Protokoll der Sitzung vom 07.03.2013

Weil wir Bürgerbeteiligung, das Parlament und die Enquete-Kommission „Aktive Bürgerbeteiligung“ ernst nehmen, werden wir im weiteren Verlauf über zwei Dinge intensiv diskutieren. Das ist die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Herr Kollege Noss hat es schon angesprochen. Wir werden einen Änderungs- oder Erweiterungsantrag zum Gesetzentwurf einbringen, der im Licht der Diskussion der Enquete-Kommission und des Gutachtens von Professor Ebsen in Richtung eines Parité-Gesetzes die Repräsentanz von Frauen in kommunalen Gremien stärken soll.

Frau Beilstein, wir sind uns völlig einig, bei einem Frauenanteil von 16 % in kommunalen Gremien müssen wir dringend handeln. Die Koalition hat das erkannt. Ich freue mich über die Signale, dass die CDU bereit ist, diesen Weg mitzugehen. Das ist eine gute Nachricht des heutigen Tages.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Dann komme ich zu Ihrem Vorschlag der WahlzettelLandverschickung. Ich finde es gut, dass Sie sich Gedanken machen, wie man die Beteiligung an Wahlen erhöhen kann. Wir haben verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Das ist unser gutes Recht. Es ist übrigens nicht nur das Recht der Opposition, Rechtsbedenken anzumelden, sondern das ist auch das Recht von Koalitionsfraktionen.

Liebe Frau Klöckner, ich zitiere Sie einmal mit Erlaubnis, wir sollen rechtliche Bedenken hinten anstellen. Ich möchte einmal wissen, was hier los wäre, wenn das der Finanzminister gestern zu Ihren Forderungen nach Beihilferechtskonformität in Sachen Hahn gesagt hätte. Sie können nicht mit zweierlei Maß messen. Wir werden

diese verfassungsrechtlichen Bedenken im Verfahren überprüfen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir wären vielleicht schon einen Schritt weiter, wenn Sie die Enquete-Kommission „Aktive Bürgerbeteiligung“ nicht konsequent bekämpft und missachtet hätten. Dann hätten Sie Ihren Vorschlag dort einbringen können. Dann hätte man die Dinge miteinander besprechen und prüfen können.

Ich weiß nicht, wer Ihnen das vorbereitet hat, aber dass Sie dann ausgerechnet einen Wahlzettel des RheinLahn-Kreises hoch nehmen, es war doch in diesem Rhein-Lahn-Kreis bei der letzten Kommunalwahl, bei der die Stadtratswahl in Bad Ems wiederholt werden musste, weil ein Kandidat Wahlzettel gefälscht und ausgefüllt hat und dabei aufgeflogen ist, weil er das zuhause gemacht hat.

(Zurufe von der CDU)

Weil wir genau das nicht wollen, haben wir verfassungsrechtliche Bedenken.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir haben aber doch auch schon gute Gespräche zum Kommunalwahlgesetz geführt.

(Unruhe im Hause)

Die wurden jetzt unterbrochen, weil Sie zum Thema „Ausweitung der Bürgerbeteiligung“ auf Ihrem Parteitag einen Antrag zur Ablehnung von Wahlalter 16 ohne Beteiligung und ohne Aussprache verabschiedet haben. Wir sind aber bereit, diese Gespräche wieder aufzunehmen und den Faden wieder aufzunehmen. Dann müssen wir aber auch darüber reden. Wir sind doch bereit für eine Kultur des Dialogs, aber nicht einseitig und nur zu Ihren Bedingungen, sondern wir können gern im weiteren Verfahren über Ihren Vorschlag reden, aber wir reden auch über die Stärkung von Frauen in Kommunalparlamenten. Dann reden wir auch gemeinsam über die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Dazu sind wir gern bereit.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat die Kollegin Demuth das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Wir haben hier bereits im November ausführlich über das Wahlrecht mit 16

und die Absenkung diskutiert, und im Großen und Ganzen sind schon alle Argumente ausführlich dargestellt worden. Seitdem hat sich an der Argumentation der CDU und unseren Ansichten nichts geändert.

(Beifall der CDU)

Wir stehen auch weiterhin aus vollster Überzeugung für ein Wahlrecht mit 18 und werden daran festhalten. Dies gilt im Übrigen auch für die Kommunalwahlen; denn wir machen keinen Unterschied zwischen Kommunalwahlen und Landtagswahlen. Diese Wahlen sind in ihrer Qualität für uns absolut gleichwertig.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Was für Argumente! – Frau Klöckner, CDU: Hören Sie doch einmal zu!)

Wir halten auch daran fest, dass das aktive und das passive Wahlrecht, so wie es auch schon Willy Brandt in seiner Amtszeit 1972 gewollt hat, miteinander verbunden werden.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: 40 Jahre vergangen!)

Wir sprechen uns dafür aus, dass Jugendliche mit 18 gewählt werden können und sich auch gegenseitig wählen können. Das wäre bei dem Vorschlag mit 16, der hier auf dem Tisch liegt, nicht der Fall. Das halten wir nicht für konsequent und deshalb auch nicht für unterstützenswert. Wir sind weiterhin dagegen, dass die Verfassung aufgrund dieser Entscheidung oder dieses Vorschlags geändert wird; denn wir wissen, dass 77 % der gesamten Bevölkerung gegen eine Absenkung des Wahlalters sind und weiterhin an einem Wahlalter mit 18 festhalten wollen.

(Pörksen, SPD: Wo haben Sie das denn her? – Klein, CDU: Forsa!)

Viele Jugendliche sind ebenfalls dieser Meinung. Das ist eine Forsa-Umfrage aus dem 2010.

(Pörksen, SPD: Lesen Sie mal die Bertelsmann Stiftung!)

62 % der Jugendlichen sind der Meinung, dass sie sich noch nicht reif genug fühlen, mit 16 zu wählen, und wollen weiterhin an einem Wahlalter mit 18 festhalten.

(Beifall der CDU)

Jetzt komme ich zu dem für mich wichtigsten Argument. Das ist das Argument, das auch Herr Kollege Oster eben angesprochen hat, dass man die Politikverdrossenheit bei Jugendlichen durch die Absenkung des Wahlalters senken möchte. Wir wissen aus Statistiken und zahlreichen Umfragen, dass das nicht der Fall ist.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Aus Statistiken?)

Lieber Herr Pörksen, wir wissen aus Statistiken aus anderen Bundesländern, in denen das bereits geändert worden ist, dass nicht mehr junge Wähler zur Wahl

gehen und gerade die Politikverdrossenheit bei den Wählern mit 16 besonders hoch ist und dies besser geregelt werden kann,

(Pörksen, SPD: Ich habe das gelesen!)

nicht durch eine Absenkung des Wahlalters, sondern durch eine konsequente Bildungspolitik in den Schulen, durch das konsequente Lernen von basisdemokratischen Maßnahmen und Instrumenten. Dies ist viel wirkungsvoller als die Absenkung des Wahlalters, die überhaupt keine Wirkung zeigt und auch noch zu Frustration führt.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Aber nicht ausüben dürfen! Lernen ja!)

Wir stimmen deshalb nicht zu, dass auf dem Rücken von Wählerstimmen, die durch eine Absenkung des Wahlalters vielleicht gewonnen werden möchten, mit einem verfassungsrechtlichen Instrument wie dem Wahlrecht so umgegangen wird. Wir lehnen deshalb eine Absenkung des Wahlalters auch zukünftig nachhaltig ab.

(Beifall der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Deshalb komme ich zum Überweisungsvorschlag für die Tagesordnungspunkte 5 bis 7. Es wird vorgeschlagen, die drei Gesetzentwürfe an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überwei- sen. – Das ist hiermit so beschlossen. Vielen Dank.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz über die freiwillige Bildung der neuen Verbandsgemeinde Rhein-Mosel Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2094 – Erste Beratung

Es wurde eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Ich darf dem Vertreter dem SPD-Fraktion, dem Kollegen Marc Ruland, der heute seine Jungfernrede hält, das Wort erteilen.

(Beifall im Hause)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucher auf der Tribüne dort oben! Wie schon gesagt, als neues Mitglied in diesem Hause darf ich heute meine Jungfernrede hier halten. Als Abgeordneter aus dem Landkreis Mayen-Koblenz – genauer gesagt aus Andernach – spreche ich heute zum Landesgesetz über die freiwillige Bildung der neuen Verbandsgemeinde Rhein-Mosel. „Vernunftehe oder Liebesheirat? Rhens und Untermosel sagen Ja zur Fusion“, das titelte die „Rhein-Zeitung“ am 3. Juli.

Wie bringe ich Rhein und Mosel zusammen? Das sei schon eine gewisse Herausforderung, sagte mir ein Bürgermeister der Region. Wir wissen, Confluentes, in Koblenz fließen Rhein und Mosel zusammen, und zugleich treffen hier auch unterschiedliche Regionen zusammen. Natürlich bestehen hier auch unterschiedliche Mentalitäten. Ich sage Ihnen, in bin trotzdem fest davon überzeugt, diese freiwillige Fusion ist zukunftsweisend und deutlich mehr als eine reine Vernunftehe. Ja, hier bestand Mut zur Freiwilligkeit. Das unterstreicht, dass die kommunale Verwaltungsreform unserer Landesregierung auf einem guten Weg ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, stellen wir uns vor, wir sind im Jahr 2033. Ich bin dann 50 Jahre alt. Andere Kollegen – ich schaue beispielsweise einmal den Kollegen Pörksen an – – –

(Frau Klöckner, CDU: Deutlich älter! – Heiterkeit im Hause)

Nein, um Gottes willen, gerade mal 80, Frau Klöckner. Aber darum geht es nicht, sondern es geht darum, wie es eigentlich im engen Moseltal und im Rheintal aussehen wird. Wie viele Menschen werden da über 80 sein? Wie viele Häuser müssen hier barrierefrei gestaltet werden? Welche Herausforderung bringt das Altern unserer Gesellschaft noch mit sich? Der demografische Wandel hat bereits die Verbandsgemeinde Rhein-Mosel erreicht. Dem wird die Fusion entgegenwirken. Die Fusion gestaltet zugleich demografischen Wandel und hat auch die Bürgerinnen und Bürger beteiligt und wird sie weiter beteiligen.