Protokoll der Sitzung vom 19.09.2013

Meine Damen und Herren, all dies sind Aspekte der Lebensqualität. Eine Politik für Lebensqualität ist auch im Koalitionsvertrag enthalten.

Rheinland-Pfalz ist hier auf einem guten Weg und unterstützt diese Maßnahmen durch einen Beirat für den Arbeitsschutz seit Jahren. Ohne diese Maßnahmen droht chronisch erkrankten Menschen die Armut. Wer arm ist, hat eine geringere Lebenserwartung. Das kennen wir. Das ist ungerecht.

Schon Johann Wolfgang von Goethe hatte das diagnostiziert, arm im Beutel, krank am Herzen.

Armut ist die schlimmste Gewalt, sagte Mahatma Gandhi.

Meine Damen und Herren, 1-Euro-Leiharbeit macht arm und stört diese soziale Balance.

(Glocke der Präsidentin)

Deswegen würde ich Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Schweitzer das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Debatte. Ich glaube, es war eine sehr sachliche Debatte und von den jeweiligen fachlichen Kompetenzen der Redner geprägt. Ich will versuchen, in diesem Tenor weiterzumachen.

(Frau Klöckner, CDU: Das ist schwer!)

Lieber Herr Dr. Enders, ich will Sie zunächst ansprechen. Sie wissen, das tue ich voller Respekt. Ich finde, in Ihren ersten Sätzen hat man schon gemerkt, wie verzweifelt das Geschäft in der Opposition manchmal sein kann, wenn man sich einen Antrag durchliest

(Frau Klöckner, CDU: Das muss doch jetzt nicht sein!)

das ist doch nicht böse gemeint – und dann sagt, eigentlich ist er völlig in Ordnung, aber man muss etwas finden, was dagegen spricht. Sie haben gesagt, 99 % kann man unterschreiben.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Frau Klöckner, hören Sie doch zu.

Wenn man 99 % unterschreiben kann, dann muss ich Ihnen sagen, das ist gar nicht so schlecht als Quote. Wenn man das immer so finden kann, dann ist das gar nicht so schlecht. Sie hätten eigentlich zustimmen können.

(Vereinzelt Beifall bei der SDP – Frau Klöckner, CDU: Nein!)

Lieber Herr Dr. Enders, Sie haben gesagt, dass Sie die klare Formulierung über den Mindestlohn, wie ihn die GRÜNEN-Fraktion und die Fraktion der SPD in den Antrag hineingeschrieben haben, abgeschreckt hat, dem zuzustimmen. Sie haben auf das Modell der CDU, das sogenannte branchendefinierte Lohnuntergrenzenmodell, verwiesen. Lieber Herr Dr. Enders, mir wäre es lieb, wenn es tatsächlich ein Modell wäre, mit dem man umgehen könnte und das tatsächlich etwas bringt.

Mir wäre es noch viel lieber, wir hätten nicht gerade in den letzten Tagen aus dem Elektrohandwerk die Nachricht bekommen, dass auf Grundlage der Verständigung der Sozialpartner, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, ein branchenspezifischer Mindestlohn definiert wurde, also politikfremd definiert wurde, der aber von der Politik zum Scheitern gebracht wurde, nämlich von der schwarzgelben Landesregierung in Sachsen. Diese hat ihren Widerspruch dagegen formuliert, dass dieser Mindestlohn für 317.000 Menschen in Deutschland allgemein verbindlich wird.

Lieber Herr Dr. Enders, ich weiß gar nicht, ob Sie das wussten. Ich will nur darauf hinweisen, dass wir an der Stelle einen sozialpartnerschaftlichen Mindestlohn hatten, der an der Politik gescheitert ist. Das ist die Gefahr von politikbestimmten Mindestlöhnen, wie sie in der schwarz-gelben Umsetzung Realität ist. Deshalb wollen wir einen gesetzlichen Mindestlohn und „Die Beer is g’schält“ wie man in der Pfalz sagt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Antrag selbst zurück. Natürlich hängen die Dinge zusammen. Gute Arbeit ist gesunde Arbeit, und umgekehrt. Ich bin deshalb sehr froh, dass der Antrag der Koalitionsfraktionen sozusagen den ganzen Rahmen beschreibt und sich in sehr konkreten Forderungen äußert. Weil schon vieles gesagt wurde, will ich es auf einige wenige Bemerkungen reduzieren.

Ich hatte im Sommer, wie es sich für einen Minister gehört, eine Sommertour gemacht, die sehr stark unternehmensgeprägt und unternehmensorientiert war. Ich habe gesehen, dass in den rheinland-pfälzischen Unternehmen, den kleineren und mittleren Unternehmen, schon lange das Bewusstsein für die Herausforderungen des demografischen Wandels überwiegend angekommen ist. Viele sagen, wir kennen schon die Fachkräfteproblematik. Früher war es selbstverständlich, dass den Unternehmen die Tür eingerannt wurde, die als gute Arbeitgeber galten. Das hat sich relativiert. Wir müssen uns selbst auf dem Markt ganz anders bewegen. Wir müssen viel mehr anbieten als eine fristgerechte Entlohnung. Das ist etwas, was selbstverständlich ist. Wir müssen mehr anbieten als den gesetzlichen Urlaubsschutz und alles andere. Wir müssen vielmehr für die

Gesunderhaltung und für ein gutes Arbeitsplatzklima unserer Beschäftigten richtig viel tun und dafür in die Tasche greifen. Wir empfinden es aber als Investition. Da sind viele auf gutem Weg.

Ich denke, es ist deshalb eine gute Strategie der Landesregierung, dass wir all die kleinen und mittleren Unternehmen auf diesem Weg beraten, um auf diesem Weg voranzugehen. Uns beschäftigt das insbesondere in der Zusammenarbeit mit dem Projekt „Zukunftsfähige Arbeit“, das wir mit der Hochschule Ludwigshafen auf den Weg gebracht haben. Aber auch in vielen anderen Bereichen sind wir in diesem Themenfeld unterwegs.

Wir sind sehr stark engagiert bei der zweiten Periode der gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie. Man soll nicht unterschätzen, wie stark da die Rahmensetzungen stattfinden, was die Arbeitsplatzgestaltung und die Arbeitsschutzstrategie bis hinunter auf jeden Arbeitsplatz in Deutschland angeht. Wir sind in der ESFFörderperiode insbesondere mit dem Themenfeld „Langzeitarbeitslose, Arbeitslose jeden Alters und deren Gesunderhaltung“ stark unterwegs und haben die Mittel in diesem Beriech fokussiert.

Herr Dr. Schmidt hat darauf hingewiesen, es ist tatsächlich so, es gibt einen für unsere soziale Marktwirtschaft ganz schlimmen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und zwischen dem Gefühl und der Tatsache, sozial ausgegrenzt zu sein, und der Lebenserwartung. Das ist doch eigentlich etwas, was in unserer Wohlstandsgesellschaft in den Geschichtsbüchern stehen dürfte, aber heute nicht mehr in der Realität vorhanden sein dürfte.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind darüber hinaus mit unserer Landeszentrale für Gesundheitsförderung, die ich an dieser Stelle sehr gern lobend unterbringen möchte, die sozusagen unsere Speerspitze ist, was die Präventionsstrategie des Landes angeht, mit vielen, vielen Einzelthemen unterwegs. Ich bin sehr froh, dass wir das mit der LZG auch in Zukunft so machen wollen.

Meine Damen und Herren, Frau Anklam-Trapp hat es angesprochen, dass wir es diesen Freitag im Bundesrat mit dem Entwurf der Bundesregierung über ein Präventionsgesetz zu tun haben. Ich will Ihnen deutlich sagen, dass dieses Gesetz so, wie es jetzt vorgelegt wurde, nicht die Zustimmung aus Rheinland-Pfalz finden kann, weil außer der Überschrift hat dieses Gesetz nichts, was annähernd attraktiv ist. Wenn es wenigstens 99 % wären, lieber Herr Dr. Enders, dann wäre es gar nicht so schlecht, aber wir sind noch nicht einmal bei 51 % Zustimmungsfähigkeit, was dieses Gesetz angeht. Es ist wirklich eine ganz dünne Suppe, die da angerührt wurde.

Es verhehlt total, dass es sozusagen nicht nur auf Ebene der bundesstaatlichen Zuständigkeiten Präventionsaufgaben gibt, sondern die Kommunen werden vergessen, die Länder werden vergessen, die Bildungseinrichtungen werden vergessen, die ehrenamtlich Aktiven werden vergessen, die Sportvereine werden vergessen, und am Ende wird auch noch vergessen, das alles zu bezahlen, was man sowieso schon mit reduziertem

Anspruch da hineinformuliert, meine Damen und Herren. Ein solches Gesetz bringt uns nicht voran, sondern verwischt die Notwendigkeit, tatsächlich eine Entscheidung in die Zukunft zu organisieren, und wirft uns eher zurück. Deshalb ist es wichtig, dass wir damit noch einmal in den Vermittlungsausschuss gehen und hoffen, dass wir am Ende ein besseres Gesetz bekommen.

Eines will ich auch noch hinzufügen, dieses Gesetz ist auch deshalb nicht zustimmungsfähig, weil der Kollege Bahr nicht nur einmal Murks mit diesem Gesetz verursacht hat, sondern den zweiten Murks gleich mit hineingepackt hat, nämlich die Frage der Korruption im Gesundheitswesen. Das ist ein Thema, das diese Gesellschaft schon seit einigen Jahren bewegt. Was er in einem Omnibus–Gesetz getan hat, ist, er hat ausschließlich die GKV-abrechnenden Ärzte, und zwar im Bereich des SGB, des Sozialgesetzbuches, in diese Korruptionsanwendung mit hineingebracht.

Wir sagen, das kann es nicht sein. Es ist etwas, was strafrechtlich relevant ist und dann auch im Strafrecht entsprechend entschieden werden muss. Deshalb sagen wir, auch das muss noch einmal zurückgewiesen werden, und es kann nur besser werden, und zwar auf jeden Fall, wenn dieses Gesetz noch einmal in den Vermittlungsausschuss kommt, und zwar auf jeden Fall auch dann, wenn es danach mit einer vernünftigen Mehrheit im Bundestag noch einmal aufgerufen wird.

Meine Damen und Herren, in diesem Sinne danke ich den regierungstragenden Fraktionen ganz herzlich für den Entwurf und den Vorschlag und freue mich auf die weiteren Debatten. Ich glaube, die Richtung, die darin beschrieben wird, ist genau die richtige.

Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wenn ich das richtig verstanden habe, ist Ausschussüberweisung beantragt.

(Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Ja!)

Der Antrag – Drucksache 16/2646 – wird an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen.

Wir kommen zu Punkt 25 der Tagesordnung:

Mehr Wertschätzung für die rheinland-pfälzische Polizei – der zunehmenden Entfremdung zwischen der Landesregierung und ihren Beamten entgegenwirken Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/2715 –

dazu: Bürgerorientierte Polizei in Rheinland-Pfalz – vertrauensvolles Verhältnis im Miteinander stärken Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2773 –

Für die antragstellende Fraktion hat Herr Kollege Lammert das Wort. Es wurde eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten vorhin schon die Debatte über das Landesgesetz zum Bürgerbeauftragten. Interessant finde ich, dass jetzt die Regierungsfraktionen in einem kurzfristig eingereichten Alternativantrag die Landesregierung auffordern, die Beschwerdestelle beim Bürgerbeauftragten einzurichten. Uns erschließt sich das nicht genau. Vielleicht erklären Sie uns das gleich, weshalb. Der Bürgerbeauftragte hat den Sitz beim Landtag. Wir haben ein parlamentarisches Kontrollrecht des Landtags. Aber Sie sprechen davon, dass die Landesregierung diese Beschwerdestelle einrichten soll. Wie gesagt, vielleicht können Sie uns das nachher noch einmal erläutern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere Polizei ist täglich im Dienst für unsere Bürgerinnen und Bürger. Trotz hoher Belastung und jeder Menge Überstunden leisten die Beamtinnen und Beamten eine hervorragende Arbeit. Das sieht man sicherlich auch an der Aufklärungsquote. Herr Minister, das nehmen wir sehr wohl zu Kenntnis. Ich denke, auch bei den klaren Einsätzen bei Rockerrazzien oder auch bei den Fußballeinsätzen oder auch bei Einsätzen gegen Links- oder Rechtsextremismus sind wir stets an ihrer Seite. Dafür verdienen für uns die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten eine hohe Wertschätzung und Anerkennung. Sie leisten hoch kompetente und gute Arbeit. Dafür ein Dankeschön.

(Beifall der CDU)

Wir stellen aber auch fest – das muss man nüchtern betrachten, und das sehen wir aufgrund einer Vielzahl von Gesprächen so, ich habe es vorhin erwähnt, E-Mails usw. –, das Klima hat sich etwas verändert. Gerade die Art und Weise, wie diese rot-grüne Landesregierung in letzter Zeit in unserem Land zum Teil Politik macht, hat uns dazu bewogen, unseren Antrag für mehr Wertschätzung der rheinland-pfälzischen Polizei einzubringen. Wir sehen auch ein Stück weit Sorge. In der Diskussion und der Debatte in der Vergangenheit über die Schließungspläne für OLG oder Generalstaatsanwaltschaft Koblenz usw. sehen wir einen erneuten Vertrauensverlust bei den Beschäftigten hier im Land. Wir sehen auch eine zunehmende Entfremdung der Landesregierung von ihren Beamtinnen und Beamten. Gerade bei der Polizei hat das ein Stück weit Ausmaße angenommen. Gerade auch nach der Besoldungsdebatte gab es eine große Verunsicherung, warum Dinge nicht übernommen werden. Gerade jetzt die Festlegung auf diese fünf mal 1 % ist sicherlich nicht unbedingt ein Vertrauensbeweis.

Ich will noch eines sagen. Sie hatten es vorhin angesprochen. Sehr wohl gibt es in anderen Ländern den mittleren Dienst. Keine Frage, das gibt es in BadenWürttemberg oder Bayern. Sie hatten es angeführt. Dort muss man aber schauen. Dort gibt es Berechnungen der Polizeigewerkschaften – eine ist heute unter uns, die GdP –, wenn man sich dort einen Beamten oder eine Beamtin im mittleren Dienst mit A 8 anschaut, dann ist