Protokoll der Sitzung vom 19.09.2013

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g: 14:35 Uhr.

Meine Damen und Herren, wir fahren fort mit der Sitzung des Landtags.

Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:

…tes Landesgesetz zur Änderung des Landesge- setzes über die Notarversorgungskasse Koblenz Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/2685 – Erste Beratung

Gemäß der Absprache im Ältestenrat wird der Gesetzentwurf ohne Aussprache an den Rechtausschuss überwiesen. – Dafür habe ich Ihr Einverständnis auch weiterhin.

Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz über Mitwirkungsrechte und das Verbandsklagerecht für anerkannte Tier- schutzvereine (TierSchLMVG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/2712 – Erste Beratung

Die Landesregierung bringt den Gesetzentwurf ein.

Es ist eine Grundredezeit von 5 Minuten je Fraktion vereinbart.

Für die Landeregierung spricht Frau Staatsministerin Höfken.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Für den Tierschutz ist es heute ein guter Tag, sozusagen die Geburt, die erste Geburt natürlich, eines Landesgesetzes zur Verbandsklage. Ich freue mich, dass ich das heute einbringen darf.

Artikel 70 unserer Landesverfassung sagt, Tiere werden als Mitgeschöpfe geachtet. Sie werden im Rahmen der Gesetze vor vermeidbaren Leiden und Schäden geschützt. Ähnlich sagt es unser Grundgesetz.

Ich glaube, Kurt Beck wäre sehr froh, wenn er heute hier wäre und diese Verbandsklageeinbringung miterleben könnte.

Es geht darum, dass wir die Tierrechte stärken. In Bremen, Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und in Hamburg wurden bereits Verbandsklagegesetze erlassen. Natürlich ist unser Ansinnen eigentlich, das Ganze bundesweit zu verankern.

Das Gesetz wird keine neuen Tierschutzstandards schaffen, sondern die vorgesehenen Mitwirkungs- und Klagerechte werden im Interesse der Tiere Tierschutzrechte einklagbar machen, das heißt, den Vollzug deutlich verbessern.

Der Tierschutz ist ein gebrochenes Versprechen der Bundesregierung, das muss man an dieser Stelle sagen; denn wir hatten einmal ein Tierschutzpaket-Versprechen von Frau Aigner. Das wurde – denken Sie nur an das Thema „Schenkelbrand“– den Lobbyinteressen geopfert, oder denken Sie an die endlose Geschichte der Hennenhaltungsverordnungen und viele andere Dinge. Da muss man sagen, hier stehen die Länder gegen den Bund. Das war beim Tierschutzgesetz so. Das ist jetzt gerade am Freitag wieder so bei der Kaninchenhaltungsverordnung, wobei wir die verabschieden werden.

Aber die ganzen Verbesserungen, die eingebracht wurden, ob beim Tierschutzgesetz oder bei der Kaninchenhaltungsverordnung, kommen vom Land RheinlandPfalz, das heißt, wir sind hier sehr stark und nicht ein Land, das allein geht, sondern wir wissen, was die anderen Länder unterstützen, und bringen deren Argumente mit ein.

Das Verbandsklagegesetz räumt den anerkannten Tierschutzvereinen Mitwirkungsrechte und die Befugnis zur Einlegung von Rechtsbehelfen ein, das heißt, es ist eine Verbesserung der Beteiligung. Es müsste auch im Sinne der CDU sein, Beteiligung zu verbessern.

Ich bin einmal gespannt. Sie werden das sicher wieder ganz anders sehen, ähnlich wie beim Hochwasserschutz, wo Sie sogar die Landwirte enteignen wollen.

Wir machen eine Verbesserung in Bezug auf die Beteiligung, und diese Mitwirkungsrechte bestehen nach dem Gesetzentwurf von Amts wegen in tierschutzrelevanten Rechtsetzungs- und Verwaltungsverfahren und vor der Erteilung von bau- und immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen von Tierhaltungsanlagen zur Erwerbszwecken.

Wir haben eine Kette: Mitwirkung, Information, Klagerechte. Insofern ist die Verbandsklage eine präventive Maßnahme, um in Zukunft durch die Mitwirkung die Umsetzung der Tierstandards besser zu garantieren.

Auf Antrag können die anerkannten Tierschutzvereine bei bestimmten tierschutzrechtlichen Genehmigungs- und Erlaubnisverfahren mitwirken. Beispielhaft nenne ich die Tierversuche, Schlachten ohne Betäubung, Zurschaustellung von Tieren. Anerkannte Vereine haben einen Anspruch, von der Behörde über laufende Verfahren unterrichtet zu werden. Der Informationsaustausch ist damit deutlich verbessert. Soweit die Tierschutzvereine dann im Verfahren mitgewirkt haben, stehen ihnen Klagerechte gegen erteilte Genehmigungen und Erlaubnisse zu.

Noch einmal eine Betonung darauf, anerkannte Tierschutzvereine, das heißt, wir haben Anerkennungskriterien wie im Bereich des Naturschutzes. Es ist so gewesen, dass wir bereits eine erste Verbändeanhörung durchgeführt haben. Hier haben wir Zuspruch, aber auch Kritik erfahren. Wir haben einen Teil dieser Kritik aufnehmen können.

Ich denke, wir haben Ihnen jetzt einen Entwurf vorgelegt, der einen ausgewogenen Entwurf darstellt. Ich freue mich sehr auf die Beratung innerhalb des Parlaments und darauf, dass der Tierschutz in Rheinland-Pfalz eine weitere Unterstützung erfährt.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Bevor die Debatte fortgeführt wird, würde ich gerne Gäste im Landtag begrüßen. Es sind Seniorinnen und Senioren aus Kuhardt anwesend. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Wir haben als Besucher auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kurses „Lernen vor Ort“ in Trier und Mitglieder des Sozialverbandes VdK aus Trier. Seien auch Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die Fraktion der CDU hat Frau Abgeordnete Schneid das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Tierschutz ist ein sehr wichtiges Thema. Tiere liegen uns am Herzen. Sie unterliegen unserem Schutz. Kein Tier darf gequält werden. So ist es auch extrem wichtig, genau in dem Bereich immer wieder Verbesserungen im Tierschutz voranzubringen.

(Beifall bei der CDU)

Juristisch gesehen sind Tiere durch das Grundgesetz, das Tierschutzgesetz und durch Verordnungen geschützt. Der Schutz unserer Tiere hat Verfassungsrang, das heißt, danach sind gesetzgebende Körperschaften, Verwaltungen sowie Rechtsprechung bereits dazu verpflichtet, in all ihren Entscheidungen den Tierschutz mit einzubeziehen und zu berücksichtigen.

Das geltende Tierschutzrecht – ich zitiere aus dem Gesetzentwurf – enthält ausgewogene Regelungen, die sowohl die Belange der Tiere als auch die Forschungsfreiheit in den Blick nehmen.

Das sehen wir auch so. Nichtsdestotrotz müssen wir bestrebt sein, Tierschutz noch besser zu machen, um

Missbrauch und Tierquälerei von vornherein auszuschließen.

(Beifall der CDU)

Aber wir haben Zweifel, dass dieser Gesetzentwurf dazu beiträgt.

Unsere Landwirte, aber auch die Forschung sind kontinuierlich dabei, die Tierhaltung tiergerechter und besser zu gestalten. Mit jedem neu gebauten Stall werden auch die Erkenntnisse im Tierschutz umgesetzt. Das ist im Prinzip ein Fortschritt für das Tierwohl.

Die CDU findet es bedauerlich, dass Sie mit dem Gesetzentwurf das gute Zusammenwirken von Landwirten, von Forschungseinrichtungen, von Tierhaltern allgemein, von Veterinären und von Tierschutzorganisationen ohne Not in Frage stellen. Landwirte haben – das wissen Sie – ein besonderes Verhältnis zur Natur und zu unseren Mitgeschöpfen. Sie leben nicht nur von, sie leben mit ihren Tieren. Deswegen sind ihnen Begriffe wie Nachhaltigkeit und Tierschutz nicht fremd.

Sowohl Tierhalter als auch Tierärzte haben das Ziel, unsere Tiere gesund zu halten. Dass es immer wieder jemanden gibt, der das ausnutzt oder missbraucht, ist klar, aber dann müssen wir mit den vorhandenen Mitteln massiv dagegen vorgehen und schnell eingreifen. Mit dem Verbandsklagerecht sehen wir eine enorme Verzögerung durch ein Prozedere, das nicht nötig ist.

(Beifall der CDU)

Es stellt sich die Frage ob es Misstrauen gegenüber den Veterinärämtern oder den Behörden seitens des Ministeriums gibt; denn wenn das so ist, müssen wir zuerst einmal klären, wie wir dort Abhilfe schaffen; denn jetzt schon sind die Behörden und Veterinärämter zum Eingreifen verpflichtet und kommen ihrer Aufgabe auch sehr gut nach. Es kann nicht sein, dass jetzt noch beispielsweise ein Bauvorhaben genehmigt wird, das den Tierschutzverordnungen nicht entspricht.

Noch eine Frage: Warum werden die Instrumente nicht genutzt, die dem Ministerium in Sachen Tierschutz zur Verfügung stehen? Bei Auffälligkeiten oder Vorbringen von Verdachtsmomenten ist auch hier schon die Landesregierung aufgefordert, ordnungspolitisch tätig zu werden.

Der vorgelegte Gesetzentwurf bringt unseres Erachtens einen Bürokratieaufwuchs. Gestern haben wir beim Agrarbericht von Abbau gesprochen, hier bauen wir Bürokratie auf: erhöhter Arbeitsanfall bei Gerichten und Behörden, zusätzlicher Aufwand für wissenschaftliche Einreichungen und Stellungnahmen – das steht so fast wörtlich im Gesetzentwurf – und damit verbunden finanzielle Mehrkosten, wenn auch gering.

Ich denke, generell werden sich die Investitionen verzögern und verteuern. Manch einer wird diese bürokratische Hürde dann vielleicht gar nicht mehr in Angriff nehmen.

Mit dem Verbandsklagerecht wird neben den schon bestehenden bau- und immissionsschutzrechtlichen Vorschriften und hohen Investitionskosten eine weitere Hürde gerade für die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe geschaffen. Wollen wir wirklich, dass wir diesen keine Chance mehr geben?

Der nächste Punkt, den ich in diesem Bereich ansprechen möchte, ist das Anerkennungsverfahren; denn auch das macht Arbeit und bindet Kapazitäten, ganz davon zu schweigen, dass ich mir schon vorstellen könnte, dass es bei dem einen oder anderen Tierschutzverein genau wegen der Anerkennung dann zu Problemen kommt.

Generell ist zu befürchten, dass die eigentliche Tierschutzarbeit von Gerichtsverhandlungen, behördlichen Vorgängen und viel Papier überlagert wird. Sie wissen alle, in Tierschutzorganisationen ist viel Ehrenamt dabei. Ehrenamtliche Arbeit ist nicht unbegrenzt. Belastungen und Verantwortungen bei Klageverfahren zehren schon an den Kräften. Dann muss man sich überlegen, wo man die Hauptarbeit und -kraft einsetzt.

(Beifall der CDU)