Protokoll der Sitzung vom 22.06.2011

(Beifall der CDU)

Damit müssen wir heute anfangen. Dazu brauchen wir den von uns beantragten Nachtragshaushalt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb – ich glaube immer noch an die Kraft des besseren Arguments – springen Sie über Ihren eigenen Schatten, und stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Steinbach das Wort.

Sehr geehrter Herr Dr. Weiland, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass es keineswegs der Wunsch der größeren Koalitionsfraktion ist, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen, sondern dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das deshalb tut, weil wir ihn in der Sache geprüft und für falsch befunden haben. Das habe ich ausführlich dargelegt. Daran gibt es inhaltlich nichts zu rütteln.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Es wird Ihnen auch nicht gelingen, uns an diesem Punkt auseinanderzutreiben. Auch wenn Sie den Begriff „nachhaltig“ wiederholt verwenden, wird er aus Ihrem Mund nicht wahrer und nicht besser. Es tut mir leid. Die Ruinierung der öffentlichen Haushalte ist zuvörderst einer massiven und verfehlten Steuerpolitik dieser amtierenden schwarz-gelben Bundesregierung zu verdanken.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Heiterkeit bei der CDU)

Der Finanzminister hat es ausgeführt. Den Zahlen ist nichts hinzuzufügen. Der Bund bestimmt über die Haushalte der Länder und macht alle Anstrengungen zunichte, die dort unternommen werden.

Deswegen sollten Sie zu Ihrer Verantwortung stehen und sagen, welchen Teil wir dazu beitragen können, und nicht auf der Bundesebene so herumreden und auf der Landesebene andersherum handeln. Wenn Sie das zusammenbrächten, würde Ihnen das auch ein Stück weit Ihre Glaubwürdigkeit in haushaltspolitischen Fragen wieder zurückbringen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Dr. Weiland von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Steinbach, mir wäre nicht bekannt, dass die Steuerpolitik der Bundesregierung in unterschiedlichen Bundesländern unterschiedliche Gültigkeit hätte. Insofern gehen, was die Steuerpolitik der Bundesregierung angeht, alle Bundesländer von derselben Voraussetzung aus. Ich hatte im Übrigen diese Diskussion schon einmal mit dem Herrn Finanzminister geführt. Er hat mir auch zugestimmt. Was bleibt ihm auch anderes übrig? Das ist die Rechtslage.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Deshalb muss der schlechte Zustand der Landesfinanzen irgendetwas damit zu tun haben, wer in diesem Land seit 20 Jahren den Finanzminister stellt.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen unmittelbar zur Abstimmung über den Antrag, da keine Ausschussüberweisung von der CDU-Fraktion beantragt wird. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/23 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Danke. Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Schadenersatzansprüche gegen ehemaligen Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH prüfen und durchsetzen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 16/24/50 –

dazu: Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Nürburgring GmbH Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/66 –

Es wurde eine Grundredezeit von zehn Minuten vereinbart. Zur Begründung erteile ich Herrn Dr. Wilke von der antragstellenden Fraktion der CDU das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In 32 manchmal quälend langen Sitzungen hat der Untersuchungsausschuss „Nürburgring GmbH“ versucht, Licht in

das Dunkel um die Erlebnisregion Nürburgring 2009 zu bringen. Es war eine gewaltige Arbeit. Ich hätte gerne heute an der Stelle dem Ausschussvorsitzenden, dem Kollegen Pörksen, noch einmal meinen Respekt für seine Energieleistung bei der Leitung dieses Ausschusses gezollt. Leider ist er nicht da. Sie können es ihm gerne bitte von mir überbringen.

Im Untersuchungsausschuss ging es um die politische Verantwortung für das, was am Nürburgring alles schiefgelaufen ist.

Einen Abschlussbericht gibt es leider nicht, aber es sind schon viele Dinge herausgearbeitet worden. Aber das steht heute nicht zur Diskussion.

Verantwortung hat aber noch mehr Kategorien als nur eine politische Seite. Es gibt eine strafrechtliche Seite. Da gibt es die Staatsanwaltschaft in Koblenz, die das sehr eifrig ermittelt. Und da gibt es eine zivilrechtliche Seite an der Stelle. Die Frage lautet schlichtweg: Wer kommt für den Schaden auf, der da entstanden ist? – Jede Menge Honorare, Provisionen, Spesen und für den Steuerzahler zig Millionen Steuergeld, das in die Nürburgring GmbH investiert werden musste, um deren Zahlungsunfähigkeit abzuwenden.

Schadensersatzansprüche zu verfolgen, ist zuvörderst Sache der Betroffenen, der Geschädigten. Das ist unmittelbar die Nürburgring GmbH. Diese hat auch Klage gegen ihren Hauptgeschäftsführer und weitere Mitarbeiter eingereicht. Über 9 Millionen Euro werden eingeklagt.

Wir begrüßen dies außerordentlich, haben es im Rechtsausschuss mehrfach thematisiert und mehrfach gefordert.

Die Frage ist, ob es noch weitere Verantwortliche in dem Zusammenhang gibt. Da richtet sich unausweichlich der Blickwinkel auch auf den Aufsichtsrat.

Wir als CDU glauben, es gibt genügend Anhaltspunkte dafür, dass sích eine nähere Prüfung lohnt.

Ich will nur ein Beispiel etwas ausführlicher erwähnen. Das ist die Aufsichtsratssitzung vom 25. Juli 2006. Herr Kühl, Sie werden wahrscheinlich schon ahnen, dass ich darauf zu sprechen komme.

In der damaligen Sitzung hat nämlich die Geschäftsführung die verschiedenen Finanzierungsalternativen vorgestellt. Es gab eine Vorlage. Die war relativ dünn. Es gab auch eine große Tischvorlage mit einer Bewertung der verschiedenen Alternativen. Daraus erwuchs ein Beschluss. Der lautete: Die Geschäftsführung wird beauftragt, mit der Firma IPC einen Beratervertrag abzuschließen. –

Jetzt will ich nicht selbst eine Bewertung vornehmen, sondern lasse doch gerne andere sprechen, was von dieser Aufarbeitung dieser Unterlagen zu halten war, die Grundlage, auf der der Aufsichtsrat diesen Beschluss fasste, der am Anfang sozusagen von allem stand.

In dem Gutachten, das dieser Landtag beim Rechnungshof in Auftrag gegeben hat, heißt es auf Seite 22:

Die Aufbereitung war nicht dazu geeignet, dem Aufsichtsrat eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen. –

Im gleichen Gutachten finden wir auf Seite 86 ganz wichtige Hinweise zu dem Prüfungsauftrag, den dieser Aufsichtsrat hatte. Da steht zu lesen – ich kann das nur unterstreichen –: „Der Aufsichtsrat muss sich mit Geschäften grundlegender Art vertieft auseinandersetzen und sie einer verstärkten Risikokontrolle unterziehen.“ Ich denke, dafür bestand damals noch umso mehr Anlass, als in dieser Sitzung – man muss es auch in Erinnerung rufen – zwei Aufsichtsratsmitglieder zum ersten Mal an einer Sitzung teilnehmen. Das waren Herr Härtel und der jetzige Finanzminister.

Wenn es um eine verstärkte Risikokontrolle geht, dann ist es immer wichtig zu schauen – das würde ich so empfinden; ich denke, die meisten anderen auch –, welche Referenzen derjenige vorzuweisen hat, der vorgeschlagen wird, dass man das Geschäft mit ihm macht.

Tatsächlich, da gab es das Thema der Referenzen. Da wurde die Wolfsburg AG, die bekannt ist, ins Spiel gebracht, die das große Zentrum in Wolfsburg rund um die Erlebniswelt von VW betreibt.

Da wurde von der Geschäftsführung ein angebliches Kooperationsprojekt zwischen IPC und der Wolfsburg AG vorgestellt, das angeblich kurz vor dem Abschluss stünde.

Am 4. August, also wenige Tage später – 25. Juli, 4. August – wurde ein Projektfinanzierungs- und -ent- wicklungsvertrag zwischen der Nürburgring GmbH und der IPC abgeschlossen. Das war für die IPC – wie wir heute wissen, wie der Untersuchungsausschuss in aller Klarheit herausgearbeitet hat – wie ein Sechser im Lotto. Ab jetzt flossen Monat für Monat satte Honorare, jede Menge Geld für die IPC, und vor allen Dingen, was das Allerbeste und das Allerwichtigste für IPC war, sie hatte ab dem Moment den exklusiven Auftrag, sich um die Finanzierung des Projekts „Nürburgring 2009“ zu kümmern.

In dem Vertrag, der abgeschlossen wurde, stand noch etwas Interessantes. Da gab es nämlich die Pflicht der IPC, bis zum Ende des Monats, nein, bis zum 15. August 2006 – ich korrigiere –, diesen Kooperationsvertrag, der vorher als Referenz herangezogen worden war zwischen Wolfsburg AG und IPC, vorzulegen.

Am 31. August – jetzt nähere ich mich wieder dem Aufsichtsrat – nimmt dieser Aufsichtsrat diesen Vertrag mit all seinen Inhalten zustimmend zur Kenntnis. Da fragt sich doch der geneigte Betrachter, wo war die Referenz, wo war der Kooperationsvertrag, der Nachweis, dass es schon einmal mit dieser Lebensversicherungsfinanzierung geklappt hat.

Die Referenz lag nicht vor. Sie lag weder am 31. August noch irgendwann später vor. Sie wurde nie vorgelegt, weil nämlich Ende 2007 Wolfsburg die Nase voll hatte und den Vertrag mit IPC kündigte.

Da fragt man sich als Betrachter, der auch überlegt, hat der Aufsichtsrat seinen Pflichten genügt, hat er diese verstärkte Risikokontrolle betrieben, von der wir vorhin gesprochen hatten, wurde jemals nachgefragt, haben sich die Aufsichtsratsmitglieder bemüht zu erfahren, stimmt das eigentlich alles, ist das ein seriöser Partner?

Es sind keine Nachfragen dokumentiert.

(Frau Klöckner, CDU: Genauso ist es!)

Wenn man die Vernehmungsprotokolle des Ausschusses liest, dann gibt es sehr unterschiedliche Darstellungen, aber alles bleibt so im ungefähren, oberflächlich Schwammigen. Da frage ich mich, wenn nicht nachgewiesenermaßen nach den Referenzen nachgefragt wurde, war das pflichtgemäße Risikokontrolle?

(Beifall der CDU)

Also das Mindeste ist, dass da ganz starke Zweifel bestehen. Das Fatale war – warum habe ich diesen Sachverhalt so intensiv dargestellt? –, in dem Moment begann doch alles; denn an dem Punkt hätte man auch die unselige Geschäftsbeziehung mit IPC stoppen können. Aber weil der Aufsichtsrat nicht genau genug hinschaute – so mein Eindruck aus den Ausschussvernehmun- gen –, geschah genau dies nicht. Der Zug war auf dem Gleis, und der Zug rollte.