren. An ein aufwendiges Diagnoseverfahren schließt sich eine individuelle Vollzugs- und Eingliederungsplanung an, die regelmäßig alle sechs Monate fortzuschreiben ist. Damit ist gewährleistet, dass die Untergebrachten immer mit einem individuellen Blick unter einer individuellen Zielsetzung betrachtet werden.

Ist das nun zu viel Therapie, zu viel Behandlung? – Herr Dr. Wilke, wenn Sie auf der Veranstaltung der Polizei gewesen wären – Ihr Kollege Lammert war dort –, die sich mit dem Thema „VISIER“ und der Frage auseinandergesetzt hat, Therapie oder polizeiliche Überwachung, hätten Sie mitnehmen können, dass es ein großes Anliegen ist, eine Therapie im Vollzug bereits zu verstärken und damit zu erreichen, dass Menschen, die entlassen werden – das sollte unser Ziel sein –, in Verantwortung, in Freiheit leben können und nicht erneut straffällig werden. Das heißt, es kann gar nicht zu viel Therapie, zu viel Behandlung in diesem Zusammenhang geben, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Ausrichtung des neuen Vollzugsgesetzes für die Sicherungsunterbringung begrüßen wir daher uneingeschränkt.

Es gibt jedoch auch noch offene Fragen. Wird die Unterbringung in Justizvollzugsanstalten, wie sie nach § 1 vorgesehen ist, dem verfassungsgerichtlichen Abstandsgebot, dem Trennungsgebot in ausreichender Weise gerecht? Wenn zunächst standardisierte Therapiemethoden angeboten werden sollen und ein individueller Blick erst nachrangig vorgesehen ist, gibt es vielleicht erfolgversprechendere Ansätze? – Diese Fragen wollen wir im Rahmen der Anhörung Sachverständigen vorlegen. Wir freuen uns, dass wir diese Anhörung im Einvernehmen mit allen Fraktionen vereinbaren konnten.

Das Landesgesetz ist ein guter Gesetzentwurf. Vielleicht können wir ihn noch ein wenig verbessern.

Meine Damen und Herren, Artikel 3 des vorliegenden Gesetzentwurfs kommt ganz unspektakulär daher. Das ist das Datenschutzgesetz. In der Begründung heißt es lapidar, die Verarbeitung der notwendigerweise anfallenden personenbezogenen Daten im Justizvollzug solle einer einheitlichen landesgesetzlichen Regelung zugeführt werden. Dabei wird nicht erwähnt, dass es sich um eine bundesweit einmalige Art der Regelung handelt. In Rheinland-Pfalz lassen wir es nicht bei einem Verweis auf allgemeine Regelungen des Datenschutzes bewenden. Wir nehmen datenschützende Regelungen auch nicht in einen unbedeutenden Gesetzesannex auf, sondern vielmehr widmen wir dem Datenschutz ein eigenes Gesetz, das die Landesregierung in enger Zusammenarbeit mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz entwickelt hat.

Einige Detailfragen sind auch in diesem Bereich noch offen. Insbesondere möchten wir Bestimmungen auf den Prüfstand stellen, die erst nach Befassung des Landesbeauftragten für den Datenschutz aufgenommen worden

sind. Auch diese Fragen wollen wir in der vereinbarten Anhörung zu klären versuchen.

Festzuhalten bleibt, dass auch der Artikel 3, das Justizvollzugsdatenschutzgesetz, ein guter Gesetzentwurf ist.

Die Anregungen der anderen Fraktionen und die Anhörung Ende Februar erwarten wir mit Spannung. Am Ende wird mit Sicherheit eine gute, positive und zukunftsweisende Regelung dieser sensiblen Rechtsgebiete stehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Es wird empfohlen, den Gesetzentwurf an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wird dem zugestimmt? – Jawohl, dem wurde zugestimmt.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

…tes Landesgesetz zur Änderung des Landesstraßengesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/1914 – Erste Beratung

Es wurde eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart.

Lassen Sie mich aber zunächst noch Gäste im Landtag begrüßen. Ich begrüße die Singgemeinschaft Goldener Grund Rheinland-Pfalz, die Weinprinzessin aus Rheinhessen, Angelina Schmücker, Mitglieder der AG 60 Plus der SPD Alzey sowie Mitglieder des Fördervereins RotWeiß Olympia Alzey. Seien Sie alle herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile nun Herrn Staatsminister Lewentz das Wort.

Sehr geehrte Weinprinzessin, liebe Frau Präsidentin,

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist vollkommen klar, ich möchte mich mit dem Gesetz natürlich an Sie wenden.

Im Laufe der Jahre hat sich eine Fülle von Punkten angesammelt, in denen das Landesstraßengesetz novellierungsbedürftig ist. Diese Punkte werden nun angegangen. Im Zentrum der Novellierung steht die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Planfeststellung selbstständiger Geh- und Radwege. Diese sollen künftig wie Landes- und Kreisstraßen planfestgestellt werden können, wenn sie dem überörtlichen, insbesondere touristischen Verkehr dienen.

Anlass für diese Ergänzung des Landesstraßengesetzes sind bestehende rechtliche Anwendungen bei der Realisierung überörtlicher Geh- und Radwege. So sah eine von den Verwaltungsgerichten beanstandete Planung vor, dass sich ein Geh- und Radweg aus topografischen Gründen relativ weit von der Kreisstraße entfernte, als deren Bestandteil er festgestellt worden war. Er sei – so argumentierten die Gerichte – dadurch nicht mehr ein unselbstständiger, sondern ein selbstständiger Geh- und Radweg. Um auch für solche Geh- und Radwege das bewährte Instrument der Planfeststellung mit seiner Konzentrationswirkung und seiner Transparenz nutzbar zu machen, sollen selbstständige Geh- und Radwege künftig wie Kreis- und Landesstraßen realisiert werden können, soweit sie überörtliche, insbesondere touristische Bedeutung haben.

Diese Einschränkung ist erforderlich, weil dem Planfeststellungrecht eine Planfeststellungspflicht gegenübersteht. Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) kann jedoch nicht alle künftigen Geh- und Radwege in RheinlandPfalz planfeststellen. Die kleineren und nur örtlich bedeutsamen Geh- und Radwege sollen weiterhin durch die bewährten Instrumente des sogenannten Entbehrlichkeitsverfahrens oder des Bebauungsplanverfahrens realisiert werden.

Die Änderung einer Vorschrift bewirkt erfahrungsgemäß Auswirkungen an den verschiedensten Stellen des Gesetzes. Um das Gesetz weiter in sich stimmig zu halten, ist ein sorgfältiges Vorgehen notwendig. Ein Beispiel: Selbstständige Geh- und Radwege sind nach der Systematik des Landesstraßengesetzes sogenannte sonstige Straßen. Für die hat man bisher die Veränderungssperre nicht greifen lassen. Das hatte seinen guten Grund; denn man hat sie im örtlichen Bereich bisher mit anderen Planungsinstrumenten verwirklicht.

Wenn aber nun auch ein Teil dieser sonstigen Straßen planfestgestellt werden kann, also ein weitgreifenderes Verfahren durchgeführt wird, braucht man die Veränderungssperre, damit die Verwirklichung eines komplexen und regelmäßig teuren Vorhabens nicht durch widerstrebende Maßnahmen verhindert werden kann. Als Beispiel sei Grunderwerb in der Trasse genannt, egal ob er zur Verhinderung des Vorhabens oder nur zufällig durchgeführt worden ist.

Ich glaube, wir haben mit der jetzigen Lösung künftig ein Instrument im Landesstraßengesetz zur Verfügung, das es uns ermöglicht, überregional bedeutsame Geh- und Radwege mit einem geeigneten Rechtsverfahren umzusetzen. Damit ist allen Beteiligten geholfen. Das bewährte rechtsstaatliche Verfahren der Planfeststellung wird durch Abwägung der oft widerstreitenden Interessen, nicht zuletzt des Naturschutzes, zu jeweils akzeptablen Ergebnissen führen. Davon bin ich überzeugt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch an anderen Stellen wird das Landesstraßengesetz fortgeschrieben. Ein gewichtiger Punkt ist die Reinigungspflicht innerhalb geschlossener Ortschaften. Dabei denke ich nicht an die Beseitigung normaler Verschmutzungen, die teilweise schon dem Bürger übertragen worden sind. Dieses System funktioniert insgesamt ganz gut.

Nein, ich denke an die recht häufig auftretenden Verschmutzungen durch Öl und andere wassergefährdende Stoffe, die überwiegend durch Kraftfahrzeuge verursacht werden. Hier kommt es sehr häufig vor, dass der Verursacher die Verschmutzung nicht beseitigt, sei es, dass er sie nicht bemerkt oder sich seiner Pflicht entziehen will.

Hier soll den Kommunen geholfen werden, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Zunächst brauchen die Kommunalverwaltungen, aber auch der LBM nicht mehr abzuwarten, ob sich ein Verantwortlicher meldet oder selbst tätig wird. Bei Gefahr in Verzug – das heißt, wenn Gefahr für die Umwelt oder die Sicherheit Dritter besteht – darf gehandelt werden, ohne dass später entgegengehalten werden kann, der Verursacher hätte es preiswerter gekonnt.

Die Kosten für diesen Einsatz können beim Verursacher und dessen Haftpflichtversicherung künftig per Leistungsbescheid geltend gemacht werden. Dies bedeutet eine wesentliche Erleichterung. Bisher musste das aufgewendete Geld vor dem Verwaltungsgericht eingeklagt werden.