Protokoll der Sitzung vom 05.06.2013

Für die Qualität, die für uns maßgeblich Grundlage für guten Unterricht und schulischen Erfolg ist, braucht es formulierte Ziele. Diese Ziele werden durch verbindliche Lehrpläne und zentrale Abschlussprüfungen auf einheitlichem Niveau gegeben.

Es ist wichtig, dass wir endlich eine landesweite Vergleichbarkeit in der Bildung schaffen. Unter dem Strich ist es eigentlich auch egal, wie jemand dann seinen Dreisatz lernt. Wenn die Schule da clevere und ideenreiche Lösungen hat, dann ist es der richtige Weg.

Dieses Modell ist ein gutes Modell. Es hat sich bereits bewährt, und wir sind überzeugt, es ist der richtige Weg zur Weiterentwicklung der Qualität in der Bildung.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Für die SPD hat Frau Abgeordnete Brück das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich die Vorstellung des Gesetzentwurfs der CDU sah, fragte ich mich: Hat die CDU den 1. April verpasst, oder ist das jetzt die neue Art der Wahlkampfhilfe für ihre hessischen Parteifreunde?

(Beifall der SPD – Bracht, CDU: Immer die gleiche Leier!)

Fakt ist, das, was Frau Schneid hier als Wunderwaffe an mehr Selbstständigkeit an Schulen aus Hessen präsentiert, wird dort auf der anderen Seite des Rheins gerade heftig als Abschieben der Mangelverwaltung auf die Schulen kritisiert.

Erst gestern Abend habe ich von vielerlei Seiten gehört, mehr Schein als Sein. Von wegen verheißungsvoll, wie Sie eben gesagt haben!

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Genau!)

Was Sie hier wollen, Frau Schneid, ist der durchsichtige Versuch, das Thema „Individuelle Förderung und mehr Selbstständigkeit an rheinland-pfälzischen Schulen“ nach dem von uns beantragten Modellversuch auch in den nächsten Monaten am Kochen zu halten, verquickt mit den Themen „Unterrichtsversorgung“ und „Lehrkräftebedarf“, alles schön in einen Topf geworfen und ordentlich herumgerührt. Nur leider ist dieser Eintopf ungenießbar.

Statt Farbe zu bekennen und unserem Modellprojekt für mehr Selbstständigkeit an rheinland-pfälzischen Schulen zuzustimmen – da sind wir einmal gespannt, denn nach Ihren Worten müssten Sie genau das jetzt tun –, kopieren Sie in Ihrer Pressemitteilung auch noch fast den Titel unseres Antrags und mischen es dann mit dem fast wortgetreuen Gesetzestext aus Hessen. Es unterscheiden sich nur die Paragrafenzahlen. Nur, dass Ihre Copyand-paste-Methode weit hinter dem zurückbleibt, was wir in Rheinland-Pfalz schon machen, und weit hinter dem, was unser Modellversuch eigentlich will.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Über den Tellerrand zu schauen, lohnt sich. Das habe ich jüngst nach einer Reise nach Schleswig-Holstein gesagt. Ja, das hat auch die CDU gemacht. Sie haben das Wort eben benutzt. Sie haben auch über den Tellerrand geschaut. Aber leider haben Sie wohl vergessen zu bewerten, wie die Wirklichkeiten sind. Mir kommt es vielmehr vor, als hätten die Bildungspolitiker in der CDUFraktion nach der letzten Klausurtagung noch schnell einen Auftrag von oben erhalten, etwas für das Plenum zu machen. Wie soll ich sonst den mit heißer Nadel gestrickten Gesetzentwurf bewerten?

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie verlangen nach mehr Selbstständigkeit und mehr Selbstverwaltung und fangen erst einmal damit an, die alte Leier von den zentralen Abschlussprüfungen auszugraben. Wie glaubwürdig ist das denn? Sie reden einerseits vollmundig von der Eigenständigkeit von Schulen und wollen im gleichen Atemzug von oben herab zentrale Prüfungen einführen.

(Zuruf der Abg. Frau Thelen, CDU)

Wenn Sie die Forderungen wenigstens noch in zwei unterschiedlichen Gesetzentwürfen gemacht hätten, aber ausgerechnet in einem Entwurf zum Thema „Selbstverantwortung“! Das ist schon merkwürdig.

(Beifall der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Die Selbstständigkeit von Schulen, die wir meinen, ist allein der Qualität von Schule verpflichtet. Sie basiert auf einem demokratischen Miteinander in der Schulgemeinschaft, in der sich Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler

sowie deren Eltern als gleichberechtigte Partner verstehen.

Der von Rot-Grün beantragte Modellversuch geht über die bloße Verwaltungsebene weit hinaus und rückt die Unterrichtsqualität in den Mittelpunkt, um dort noch mehr Ideen als bisher auf neuem Wege zu erproben.

Die Frage des selbst zu verantwortenden Schulbudgets ist dabei eine wichtige, aber nicht die einzige. Wie das Schulentwicklungsprojekt „Selbstverantwortliche Schule“ gezeigt hat, ist es auch nicht die alles entscheidende Frage. Ihre ständigen unterschwelligen Anwürfe, es gäbe in unserem Land keine verbindlichen Lehrpläne – das haben Sie eben wieder gemacht –, oder aber auch Ihre unterschwelligen Andeutungen, das Bildungsniveau werde aufgeweicht, sind langsam unanständig.

Frau Dickes, Sie haben sich im Ausschuss beklagt. Zu Unrecht, wie wir hier sehen.

(Frau Dickes, CDU: Frau Schneid hat geredet, nicht ich!)

Sie können nicht verstehend lesen, oder Sie wollen es nicht verstehen. Anders ist Ihr durchsichtiger Versuch, hier hessische Verhältnisse einführen zu wollen, nicht begreifbar zu machen.

Der Höhepunkt der Unverfrorenheit sind allerdings für mich die Finanzierungsvorschläge der CDU-Fraktion, die Sie hier aufbringen. Sie wollen die Mittel für die Sprachförderung streichen. Sie wollen die Mittel für den Herkunftsunterricht streichen. Sie wollen die Mittel für PES – das ist übrigens das, was mit dem hessischen Modell vergleichbar ist, da haben wir fast alle unsere Schulen in diesem Projekt – verlagern und die Arbeiten von Schulträgeraufsicht und Schulaufsichtszuständigkeiten miteinander vermischen. Das alles lässt einem schon den Atem stocken und zeugt von unglaublicher Unkenntnis der schulischen Realitäten in unserem Land.

Sie fordern urplötzlich Schulqualitätsprogramme, Schulkonzepte, Zielvereinbarungen und Evaluation. Wollten Sie nicht immer die AQS abschaffen? Das haben wir seit Jahren in Rheinland-Pfalz, aber ohne die zentralistische Steuerung wie aus dem hessischen Bildungsministerium.

(Glocke des Präsidenten)

Die hier aufgeführte Entwicklungshilfe aus Hessen lehnen wir dankend ab und bieten stattdessen das rheinland-pfälzische Schulsystem als Anschauungsobjekt wirklicher Entwicklungsperspektiven für die Schulen an.

(Glocke des Präsidenten)

Hier ist hervorragende Qualität und Arbeit der Schulen und der Lehrkräfte deutlich sichtbar. Näheres im Ausschuss.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Ratter das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ein emotionales Thema. Da wird man auch einmal schnell von der Sachlichkeit abweichen können und etwas aufgeregter werden.

Liebe CDU-Opposition, mitnichten ist Ihr Gesetzentwurf alternativlos so, wie Sie das unter C vermerken: „C. Alternativen: Keine.“

Natürlich habe ich das Schmankerl A und B „Problem und Regelungsbedürfnis“ sowie „Lösung“ mit viel Vergnügen gelesen, weil tatsächlich in der Allgemeinheit viele Dinge stehen, die auch in einem grünen Wahlprogramm stehen könnten, um Sie wieder zu zitieren, Frau Dickes.

Aber ich stimme umfassend dem zu, was Frau Brück gesagt hat; denn bei uns lässt sich Selbstständigkeit nicht an dem messen, was Sie aufführen. Wir wollen nicht aus Schulen kleine Betriebe machen, die das machen, was das hessische Schulgesetz immerhin teilweise erlaubt, nämlich eine Schulkonferenz durchzuführen und andere Dinge mehr. Dazu gehört zum Beispiel eine Kontrolle der berufsbildenden Schulen, die Hessen in eine gewisse Selbstständigkeit entlässt. Das haben Sie alles nicht übernommen. Sie haben vieles kopiert, in der Tat, aber noch nicht einmal alles.

Zunächst gehe ich auf Frau Schneid ein. Frau Schneid hat von der Unterschiedlichkeit der Schulen gesprochen und betont, dass man darauf passgenau Antwort geben muss. Da gebe ich Ihnen recht. Warum wollen Sie das ausgerechnet mit landeseinheitlichen Prüfungen machen? Das will nicht in meinen Kopf hinein.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Wir haben schon seit Jahren Bildungsstandards.

Danke, liebe Bettina Brück, dass das noch einmal thematisiert wurde. Wir wollen nicht zu einheitlichen Lehrplänen zurück. Lehrpläne gibt es nach wie vor. Es sind die Bildungsstandards, die den Spielraum der Schulen und der Lehrerinnen und Lehrer im ganzen Land letzen Endes umreißen.

Wir wollen in unserem Schulversuch, über den wir morgen reden, Personalhoheit und Budgethoheit ermöglichen. Evaluation gibt es bereits an unseren Schulen. Sie besteht nicht, wie bei Ihnen, Frau Schneid, im Schauen zum Nachbarn. Was fehlt uns an Ihren Gesetzen? Ich teile in keinster Weise – – –

(Ernst, CDU: In keiner Weise!)

In keiner Weise, gut.

Ich teile in keiner Weise den Teil, den Sie als Artikel 1 vorangestellt haben, weil zentrale Prüfungen zu oberflächlichem Unterricht führen. Das haben wir schon hinreichend erörtert. Der Stoff wird für Prüfungen und ohne tieferes Verständnis gelernt. Das führt zu schlechteren Leistungen bei schwachen Schülerinnen und keineswegs zu besseren bei guten. Wir wissen das von der Max-Planck-Untersuchung von 1998.

Wir wissen das von der TIMS-Studie. Ausreichend hat das auch PISA belegt. Außerdem sind zentrale landeseinheitliche Prüfungen Innovationshemmnisse, weil im Grunde genommen jeder versucht, die Vorgaben zu erfüllen. Es wird dennoch ein Wettbewerb unter den Schulen angeheizt, aber das individuelle Lernen, auf das Sie, Frau Schneid, eingegangen sind, wird in keinster Weise – in keiner Weise, Entschuldigung, Herr Ernst, ich halte mich natürlich an die Sprachregelung, es ist richtig – gefördert.

Es gibt kleine Probleme. Ich erinnere an das Mathematikabitur in Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr. Es ist nicht immer so passgenau. Es kann schon einmal sein, dass die landeseinheitlichen Prüfungsaufgaben an den landeseinheitlichen Möglichkeiten der Schüler vorbeigehen. Was kann man überhaupt mit zentralen Prüfungen erreichen? Eine gewisse Entlastung der Lehrerinnen und Lehrer. Das gestehe ich Ihnen zu. Mehr aber auch nicht.