Eine andere Größe ist noch interessanter: Die von der schwarz-gelben Koalition verursachten Steuersenkungen der vergangenen Jahre haben im rheinlandpfälzischen Landeshaushalt im Schnitt zu Mindereinnahmen von 580 Millionen Euro und interessanterweise im Jahr 2011 von 663 Millionen Euro geführt.
Der Abstand des Haushalts 2011 zur Verfassungsgrenze beträgt 611 Millionen Euro. Das bedeutet, ohne die Steuerpolitik im Bund hätten wir das von Ihnen angemahnte Problem, dass die Investitionen geringer sind als die Nettokreditaufnahme, nicht. Adressieren Sie also Ihre Kritik dorthin.
Wenn Sie heute die Zeitungen aufschlagen oder die Tickermeldungen verfolgen, hören wir, 10 Milliarden Euro an Steuersenkungen sollen beschlossen werden. Ich vermute wie immer an der Spitze den rheinlandpfälzischen Experten Herrn Fuchs – es geht keine Steuersenkungsdebatte ohne ihn vonstatten –, und wahrscheinlich auch Herrn Wissing von der FDP. Herr Baldauf, Sie waren meines Wissens auch in den vergangenen Jahren in der Gruppierung der CDU mit Herrn Mappus und Herrn Wagner, die etwas rechts von der Mitte laufen. Sie waren auch immer einer der Befürworter weiterer Steuersenkungen.
Wenn diese Steuersenkungen kommen, werden wir in diesem Landeshaushalt in einer Art und Weise über Konsolidierung nachdenken müssen, dass es für die von Ihnen beschriebenen kleinen Leute nicht mehr zumutbar ist. Ich weiß nicht, wann Sie beginnen zu verstehen, dass öffentliche Haushalte auf der Ausgabenseite die etwas Schwächeren begünstigen und auf der Einnahmeseite die Stärkeren ihren Solidarbeitrag liefern. Werben Sie dafür in Berlin!
Ich komme zu dem letzten Punkt, den ich ansprechen möchte. In Ihrem Antrag wird auch darauf hingewiesen, wir sollten jetzt dringend Maßnahmen im Haushaltsvollzug ergreifen, damit mit diesem Haushalt finanzwirtschaftlich sparsam umgegangen wird. Sie hätten auch schreiben können, weil Sie das wissen, dass diese Landesregierung am Anfang des Haushaltsjahres eine Haushaltssperre von 3 % verhängt hat. Das wäre aber nicht besonders schön gewesen, weil das nicht in den Duktus hineingepasst hätte, dass diese Landesregierung angeblich keine vernünftige Haushaltswirtschaftspolitik betreibt.
Wir werden auch in diesem Haushaltsjahr 75 Millionen Euro an globaler Minderausgabe auflösen. Die 3 % Haushaltssperre machen ungefähr 165 Millionen Euro aus. Ich habe mich gefragt: Warum wollen die in einem
Nachtragshaushalt feststellen, dass diese 350 Millionen Euro definitiv auf der Einnahmeseite fest eingebucht werden? – Da habe ich mir gedacht: Vielleicht sind die skeptisch; vielleicht trauen die uns nicht.
Das habe ich mir gedacht. Diese Antwort wollte ich von Ihnen hören, Herr Baldauf. Herr Schreiner hat schon gesagt, er hat ganz böse Erfahrungen mit der SPD gemacht.
Ich frage Sie: Haben Sie sich einmal die Ergebnisse der zurückliegenden Haushaltsrechnungen angesehen? In den Jahren 2009 und 2010 – ich darf diese beiden Jahre nennen, weil ich für den Haushaltsvollzug in diesen Jahren die Verantwortung getragen habe – lag die IstNettokreditaufnahme 160 Millionen Euro unter der veranschlagten und damit erlaubten Nettokreditaufnahme. Da müssen wir offensichtlich irgendetwas vergessen haben auszugeben.
Noch schlimmer ist es im Jahr 2010. Im Jahr 2010 lag sie 520 Millionen Euro unter der Nettokreditaufnahme, die vom Parlament verabschiedet worden ist. Daran können Sie unschwer erkennen, dass diese Landesregierung – sowohl die vorherige Landesregierung als auch diese Landesregierung – alle Maßnahmen ergreift, um im Haushaltsvollzug sparsam und wirtschaftlich mit öffentlichen Mitteln umzugehen.
Meine Damen und Herren von der CDU, wenn Sie etwas tun wollen – ich meine das ernst –, dann führen Sie in diesem Parlament keine Scheingefechte und vor allen Dingen nicht solche, durch die Sie den Eindruck erwecken oder suggerieren, wir würden gegen die Verfassung handeln.
Treten Sie darüber hinaus mit den gesellschaftlichen Interessengruppen und der Landesregierung in einen offenen Dialog ein, und benennen Sie ganz konkret Ihre Einspar- und Ihre Konsolidierungsvorschläge, und sagen Sie auch, an welcher Stelle Sie gegebenenfalls Einnahmen verändern wollen.
Seien Sie ferner so freundlich und mäßigen Sie die Politiker in Ihren eigenen Reihen im Landesverband Rheinland-Pfalz, die jeden Tag eine neue Steuersenkung durch die Republik tragen, und nehmen Sie Einfluss auf Ihre Berliner Parteifreunde, dass sie die heute annoncierte unsinnige Steuersenkungsorgie von 10 Milliarden Euro sein lassen.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. – Das ist doch noch der Fall. Herr Kollege Dr. Weiland hat das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Man konnte sich eben nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass der geschätzte Herr Finanzminister Opfer einer gewissen Begriffsverwirrung geworden ist,
als er versucht hat, rechtlich zu begründen, weshalb die Landesregierung die Vorlage eines Nachtragshaushalts ablehnt. Er hat offensichtlich die Begriffe „müssen“, „können“ und „sollen“ miteinander verwechselt.
Ich meine, der rheinland-pfälzische Finanzminister wäre auch gut beraten, wenn er im Zusammenhang mit dem Stichwort des konjunkturellen Ungleichgewichts weniger bei der Bundesregierung nachlesen würde – auch wenn mir zugegebenermaßen dieser Rat etwas schwerfällt –, als vielmehr im Landesrechnungshofbericht. Da wird dazu nämlich klar und deutlich Stellung genommen, meine Damen und Herren.
Im Übrigen muss man kein Hellseher sein, um schon zu Beginn der Debatte sagen zu können, wie über unseren Antrag auf Vorlage eines Nachtragshaushalts abgestimmt wird. Der Antrag wird abgelehnt, weil nämlich der größere der beiden Koalitionspartner, der seit 20 Jahren in diesem Land den Finanzminister stellt, das so will. Das ist ein schwerer Fehler.
Das ist deshalb ein schwerer Fehler, weil die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen gleich zu Beginn dieser Legislaturperiode mit dieser Ablehnung genau das falsche Zeichen setzen. Was das Land jetzt braucht, wäre ein Zeichen des Aufbruchs auf dem Weg zur Einhaltung der verfassungsmäßigen Schuldenbremse. Das Land braucht ein Zeichen des Aufbruchs in eine neue und nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik.
Man braucht kein Hellseher zu sein, um schon heute zu wissen, dass wir ohne eine neue und nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik das gemeinsame Ziel eines Haushalts ohne Neuverschuldung im Jahr 2020 nicht erreichen werden. Deshalb brauchen wir heute und nicht morgen und nicht übermorgen eine offene und ehrliche Bestimmung des Punktes, an dem wir uns befinden und
von dem aus wir starten. Wir brauchen, wie das unsere Fraktionsvorsitzende gesagt hat, eine ehrliche Eröffnungsbilanz.
Die Landesregierung bekennt sich in der Koalitionsvereinbarung sowie in der dazu abgegebenen Regierungserklärung zur Konsolidierung des Landeshaushalts mit dem Ziel null Neuverschuldung ab 2020.
Die Landesregierung – das ist eine löbliche Ankündigung; man braucht gar nicht kritisch zu schauen –
befindet sich mit dieser Ankündigung in der Kontinuität ihrer Vorgängerregierungen, also sozusagen in der Kontinuität zu sich selbst;
denn wie oft hat die Landesregierung schon angekündigt, ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr Geld ausgeben zu wollen, als sie einnimmt.
Hier war schon von Paradigmenwechsel die Rede. Es wurden schon konkrete Daten genannt. Jedes Mal sind diese Ankündigungen relativiert, verwässert und zurückgenommen worden.
Wenn Sie heute anfangen, gegen Steuersenkungen zu polemisieren, die noch gar nicht auf den Weg gebracht wurden, öffnen Sie sich doch schon selbst wieder das Hintertürchen, mit dem Sie aus der Schuldenbremse aussteigen wollen. Das ist doch ganz offensichtlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wohin diese Politik geführt hat, kann man sehen, wenn man den Bericht des Landesrechnungshofs und die Haushaltspläne liest. Wir haben eine stets ansteigende Landesverschuldung von 13 Milliarden Euro in 1994 auf 34 Milliarden Euro in 2011 zu verzeichnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diesmal ist aber alles anders. Das haben offensichtlich die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, jedenfalls die größere der beiden Regierungsfraktionen, noch nicht begriffen.
Dieses Mal ist das Erreichen der Schuldenbremse, eines ausgeglichenen Haushalts, nicht mehr in das Belieben der Landesregierung oder der sie tragenden Parlamentsmehrheit gestellt, sondern sie ist Verfassungsauf