Protokoll der Sitzung vom 13.12.2013

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Neuhof hat das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Wäschenbach, eine Fusion als prinzipiell nötig zu bezeichnen und dann anders hier zu reden, spricht Bände. Es spricht Bände und zeigt deutlich, wie Sie sich verhalten haben, wenn Sie sich je nach politischer Wetterlage beliebig öffentlich positionieren, hauptsächlich in der ersten Reihe. Ich glaube, damit ist der Region nicht gedient.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Der Sinn der Kommunal- und Verwaltungsreform ist erläutert worden. Es geht um größere Verwaltungseinheiten mit Schwerpunkt auf Verwaltung. Der Bezugspunkt für die Bürgerinnen und Bürger bleibt die Ortsgemeinde. Die emotionale Anteilnahme und die Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger kann ich gut verstehen. Ich kann auch verstehen, dass sie vielleicht Angst haben, dass sich einschneidende Änderungen für das alltägliche Leben abzeichnen können. Absolut nicht verstehen kann ich, wenn diese Befürchtungen funktionalisiert werden und wenn genau mit diesen zu rechtfertigenden und zu akzeptierenden Befürchtungen emotional Stimmung gemacht wird, anstatt sachlich zu informieren und möglicherweise den Bürgerinnen die Möglichkeit zu geben, ihre Befürchtungen selbst zu revidieren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gab laute Proteste in Herdorf, das ist wahr. Die lauten Proteste haben die vielen leisen bedenklichen Stimmen übertönt, die jetzt durchaus zu hören sind, wenn ich Leserbriefe lese und mit Menschen spreche. Da wird appelliert: Wir haben so viel Schulden, warum soll noch Geld für eine Klage ausgegeben werden? Die Verwaltung und der Bürgermeister sollen sich um die Belange der Stadt kümmern. – Das ist so in Leserbriefen zu lesen.

Ganz offensichtlich ist in Herdorf nie erwogen worden, die Möglichkeit einer Fusion nur zu denken. Vor zwei Jahren auf einer Veranstaltung war das Resümee, wir sind gegen die Fusion, wir werden klagen. Das war vor zwei Jahren, als der Diskussionsprozess noch voll im Gang war.

Es ist nie überlegt worden, konstruktiv damit umzugehen. Es ist nie überlegt worden, welche Vorteile ein größerer Verbund hat. Es ist nie überlegt worden, sich produktiv zu beteiligen, um eigene Interessen durchzusetzen.

Zur Verbandsgemeinde Daaden/Gebardshain hat Herr Kollege Wehner gesprochen. Ich möchte noch einen Hinweis geben. Mein Kollege, Herr Köbler, und ich sind im Sommer in Herdorf gewesen. Wir haben mit der administrativen Ebene gesprochen. Wir haben parteiintern mit unserem Ortsverband gesprochen. Wir haben händeringend darum gebeten und uns dafür eingesetzt, uns Bedürfnisse, Sorgen, konkrete Fragen mitzugeben. Wir haben die Dreierfusion ins Gespräch gebracht. Wir haben kein Päckchen mitbekommen, dass wir hier hätten aufschnüren können und was wir hier hätten einbringen

können, um mit dem Innenminister zu reden, um einige Aspekte im Gesetz unterbringen zu können. Das ist äußerst bedauerlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich bin allerdings nach wie vor überzeugt, dass die Tür der Kommunikation nicht zu ist. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die Fusion beratend und hilfreich begleitet wird, und zwar auch durch das Ministerium. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass nach der Fusion alle Bedürfnisse aufgenommen und Sachstände begleitet werden können. Voraussetzung ist, dass ein solches Angebot angenommen wird, weil Kommunikation mit sich selbst ein reichlich hilfloses Unterfangen ist. Kommunikation zusammen ist ein vernünftiges Unterfangen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich möchte die letzte Minute dafür nutzen, zu sagen, dass ich die hohe Identifikation der Menschen mit ihren Orten und Städten respektiere und schätze. Das Zusammengehörigkeitsgefühl achte ich hoch. Es verdient den Respekt. Dieses, das Engagement und das Geschichtsbewusstsein leben durch den Kontakt der Menschen untereinander und nicht vom Kontakt der Menschen mit der Verwaltung.

(Zuruf der Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD)

Ich möchte noch eines sagen. Wenn mit Willkür staatlicher Macht und Ähnlichem von der Opposition über solche Gesetze geredet wird, dann ist es sehr schwer zu glauben, dass eine wirkliche Kommunikationsbereitschaft besteht.

(Zurufe von der CDU)

Ich würde dazu gern noch mehr sagen,

(Glocke des Präsidenten)

aber meine Redezeit ist zu Ende. Wir stimmen dem Gesetz zu.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Wäschenbach das Wort.

Frau Neuhof hat mich angesprochen und gesagt, es gäbe einen Widerspruch in meiner Argumentationskette, ich wäre für Fusionen und würde mich andererseits an die Speerspitze der Gegner stellen. Das ist kein Widerspruch. Es ist richtig, dass ich für Verwaltungsreformen

bin. Aber die Methode, die Beteiligungsform und der Zeitfaktor sind falsch.

(Beifall der CDU – Dr. Weiland, CDU: Genau so ist es!)

Die Landesregierung hat gute Beispiele gebracht, wie man Reformen anstellt. Ich habe zum Beispiel mit Freude gesehen, wie beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung eine Reform durchgeführt wurde, bei der die Leute beteiligt worden sind. Da ging es um Kundenorientierung und um Nachhaltigkeit. Die Kompetenz für Reformen ist in der Regierung vorhanden. Sie wird hier nur nicht angewendet. Insofern gibt es hier keinen Widerspruch in meiner Argumentation.

Das zweite ist der Zeitpunkt. Das Chaos vor der Wahl ist vor Ort schon ausgebrochen. Es ist äußerst schwierig, die Listen für die Wahl in einem ordnungsgemäßen demokratischen Prozess aufzustellen. Ich habe meine Bedenken, ob alles demokratisch korrekt verläuft.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Innenminister Lewentz das Wort.

Herr Wäschenbach, ich kann mit Ihnen fühlen. Sie können einem leidtun. Ihre Fraktionsvorsitzende hat scharf geschossen, als die Pressetribüne voll war und es um das Schicksal Ihrer Gemeinde ging. Jetzt ist sie bei der ganzen Debatte nicht dabei. Das ist schlecht. Das verstehe ich.

(Zurufe von der CDU)

Sie ist die ganze Zeit nicht anwesend, wenn es um den konkreten Einzelfall geht. Den diskutieren wir. Den haben wir auch bei den Anhörungen diskutiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich war bei den Anhörungen bei allen Punkten dabei.

(Zurufe von der CDU)

Ich habe es genau gesehen. Sie ist auch nicht da.

Herr Wäschenbach, wenn man sich die Argumente anhört, die Sie in den Mund genommen haben, dann frage ich mich, warum Sie keinen eigenen Gesetzentwurf zur Abstimmung vorgelegt haben. Warum haben Sie uns nicht Ihre Vorstellungen Ihrer Kommunal- und Verwaltungsreform, die Sie eben noch einmal positiv beschrieben haben, mit einem konkreten Vorschlag vorgelegt? Man hätte dann heute über zwei Vorschläge abstimmen können. Das wäre möglich gewesen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man sich die Argumente in der Anhörung genau angehört hat, dann hat man zwei Schwerpunkte gesehen. Das eine ist, dass Daaden und Herdorf nicht zueinander passen, weil man historisch nie zueinander gepasst hat. Man hat mit der Jahreszahl 1875 argumentiert. Ich glaube, in der heutigen Zeit muss man solche Dinge hinter sich lassen können. Auch die religiösen Fragen, die angesprochen wurden, dass katholische und evangelische Christen nicht zusammenkommen können, halte ich ehrlicherweise nicht für so belastbar, dass wir auf einen entsprechenden Fusionsvorschlag verzichten können. Das will ich ausdrücklich an dieser Stelle sagen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wäschenbach, die Grenzlage wurde angesprochen. Die Grenzlage ist da, wenn Sie das Land Rheinland-Pfalz nicht verändern wollen. Wenn Sie es ausdehnen wollen, dann wäre das ein Vorschlag, mit dem ich mich konstruktiv beschäftigen könnte. Wenn Sie es nicht ausdehnen wollen, dann haben wir die Grenzlagen. Diese werden wir immer haben. Damit können die Kommunen umgehen. Ich war bei Ihnen in der Gemeinde und habe mit Ihrem Bürgermeister und der Bürgerinitiative diskutiert. Ich habe gesehen, dass man den Unterschied, wenn man nach Neunkirchen weitergeht, nicht erkennen kann. Das ist so. Das hat überhaupt nichts mit einer Fusion zu tun.

Das Argument, das ich dort in der Diskussion genannt habe, will ich Ihnen ausdrücklich noch einmal sagen. Das Statistische Landesamt hat vorausberechnet, dass Ihre Gemeinde Herdorf im Jahr 2030 – das sind ab Januar noch 16 Jahre, das ist keine lange Zeit, für Verantwortliche in diesem Haus ist es eine Zeit, die man im Auge haben muss – 6.002 Einwohnerinnen und Einwohner haben wird. Damit kann man keine Hauptverwaltung organisieren wollen. Das ist den Bürgerinnen und Bürgern, die das alles bezahlen müssen, doch gar nicht zumutbar. Von daher halte ich den Vorschlag, Herdorf und Daaden zusammenzulegen, für vernünftig und gut begründbar.

Was bedeuten 6.002 Einwohnerinnen und Einwohner? Es ist nicht nur eine unglaublich kleine Gemeinde, sondern es ist auch eine Frage der Finanzierung der gemeindlichen Leistungen, z. B. Wasser, Abwasser, alles bleibt in den Kanallängen gleich. Diese 6.002 Einwohner werden sich entlang der demografischen Entwicklung auch in der Alterszusammensetzung deutlich verändern.

Sie werden noch einmal deutlich weniger Menschen haben, die sozusagen Einkommensteueranteile in den städtischen Haushalt einbringen werden. Wir müssen also an dieser Stelle handeln. Unser Vorschlag ist der Beweis des Handelns. Ich glaube, es ist ein guter Vorschlag. Die Stadt braucht auch keine Angst zu haben. Sie wird ihre Planungs- und Entscheidungshoheit als Stadt behalten. Sie wird ihren Stadtrat behalten. Sie wird einen Stadtbürgermeister haben, und sie wird dann 6.000 Einwohner haben. In der Nachbarschaft bei mir im Landkreis liegt Bad Ems mit 9.000 Einwohnern und Diez mit 10.000 Einwohnern. Das sind selbstbewusste Städte mit selbstbewussten Bürgermeistern vorneweg, die sich

natürlich im Reigen der kommunalpolitischen Diskussion auch zu Wort melden und Stärke beweisen. Diese Stadt muss keine Angst haben. Sie wird weder untergehen noch sonst einen Nachteil haben. Sie wird in einer stärkeren Gemeinschaft gemeinsam mit Daaden aufgehen. Damit kann man Zukunftssicherung betreiben. Es wird keine große Verbandsgemeinde werden. Es wird eine mittlere Verbandsgemeinde werden.

Wenn man über die Bürgernähe nachdenkt, hat man uns gesagt, die Topografie lässt eine Verbindung von Herdorf nach Daaden nicht zu. Die Topografie bedeutet 5,6 Kilometer Straßenlänge. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass Bürgernähe auch über 5,6 Kilometer Entfernung durchführbar ist. Davon bin ich sehr überzeugt. Wir kennen ganz andere Beispiele von Entfernung. Deswegen glaube ich, dass dieser Gesetzentwurf sehr begründet ist. Dementsprechend würde ich mich sehr freuen, wenn ich die entsprechende Unterstützung aus dem Hohen Hause erfahren würde.

Danke.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Wäschenbach das Wort.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Schon wieder?)